Was ist neu

Nachts im Regen

Beitritt
14.10.2006
Beiträge
76
Zuletzt bearbeitet:

Nachts im Regen

Nachts im Regen fährt ein Auto aus einer Garage. Es ist blau, seine Farbe geht hier draußen etwas unter. Drinnen sitzt eine Gestalt, die, abgesehen vom Auto fahren, mit etwas beschäftigt zu sein scheint. So weit ich es hier draußen erkennen kann, kramt sie in einer Tüte auf dem Beifahrersitz.
Ich stehe unter einer kaputten Laterne. Die, die drum rum stehen, wie einsame, pflichtbewusste Wächter, spenden noch genügend Licht.
Nachdem die Gestalt ihr Auto rückwärts, vorsichtig aus der schräg nach unten führenden Einfahrt fahren lässt, steigt sie aus und für mich wird sichtbar, dass es ein Mann mittleren Alters ist. Er trägt eine Brille, an der irgendetwas befestigt ist.
Meine Zigarette geht immer wieder aus. Ich mache mir Sorgen, dass man mich für einen Stalker halten könnte.
Der Mann scheint irgendetwas überprüfen zu wollen. Er schaut konzentriert auf sein Haus, wahrscheinlich in eins der dunklen Zimmer im oberen Stock.
Irgendwann entschließt er sich einzusteigen und ganz langsam, als wenn er Vorsicht walten lassen müsste, die Straße runterzufahren.
Ich folge ihm. Meine Schuhe sind durchweicht, da ich mir nicht die Mühe mache, den Pfützen auszuweichen.
Sein Auto verschwindet hinter einer Ecke.
Als ich dort ankomme, sehe ich, wie er nicht weit von mir angehalten hat. Er sitzt jetzt auf einer Holzbank in der Nähe einer Straße. Dahinter fängt ein sehr kleiner Park an, vielleicht fünf, sechs Bäume, zwei drei Bänke und eine halb zertretene Wiese. Viele herumliegende Zigarettenstummel und der überquillende Papierkorb zeugen von Gelagen an diesem beliebten Treffpunkt, nur nicht zu dieser Stunde.
Der Regen durchweicht Taschentücher und Verpackungen, die um den Papierkorb herum liegen.
Obwohl er im Dunkeln sitzt, kann ich erkennen, dass dieses Etwas an seiner Brille ein Pflaster ist. Scheinbar ist die ihm irgendwann in der Mitte durchgebrochen.
Sein Auto parkt schräg neben ihm an der Straße. Er hat das Licht an und eine Tür aufgelassen. Das Auto scheint sauber und ordentlich zu sein.
Er trinkt. Ich beobachte ihn.
Je weiter die Zeit fortschreitet, je weiter sich die Flasche, ich glaube, es ist Vodka, leert, desto entspannter wird seine Haltung und für mich sieht es aus, als würde er in der Bank hängen, vom Regen gänzlich unberührt.
Nachdem er zwei weitere Flaschen aus dem Auto holt, diesmal werden es wohl Bierflaschen sein, fleezt er sich wieder auf die Bank und trinkt weiter.
Irgendwann lässt er seinen Kopf hinter fallen und gibt irgendwelche sonderbaren Töne von sich, als wenn er gleichzeitig singen und stöhnen würde.
Ich setze mich auf den Rand einer kniehohen Mauer, aus der ein Zaun ragt. Ich spüre kaltes Metall an meinem Arm. Ein tolles Gefühl.
Als er eben zum Auto gegangen war, um nachzutanken, war er schon nicht mehr sicher auf den Beinen.
Irgendwann entschließt er sich, wieder einzusteigen und zurückzufahren. Ich nehme einen Fußweg zwischen den Häusern. Ich kratze, während ich gehe, an den Häusern entlang, bis meine Fingernägel ganz verfärbt sind. Ich genieße die nasse Kälte, die sich in meinem Körper ausbreitet.
Wir kommen zeitgleich an seinem Haus an. Das Innere seines Autos kommt mir schmutziger als vorher vor, als er aussteigt. Außerdem steht es total schräg in seiner Einfahrt.
Er braucht ziemlich lange, bis sein Hausschlüssel das für ihn wohlbekannte Klicken im Schloss bewirkt. Bevor er eintritt, schaut er sich um, als würde er jemanden suchen, oder als hätte er irgendwas vergessen. Mich sieht er nicht. Im Wohnzimmer des Hauses geht ein Licht an.
Da fällt mir auf, dass er die Haustür nicht richtig geschlossen hat. Ich trete ein. Das Wohnzimmer ist direkt vom Hauseingang aus zu sehen. Er sitzt in seinem Sessel, hat den Kopf sehr weit in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen, so wie auf der Bank. Lange Zeit betrachte ich ihn, wie er seinen Kopf an der Lehne des Sessels hin- und herrollen lässt. Neben seinen unübersehbaren Spuren in Form von verteilten, schmutzigen Wasserflecken auf dem Flurteppich gehen meine vollkommen unter, obwohl mich jedesmal ein sehr unwohles Gefühl beschleicht, wenn ich in seine Fußstapfen trete, um jegliche Form von Aufmerksamkeit zu vermeiden.
Bis er irgendwann seine Augen öffnet, seinen Kopf anhebt und vor sich hin starrt. Jetzt scheint er aufstehen zu wollen. Es gelingt ihm aber nicht sofort, er fällt ein paar Male zurück in den Sessel. Kurz nachdem er es doch geschafft hat, stößt er mit seinem Bein gegen den Tisch vor ihm und ruft laut: „Scheiße“. Wütend schmeißt er eine Vase vom Tisch, die mindestens ebenso laut am Boden zerschellt. Er kommt auf mich zu, ich verstecke mich unter der Treppe. Ich höre, wie er hinaufsteigt. Er hat das Licht im Wohnzimmer angelassen. Er verschwindet in einem der oberen Zimmer. Ich gehe ihm nach und lausche an der Tür. Zuerst nehme ich nichts wahr. Dann höre ich, wie er, undeutlich gesprochen aber laut, ausruft: „Was soll das? Lass mich in Ruhe“. Und plötzlich geht ganz unerwartet die Tür auf und er steht mir gegenüber. Ich bin einen kleinen Moment starr vor Schreck.
Hinter ihm durch die Tür durch schaue ich unweigerlich auf seine Frau, die auf dem Bett sitzt und den Blick in meine Richtung gerichtet hält. Aber es ist kein Blick, der verraten würde, dass sie sich bedroht fühlt, sondern ein Blick verträumter Trauer und Sorge.
Der alte Mann ist im ersten Moment verwundert, als er mir so nah ins Gesicht blickt. Aber dann ziehen Falten auf seine Stirn und er lallt mir entgegen: „Was machst du denn hier? Geh sofort wieder ins Bett!“. Sein Atem stinkt nach verfaulten Früchten.
Ich schließe die Augen. Dieser Mann ist nicht mein Vater, geht es mir durch den Kopf.

 

Hi Literaturignorant

Siehe da, als ich nach Geschichten von dir suchte, fand ich sogar eine unbeantwortete. ;)

Drinnen sitzt eine Gestalt, die, abgesehen vom Auto fahren, mit etwas beschäftigt zu sein scheint.

worin äußerst sich das?


Die, die drum rum stehen spenden noch genügend Licht.

Das klingt nicht sehr gut.

Als die Gestalt ihr Auto rückwärts, vorsichtig aus der schräg nach unten führenden Einfahrt fahren lässt, steigt sie aus und für mich wird sichtbar, dass es ein Mann mittleren Alters ist.

Das ist ungenau formuliert, hier steht nämlich quasi: WÄHREND er das Auto aus der Einfahrt fährt, steigt er aus.

Der Mann scheint irgendetwas überprüfen zu wollen. Er schaut konzentriert auf sein Haus, scheinbar in eins der dunklen Zimmer im oberen Stock.

"scheint" und "scheinbar" scheinen deine Lieblingswörter zu sein:D - die verwendest du zu häufig.

Als ich dort ankomme, scheint er nicht weit von mir angehalten zu haben.

Hier ist es z.B. völlig überflüssig. Entweder hat er angehalten oder nicht, ganz einfach.

Dahinter fängt ein sehr kleiner Park an, vielleicht fünf, sechs Bäume.

Ich find es seltsam, das der Prot jetzt anfängt Bäume zu zählen.


Das Auto scheint sauber und ordentlich zu sein.

Ist das an dieser Stelle wichtig? Wäre ihm das nicht schon bei der Ausfahrt aufgefallen?

Je weiter die Zeit fortschreitet, je weiter sich die Flasche, ich glaube, es ist Vodka, leert, desto entspannter wird seine Haltung und für mich sieht es aus, als würde er in der Bank hängen.

Äh, mitten im strömenden Regen?


Irgendwann entschließt er sich, wieder einzusteigen und zurückzufahren.

Super Idee nach einer Flasche Wodka und zwei Bier :lol:


Er braucht ziemlich lange, bis sein Hausschlüssel das Schloss zum öffnen bringt.

Komisch formuliert. Eigentlich bringt ja höchstens er MIT seinem Hausschlüssel das Schloss zum öffnen. (Aber auch das würde nicht sehr gut klingen.)


Hm, also dein Prot war der Sohn jenes Säufers, den er die ganze Zeit beobachtet hat. Irgendwas in der Richtung hatte ich mir schon fast gedacht, da die Geschichte recht kurz ist und im Laufe der ersten zwei drittel keine Andeutungen zu finden waren, wer dein Prot ist und warum er diese Szene die ganze Zeit beobachtet.
Das Hauptmanko würde ich darin sehen das dein Prot zu blass bleibt - er beobachtet die ganze Zeit nur und der Leser erfährt nichts über seine Gefühle, Gedanken, oder warum er sich diese ganze traurige Szene überhaupt anschaut (und wohl auch nicht zum erstenmal, würde ich schätzen). Das ganze scheint mir zusehr auf die Pointe am Schluss ausgerichtet zu sein, ich würde dir raten das Augenmerk mehr auf deine Figuren zu richten. Auch gibt es glaub ich ein paar logische Fehler, z.B: Wenn er nunmal der Sohn ist, warum rätselt und spekuliert er dann soviel über Äußerlichkeiten des Vaters oder dessen Auto?
Jup, soviel von meiner Seite.

schöne Grüße, Skalde.

 

Hallo Skalde,
vielen Dank für dein Kommentar, so wie ich finde eine sehr hilfreiche Kritik.
Trotzdem würde ich gerne an der ein oder anderen Stelle protestieren

Zitat:
Die, die drum rum stehen spenden noch genügend Licht.

Das klingt nicht sehr gut.

Hmm. Das stimmt. Aber irgendwie gehört es da rein... ich gucke mal

Das ist ungenau formuliert, hier steht nämlich quasi: WÄHREND er das Auto aus der Einfahrt fährt, steigt er aus.

stimmt.

"scheint" und "scheinbar" scheinen deine Lieblingswörter zu sein - die verwendest du zu häufig.

Ja, hab´s wohl etwas übertrieben

Ist das an dieser Stelle wichtig? Wäre ihm das nicht schon bei der Ausfahrt aufgefallen?

Das ist an dieser Stelle sehr wichtig, da es ihm später auffällt, dass es nicht mehr sauber ist...

Äh, mitten im strömenden Regen?

Genau, na ja gut, nicht im strömenden, im normal starken nächtlichen Regen,
es ist ein Alkoholiker, aber
du hast einen guten Punkt. Nämlich, ich habe tatsächlich beim Rest der Geschichte vergessen, den Regen einzuflechten, nur einmal am Anfang erwähnt, muss ich unbedingt ändern

Super Idee nach einer Flasche Wodka und zwei Bier

Na, das ist es doch, was ich aussagen will, eigentlich genau in den Worten, wie du es ausgedrückt hast: Super Idee! Deswegen schämt sich sein Sohn ja für ihn.

Das ganze scheint mir zusehr auf die Pointe am Schluss ausgerichtet zu sein

Komisch, diese Pointe ist mir erst beim Schreiben der Geschichte in den Sinn gekommen, sogar erst nach der Hälfte

Auch gibt es glaub ich ein paar logische Fehler,

ja, da hast du Recht, muss ich nochmal prüfen

viele grüße, der Ignorant

 

HAllo Ignorant,

bin etwas unschlüssig, was deine Geschichte angeht. Zum einen fängt sie spannend an, man will wissen, was dieser Typ denn da im Regen macht und warum wirder beobachtet. Allerdings kitzelst du die Spannung nicht weiter hoch, sondern lässt sie seicht dahindümpeln.
Auch würde ich die gleichen Kritikpunkte anbringen wie Skalde. Das bleibt alles ein bisschen blass.
Ich habe die Kg so gelesen, dass ein Sohn auf der Suche nach seinem Vater ist und sich in der Nacht einen potentiellen Kandidaten begutachtet.
Aber für eine solche Handlung bleibt deine Kg zu distanziert, die Züge der Handlungen nicht nachvollziehbar genug. So, wie es jetzt dasteht, ist die Pointe zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Da müssten schon ein paar mehr Hinweise fallen.
Die Idee mit dem Auto empfinde ich auch als sehr umständlich. Lass ihn doch einfach zu Fuß gehen, dann fragt man sich nicht, wie dein Prot mit dem Auto Schritt halten kann.
Was mich beim Lesen auch gestört hat ist dein Regen. Davon merkt man nichts, bzw. läuft der Regen konträr zur Handlung. Das, wasdu schilderst passt nciht zu einer regnerischen Nacht. In dieser Hinsicht passt auch der Titel nicht.
Tipp: bevor du den Regen nachbesserst, lass ihn besser weg. Eine Rolle spielen tut er eh nicht.
Fazit: Guter Anfang, aber dann leider stark absackend.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Nachtregen:

Geiler Titel
Ach ja, dich gibt´s ja auch noch! :) den alten Nachtregen...


Hi weltenläufer
Dank dir, dass du dir Gedanken gemacht hast!
Naja, was mich zumindest freut ist, dass du sagst, dass der Anfang ganz gut ist, ich glaube nämlich, das ist meine Schwäche: Anfänge zu finden
Das mit dem dahindümpeln, da hast du Recht, na ja der Hauptcharakter ist eben nicht beneidenswert, hat sich wohl zuungunsten der Spannung entwickelt, naja...

Ja, tatsächlich mangelt´s mir auch an Beweisen oder sagen wir Hinweisen, werde ich das nächste Mal berücksichtigen.
Deine angeführten Punkte sind schon sinnvoll...

Okay, ich habe ja noch Ideen, werde ich halt dann mal wieder was anderes anbieten...


Gruß, der Ignorant

 

Hallo Ignorant

die Geschichte hat ein Thema, eine Pointe und (mit leichten Punktabzügen) eine Sprache. Deshalb mag ich sie. Das Ganze leidet meiner Meinung aber ein wenig unter der Konsequenz, mit der der Erzähler den monotonen sprachlichen Rhythmus durchzieht. Ich glaube, dass leichte Variationen in Satzlänge und -aufbau, gerade zum Ende hin, da einiges leisten würden.

Ausserdem: Der erste Satz könnte leicht geändert werden. Warum nicht so etwas wie: "der blaue BMW fährt aus der Garage". Schließlich ist es ja nicht irgendein Auto, das aus irgendeiner Garage kommt.

Trotzdem: hab's gerne gelesen.

Grüße
Matt

 

Hallo matt,
auch dir vielen Dank für das Feedback

Und es stimmt, dass vielleicht tatsächlich etwas zu viel Monotonie in der Geschichte vorherrscht. Meine Intention dabei war die (notwendige) Abstumpfung (scheinbar) der Gefühle des Hauptcharakters, die ihn aber zum Ende hin einholen (er schließt die Augen und wird sich sozusagen bewusst).
Außerdem stellt die Geschichte meiner Meinung nach hauptsächlich den Abwehrmechanismus des Charakters dar, der sozusagen nicht wahr haben will, dass das tatsächlich sein Vater ist.
So das nur als Erklärung zum monotonen Stil.
Das mit der Konkretisierung ist an sich keine schlechte Idee, nur ich finde, wenn es einfach irgendein Auto ist betont es noch etwas die Anonymität des Prots, die er ja eigentlich wahren möchte.

Trotzdem freue ich mich, dass ich mit der Geschichte wenigstens etwas deinen Geschmack treffen konnte
Liebe Grüße, der Literaturignorant

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom