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Nacht

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04.02.2008
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Nacht

Und mein Kind liegt in meinen Armen und verkümmert, während ich still und rastlos die Sterne am Himmelszelt dahinrasen sehe. Ein Gewitter aus Farben und Formen entgeht mir, als ich mich hinunterbeuge und in das Gesicht des verhungernden Kindes sehe, welches meines zu sein scheint und doch nicht meines zu sein scheint. Die kleine Stupsnase wird angetippt; von meinem Finger? Das kann ich nicht sagen, denn die Farben und Formen zwingen meinen Blick gewaltsam in die Höhe und mein Verstand gerät in Ekstase. Sonnengelb, blattgrün, himmelblau, purpur, altrosa und die Farbe der Veilchen und der Minze vergeben es mir nicht, wenn ich unachtsam bin. Ich trinke die Farben und sehe die Geräusche des rasenden Firmamentes über mir, unter mir und neben mir.
Und mein Kind stirbt. Ich lege es von mir, denn die Formen greifen meine Finger. Und meine Reise beginnt; die Reise zu den Sternen, in das unbekannte schwarze Zelt, das sich um mich herum erstreckt und sich an meiner Faszination zu laben scheint. Ich lasse mich aussaugen. Ich fühle mich schon erschöpft. Es ist schwierig mich wachzuhalten und unmöglich einzuschlafen oder auszuruhen. Die Nacht greift nach mir, verlangt nach mir. Sie braucht mich. Sie liebt mich fast und liebt mich doch nicht, als sie ihre Triebe an mir befriedigt. Und mich kümmert es nicht, dass ich zur Marionette dieses erbarmungslosen Wesens werde. Ich werde ausgenutzt, missbraucht, vergewaltigt?
Und irgendwann lässt sie von mir ab. Lässt mich fallen. Ich bin nichts mehr wert, nur noch das bedeutungslose Fragment des Himmelspiels. Und nun liege ich am Boden, mein totes Kind neben mir. Das ewiglich schlafende Gesicht ausgemergelt und eingefallen, die Haut über die Knochen gespannt und ich finde es wunderschön, so wie es leblos neben mir liegt, mit einem vor Hunger, Angst und ungegebener Liebe verzerrtem Gesicht. Und bald werde ich ein neues Kind gebären. Ein Kind des Himmels, das sich Liebe und Sorge wünscht von einer missbrauchten Mutter.

 

Hallo Meleyla,

ein herzliches Willkommen hier auf kg.de.

Dein kurzer Text hat mich angesprochen vor allem auf sprachlicher Ebene. Du hast Gefühl für Sprache, das spricht aus der Art und Weise wie du deine Worte gewählt hast.

Leider habe ich aber auch nach mehrmaligem Lesen nicht die kryptische Symbolik deines Textes durchdrungen. Die personifizierte Nacht ist da mit der Protagonistin zu Gange, die farbigen Metaphern lassen mit an Regenbogen, Eiskristalle oder bunte Gewänder denken, was aber du im Endeffekt aussagen willst, verschließt sich mir leider.

Etwas mehr Struktur und Deutlichkeit (auch durch das Einfügen von Absätzen) würde da Abhilfe schaffen.

Liebe Grüße,

AE

 

Hallo Meleyia,

Ein Gewitter aus Farben und Formen entgeht mir, als ich mich hinunterbeuge
Wenn es ihr entgeht, kann sie davon nicht berichten.

gerät in Extase
Ekstase

Sonnengelb, Blattgrün, Himmelblau, Purpur, Altrosa und die Farbe der Feilchen und der Minze vergeben es mir nicht, wenn ich unachtsam bin.
Farben schreibt man klein, also "blattgrün, himmelblau, purpur, altrosa" und Veilchen schreibt man mit "V".

Die Nacht greift nacht mir,
nach (ohne t)


Zur Geschichte: Bildersturm, manche Sätze tatsächlich sehr eindringlich, andere fallen eher ab. Die kryptische Verschlüsselung der Bilder erinnert mich eher an Lyrik, das "Kind"-Motiv zieht sich durch den Text, die vergewaltigende Nacht.

Vielleicht fände diese Geschichte in "Seltsam" eher ihre Leserschaft?

Gruß
Quinn

 

Vielen lieben Dank, für die ehrliche Kritik :)

@Quinn: Huch...ohje, so blöde Rechtschreibfehler...:drool:
Das änder ich mal lieber...
Ist es denn möglich, die Geschichte zu verschieben?

Nochmals, vielen Dank an euch beide :)

 

Hallo meleyla,

sehr intensiv, dein Text. Viele starke Sätze, einige halten mit der Intensität jedoch nicht mit. Insgesamt aber immer noch stark.
Zum Inhalt fiel mir sofort das Stichwort Samsara ein. Richtige Fährte?

grüßlichst
weltenläufer

 

@Quinn: Ja, das wäre sehr nett, wenn du sie verschiebst :)

@weltenläufer: Danke...aber nein, eigentlich nicht Samsara (Bisher wusste ich noch nicht mal, was das ist :schiel: ). Aber interessant :)

 

Sonnengelb, Blattgrün, Himmelblau, Purpur, Altrosa und die Farbe der Feilchen und der Minze vergeben es mir nicht, wenn ich unachtsam bin.

Farben schreibt man klein, also "blattgrün, himmelblau, purpur, altrosa"

Nö, in dem Fall nicht! :p

 

Hallo Meleyla,

eine schöne Sprache schreibstu, wenn man so will ein Prosagedicht.

Ein Kind stirbt den Hungertod. Der Himmel grollt wie „ein Gewitter aus Farben und Formen“: und die Icherzählerin bemerkt’s zunächst nicht um es dann in sich aufzusaugen. Alles ist unbestimmt: das Kind ist nur scheinbar ihres; ob die Nacht, durch welche die Icherzählerin verschlungen wird, sie liebt oder nicht bleibt ungeklärt. Aber sie gibt sich der Nacht hin mit dem unbestimmten Gefühl „ausgenutzt, missbraucht, vergewaltigt“ zu werden. Also wird sie bald ein neues Kind gebären: „Ein Kind des Himmels, das sich Liebe und Sorge wünscht von einer missbrauchten Mutter.“

Ich vermute hinter Deinem Text den Versuch, den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen darzustellen.

Der kleine Kreislauf im Wechsel von Tag und Nacht: Ob die Nacht zur Liebe fähig ist gegenüber sich selbst und anderen, wissen wir nicht. Was wir wissen ist, dass die Nacht den hellen Tag verhungern lässt (Entzug von Licht), um ihn anderntags wieder auferstehen zu lassen. So wird es schon in der Genesis beschrieben: die Nacht (Dunkelheit) war immer schon und das Licht musste geschaffen (geboren) werden, dass Tag und Nacht zu unterscheiden wären.

Der größere Kreislauf ist der der Jahreszeiten: die helle und wärmere Jahreshälfte wird von der kalten und dunklen verschlungen, um nach einem halben Jahr wieder geboren zu werden mit allem, was die Natur hergibt.

Kann sein, dass ich falsch lieg. Ist in jedem Fall aber gut zu lesen.

Gruß

Friedel

 

Hallo Meleyla,

hab mir meine Gedanken zur Geschichte unabhängig von den anderen Lesermeinungen gemacht; doch nachdem ich diese gerade überflogen hab, merke ich, dass es mir ähnlich wie den anderen erging:

Deine Kurzgeschichte sprach mich vor allem sprachlich an. Schöner Stil, bildhafte Vergleiche, angenehm zu lesende Ausdrucksweise.

Inhaltlich blieb mir der Sinn jedoch auch verborgen. Trotz zweimaligen Lesens bin ich mir unsicher, worauf du inhaltlich hinaus wolltest. Die Eingruppierung in "Seltsam" passt sicherlich, der Text hinterlässt viele Interpretationsmöglichkeiten.

Tendieren tu ich in die Richtung, dass die Mutter missbraucht wurde und nun auch ihrem Kind was antut, da sie sich nicht mit dem Kind (das sie vermutlich durch eine Vergewaltigung bekommen hat?) identifizieren kann. Vielleicht liege ich aber auch vollkommen daneben. :confused:

Auf alle Fälle halte ich noch eindeutige Hinweise für erforderlich, die auf den Sinn des Inhalts schließen lassen. Gerade bei einer so ernsthaften Thematik.

Viele Grüße,
Michael

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Meleyla,

im Gegensatz zu meinen Vorschreibern kann ich so gar nichts mit deinem Text anfangen, außer dass er weitgehend wie eine Zustandsbeschreibung daher kommt, in die dann noch ein paar andere (aus meiner Sicht eher wahllose aber immer gern verwendete) Elemente hingemixt wurden, um eine Tiefe vorzutäuschen, die der Text aus sich heraus nicht erzeugen kann. Missbrauch und Vergewaltigung ist hier die "Zauberformel", die dann auch den Leser wieder in den kosmischen Farbenzauber zwingt um nun zu überlegen, was sich wohl an tiefgründiger Zweideutigkeit in kryptischen Sätzen verbergen mag.

Das ist mir persönlich zu wenig, ein schon fast zu billiger Trick, um eine eh schon zweideutige Gestaltung noch "doppeldeutiger" zu machen. Tatsächlich besteht aber das, was geboten wird, nur aus Türen, die geöffnet werden, ohne dass sich dahinter Räume zum Betrachten und Nachdenken finden ließen.

Gewitter, Sterne, Farben und Formen, Firmament, Reise zu den Sternen, schwarzes Zelt: Im Himmel ist Jahrmarkt, möchte man meinen. Alles poetische Evergreens, die jeder für sich schon ein wenig saft- und kraftlos wirken wenn es nicht gelingt, ihnen neues Leben einzuhauchen - dein Text aber reiht sie nur mehr oder weniger aneinander.

Auch die Sprache ist mir viel zu substanzlos und unpräzise, teilweise sogar widersprüchlich (Beispiel: während ich still und rastlos die Sterne am Himmelszelt dahinrasen sehe). Ist auch kein besonders schöner Satz.

Und auch folgende Wortwiederholung, wenn auch zweifellos als Stilmittel eingesetzt, empfinde ich eher plump, weil schon der sprachliche Klang von "zu sein scheint" sich vielleicht als einmalige Formulierung gerade noch eignet, aber es keineswegs Wert ist, dann auch noch mal wiederholt zu werden:

Ein Gewitter aus Farben und Formen entgeht mir, als ich mich hinunterbeuge und in das Gesicht des verhungernden Kindes sehe, welches meines zu sein scheint und doch nicht meines zu sein scheint.

Da hat die Zunge mehr zu tun als der Kopf.

In diesem Satz verbirgt sich auch noch die Ungereimtheit, das die Prota etwas beschreibt, was ihr entgeht. Gestern klingelte es an meiner Haustür. Aber ich war nicht da.

Erübrigt sich fast zu "faziten", dass mir dieser Text überhaupt nicht gefallen hat. Aber Meinungen sind halt unterschiedlich, und dich sollte das nicht entmutigen.

Trotz allem wird ja auch in dieser Geschichte deutlich, dass du mit Worten grundsätzlich umgehen kannst.

Grüße von Rick

 

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