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Nicht für die Schule, für's Leben lernen wir
Nicht für die Schule, für’s Leben lernen wir
Montag morgen. Der Wecker klingelt, es ist zehn vor sieben. Endlich, denn ich liege schon wieder eine ganze Zeit lang wach. Jetzt kann ich den Wecker ausstellen, mich wieder umdrehen und einschlafen... Oder auch nicht! Ich muß ja schließlich zur Schule. Na toll. Noch ein Tag mit diesen ganzen Leuten, die mir nur auf die Nerven gehen. Dieses ganze oberflächliche Getue... Wahrscheinlich waren wieder sämtliche Mitschüler am Wochenende einkaufen und habe irgendwelche neuen Klamotten, die sie unbedingt vorführen müssen.
Mit extrem schlechter Laune komme ich also in der Schule an. Schlecht geschlafen, meine absoluten „Lieblingsfächer“ in den ersten Stunden und meine wenigen Freunde kommen natürlich wieder zu spät! Demnach stelle ich mich irgendwo in eine Ecke und hoffe meine Ruhe zu haben. Pustekuchen. „Guten Morgen, naaa was hast du am Wochenende gemacht?“ Ob sie wirklich eine Antwort erwartet? Anscheinend nicht! „Ich war einkaufen, guck mal. Die Hose hier: Sitzt perfekt und war spottbillig. Gerade mal 90 Euro!“ Geistesabwesend nicke ich und stelle fest, daß ich diese Hose höchstens in der Disco anziehen würde. Sofern ich auf die üblichen Sternchendiscos abfahren würde. Und 90 Euro? Gäbe ich höchstens aus wenn ich 2 Hosen in meiner Größe fände. Vorausgesetzt ich hätte Geld! Der Gong erlöst mich. Erleichtert atme ich auf, bis mir wieder einfällt was mich nun erwartet. Vom Regen in die Traufe: Mathe. Heute diskutieren wir bestimmt wieder über Kurven. Oder so ähnlich. Ich habe nicht wirklich mitbekommen worum es geht. Da aber meine Freundin und Platznachbarin immer noch nicht da ist und allem Anschein nach auch nicht kommen wird, höre ich mir ausnahmsweise mal an, was der Lehrer zu sagen hat.
„Wie groß ist also die Wahrscheinlichkeit, daß 8 der ausgesuchten Wahlberechtigten älter als 30 Jahre sind?“ Ich stutze. Wäre es nicht interessanter zu wissen, was die zu sagen haben, die zur Wahl stehen? Egal, nur die Theorie zählt. Ich habe allerdings keine Ahnung wie die Aufgabe zu lösen ist, weshalb ich anfange das Kreuzworträtsel zu lösen, daß unter dem Tisch liegt. „Richtig,“ ruft der Lehrer mir dazwischen. „Nächste Aufgabe: Ich habe 15 Gerichte zur Auswahl für ein 5-Gänge-Menü. Wie viele Möglichkeiten gibt es ein Menü zusammen zu stellen?“ Das ist eine Aufgabe für mich. Ich möchte später selber ein Restaurant eröffnen. Während die anderen fleißig rechnen driften meine Gedanken allerdings ab: Wie viel von den Gerichten sind wohl Vorspeisen und wie viele davon wiederum Salate? Gibt es einen Abzug vom Trinkgeld, wenn ich anstelle einer Vorspeise ein Dessert serviere? Kann man das wohl irgendwie berechnen?
Die Schulglocke beendet meine Gedanken. Wie alle anderen packe ich meine Sachen zusammen und schlurfe zum Englischraum. Dort lasse ich mich auf meinen Platz in der hintersten Reihe plumpsen und hoffe wenigstens jetzt meine Ruhe zu haben. Doch der Lehrer schneidet ein neues Thema an. „Today we will start a new topic. Ireland and Norsern Ireland. Has anywane ever been sere?” Wie immer bluten mir die Ohren. Die Aussprache dieses Lehrers ist die pure Hölle. Nichts desto trotz melde ich mich mit wenigen anderen Schülern. Da mein Lehrer weiß daß ich zum Austausch dort gewesen bin, erwarte ich auch daß er mich dazu befragt- jeder wird aufgerufen, außer mir. Nach einer halben Stunde gebe ich genervt auf und beschäftige mich mit den Hausaufgaben für die nächste Unterrichtsstunde. Genau in diesem Moment bekomme ich die erwünschte Aufmerksamkeit meines Lehrers. Mittlerweile unerwünscht, da ich keine Ahnung habe worum es nach der langen Diskussion mit den anderen Schülern geht. Ich blinzle müde. Jetzt kommt wahrscheinlich auch noch einer der gut gemeinten Ratschläge, in leichtem Ton, als Scherz getarnt. „Tja, vielleicht sollten Sie mal ein bißchen weniger feiern und dafür etwas früher ins Bett gehen. Dann würden Sie auch dem Unterricht folgen können!“ Ich lache künstlich, koche innerlich vor Wut. Englisch war einmal mein bestes Fach gewesen. Aber Dank seiner anspruchslosen Unterrichtsweise habe ich das Interesse an dem Fach komplett verloren.
Meine Meinung behalte ich allerdings für mich. Das gäbe nur noch schlechtere Noten. Ich schweige. Und habe heute wenigstens etwas gelernt...