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Nachmittag am Pool

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13.08.2005
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Nachmittag am Pool

„Schmeiß sie raus!“

Pascal meinte es durchaus ernst. Wütend schrubbte er seine Lammfilets unter dem fließenden Wasser im Spülbecken. Seine Aufforderung richtete sich an Jan, der zusammen mit seiner derzeitigen Freundin Claudia gekommen war, einer jungen Frau Mitte zwanzig, von einer unscheinbaren Eleganz, doch hochgradig zickig. Gerade hatte sie Pascal erklärt, er würde die Filets verwässern. Aber Grillen war von je her Männersache. Da ließ er sich nicht hineinreden.

Er warf die Fleischstücke Jan zu, der sie auf dem Küchenkrepp trocken tupfte. Die Gewürze standen bereit: Salz, Pfeffer, Majoran, Kümmel und eine Schüssel mit geriebener Zitronenschale.

Claudia kicherte, stieß Mia, Pascals Lebensgefährtin, mit dem Ellenbogen in die Seite, und verließ die Küche. Mia folgte ihr schweigend. Pascal kannte ihre Vorbehalte bezüglich Männern in Küchen. Er kannte ihre Vorbehalte ihm gegenüber. Bis heute hatte er nicht begriffen, warum sie ihn geheiratet hatte. Sie zeigte ihm selten, was sie an ihm mochte. Eine vertane Chance, dieses Leben.

Mit einem großen Messer hieb er auf die Petersilie ein und hinterließ dabei tiefe Kerben im Holzbrett. Jan sah ihn fragend an, während er das Fleisch würzte, doch Pascal schüttelte nur den Kopf.

„Weißt du“, sagte er. „Es könnte so ein schöner Nachmittag sein. Die Sonne brennt, am Pool ist es angenehm frisch, der Grill wartet. Aber Mia schafft es immer wieder, mir die Stimmung zu versauen.“

Die schrille Klingel der Haustür ließ Jan zusammenfahren.

„Das werden meine Nachbarn sein. Magst du aufmachen?“

Während Jan zur Tür ging, schob Pascal die Petersilie in eine kleine Schüssel und übergoss sie mit Olivenöl. Er hörte die Stimmen seiner Nachbarn: Rainer, Ende zwanzig, dessen Stimme tief und ruhig wie immer klang, so als habe er gerade einen Mantra-Workshop hinter sich. Und Susanne, ein paar Jahre jünger, die immer bemüht kultiviert klang, vielleicht eine Spur zu aufgeregt und schnell, um glaubhaft zu sein. Eine graue Maus, die meist in ein Business-Outfit gekleidet war, ihre Handtasche mit beiden Händen vor dem Bauch tragend. Die beiden zum Grillen am Pool eingeladen zu haben, wertete Pascal als seine gute Tat des Tages.

Er verteilte Petersilie und Öl gleichmäßig auf die Filets und stellte den Teller in den Kühlschrank, damit das Fleisch ziehen konnte.

„Ist noch Platz da drin?“

Pascal drehte sich um und lächelte seinen Nachbarn entgegen. Rainer war in einem kurzärmligen Hemd und Bundfaltenhose gekommen. Susanne hatte selbst heute nicht auf ihr helles Jackett verzichtet. Statt der Handtasche trug sie eine Flasche eisgekühlten Wodka, die sie ihm zögerlich lächelnd überreichte: Grey Goose, die beiden hatten Geschmack.

Pascal stellte die Flasche ins Eisfach und begleitete die beiden nach draußen. Claudia und Mia lagen inzwischen in ihren Liegestühlen am Pool. Beide hatten Badeanzüge angezogen und räkelten sich in der Sonne.

Als Susanne die beiden sah, wurde sie ein wenig rot.

„Kann ich mich hier irgendwo umziehen?“

Pascal zeigte ihr das Schlafzimmer mit dem Wäscheschrank. Doch Susanne zog einen Bikini aus ihrer Jackentasche und hielt das Oberteil am Träger in die Höhe:

„Ich habe schon gesehen, dass es etwas freizügiger werden könnte.“

Pascal versuchte ihren Blick zu deuten. Sie lächelte, leicht verlegen vielleicht, ohne jedoch seinem Blick auszuweichen. Langsam ließ sie ihr Jackett von den Schultern gleiten. Pascal drehte sich um und ging zur Tür, warf noch einen Blick zurück und sah, wie sie den Reißverschluss ihres Kleides öffnete.

„Bis gleich“, sagte er. Sie antwortete nicht.

Unten auf der Terrasse hatte Jan bereits den Grill angeworfen. Rainer stand mit einer Flasche Bier in der Hand neben ihm und redete unfassbaren Blödsinn über die Fussball-EM. Die Frauen starrten gelangweilt in die Luft. Das änderte sich, als Susanne auftauchte. Es war nicht ihre Figur, die Pascal überraschte. Tatsächlich hatte er sie nie anders als in ihren Business-Dress’ gesehen und war bisher nicht auf die Idee gekommen, sie könne weibliche Formen haben. Auch den Zweiteiler, den sie trug, konnte man nicht unbedingt als gewagt bezeichnen, wenn er auch gegen die Badeanzüge der anderen Frauen abstach. Was Pascal wirklich verblüffte, war die Tatsache, dass Susanne noch jetzt aussah, als könne sie in ihrem Aufzug aus einem Lift steigen und sich an einem runden Tisch mit der Geschäftsführung eines multinationalen Konzerns auf Augenhöhe auseinander setzen.

Die Vorstellung endete mit einem Platscher, als sie kopfüber in den Pool sprang und in ausgestreckter Haltung einmal durch das Becken tauchte. Alle Blicke waren auf sie gerichtet.

Am Beckenrand tauchte sie auf, stützte sich ab und setzte sich mit einer schnellen Drehung auf die Umrandung. Sie sah Pascal an, lächelte, schaute dann zu ihrem Mann, ohne die Frauen eines Blickes zu würdigen.

„Das tat gut.“

Ihr Körper glänzte vor Nässe, ihre langen Haare kräuselten sich im Rücken. Pascal sah zu seiner Frau, die tat, als hätte sie diese Szene gar nicht bemerkt. Er betrachtete ihren braungebrannten Körper, das leicht verhärmte Gesicht, die Orangenhaut, die sich am unteren Ansatz des Badeanzuges bemerkbar machte. Zwischen Anfang und Ende einer Liebe liegt ein langer Kampf, und er spürte, dass er diesen Kampf längst verloren hatte.

Susanne stand auf und ging zu Rainer, um sich in seine Arm zu schmiegen. Auch dabei ließ sie ihren Blick nicht von Pascal ab. Rainer umfing sie mit seinen Armen, ungeachtet der Wasserflecken, die sich unweigerlich auf seiner Kleidung ausbreiteten. Sein Blick hingegen war auf Mia gerichtet.

Für einen Moment kamen Pascal Zweifel, ob die ganze Situation von Mia inszeniert worden sein konnte. Um ihn eifersüchtig zu machen. Um ihn vorzuführen. Oder um seine Treue unter Beweis zu stellen. Aber er glaubte nicht, dass Susanne eine jener Frauen wäre, die sich auf ein solches Spiel einließen.

Um sich abzulenken, holte er ein Tablett aus der Küche, um die Kräuterbutter für die Lammfilets vorzubereiten. Er suchte nach dem Grilltöpfchen und fand es schließlich in einem anderen, größeren Topf, in den wohl Mia es gestellt haben musste. Die Zutaten für die Butter hatte er schon im Vorweg in eine Ecke der Arbeitsfläche gestellt: Weißwein, Knoblauch, Cayennepfeffer, den Zuckertopf, eine Zwiebel. Während er die Zwiebel klein schnitt, hörte er hinter sich die Küchentür.

„Kann ich helfen?“

Er drehte sich um. Susannes Haare waren noch immer tropfnass. Sie hinterließ kleine, glänzende Abdrücke auf dem Steinfußboden. Ihre leicht gebräunten Füße wurden zur Sohle hin heller. Sie trug einen dezenten Nagellack. Er sah an ihr hoch und er fand sie schön.

„Wie lange sind wir Nachbarn?“ fragte er.

Wieder lächelte sie unsicher.

„Jan und Rainer haben Lust auf den Wodka. Hast du Limetten im Haus?“

Sie ging zum Kühlschrank und holte die Flasche.

„Wenn du gerade da bist, kannst du mir auch die Butter bringen.“

Einen Moment suchte sie, vor der offenen Kühlschranktür kniend. Pascal sah sie von der Seite an, streichelte mit seinem Blick die Rundungen ihres Körpers, die der knappe gelbe Bikini kaum verhüllte. Ihm fiel auf, wie ihr Körper auf die Kälte des Kühlschranks reagierte und versuchte sich wieder auf die Zwiebel zu konzentrieren, die vor ihm auf dem Brett lag. Das Messer war etwas stumpf, seine Augen fingen an zu tränen.

„Sei vorsichtig, sie will die Scheidung“, sagte sie schließlich.

„Und du? Was willst du?“ fragte er.

Sie stand auf, die Flasche in der einen, die Butter in der anderen Hand.

„Wodka“, sagte sie. „Viel Wodka. – Und Lammfilet in Kräuterbutter.“

 

nette geschichte.

mir fiel es zu beginn estwas schwer mit den ganzen verschiedenen Namen klarzukommen, es werden in kürzer Zeit sehr viele personen vorgestellt... an einer Stelle bist du glaube ich selbst durcheinandergekommen.

„Bis gleich“, sagte er. Sie antwortete nicht.

Unten auf der Terrasse hatte Jan bereits den Grill angeworfen. Rainer stand mit einer Flasche Bier in der Hand neben ihm und redete unfassbaren Blödsinn über die Fussball-EM. Die Frauen starrten gelangweilt in die Luft. Das änderte sich, als Claudia auftauchte. Es war nicht ihre Figur, die Pascal überraschte. Tatsächlich hatte er sie nie anders als in ihren Business-Dress’ gesehen "

das änderte sich als Claudia (?) auftauchte, du meinst doch suzanne, oder...?

du hast die situation treffend geschildert am grill: ein unzufriedener ehemann verkuckt sich in die nachbarin... letztlich passiert nicht viel, er grillt, und beobachtet... kann nicht sagen dass mich die Geschichte umgehauen hat, aber war nett. Das Ende gefällt mir gut.


mfg,


JuJu

 

Hallo JuJu,

danke fürs Lesen! Und ich gebe dir Recht. Sechs Personen sind für eine Kurzgeschichte eigentlich zu viel. Ich habe versucht, das Ganze zu entflechten, indem zwei der Personen nahezu nichts zu tun haben (aber als Partygäste nötig waren). Aber dann hätte ich wohl auch konsequenterweise ihre Namen weglassen müssen. Ich hatte schon überlegt, diese beiden ganz zu löschen, aber dann wäre die Situation eine andere gewesen. Dilemma.

Die "falsche Claudia" werde ich ändern. Danke für den Hinweis.

Herzliche Grüße,
Ennka

 

Hallo Ennka,
hat mir eigentlich ganz gut gefallen. Mit gefallen solche "Paarstudien".
Allerdings bleibt vieles unausgesprochen, was ich einerseits gut finde, denn man muss ja nicht alles detailliert erklaeren, andererseits haette ich schon gern noch ein bisschen mehr erfahren, wie es weitergeht, warum seine frau so zickig ist, ob er sich in die Nachbarin verliebt usw.
Fuer mich hat das auch was von amerikanischer Kurzgeschichte, a la John Cheever, aber vielleicht kommt's mir auch nur so vor, wegen dem Pool!

gruss, sammamish

 

Hallo Ennka,

eine hübsche Geschichte mit einem (für mich) überraschenden Ende. Mir gefällt der Moment, ("Zwischen Anfang und Ende einer Liebe liegt ein langer Kampf, und er spürte, dass er diesen Kampf längst verloren hatte.") in dem er sich in Susanne verliebt, diesen Punkt hast Du schön skizziert.
Danke!

lg, catlucy

 

Hallo Ennka,

hm, ich weiß nicht so, hätte ich einen Pool, könnte ich das noch als Pool-Lektüre klassifizieren und gut wär’s. Aber so unentspannt, wie ich in der Abwesenheit eines solchen bin, muss die Kritik ein wenig härter ausfallen.;)

Erstens ich finde es auch gewagt, so schnell so viele Personen einzuführen, wobei das nicht mal stimmt: Die Figuren werden nicht eingeführt, lediglich ihre Namen werden anfangs genannt und was sie grade tun. Das ist schon mal desorientierend.
Vorschlag: Zuerst das Gastgeberpaar und –beziehung zeichnen und dann die Gäste einbringen. Also der Konflikt zwischen Pascal und Mia in der Küche, Übertragung auf die Ehe über Pascals Gedanken und dann oder nebenbei die Gästesituation. „Seine Aufforderung richtete sich…“ – das ist so ziemlich sperrig, konstruiert.

Claudia kicherte, stieß Mia, Pascals Lebensgefährtin, mit dem Ellenbogen in die Seite, und verließ die Küche. Mia folgte ihr schweigend. Pascal kannte ihre Vorbehalte bezüglich Männern in Küchen. Er kannte ihre Vorbehalte ihm gegenüber. Bis heute hatte er nicht begriffen, warum sie ihn geheiratet hatte. Sie zeigte ihm selten, was sie an ihm mochte. Eine vertane Chance, dieses Leben.

Was jetzt, Lebensgefährtin oder Ehefrau?


Zwischen Anfang und Ende einer Liebe liegt ein langer Kampf, und er spürte, dass er diesen Kampf längst verloren hatte.

Ich weiß nicht, dieser Satz … klingt so bedeutend, aber so richtig Sinn macht er für mich nicht. Wenn du schon das Ende nennst: Er hat den Kampf verloren, der sowieso zu einem Ende führt? Jetzt ist die Liebe schon am Ende, aber noch nicht?


Susanne stand auf und ging zu Rainer, um sich in seine Arm zu schmiegen. Auch dabei ließ sie ihren Blick nicht von Pascal ab. Rainer umfing sie mit seinen Armen, ungeachtet der Wasserflecken, die sich unweigerlich auf seiner Kleidung ausbreiteten. Sein Blick hingegen war auf Mia gerichtet.

Entschuldige, aber das ist wie aus einem schlechten Film.

Einen Moment suchte sie, vor der offenen Kühlschranktür kniend.

Ich sollte die Butter auch immer in der Kühlschranktür lagern, dann knien vllt. auch meine Gäste davor!;)

Mein Eindruck ist, du hast dich da bewusst oder unbewusst Klischees bedient, um den Leser auf 'ne falsche Fährte zu locken: Poolparty, Nachbarn, die spannende Nachbarsfrau (die aber als einzige auch wirklich spannend ist), die kalte Ehefrau, die natürlich schon Orangenhaut hat, dann diese bedeutungsvolle Zwingerblicke – da wartet man ja auf den Nachbarstausch -, um dann halt so einen Schluß zu bringen, der dann nur noch gewollt künstlerisch wirken kann. Fazit: Der Geschichte fehlt Natürlichkeit.

Gruß
Kasimir

 

Hallo Ennka!

Der russische Schriftsteller Anton Tschechow hat gesagt:

Wenn in einem Drama in der ersten Szene ein Gewehr an der Wand hängt, muss spätestens in der letzten Szene damit geschossen werden.

Damit meint er, dass in einem literarischen Kunstwerk alles, auch Requisiten u.ä. einen bestimmten Zweck haben muss. Du führst nun einen Wodka der Flasche Grey Goose ein - da erwartet der Leser, dass aus der Flasche getrunken wird, so dass vielleicht einige Leute enthemmt werden und es zu einem Eklat kommt. Aber nichts dergleichen, so dass sich die Vermutung aufdrängt, dein Text sei nur ein Ausschnitt aus einer längeren Erzählung oder einem Roman.

Dabei ist der Text durchaus tiefgründig. Susanne, in Pascals Augen eine "graue" Maus, bringt als Geschenk einen "Grey" Goose mit, auf den ersten Blick ein unpassender Name für ein berauschendes Getränk. Aber nur auf den ersten Blick! Eine Graugans ist ja ein Zugvogel, was symbolisch bedeuten kann: Auf zu neuen Ufern! Zu einem neuen Leben mit einem neuen Partner! Auch Susanne, die graue Maus, entpuppt sich auf einmal als attraktive Frau. Vielleicht sehnt sich ja dein Text nach Vollendung! Oder der Leser soll es sich ausmalen.

Jedenfalls: gerne gelesen
gerthans

 

Hi folks,

wird wohl mal wieder Zeit, dass ich mich melde ;)

Dank zunächst einmal an alle, die die Geschichte nicht nur gelesen haben, sondern sich auch Zeit und Muße nahmen, einen Kommentar abzugeben.

@sammamish

Deine Kritik höre ich nicht zum ersten Mal. Etwas mehr über die Beziehung zwischen Pascal und Mia zu erfahren, wäre sicher reizvoll. Aber mit fünf Manuskript-Seiten fand ich die Geschichte schon hart am Rande des Präsentierbaren. Und wie Du mag ich das Unausgesprochene.

Was die Vorbilder angeht: klar haben hier Leute wie Sutton oder Updike indirekt Pate gestanden. Ein Kollege von mir meinte, ihm würden ungefähr 250 amerikanische Autoren der 80er Jahre einfallen, an die ihn der Text errinnert. Dabei sollte es eigentlich wie Philippe Djian klingen :(

@catlucy

Danke, Du hast mich aus der Schlinge gezogen. Hat Kasimir doch gerade den von Dir besonders vorgehobenen Satz ein wenig zerrissen. Aber vielleicht hat er Recht. Durch die schwebende Doppeldeutigkeit hast Du den Satz glaube ich in eine ganz andere Richtung interpretiert als ich ihn gemeint habe. So geht's halt manchmal. Für mich manifestierte der Satz eher das Ende Pascals Beziehung zu Mia, als seine aufkeimende Liebe zu Susanne.

@Kasimir

Och Mensch, gönn mir doch meinen ersten kleinen Erfolg auf dieser Plattform ;)

Mit den vielen Personen hast Du Recht, ohne Frage. Habe mich weiter oben ja schon einmal schuldig im Sinne der Anklage bekannt. Was lernen wir daraus: auch in der KG immer erst zwei Akteure auf die Bühne lassen und diese nach und nach füllen. Wird in mein Regelwerk aufgenommen.

Die Frage "Lebensgefährtin oder Frau" finde ich existenziell. "Ich bin nicht deine Lebensgefährtin, ich bin deine Frau" klingt für mich aber sehr formell, nahezu emotionsfrei. Für mich ist "Lebensgefährtin" eine Beziehungsbeschreibung, "Ehe-Frau" eine juristische Klassifizierung. Ob ich damit semantisch durchkomme, ist eine andere Frage.

Den Satz "Zwischen Anfang und Ende einer Liebe..." hingegen finde ich grammatisch zumindest völlig korrekt gebaut, sieht man mal vom Subjektwechsel im Nebensatz ab. Der Hauptsatz betrachtet eine Zeitspanne, im Nebensatz sagt Pascal, dass er sich bereits jenseits dieser Zeitspanne befindet. Hätte einfacher formuliert werden können, wäre dann aber langweilig faktisch gewesen.

Erinnerst Du Dich an Woody Allen: "Es ist nicht so, dass die Kunst das Leben imitiert. Vielmehr imitiert das Leben die schlechten Filme."

Dein Argument mit der fehlenden Natürlichkeit der Story irritiert mich. Da hätte ich gern noch einen Satz mehr dazu von Dir. Ist die von Dir angedachte Swinger-Variante natürlicher? Ich frage deswegen, weil ich gerade dieses Swinger-Klischee unbedingt vermeiden wollte. Mein Ansatz von Natürlichkeit war, es eben bei Blicken zu belassen, bei geheimen Sehnsüchten vielleicht, oder einfach bei der Trauer über den eigenen Weg. Aber vielleicht habe ich da ein anderes Verständnis von Wirklichkeit als Du. (Oder ich habe noch nicht verstanden, wie Du Dir die Natürlichkeit in dieser speziellen Konstellation vorstellst.)

@gerthans

Freut mich, dass sie Dir gefallen hat. Das Zitat von Čechov ist natürlich bekannt - und wenn Du genau hinsiehst, spielt der Wodka am Ende durchaus noch ein Rolle: er beleuchtet nämlich ganz gemein Susannes Motivation und ihr eigenes Lebensgefühl. (Aber es freut mich, dass Du im Zusammenhang mit dem Zitat nicht nach dem Messer gefragt hast, mit dem Pascal die Petersilie zerhackt hat :))

Für einen Romanausschnitt ist die Geschichte zu gedrängt und auch zu klar formal in Anfang, Mitte und Schluss strukturiert. (Bei genauerem Hinsehen kannst Du sogar ziemlich zeilengenau die 5 Akte ausmachen.) Wobei ich Dir Recht gebe: solche Familienkonstellationen haben die Amis Ende des letzten Jahrhunderts zuhauf zu Romanen verwurschtelt. Ein solcher Roman käme jetzt Jahre zu spät.

So weit. Noch einmal herzlichen Dank euch allen für die freundlichen Worte und die konstruktive Kritik,
Ennka

 

Hallo Ennka,

Zwischen Anfang und Ende einer Liebe liegt ein langer Kampf, und er spürte, dass er diesen Kampf längst verloren hatte.

Der Hauptsatz betrachtet eine Zeitspanne, im Nebensatz sagt Pascal, dass er sich bereits jenseits dieser Zeitspanne befindet.

Eben das sagt er nicht, sondern dass er den Kampf verloren hat, der dazwischen liegt. Das ist das Unlogische. Klar weiß der Leser, wie er sich das letztendlich zusammenzureimen hat, im Grunde muss er nur reduzieren: „Die Liebe ist am Ende“. Im Rückblick wirkt dann aber dein Satz pathetisch aufgebläht. (Um die Grammatik gings mir nicht.)

Erinnerst Du Dich an Woody Allen: "Es ist nicht so, dass die Kunst das Leben imitiert. Vielmehr imitiert das Leben die schlechten Filme."
Ja, das stimmt auch und ist echt 'ne gute Rechtfertigung für die Szene.:D

Dein Argument mit der fehlenden Natürlichkeit der Story irritiert mich. Da hätte ich gern noch einen Satz mehr dazu von Dir. Ist die von Dir angedachte Swinger-Variante natürlicher?
Nein, um Gottes Willen!

Ich frage deswegen, weil ich gerade dieses Swinger-Klischee unbedingt vermeiden wollte.
Mein Ansatz von Natürlichkeit war, es eben bei Blicken zu belassen, bei geheimen Sehnsüchten vielleicht, oder einfach bei der Trauer über den eigenen Weg.

Das, finde ich, ist dir nicht ganz gelungen. Darin besteht meine Kritik. Diese ‚geheimen’ Sehnsüchte sind leider offensichtlich, zu offensichtlich! Grade in der einen Swinger-Szene. Die Umgebung tut dann ihr Eigenes dazu.

Um an Woody anzuknüpfen: Deine Geschichte könnte durch Ironie oder mehr Subtilität den Charakter schlechter Filme verlieren (unsympathische Frau, reizvolle Nachbarin, die Wirkung eines offenen Kühlschranks auf einen Frauenkörper, die „Vorstellung“ am und im Pool). So ist der Text bis zum Schluss ziemlich eindeutig, um erst dann den Schlenker zur Kunst zu machen. Oder: Durch die klaren Erwartungen, die die Handlung weckt, wirkt der offene Schluss auf mich wie eine halbe Pointe. (Ich mag Pointen nicht.) Ich meine aber nicht, der Schluss sei unnatürlich, sondern die Erwartungen.

Ob diese Kritik klarer ist als die vorherige? Mit Sicherheit ist sie – wie sonst? - sehr subjektiv.:)

Gruß
Kasimir

 

Hi Kasimir,

Ich meine aber nicht, der Schluss sei unnatürlich, sondern die Erwartungen.
Tja, was soll ich dazu sagen? Als ich das schrieb, was du - glaube ich - die "Swinger-Szene" nennst, hatte ich etwas ganz anderes im Kopf. Am Ende der Geschichte spricht Susanne Pascal darauf an, Mia wolle die Scheidung. Wie kommt sie zu dieser Information? Mir war wichtig, am Pool eine Connection zwischen den Nachbarn und Mia anzudeuten, die an Pascal vorbei läuft. Damit jene Info am Schluss nicht als deus ex machina auffährt. Ich fand das subtil. Honi soit qui mal y pense. Das Problem bei dieser Art Subtilität ist, dass sie oft vom Leser mit seiner Erwartungshaltung ausgehebelt wird.

Ganz ähnlich sehe ich das bei vielen anderen Punkten. Vielleicht liegt das daran, dass mein Blick auf die Welt wenig subtil ist. Partner, die sich auseinander leben, die sich einmal schön fanden und nun nur noch auf ihre "Makel" sehen; fremde Frauen, die auf einmal all das verkörpern, was der eigene Partner nicht mehr bieten kann - all das ist wenig subtil und noch weniger originell. Es ist einfach Alltagserfahrung, ein schlechter Film meinetwegen. Aber das ist die Prosa, die ich mag: die mich in meiner Alltagserfahrung abholt und aus dem Alltäglichen ("Hilfe, sie grillen wieder!") das Besondere herauskratzt.

Was den Kühlschrank angeht, gebe ich Dir aber Recht. Der Satz ist absolut überflüssig, da er Offensichtliches beschreibt. Eine Großaufnahme, wo eine Totale gereicht hätte. Habe den Satz bestimmt drei Mal gelöscht und wieder eingefügt. Fand ihn wenigstens ein klein bisschen subtil in seiner jetzigen Formulierung. Nun ja.

Insgesamt glaube ich aber zu verstehen, was du sagen willst. Und da ich mir vorhin gerade "Melinda und Melinda" angesehen habe, wo es grob um das gleiche Thema geht (Subtilität oder Ironie inkl.), hat mich Dein erneuter Verweis auf Woody an der richtigen Stelle getroffen. Ich werde an mir arbeiten. :)

Gruß,
Ennka

 

Hallo Enka,

ein etwas sperriger Einstieg, aber eine hübsche Geschichte, leicht anerotisiert. Hat mir gefallen.
Folgendes bitte ich aber zu bedenken:

- Badeanzug nicht mit Bikini verwechseln, es gibt da schon Unterschiede ...
- Frauen tragen keine Jacketts, sondern Blazer
- Die vermutete Intrige von Mia (Eifersucht) weglassen, ist zu kurz, zu verwirrend und treibt die Geschichte nicht voran.
- Mia ist Ehefrau von Pascal. Im oberen Teil wird von 'Lebensgefährtin' gesprochen. Für Frauen ist das echt wichtig.
- Kräuterbutter, macht man anders.....es gibt zwar viele Varianten, aber Kräuter sollten schon dabei sein. Nomen ist Omen. Mit Deiner Liste kannst Du Hobbits erschrecken... Nimm lieber den Kräuterbutterklassiker. Außerdem führst Du oben eine abgeschlossene Liste auf, ohne Petersilie - und plötzlich wird auf Petersilie eingehackt.
-Eine Frau, die ihre Handtasche mit beiden Händen vor dem Bauch trägt, ist nicht nur eine graue Maus, sondern wirkt grenzdebil.
- Das werden meine Nachbarn sein ... - wessen Nachbarn denn wohl sonst?
-hatte er sie nie anders als in ihren Business-Dressgesehen ...

Viele Grüße vom
gox

 

Hallo Enka,
die vielen Namen in der Geschichte sind meiner Ansicht nach unvermeidbar. Es geht um eine Gartenparty und wie soll man den sonst die Anwesenden beschreiben oder an der Handlung teilhaben lassen. Ueber die Gewuerzzutaten koennte man streiten. Den Schluss finde ich genial.
Alles in allem, die Geschichte liest sich sehr gut.
Gruesse///Onivido

 

So, ihr Lieben,

da habt ihr also den Pool wieder ausgegraben. Eine Geschichte vom letzten Sommer, die ich durchaus für überarbeitungswürdig halte, vor allem am Anfang. Da sind vier Figuren in der Küche, eigentlich beginnt es sogar nur mit dreien. Die sollten eigentlich in einer Kurzgeschichte ihren Platz finden, sind bei mir aber mitten in einem Streit eingeführt (gut, ev. auch nur platziert), und da wird es unübersichtlich - spätestens, wenn Mia dazu stößt.

@gox: Holla, da ist dir ja noch eine Menge aufgefallen, was dringend geändert gehört. Blazer, Bikini, ein verunglückter Dativ, öhm, ja.

Über Kräuterbutter können wir gern streiten. Ich schlage aber vor, wir setzen uns mal zu einem Baguette oder zweien bei dir in die Küche und machen einen Praxistest. Klingt gemütlicher als eine theoretische Auseinandersetzung über das beste Rezept.

Die Nummer mit der "Lebensgefährtin" habe ich nie richtig verstanden. Du definierst einen Status, kein Beziehungsgefüge. "Ich bin doch keine Freundin von ihm, ich bin mit ihm verheiratet." Ja, leider. Nicht, dass ich nicht manchmal glaube, dass eine Heirat die besten Freundschaften zerbrechen lässt. Aber so eine Hoffnung, die Ehefrau könne auch Gefährtin fürs Leben sein, habe ich dann doch noch. Ich weiß - ich befinde mich da in einer Minderheit. ;-)

Psychologisch gesehen ist die Handtasche vor dem Bauch eher eine Schutzgeste. Wird nicht nur von Grenzdebilen genutzt, aber auch. Kommt wohl auf den eigenen Erfahrungskontext an, wie das Bild gefüllt wird.

Und ja: Du nennst es "Intrige", Kasimir "Swingerklischee". Holla, wusste ja, dass Blicke viel auslösen können. Allerdings denke ich, dass dein Ansatz etwas zu radikal ist: eine Geschichte besteht ja nicht nur aus Momenten, die sie voran treiben, sondern auch solchen, die ihr eine weitere Dimension hinzufügen. Im besten Falle beides - Andeutungen eben, die in verschiedenste Richtungen interpretiert werden können. Die das Kopfkino erst zum Rollen bringen. Aber wenn ein Satz so gehörig aufstößt wie jener, ist er wohl fehl am Platze.

@onivido

danke für die Blumen. "genial" höre ich ab und zu ganz gern. :-)

Was die Leutchen am Anfang angeht, habe ich - glaube ich - einfach zu viel auf einmal gewollt. Der Konflikt hätte auch funktioniert, wenn Mia draußen geblieben wäre. Und vielleicht hätte ich auch nicht in den ersten beiden Absätzen alle Zugehörigkeiten klären müssen. Sondern nach und nach durch Gesten, kleine Szenen klären, wer mit wem... Dann wäre es etwas übersichtlicher gewesen und nicht so verwirrend. Wenn eine Geschichte am Anfang schon zu anstrengend zum Nachvollziehen ist, springen zu viele Leser gleich wieder ab. Un dat wolle mer doch net.

Euch einen schönen Sonntag,
Ennka

 

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