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Narbenkinder - Ein Drama

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13.02.2006
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Narbenkinder - Ein Drama

Der Wecker klingelt. Er erhebt sich aus seinem Bett und reibt sich die Augen. 6 Uhr. Der Alltag ruft. Er blickt eine Weile auf die kahlen Wände seines Schlafzimmers, dann macht er sich auf den Weg ins Badezimmer. Drei Minuten für die Zähne. Fünf Minuten zum Rasieren. Zehn Minuten duschen. So wie jeden Morgen.
Er geht die Treppen runter und kann sie streiten hören. Der Gestank von Alkohol in der Luft. Mutter hat schon wieder einen drinnen, Papa wird jeden Moment nachlegen. Als er sich zu ihnen setzt, schenkt man ihm keine Beachtung. Er macht sich ein Müsli, Papa zündet sich neben ihm eine Zigarette an. Sie streiten über das Wetter, er sagt nicht ein Wort. Er geht ohne ein Wort zu sagen. So wie jeden Morgen.
Als er am Bahnhof steht, wünscht er sich er wäre Vogel. Er würde wegfliegen und niemanden würde es interessieren.

In der Schule warten zwei Stunden Mathe auf ihn. Er hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.
„Was soll nur aus dir werden?!“. Er gibt keine Antwort.
„Bist du dumm oder warum sprichst du nicht mit mir?“. Wieder Stille. Der Lehrer winkt ab. Er hat schon längst an ihm aufgegeben, so wie die meisten Lehrer.
Im Sport macht er seinen wöchentlichen Besuch beim Schulpsychologen. „Tu was du tun musst, um das Loch in dir zu füllen“, sagt Dr. Tanner. Er zuckt mit den Schultern. Dasselbe Gespräch wie jede Woche. Kein Aber, aber auch keine Zustimmung. Für den einen eine Akte, für den anderen eine Gewohnheit in einem Leben als Geist. Er ist dort, weil er immer dort ist und er wird wieder kommen.

Das Mittagessen holt er sich in der Cafeteria ab. Er isst es unten im Park. So wie er es immer tut. Egal zu welcher Jahreszeit, denn die Cafeteria ist voll mit lauten Menschen und das erträgt er nicht.
Am Nachmittag hat er Physik und Englisch. Man hört nicht ein Wort von ihm. Er blickt nicht einmal von seinem Tisch auf. Als er aus der Klasse kommt hat er es nicht eilig. Zuhause wird es laut sein und der Gestank von heute Morgen sitzt ihm noch immer in der Nase.
Er geht an seinen Spind, nimmt seine Sachen. Und als er als einer der letzten die Schule verlässt, geht mit den Gedanken, dass sich niemand an ihm erinnern würde.

Er verpasst absichtlich seinen Zug, somit hat er immer einen Sitzplatz und es ist nicht so laut. Im Zug liest er eine Liegengelassene Zeitung. Irgendwo zwischen Sportergebnissen und den neuesten Klatsch aus der Promiwelt findet er einen kleinen Bericht über einen fünfzehnjährigen Selbstmörder. Er schmunzelt, dann legt er die Zeitung weg. Er erhebt sich von seinem Platz, verlässt die Bahn. Vom Bahnhof bis nach Hause ist es nicht weit. Er geht über den Spielplatz. Früher haben hier Kinder gespielt, doch dann haben die Heroin Junkies angefangen sich hier nachts einzunisten. Heute ist hier alles voll mit Spritzen.
Er öffnet die Tür zum Haus. „Hi, Mum. Hi, Dad.“ Es ist das Erste was er heute von sich gibt, doch niemand schenkt ihn Beachtung. Sie streiten darüber wer das nächste Bier aus dem Keller holen geht. Es riecht noch schlimmer als heute Morgen. Er starrt sie eine Weile an. „Auf wieder sehen, Mum und Dad“, murmelt er.
Als er in seine Zimmer tritt schreibt er einen Satz in seinen Notizblock. „Ich kann nicht mehr… Wenn ich das Loch nicht füllen kann, werde ich eben an ihm reißen“.

Unten streiten sie weiter und es sie können nichts denken was sie davon abhalten würde.
Doch heute lässt sie etwas stoppen,
denn heute ist anders,
aber irgendwie auch wie immer,
denn heute ist es zu spät.
Ein lauter Knall,
ein Aufprall,
entsetzende Stille.

 

Es ist eine gut eingeleitete Geschichte, in gewisser Weise meine als Narbenkind.
Mit der Ausnahme, dass ich die Möglichkeit wahrgenommen habe wegzufliegen, in der weite Welt liebe, Anerkennung und Karriere zu suchen.
Wie gesagt deine Geschichte ist gut, weil sich sicher tausende von Narbenkinder, in der einen oder anderen Art darin wieder finden, soweit sie sich doch für das Leben entschieden haben.
und nicht per Notizblock zum Sterben.
Eine Schwachstelle in der Geschichte ist die Situationsbeschreibung: …Mutter hat schon wieder einen drinnen. Wie, wat? stoppt der Leser, sitzt die jetzt am Frühstückstisch und hat die Beine breit gemacht um einen drinnen zu haben. Oder soll das heißen das noch einen Freund mit drinnen in der Stube ist, (und) Papa wird jeden Moment nachlegen?

Auch die Dramaturgie ist etwas verkrampft gesucht,
….Doch heute lässt sie etwas stoppen.
Was lässt sie Stoppen. wenn ihnen doch im Suff, wie immer alles Egal ist.
Also braucht die Gleichgültigkeit einen Boten
der den Lauten Knall von draußen erklärt.
und die Eltern merken, dass es ab heute zu spät ist, Irgendwas zu ändern.

Rupp

 

entsetzende Stille.
Wen soll die Stille entsetzen? Die Eltern wohl nicht, du beschreibst sie dafür zu runtergekommen und gleichgültig gegenüber allem, was um sie herum ist und passiert und was nicht Gegenstand ihrer Streitereien ist. Den Leser auch nicht, höchstens entsetzt ihn, dass er wieder mal eine -- überdies wirklich oberflächliche -- Klischeebausteingeschichte angeklickt hat.
Ja ich weiß, jeden Tag passieren solche Selbstmorde, jeden Tag nehmen sich hoffnungslose Kinder das Leben. Das Schlimme daran: Wir Menschen lernen nicht daraus. Nicht einmal einige Autoren, welche diesem Thema eine geradezu hanebüchene Ignoranz zollen gegenüber den Besonderheiten eines solchen gescheiterten Lebens. Für einige Autoren sind die Protagonisten bereits tot, wenn die Geschichte erst begonnen hat.

Nein, deine Geschichte hat mir nicht gefallen.


-- floritiv.

 

Narbenkinder

Ich habe ja nichts dagegen wenn dir mein Text nicht gefällt, aber mir Ignoranz zu unterstellen finde ich etwas harsch. Ausserdem frage ich mich ernsthaft was jemand deiner Meinung nach aus einen Selbstmord eines Jugendlichen lernen soll, wenn du im darauf folgenden Satz schon wieder auf die Besonderheiten hinweist.

Klischees? Was sind hier Klischees für dich? Meiner Meinung nach wäre es "Geschichtstechnisch" ein Clichee gewesen, hätte es am Ende ein großes Happy End gegeben. Ein Klichee wäre es vlt. gewesen wenn ich ihn z.B. schwarz gekleidet hätte, ich habe aber bewusst auf irgendwelche Gesellschaftliche Randgruppen verzichtet. Und nein, wenn jemand am Alkohol abstürzt oder ähnlichen dann bemerkt er viele Dinge nicht, aber glaub mir er kann auch wieder ganz schnell runterkommen. Dies hier ist aber zugegeben, mehr ein Bild von aussen als die eigentlich Geschichte des Protagonisten. Das aber auch genau das, was ich hiermit erreichen wollte. Das ist das Bild von einen von vielen, nicht von XY im speziellen. Es kann tausende von Gründen geben sich das Leben zu nehmen, aber muss ich denn gleich die Welt für dich retten ô_O. Das hier ist erstmal relativ grob, der Rest wäre zunächst einmal über das Ziel hinaus.

 

Ausserdem frage ich mich ernsthaft was jemand deiner Meinung nach aus einen Selbstmord eines Jugendlichen lernen soll, wenn du im darauf folgenden Satz schon wieder auf die Besonderheiten hinweist.
Ganz einfach: Jemand lernt am ehesten daraus, wenn er die Geschichte bildlich-eindringlich, emotional erleben kann. Miterleben setzt voraus, dass er/sie sich mit der Hauptfigur grundsätzlich identifizieren kann. Leider wird dies verhindert durch eine oberflächliche Darstellung. Identifizierung geschieht dadurch, dass sich der Leser mit der Hauptfigur in Beziehung setzt, er sich in sie einfühlen kann, wozu diese aber schon genügend detailreich rüberkommen muss. Sie geschieht nicht über leserseitige Selbstausmalung. Das wäre ja so, als wenn ein Töpfer seinem Kunden einen Klumpen Ton hinknallt und sagt: "Hey, machs einfach selbst, so gefällt dir mein Krug am ehesten, nicht wahr?"

Aber jetzt klink ich mich aus, andere wollen vielleicht auch was sagen.


-- floritiv.

 

Ich meine ja nur, bevor ich anfange mich mit jemanden zu identifizieren wäre es mal hilfreich diesen jemand erst einmal zu sehen und dieser jemand kann ein Jedermann sein.

 

Ich finde auch das Floh nur seinem Pseudo gerecht wird, und nur stischelt.
aber nichts konstrucktives zu sagen weiss, als billige Plattheiten. Ich finde das der Klumpen Lehm bereits alle formen aufweist die ein Grug erkennbar nacht.
nur ein Beinamputierter kann mit den Gefühlen eines Beinamputierten gleichfühlen.
alle anderen sind dann eben ohne gefühle wie Floh.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lateralus,

floh bringt es wirklich gut und absolut passend auf den Punkt :

FLoH
Für einige Autoren sind die Protagonisten bereits tot, wenn die Geschichte erst begonnen hat.

Du gönnst Deinem Prot kein Profil, in Deinen Beschreibungen, in Deinen Bildern bleibst Du auf der Oberfläche und knapp, kurz. Er spricht kein Wort, einen ganzen Tag lang, vermutlich öfter. Das ist sehr interessant, sofern klar wird, glaubwürdig wird, warum dem so ist. Und es liegt viel Potential darin, doch Du lässt alle resignieren, Deinen Prot, den Psychologen, die Lehrer, keiner nutzt die Chance, mir als Leser in vielleicht einem Dialog mit dem Prot zu verdeutlichen, warum da soviel Mauer, soviel Loch ist in ihm.
Es ist auch für mich zu erlesen, daß Dein Fokus nicht auf dem Prot liegt, sondern auf dem Selbstmord. Und das ist ein ziemlich ausgetretener Pfad der Literatur, dem Du mit Deinem Drama keine neuen Spuren hinzufügen kannst, sie bleibt im Versatzstückhaften.

Grüße,
C. Seltsem

Sie streiten über das Wetter, er sagt nicht ein Wort. Er geht ohne ein Wort zu sagen.
Als er am Bahnhof steht, wünscht er sich er wäre Vogel.
ein Vogel
Er würde wegfliegen und niemanden würde es interessieren.
Das ist so ein Satz, der ist Klischee für Suizidstories, und wohl auch deswegen, weil er wahr ist für einen Selbstmörder. Doch Du leitest diese Aussage nicht ein, die Eltern Alkis, der Alltag und schon soll der Leser glauben, daß die Verzweiflung groß genug ist ?
Er verpasst absichtlich seinen Zug, somit hat er immer einen Sitzplatz und es ist nicht so laut.
Logikfehler, er verpasst den Zug und hat so (immer) einen Sitzplatz ?
Im Zug liest er eine Liegengelassene Zeitung.
liegengelassene
doch dann haben die Heroin Junkies angefangen sich hier nachts einzunisten.
Heroinjunkies, oder einfach nur Junkies
Sie streiten darüber wer das nächste Bier aus dem Keller holen geht.
darüberKOMMA
„Auf wieder sehen, Mum und Dad“, murmelt er.
wiedersehen
Als er in seine Zimmer tritt schreibt er einen Satz in seinen Notizblock.
trittKOMMA
Unten streiten sie weiter und es sie können nichts denken was sie davon abhalten würde.
denkenKOMMA

 

Jupp. Bisher nur ein Bild. Vieleicht bald noch mehr. Ich denke ich komme früher oder später nochmal darauf zurück. Danke für die Kritik.
P.S. Bei den Satz mit den Vogel hatte ich schon im Gefühl das er zu früh kommt.

 

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