Neues von der Sternenfront
Neues von der Sternenfront
Vielleicht war es gut so, dass die auf der Erde von dem ganzen nichts mitbekamen. Während sie auf ihrem Planenten hockten und „fortgeschrittene Zivilisation“ spielten, tobte um sie herum der gewaltigste Sternenkrieg, den das Weltall je gesehen hatte. Anfänglich – und diese Anfänge liegen seeehr weit zurück – konnte man noch Kriegsparteien oder gar Kriegsgründe zuordnen, aber im Laufe der Zeit verwandelte sich die ganze Sache mehr und mehr in ein „Alle gegen jeden.“ Moralisten und Philosophen hatten einen denkbar schlechten Stand, und das schon seit Äonen. Dass es überhaupt noch welche gab, lag nur daran, dass die Völker ein lebendiges Beispiel haben wollten, wenn sie ihren Kindern das Wort „Anachronismus“ erklärten. Dementsprechend war auch das Lebensgefühl der Philosophen, und sie plagten sich damit ab, sich wechselseitig Sinn, Status, und höhere Aufgaben zuzusprechen, unter dem Hohn und Spott des Restalls.
Einen guten Stand hatte man hingegen als Waffeningenieur oder Forscher für die Militärindustrie. In einer allweiten Umfrage nach dem Beruf des Wunsch-Schwiegersohns kreuzten 99,99974% der „Leute“ ein Kompositum an, welches mit „Waffen-“ begann. Etwa 0,0000000002% kreuzten Philosoph an, und dieser Anteil entsprach dann auch zufälligerweise der Anzahl von Wesen, die Umfragen nicht so ernst nahmen.
Sie bekamen auch im Regelfall die Denkmäler. (Nein, nicht die Umfragenspaßvögel. Die anderen.) Auf nahezu jedem Planeten fand man marmorne Mausoleen, plakettiert etwa mit einem „dem Erfinder der retro-aktiven 2-Phasen-Rakete“, oder es wurde generationenübergreifender Dank dem Weiterentwickler der Laser-Sense versprochen. Im Gegensatz zu den Erdlingen ließ man sich die Freude am Krieg nicht so leicht vermiesen. Auch wenn ganze Planeten in Schutt und Asche gelegt wurden, nahm man das normalerweise sportlich, mit ehrlichem Glückwunsch an die Gewinner.
In den Foren des Spacenets wurde eifrig diskutiert über originelle Strategien, das passende Waffensystem für den jeweiligen Gegner („Protonen-Keule für dickköpfige Nulbocaner.- Mitten auf’n Dez!!!“) und ähnlich aufregende Themen. Es gab Threads nach dem Motto „Diese nervigen Govonen haben unsere drei Monde vaporisiert. Was würdet ihr tun?“, mit dem – wird es immer so sein? – gewohnten Mix aus wohlwollenden Antworten („Alle abknallen!!!“), nervigen Trollen („Versuch zu verhandeln!!!“) und Thread-Hijackern, die dreist ihre eigenen Themen zu diskutieren begannen. („Keine Ahnung, aber denkt ihr, es gibt eine höhere Gerechtigkeit?“)
Ja, so war es im Weltraum. Und wie der Berichterstatter bereits im Prolog anklingen ließ: Vielleicht war es besser so, dass die Erdenbürger von dem ganzen nichts mitbekamen, in Philosophielesungen sanft entschlummerten über dem kategorischen Imperativ, und die Knallerei am Himmel wahlweise Supernovis, Sternschnuppen, Wetterleuchten, Schwarzen Löchern, Meskalin oder – je nach politischer Gesinnung - dem Vollsuff zuschrieben. Nun gut, als plötzlich der Saturn geklaut wurde, um zu einer gigantischen Planetenkeule umgebaut zu werden, gab es eine ganze Weile Aufruhr, besonders in der Astrologie-Szene. Aber als den Medien die apokalyptischen Schlagzeilen-Variationen ausgingen (es dauerte eine Zeit), geriet das Thema immer mehr in Vergessenheit, der Saturn war weg, und das „war dann halt so.“ Übergang zur Tagesordnung. Prinzessin Margarethe von Großmeckelsdorf wurde der Dackel überfahren, Königshaus untröstlich.