Was ist neu

Nicht immer.

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20.11.2001
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Nicht immer.

Nicht immer

Mascha stand in der letzten Reihe. Seit Wochen hatte sie diesen Knödel im Hals, von dem sie wusste, dass sie ihn irgendwann herausheulen musste. Aber auch jetzt, während die Kinder vorne sangen, hielt sie die Tränen tapfer zurück. Wanja, ihrem Sohn zuliebe.

»Lasst uns froh und munter sein
und uns recht von Herzen freun!
Lustig, lustig tralalalala!
Bald ist Nikolausabend da,
bald ist Nikolausabend da!

Bald ist …«

Immer näher rücken die Tage, was mach ich bloß? Wenn mir nicht bald etwas einfällt, irgendeine Lösung muss es doch geben …

»… lustig tralalalala!
Bald ist Nikolausabend da,
bald ist Niklausabend da!

Dann stell ich den Teller auf,
Niklaus legt gewiss was drauf!
Lustig …«

Was soll er nur drauf legen? Oh Gott, hilf mir! Mein Sohn soll doch hier so leben können, wie alle anderen Kinder … dazugehören. Er hat es doch nicht verdient, bestraft zu werden, der Einzige zu sein, zu dem kein Christkind kommt! Er …

»Wenn ich schlaf´, dann träume ich:
Jetzt bringt Niklaus was für mich!
Lustig, lustig tralalalala! …«

Schokolade, Mandarinen, Nüsse für den Nikolaus werde ich mir noch leisten können, aber wenn alle Kinder dann erzählen, was ihnen das Christkind gebracht hat …? Dann ist er wieder der Einzige, der kein besonderes Geschenk bekommen hat, genauso wie schon zu Ostern: In der Nacht hab ich die Eier gekocht und gefärbt, habe auf jedes einen der beigepackten Aufkleber gedrückt, und aus Pappe habe ich zwei Osterhasen ausgeschnitten und bemalt, einen von vorne, einen von hinten, und dazwischen eine Tafel Schokolade gesteckt. Das war sein Schokoladen-Osterhase, und er hat ihn sich lange aufgehoben … Aber ich weiß auch noch genau, wie er vom Kindergarten mit gesenktem Kopf nach Hause kam und glaubte, er sei nicht brav genug gewesen … Und jetzt hat er sich so angestrengt und ich habe noch immer kein Geld, keine richtige Arbeit, keine Alimente. Wie soll ich das nur alles schaffen?

»… rieselt der Schnee,
still und starr liegt der See,
weihnachtlich glänzet der Wald;
Freue dich, s’Christkind kommt bald!«

Die Zeit vergeht wie im Flug, bald schon ist es soweit …

»… ist’s warm,
still schweigt Kummer und Harm.
Sorge des Lebens verhallt,
freue …«

Wie soll sie nur verhallen? Gerade jetzt spür ich sie doch am allergrößten …

»… Nacht,
Chor der Engel erwacht.
Hör nur, wie lieblich es schallt,
freue dich, ’s Christkind kommt bald!«

Ja, wir Erwachsenen haben dafür zu sorgen, dass dieses Märchen wahr wird. Wo seid Ihr denn, Ihr Engel? Mit Nichts stehen wir beide da! Aber die Politik verlangt Anpassung an die Kultur. Wie, darüber machen sich die Herren ja keine Gedanken …

Wanja kam zu seiner Mama gelaufen und fiel ihr um den Hals. »Na, haben wir schön gesungen?«
»Super, mein Schatz! Ganz toll hast du das gemacht!« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.
Vorigen Februar sind sie in dieses Land gekommen, und Wanja sollte sich schnell mithilfe des Kindergartens an hier übliche Sitten und Bräuche gewöhnen. Und natürlich Deutsch erlernen. Er sollte kein Außenseiter sein, sondern sich integrieren. Das Gesetz verlangte das. Seine Mutter unternahm alle Anstrengungen, ging in die Wohnungen anderer Menschen putzen, in der Nacht machte sie ein Lokal sauber, nach der Sperrstunde, wenn Wanja fest schlief. Immer hatte sie Angst, es könnte ihm eines Tages etwas passieren, während sie arbeitet. All die kleinen Geldbeträge brauchte sie aber, um sich und Wanja das nackte Leben zu finanzieren. Die Miete war teuer und die Stromrechnung hoch. Mascha konnte es sich nicht leisten, eine ordentliche Heizung einbauen zu lassen, deshalb hielt sie die Wohnung mit einem elektrischen Schnellheizer auf siebzehn Grad. Nur, wenn sie Wanja badete, heizte sie etwas mehr ein. Ihr machte das ja nichts aus, für sie war es warm. Schwanger flüchtete sie aus der Kälte Sibiriens, nachdem ihr Mann als Helfer bei einer Rettungsaktion gestorben war. Sie verbrachte, unterwegs zu ihrem eigentlichen Ziel, zwei Jahre in Polen, da die Wehen zu früh einsetzten.

Nun war sie endlich hier und hatte erneut Kummer und Sorgen. So gern wollte sie ihrem Sohn all das bieten, was auch den anderen Kindern die Freude aus den Augen strahlen ließ. Sie konnte es nicht mehr am Essen einsparen, da sie schon mehr als nur billig kochte. Auch für Kleidung gab sie keinen Groschen zuviel aus. Nur die Unterwäsche für Wanja kaufte sie neu, da es davon in Second-Hand-Läden kaum etwas gibt. Und sie flickte und nähte, was das Zeug hielt.

»Mama, zu dir kommt doch auch das Christkind? Du bist doch auch immer brav, oder?«
»Ach, mein Schatz, weißt du, das Christkind kommt immer nur zu euch Kindern, sonst hätte es viel zu viel zu tun.«
»Aber zu den Eltern von Klara, Daniel und Christoph kommt es auch!«
»Das glaub ich nicht, Wanja, die schwindeln ganz bestimmt.«

Soll ich ihm den Glauben, den sie ihm im Kindergarten beigebracht haben, wieder nehmen? Soll ich ihm die Wahrheit sagen, ihm die Träume zerstören? Er soll doch glücklich werden …

Am zwanzigsten Dezember hielt sie es nicht mehr aus. Sie ging in ein Spielwarengeschäft, suchte erst herum und fand dann, was das Christkind ihrem Sohn bringen sollte: ein Lego-Polizeiauto und ein Schwarzer-Peter-Spiel. Beides waren kleine Packungen, die in ihren Manteltaschen Platz hatten. Eine links, eine rechts.
Du sollst nicht glauben, dass du schlimm warst, du hättest dir noch viel mehr verdient …
Dann sah sie sich noch kurz im Geschäft um, …
Was du alles aus diesen vielen bunten Steinen bauen könntest, mein Liebling …
… und ging zugleich mit einer schick gekleideten, älteren Dame durch die Tür hinaus.
Hinter ihr erklang schrill die Melodie der Sirene und sofort wurde sie von Passanten aufgehalten. Natürlich tippte man sofort auf sie. Die alte Frau konnte ungehindert weitergehen, während Mascha in das Geschäft zurückgeholt wurde. Die Kassierin schaute in ihre Tasche und sie sollte die Manteltaschen nach außen wenden …

Der Besitzer des Geschäftes kam und zitierte sie in sein Büro, wo er zum Telefon griff und die Nummer der Polizei wählte. Während des Wartens ließ er sie in Ruhe und besprach am Telefon mit seiner Frau die Einkaufsliste für die Feiertage. Maschas Gedanken schauten durch einen Tunnel aus Angst und Verzweiflung abwechselnd vom Donauturm hinunter, von der Reichsbrücke in die Donau, sie sah sich als Straßenbelag auf der Autobahn und stellte sich vor, wie sie ihr großes Küchenmesser in sich rammte. Wie eine Versagerin fühlte sie sich, durch die alles immer nur schlimmer wurde.
Wenn ich nicht mehr bin, kommt Wanja zu Pflegeeltern, dann geht es ihm gut. Er soll es gut haben im Leben.
Der Beamte nahm ihre Personaldaten auf und fragte sie beiläufig: »Wieso haben’s denn das gemacht?«

Eine derart ausführliche Antwort, während der Mascha zwei Packungen Taschentücher vollheulte, hatte sich der Beamte nicht erwartet. Sie erzählte ihm ganz genau, warum sie das gemacht hatte. Und auch der Geschäftsbesitzer hörte nun aufmerksam zu. Als sie fertig war, knisterte die Stille im Raum.
Der Polizist fasste sich als erster wieder, zuckte mit den Händen, in denen er Stift und Block bereit hielt, und öffnete den Mund zum Reden. Da stand der Geschäftsführer auf, ging zu Mascha, machte hilflose Anstalten, seine Hände auf ihren Kopf zu legen, platzierte sie dann aber doch neben ihr auf dem Tisch.
»Herr Inspektor, was soll ich sagen … also … weil doch Weihnachten ist: Ich ziehe meine Anzeige zurück. Hier hat niemand etwas gestohlen … es war ein Fehlalarm … Wollen Sie einen Kaffee?« Er wandte sich zu Mascha. »Und Sie lassen sich von der Kassierin ein Sackerl geben, in den Manteltaschen trägt man doch keine Weihnachtsgeschenke nach Hause … Ich wünsche Ihnen ein schönes Fest!«
»Oh Herr …« Mascha warf sich, von ihrer tonnenschweren Last befreit, vor ihm auf die Knie und küsste ihm die Hände. »Ich danke Ihnen! Danke! Ich wünsche Ihnen alles Glück auf Erden!«
Der Geschäftsinhaber bedeutete ihr, wieder aufzustehen. »Ist ja schon gut, ich hab es doch gern getan. Und jetzt tragen Sie das mal schön nach Hause, und verstecken Sie es gut bis Weihnachten!«

Am Nachhauseweg fühlte sich Mascha seltsam, so seltsam, wie man sich fühlt, wenn man von einer solch schweren Last befreit wurde. Und irgendwie fing sie doch ein ganz kleines bisschen an, ans Christkind zu glauben.
Als der Besitzer des Spielzeuggeschäftes am zweiundzwanzigsten Dezember auch noch mit einem Korb voller Lebensmittel vor der Türe stand und sagte: »Eigentlich brauchen wir noch jemanden, der unser Geschäft putzt. Bisher machten das immer die Verkäuferinnen nebenbei und unter Murren mit. Aber es wäre wirklich Arbeit genug, dass ich jemanden extra dafür anstelle«, da war sie sich ganz sicher:
Es gibt ein Christkind, aber es wohnt nicht irgendwo im Himmel …

 

Lieber Salem, liebe Anna-Fee!

Danke Euch beiden fürs Lesen und Euer Lob! :)

@Salem:

aber so wie ich dich kenne, schreibst du nicht einfach so der Unterhaltung wegen, sondern machst dir Gedanken bei deinen Texten
Ja, offensichtlich kennst Du mich. :)
Ich hab Deinen Kommentar mit Begeisterung gelesen, weil alles so bei Dir angekommen ist, wie ich es wollte.
Der Ladenbesitzer belässt es nicht bei diesem einen Geschenk, er denkt weiter, hilft wirklich!, indem er der Frau etwas gibt, das ihr über das Weihnachtsfest hinaus von Nutzen ist: einen Job.
Genau darauf kommt es an, daß er nachhaltig hilft, nicht nur mit einem Tropfen auf den heißen Stein.
Da kommt mir gerade die Idee, die Geschichte vielleicht einmal aus der Perspektive des Geschäftsinhabers zu schreiben…;)


@Anna-Fee:

Mascha hat mich als Charaktere schon ergriffen. Und das ist bei mir eigentlich nicht so einfach.
Das freut mich auch unheimlich. :)

Wenn du erlaubst werde ich deine geschichte an Weihnachten meinen kleinen Pflegegeschwistern erzählen. Wenn nicht, dann werde ich das natürlich nicht tun.
Also erlauben tu ich Dir das auf jeden Fall und es freut mich natürlich – nur will ich zu bedenken geben, daß die Geschichte nicht unbedingt für Kinder geeignet ist. Gedacht war sie schon mehr für Erwachsene.
Bedenken hab ich vor allem deshalb, weil es von Kindern falsch verstanden werden könnte, und sie dann im Stehlen einen Problemlösungsweg erkennen – so ist das natürlich nicht gemeint und bei Erwachsenen gehe ich davon aus, daß sie das nicht verwechseln. Wenn Du die Geschichte also Kindern vorliest, möchte ich Dich bitten, das anschließend mit ihnen auch zu bereden. :)

Alles Liebe,
Susi :)

 

Hallo Häferl,
das meiste ist ja schon gesagt worden. Mir gefällt die Geschichte auch, und zu Weihnachten kann man auch den leider nicht so realistischen Schluss zulassen, besonders im Zusammenhang mit dem "Nicht immer ..." im Titel.

Eigentlich wird deine Geschichte ja immer aktueller, denn es gibt immer mehr Menschen, die einfach nicht mehr mithalten können. Da hilft es auch nicht, den Konsumterror zu durchschauen oder zu kritisieren. Schuldgefühle entstehen da sowieso; du hast es in deiner Geschichte auch noch um den Aspekt des "Brav seins" erweitert. Toll.

Gut hat mir die Erzählweise mit dem Lied gefallen.

Dass die Prot kontrolliert wird und nicht die schicke Frau, könnte Auftakt zu einer neuen Geschichte werden ( in der die andere geklaut hat. Vielleicht sollte Coleratio sie schreiben ;) ).

Für die Prot ist die Situation durch das Arbeitsangebot ja gelöst; trotzdem bin ich jetzt in trauriger Stimmung, weil es ja noch so viele andere gibt ...

Gruß, Elisha

 

Liebe Elisha!

Danke fürs Lesen und Kommentieren meiner Geschichte - das ist ja wie ein Weihnachtsgeschenk! :)

du hast es in deiner Geschichte auch noch um den Aspekt des "Brav seins" erweitert. Toll.
Schön, daß Dir das positiv aufgefallen ist. :)

Dass die Prot kontrolliert wird und nicht die schicke Frau, könnte Auftakt zu einer neuen Geschichte werden ( in der die andere geklaut hat. Vielleicht sollte Coleratio sie schreiben ;)).
Ja, da hätte ich nichts dagegen. ;) Ich hab schon öfter mal feine alte Herren beim Stehlen im Supermarkt beobachtet, von denen sich das niemand denken würde, und die das auch sicher nicht notwendig haben. (Oder sie können sich nur so fein kleiden, weil sie alles stehlen... :hmm:)

trotzdem bin ich jetzt in trauriger Stimmung, weil es ja noch so viele andere gibt ...
Leider ... Dabei bräuchte man nur alles gerechter verteilen - Arbeit wie Geld. Aber nachdem die, die das Geld haben, auch die Macht haben, bleibt das eine schöne Theorie...

Schöne Weihnachten,
alles Liebe,
Susi :)

 

Hallo Häferl,

eine prima Idee, das Weihnachtslied einzuflechten! Das wertet die Geschichte auf, spricht den Leser an, denn jeder hat das Lied wohl schon gesungen.
Gut ist auch die Szene, in der geschildert wird, wie die Frage »Wieso haben’s denn das gemacht?« die Frau aus den Gedanken reißt. Sehr passend das „beiläufig“ - so stehen Wendungen im Leben oft auf des Messers Schneide.
Und übermäßig auf der Klaviatur der Lesergefühle hast du auch nicht gespielt, so bleibt´s glaubhaft.

„Eine derart ausführliche Antwort, während der Mascha zwei Packungen Taschentücher vollheulte, hatte sich der Beamte nicht erwartet. Sie erzählte ihm ganz genau, warum sie das gemacht hatte“

- „hatte sich“ warum „sich“ oder ist das wienerisch?

L G,

tschüß… Woltochinon

 

Hallo Wolto!

Jetzt hätte ich durch die Feiertage beinah vergessen, Dir hier zu antworten. Freut mich sehr, daß Dir die Geschichte gefallen hat! :)
Viele meiner alten Geschichten gefallen mir ja selbst nicht mehr, aber diese gehört zu den wenigen Ausnahmen. Womit ich selbst noch nicht ganz zufrieden bin, ist die Herkunfts- bzw. Fluchtgeschichte. Über Tipps dazu würde ich mich noch sehr freuen. ;)

„hatte sich“ warum „sich“ oder ist das wienerisch?
Ob das mehr Wienerisch oder mehr Oberösterreichisch ist, kann ich jetzt nicht sagen, ich bin da so ein Gemisch :D, jedenfalls ist es mir so geläufig. Aber unsicher machst Du mich jetzt schon, ob es zum regulären österreichischen Deutsch gehört oder mehr Umgangsprache ist. Ich werde versuchen, das herauszufinden.

Liebe Grüße,
Susi :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Susi,

hier also die Weihnachtsgeschichte, die ich – jetzt wo ich von ihr weiß – gern wieder nach vorn geholt habe. Und es hat sich gelohnt. Sie hat mir gut gefallen.
Sprachlich habe ich nichts zu meckern, vom Stil routiniert und gut, leicht zu lesen (was ich nicht Abwertend meine – ganz im Gegenteil) und was die Sprachrichtigkeit anbelangt… na ja… da bist du eher deutlich sicherer als ich ;).

Inhaltlich gefällt mir die Geschichte ebenfalls. Das Thema ist – auch aufgrund der aktuellen Finanzkrise – nach wie vor aktuell, vielleicht sogar aktueller denn je, auch wenn deine Protagonistin auch vor der ganzen aktuellen Sch… sicher dieselben Probleme gehabt hätte. Schön herausgearbeitet finde ich das Dilemma der Mutter, es kommt sehr glaubwürdig rüber und man kann es als Leser gut nachvollziehen. Wie drückend der Konsumterror gerade bei den weniger gut Betuchten sein kann – auch das kommt gut rüber. Interessant sind die Liedeinschübe, die die Thematik etwas auflockern. Das hast du stilistisch gut gelöst.

Klar könnte man jetzt darüber diskutieren, ob der Verlauf der Geschichte nicht zu weihnachtlich verkitscht ist ;). Ich kann mir vorstellen, dass damit der ein oder andere Weihnachtsmuffel ein Problem hat. Mich stört es gar nicht, im Gegenteil. Es hat etwas Märchenhaftes, das in die heutige Zeit einfließt. Ich finde, dass du über den Inhalt sehr schön die Botschaft von Weihnachten – immer hin das Fest der Liebe, nicht des Konsums – transportierst.

Was mich ein bisschen stört, ist die Struktur des Textes. Ich finde, durch deinen zeitlichen Aufbau verschenkst du Spannung. Für mich wäre es runder, wenn dieses „Weihnachtswunder“ – und das ist es ja im Grunde – an einem Tag passiert.

Was ich damit meine?

Ich finde hier
„Am zwanzigsten Dezember hielt sie es nicht mehr aus. Sie ging in ein Spielwarengeschäft, suchte erst herum und fand dann, was das Christkind ihrem Sohn bringen sollte…“
kommt es zu einem Bruch in der Geschichte.

Ich glaube, es wäre dramatischer, wenn die Mutter es während des Kindergartenkonzerts nicht mehr aushalten kann. Schließlich macht sie sich dort ja auch die ganzen Gedanken, noch einmal besonders unterstützt von den Liedern. Schön wäre es also, wenn sie während des Konzertes rausschleicht und dann – getrieben von einer übergroßen Verzweiflung – den Diebstahl im Spielzeuggeschäft begeht.
Schließlich kommt sie beschenkt und erleichtert genau rechtzeitig zum Konzert-Ende wieder an und kann ihren Wanja mit einem anderen Gefühl in die Arme schließen.
Natürlich kann man jetzt sagen… ist es realistisch, dass das alles während einer – sagen wir mal halben Stunde – passieren kann. Die Antwort lautet wahrscheinlich nein, aber ich finde, bei diesem ja durchaus märchenhaft angelegten Text stört das nicht, sondern es würde die Geschichte als Einheit runder machen. Ein Weihnachtswunder das plötzlich passiert, das schnell passiert, dann wenn die Frau am wenigstens daran glaubt. Und das dennoch von einer gewissen Nachhaltigkeit ist, für ihr künftiges Leben einiges erleichtern kann. Um es zeitmäßig einigermaßen realistisch zu halten, muss ja nicht unbedingt die Polizei sofort kommen. Stattdessen könnte sie dem Chef in der Wartezeit ihr Herz ausschütten. Und der verzichtet dann auf eine Anzeige und sagt der eintrfefenden Polizei: Falscher Alarm.

Ich hoffe, es ist klar geworden, was ich meine ;).

Ansonsten noch einmal abschließend: Auch so eine schöne Geschichte. Hat mich in Weihnachtsstimmung gebracht. Und das ist derzeit (privater und beruflicher Stress) durchaus eine Leistung.

LG Sebastian

 

Hallo Häferl,
ich habe mich jetzt nicht durch die ganzen Antworten durchgegraben, daher nur so viel:

hat mir gut gefallen, deine Geschichte. Ja, es wird auf die Tränendrüse gedrückt, ja, man mag es kitschig nennen, doch Weihnachtsgeschichten sind die einzigen, die das dürfen. Für mich hat das auch einen Hauch von Christmas Carol, wo der geläuterte, fiese, reiche Scrooge den Armen das Weihnachtsmahl spendiert. Ich finde, es müsste viel mehr solcher moderner Weihnachstmärchen geben. Gut finde ich auch, wie du den Leser in die Unterwelt der russischen Einwanderer führst, ein Territorium, das den meisten von uns fremd ist, ich schließe mich da nicht aus.

Viele Grüße,
sammamish

 

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