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04.11.2025
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Nach unten

Nach Unten​

Der Abgrund. Direkt davor stehe ich. Was sich unten befindet, sehe ich nicht, erkenne überhaupt nichts. Ein harter Stoß in den Rücken. Zwischen den Schulterblättern, nein – tiefer. Mittig, zielgenau auf dieselbe, jetzt wieder heftiger schmerzende Stelle.

Die Teufel. Sie sind hier. Drei von denen!

Mein Körper. Stolpere nach vorn, falle nach unten, stürze ab, ungebremst. Wie ein Vogel ohne Flügel. Wie ein abgeschossener Flieger. Ich zittere. Vor Angst. Und weil ich friere, sehr kalt, frostig, bin barfuß. Meine schwarze lange Hose flattert. Wie im Windkanal. Ebenso die Sommerjacke mit dem Kennschild. Auch sie ist schwarz Das Schild selber ist weiß, mit schwarzer Schrift und meinem eingefügten Passfoto. Fest angepresst an der Hosennaht sind meine Hände. Vorschriftgemäß. Die Mütze auf meinem Kopf fehlt. Nicht vorschrifts-gemäß! Das gibt Ärger.

Meine Haut. Milchig-weiß-graue Flocken erkenne ich verschwommen. Sie kratzen und schaben auf meiner Haut. Mein Gesicht ist heiß. Die Haut brennt – wie zerschreddert mit grober Schmirgelwatte, die aus milchig-weißgrauen Flocken besteht. Wund und blutig. Überall. An Gliedmaßen, Brust und Unterleib. Po und Rücken. Ein dauerndes Drücken, Schaben und Schlagen. Überall. Immerzu. Nicht so brutal wie sonst. Die Häufigkeit macht es. Gefühlt tausendmal und tausend Stunden. Bin vielleicht schon daran gewöhnt. Gestern, vorgestern. Und davor.

Meine Augen. Die sind zu, noch geschlossen, jetzt vorsichtig öffnend. Die kratzenden milchig-weiß-grauen Flocken drücken auf die Augäpfel, versperren den Blick. Es schmerzt. Erkennen kann ich nichts. Augenlider und Wimpern spüre ich nicht. Kann sie nicht bewegen.

Meine Hände. Die darf und will ich nicht bewegen. Jedem Bewegen folgt ein Stoß zwischen die Schulterblätter. Ein heftiger, immer auf dieselbe Stelle. Unbedingt genau auf die Stelle, die sowieso schon höllisch schmerzt. Etwas unterhalb der Schulterblätter. Mittig. Jedes Mal gut gezielt.

Die Luft. Ich schnappe danach, bekomme zu wenig davon. Ersticke ich?

Meine Tränen. Kitzeln meine Wange. Nur anfangs. Dann saugt die milchig-weiß-grau-flockige Schmirgelwatte sie auf.

Die Leere. Die Flocken um mich herum fallen nach oben. Oder stürze ich? In ein tiefschwarzes Nichts? Leere um mich herum. Und in mir. Ich spüre nichts. Schließe meine Augen wieder. Unendliche Ruhe. Unendlich? Sanft und ewig? Nicht ewig. Das Schmirgeln wird schwächer. Ich öffne die Augen. Kaum noch Flocken, die immer noch hochfliegen. Oder ich nach unten. In die Tiefe, die nicht mehr ganz so tiefschwarze Tiefe.

Die Teufel. Sie sind weg. Alle drei!

Das Bewegen. Jetzt darf, kann und tue ich es. Und falle noch immer, tiefer und tiefer. Wohin? Ich strecke meine Arme lang nach vorne, dann über meinen Kopf. Und bewege die Handflächen, die linke nach hinten, die rechte nach vorn. Mein Körper dreht sich um die Längsachse. Rechtsherum wie ein Korkenzieher in eine Weinflasche. Fehlt bloß noch die Flasche Wein. Unbedingt mit Echtkorken.

Das Fliegen. Ich öffne meine Jacke, breite sie auseinander wie Flügel. Fühle mich wie ein Engel. Mache mehrere Saltos. Fliege nach links und nach links, quer durch die Flocken.

Meine Angst. Irgendwann, irgendwie, irgendwo muss ich ankommen. Unten. Ob ich den Aufprall spüre? Gruselige Furcht. Grausame Vorahnung. Spannende Erwartung. Irgendwie interessant.

Das Ende? Was erwartet mich? Das ewige Nichts? Das kann nicht sein, darf nicht sein!

Das Licht. Die Wärme. Von tief unten kommt ein heller Schein. Wird heller und heller, leuchtet immer klarer. Weiß-warme Strahlen. Die milchig-weiß-grauen Flocken sind nicht grau. Jetzt erkenne ich – sie sind milchig klar, dann strahlend weiß. Schneeweiß. Ich freue mich. Auf das Schöne. Kalt ist mir nicht mehr. Sondern angenehm hochsommerlich warm. Schön wäre jetzt eine Abkühlung.

Das Wasser. Kalte Nässe. Ich tauche unter. Bekomme keine Luft. Ertrinke. Gut, muss wohl so sein. Werde hochgezogen. Gerettet?

Die Stimmen. Sind sehr laut. Ich verstehe nichts, habe die Ohren voll Wasser, öffne die Augen. Drei Augenpaare strahlen mich an. Sie halten Erziehungsstöcke in den Händen und freuen sich.

Weil ich lebe. Noch lebe! Noch lange?

Die Teufel. Die drei sind da. Noch lange!

 
Quellenangaben
keine

Hallo @Paul Erz

Ein eigenartiges, beklemmendes Folterszenario hast du hier beschrieben, dass sich wohl immer wiederholt und den Protagonisten zwischendurch Hoffnung schöpfen lässt, aber gibt es hier eine tiefere Bedeutung darüber hinaus? Wenn ja, so erschließt sie sich mir nicht. Wer sind diese drei Teufel?

Die Hauptfigur leidet einfach immer nur. Reicht das für eine Geschichte?

Hier noch Kleinigkeiten:

Was sich unten befindet, sehe ich nicht, erkenne überhaupt nichts.
Wenn ich es nicht sehe, kann ich auch nichts erkennen. Doppelt gemoppelt.
Ein harter Stoß in den Rücken. Zwischen den Schulterblättern, nein – tiefer.
Der Stoß ist ja aktiv, also zwischen die Schulterblätter
Stolpere nach vorn, falle nach unten, stürze ab, ungebremst.
Der Stil ist ja schon abgehackt genug. Deswegen würde ich dem Satz wenigstens ein vorangestelltes Ich gönnen.
Vorschriftgemäß.
Heißt es nicht vorschriftsgemäß?
Meine Augen. Die sind zu, noch geschlossen, jetzt vorsichtig öffnend.
Hier stimmt was nicht mit der Logik. Eben sieht er noch alles Mögliche.

Das wars auch schon von meiner Seite. Ich hoffe, du kannst was damit anfangen.

Grüße
Sturek

 

Hallihallo, eine interessante Geschichte mit einem "Aha"-Erlebnis am Ende. Augenscheinlich befindet sich dein Protagonist in irgendeiner Einrichtung, was am Anfang mir sich nicht ganz erschloss. Das war für mich eine überraschende Wendung.
Mir sind lediglich einige Kleinigkeiten aufgefallen:

. Direkt davor stehe ich.
An dieser Stelle würde ich den ersten Satz umstellen. Dieser hat sich für mich seltsam gelesen. Ich würde das "Ich" voranstellen. Ich stehe direkt ... Das liest sich als ersten Satz viel kräftiger, wie ich finde.
falle nach unten, stürze ab,
Fallen und stürzen, das kommt meines Erachtens auf das Gleiche hinaus.
Wie ein Vogel ohne Flügel. Wie ein abgeschossener Flieger. Ich zittere.
Bildvergleich sind gut und gehören in eine Geschichte, aber zu viele hintereinander sind nicht gut.
Und weil ich friere, sehr kalt, frostig, bin barfuß.
Auf was bezieht sich diese Aussage des Protagonisten?
Wie im Windkanal.
Siehe oben mit den Bildvergleichen.
Ebenso die Sommerjacke mit dem Kennschild. Auch sie ist schwarz Das Schild selber ist weiß, mit schwarzer Schrift und meinem eingefügten Passfoto. Fest angepresst an der Hosennaht sind meine Hände. Vorschriftgemäß. Die Mütze auf meinem Kopf fehlt. Nicht vorschrifts-gemäß! Das gibt Ärger.
Hier merke ich bereits als Leser, das mit dem Protagonisten etwas nicht stimmt. Würde ich aber noch genauer zeigen, denn ich war etwas verwirrt und habe nur Bahnhof verstanden.
Milchig-weiß-graue Flocken erkenne ich verschwommen
Hier würde ich den Satz auch umstellen, der hat sich für mich ebenfalls ein wenig komisch gelesen. Ich erkenne ...
Die sind zu, noch geschlossen
Das ist auch doppelt. Wenn sie zu sind, dann sind sie geschlossen. Allerdings, dass es sich um die Ich-Perspektive handelt: Meine Augen sind gesch..
Die darf und will ich nicht bewegen. J
Ich würde eher schreiben: die darf er nicht bewegen, denn eventuell würde er ja gerne, aber er darf es nicht.
Die Flocken um mich herum fallen nach oben. Oder stürze ich?
Das ist sehr schön beschrieben, das gefällt mir.
Rechtsherum wie ein Korkenzieher in eine Weinflasche.
Diese Bildvergleich ist nicht ganz korrekt. Ein Korkenzieher bohrt sich in den Korken einer Weinflasche und nicht in die Flasche an sich.

, sehe ich nicht, erkenne überhaupt nichts.
Das hat ja mein Vorgänger bereits beschrieben.
Mittig, zielgenau auf dieselbe, jetzt wieder heftiger schmerzende Stelle.
Dieser Satz liest sich für mich seltsam. Er oder sie? hat eine schmerzende Stelle? Würde ich eventuell umstellen.
von denen!
An dieser Stelle wird Bezug auf die Teufel genommen. Also würde ich sage. bzw. schreiben: drei von ihnen.

Wie beschrieben, sind das nur meine persönlichen Eindrücke. Viele liebe Grüße und keep on writing!

 

Vielen Dank für deine Kommentare. Wenn ich das überarbeite, kann ich es dann hier zum Beispiel als "Version 2" neu veröffentlichen?

 

Hallihallo, ich denke ja, das geht hier. Den alten Text dann löschen. Liebe Grüße und keep on writing.

 

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