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Nie Gesagtes

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02.01.2011
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Nie Gesagtes

Nenne deine Augen Kaffeebohnen. Nenne deine Hände Spinnenhände. Sitze neben dem Fahrradweg auf dem Stück Rasen am Fluss, das wir so gerne mögen, und sage dir, wie hübsch ich dein Gesicht glänzend von Sonnencreme finde.
Kann dir nicht sagen, wie viel mir unsere Treffen bedeuten. Oder wie schwer es mir fällt, neben dir einzuschlafen. Erzähle dir von den Narben auf meiner Wange. Aber sage dir nicht, wie bitterlich ich nachts weine, wenn ich aus den Bildern in meinem Kopf aufwache.
Du schickst deiner Schwester ein Bild von mir und sie findet mich blasiert.
Sage nichts zu deiner manischen, kranken Mutter, sondern beschreibe dir die brodelnde Wut meines Vaters; die Dinge, die er gesagt und uns angetan hat. Aber vieles sage ich nicht. Du wirst sagen: Du hast nichts davon gesagt. Nie sagst du mir etwas.
Sage dir nicht, wie sehr es mich schmerzt, dich weinen zu sehen. Sage dir nicht, wie einsam ich bin und wie abstoßend ich mein Gesicht, meinen Körper, die Dinge, die ich tue, sage und denke, finde.
Kann nicht aufhören, deine Hände zu küssen, obwohl ich weiß, dass das nicht das ist, was du brauchst.
Was du brauchst, sagst du mir auf der Bank am Bach neben dem mexikanischen Schnellrestaurant.
Kann dir nicht sagen, wie schwer es mir fällt, mit dir zu schlafen. Spüre deine warmen, weichen Hände auf meinem Körper. Aber kann dir nicht sagen, was andere Hände mir angetan haben.
Machen auf deinem Handy einen Test im Internet. Du hast die Studie geschrieben. Für deine Bachelor-Arbeit. Wieso lasse ich mich immer mit Leuten wie dir ein?, hast du gesagt. Immer wieder die gleichen.
Sage, ich sähe meine Mutter in dir, wenn du mich anblickst, wenn ich Bier trinke. Aber sage dir nicht, warum ich trinke. Ich bin wie ein trockener Alkoholiker, nur mit Cannabis, habe ich dir bei unserem ersten Date erzählt. Das ist die eine Sucht, die in unserer Gesellschaft nicht anerkannt wird. Obwohl die Substanz illegal sei. Ist das nicht paradox?
Auf der Bank brichst du in Tränen aus, kurz nachdem wir laut gelacht haben. Paul Maar war an uns vorbei gelaufen. Der Autor deiner Kindheit. Sams, Lippels Traum. So bist du manchmal. So bin ich manchmal.
Du bist nicht meine Therapeutin, haben wir gesagt. Ich besuche mit dir die leeren Büroräume, in die dein Projekt einziehen wird. Psychotherapie mit Langzeitarbeitslosen.
Wieso kannst du kein Mitgefühl zeigen?, hast du gesagt. Ich fühle mich von dir verurteilt, sage ich. Ich fühle mich wie Scheiße, wenn ich weine und du mich nicht drückst, ich nicht spüren kann, dass du bei mir bist, hast du gesagt. Wieso bist du so kalt?, sagst du.
Wäre ich mein Leben lang empathisch gewesen, wäre ich längst tot, sage ich.
Aber mehr sage ich nicht. Aus Angst vor dem, was danach kommen würde.
Du möchtest meine Texte nicht lesen, weil du dich fürchtest, sie könnten dich deiner Kindheit berauben.
Die Erinnerung an deine Kindheit ist dein Anker. Dein Vater und sein Zauberkoffer. Das hast du mir voraus, sagst du.
Sagst du mir etwas nicht? Wieso schreibst du nicht deine Kinderbücher?
Du hast seit Jahren nichts geschrieben. Ich habe den Blog gelesen, den du von vierzehn bis fünfundzwanzig betrieben hast.
Wenn ich an deiner Bettkante sitze, weiß ich nicht, ob es das Lithium, deine Menstruationsbeschwerden oder deine Depression ist, die dich zum Schlafwandeln bringt.
Ich könnte dich fragen: Warum bist du so kalt?, aber ich tue es nicht.
Denn ich mag dich.
Ich versuche, dir zu sagen, wie sehr ich dich mag. Aber ich fürchte mich vor dem, was danach kommt.
Nie sagst du mir etwas.
Ich erzähle dir, dein Feminismus sei zu größten Teilen eine Projektion deiner eigenen Traumata.
In deinem Test über Angst vor Mitgefühl erziele ich den höchsten Wert, den du je gemessen hast.
Ich hab noch nie was gewonnen, sage ich und lache.
Das ist nichts, worauf man stolz sein kann, sagst du ernst.
Dein Mitgefühl ist das Furchteinflößendste und Beruhigendste, das ich kenne.
Du nennst deine Empathie deine Zauberkräfte.
Du liegst im Bett und sagst, du menstruierst. Du willst, dass ich mir einen Rock anziehe und mich versuche zu bücken, damit ich weiß, wie es ist, zu menstruieren.
Die größten Zyniker sind die hoffnungslosesten Romantiker.
Ich wünschte, du würdest mich nicht als deinen Feind sehen, sage ich dir. Ich wünschte, wir würden gemeinsam am Seil des Lebens ziehen, sage ich.
Wieso bin ich dein Feind?
In der Nacht wache ich im Krankenwagen auf. Meine Mitbewohnerin fand mich halb bewusstlos im Bad liegen. Das Plastikrohr sticht in meinem Hals. Das Schlimmste ist das viele Ungesagte. All die Dinge, die mir mein Vater nicht gesagt hat. All die Dinge, die ich meiner Mutter nicht gesagt habe. All die Dinge, die ich dir nicht sagen kann, aus Angst davor, mich zu zeigen, wie ich wirklich bin. All das Unausgesprochene, das eine zweite, erdrückende Wirklichkeit in mir bildet.
Jede Trennung ist ein kleiner Tod.
Mich zu zeigen, wer ich wirklich bin, und von dir verlassen zu werden, ist unerträglicher, grausamer und schmerzhafter als der wahre, echte, große, physische Tod.
Sterben ist eine Unausweichlichkeit. Dir zu zeigen, wer ich wirklich bin, und anschließend verlassen zu werden, lässt meine schlimmsten Befürchtungen wahr werden: nicht geliebt werden zu können.
Ein Leben ohne Liebe ist schlimmer als ein Leben mit Tod.
Die Rettungsassistentin hält mir die Hand.

Ich bin nicht deine Therapeutin, sagst du. Du hast die Arme um deinen kleinen Rucksack mit dem Affen-Patch auf deinem Schoß. Du beschützt mich vor Hunden und ich dich vor den Männern. Als Kind wolltest du Tierflüsterin werden. Ich nenne dich Koschka, weil ich finde, du hast etwas Katzenartiges.
In meiner Therapie habe ich herausgefunden, dass ich gesehen werden will.
Ich liebe deine Augen, sagst du mir. Die Dinge, die in meinem Gesicht passieren.
Wenn ich trinke, fühle ich mich frei, sage ich dir. Keine Ängste, keine Panik. Keinen Selbsthass.
Vielleicht will ich, dass du mich leiden siehst, sage ich. Ich liege im Bett, mit einem Fuß in Flipflops auf dem Krankenhausboden.
Ich bin deine Therapeutin und du bist das Symptom, sagst du.
Okay.
Liebes Symptom, was willst du?
Gesehen werden.
Welche Funktion hast du?
Ich siebe die Menschen danach aus, dass nur Leute bei Louis bleiben, die ihn nicht verletzen und die ihn wirklich lieben.
Liebes Symptom, was würde mit Louis passieren, wenn du verschwinden würdest?
Er würde keinen Menschen finden können, der ihn wirklich liebt.
Manchmal wünsche ich mir, du würdest mich verlassen. Damit ich endlich aufhören kann, nachzugrübeln, wann es endlich passiert. Das Warten auf mein Verlassenwerden raubt mir jegliche Energie.
Ich bin wie ein Junge in einem Männerkörper.
Ich bin keine dreißig und habe Bluthochdruck wie ein Siebzigjähriger.
Du trägst den roten Lippenstift, den du von einer Instagram-Werbung bestellt hast, als ich neben dir im Bett lag.
Dein sandfarbener Trenchcoat. Hast dich ein Leben lang aufgeopfert.
Ich denke nicht daran, dich zu verlassen, sagst du mir. An den Grübchen deiner Wange erkenne ich, wie es dir geht. Je tiefer die Gruben, desto angespannter und somit schlechter. Ich nenne es mein Sina-Barometer.
Auf eine gewisse Art glaube ich dir, dass du mich liebst, sage ich dir im Krankenbett.
Ich fühle mich wie ein Junge, wenn ich das sage.
Leicht, ängstlich, verletzlich.
Ausgeliefert. Bedürftig. Traurig. Abhängig. Aufgehoben. Sicher. Müde.
Lange laufen wir durch den Park.

 

Hey @zigga ,

ein sehr schöner, sehr dichter, sehr poetischer Text. Hat mir sehr gut gefallen.
Ich bin richtig eingetaucht und habe es mir auch erspart, gefühlt besonders gelungene Sätze herauszuzitieren. Da ist einfach viel, viel Gutes dabei. Ein Text, an dem ich nicht herumnörgeln will, weil mir auch nicht wirklich etwas zu Meckern einfällt und dann will ich nicht nach dem Haar in der Suppe suchen, wenn es mir doch geschmeckt hat :D
Die Perspektive macht Spaß. Vor allem, dass du es schaffst, ich, du und wir im Verlauf der Flashfiction immer mehr verschmelzen zu lassen. Es ist ein sehr persönlicher Text. Vielleicht ist das, unfair gesprochen, auch seine einzige Schwachstelle: Die Konstellation hat einen biografischen Anklang und beraubt sich damit ein Stück weit ihrer dramaturgischen Möglichkeiten. Damit meine ich, dass sie (Sina?) eben Bachelorarbeit schreibt und er halt (für mein Wahrnehmen) nicht wirklich Milieu ist, wo man jetzt nicht studieren würde, sondern ja eigentlich die persönlichen Traumata gegeneinander abgewogen werden. Also Misshandlung (welcher Art auch immer) durch einen Vater und Depressionen auf der anderen. Dennoch versucht der Text ja auch auf der Milieu-Ebene ein Spannungsverhältnis aufzumachen – und genau da ist der Text dann, glaube ich, durch seinen präzisen, fast biografischen Touch ein Ticken zu speziell, um da wirklich Fallhöhe zu erzeugen. Aber das ist nichts, was dem in irgendeiner Weise für mich einen Abbruch tut. Einfach ein paar abstrakte Gedanken zu einem für mich sehr stimmigen, sehr schönen Text.

tue, sage und denke finde.

noch ein Komma

Beste Grüße
Carlo

 

Hallo,

Aber vieles sage ich nicht. Du wirst sagen: Du hast nichts davon gesagt. Nie sagst du mir etwas.

Ich bin mal frech und unverschämt und behaupte, auch das hier ist ein Wettbewerbstext. Den liest man, lässt sich das Herz erweichen und seufzt dann leise. Hach ja, so schwer haben die es, aber wirklich!

Der Text funktioniert vor allem über Kadenz, Rhythmus und Repetition. Das ist der bag of tricks. Der oben zitierte Satz ist so die Quintessenz. Aber. Und du sagst. Nie sagst du. Ich sage. Du sagst. Ein Text, in dem sehr viel gesagt wird, aber (haha, no pun!) wenig mit Substanz, wie ich finde. Mir erscheint das wie ein ewiges Geraune, ein Flüstern im Dunkeln.

Auf der Bank brichst du in Tränen aus, kurz nachdem wir laut gelacht haben. Paul Maar war an uns vorbei gelaufen. Der Autor deiner Kindheit. Sams, Lippels Traum. So bist du manchmal. So bin ich manchmal.
Hier auch. So bist du. So bin ich. Aber wie genau sind sie denn? Und wie steht das in Verbindung zueinander? Sie bricht in Tränen aus, weil sie ihren Kindheitsautor gesehen hat. Und dann?, möchte ich fragen. Das möchte ich in diesem Text andauernd fragen. Und dann? Was ist da die Konsequenz? Wie geht es in diesem spezifischen Strang weiter, warum ist genau der wichtig? Da entsteht durch das Buzzword Kindheit ein Resonanzraum, aber das ist und bleibt halt eine Dunkelkammer. Ich erahne, muss mich mit dem Vagen zufrieden geben, und vielleicht ist das ja auch gewollt, weil anhand dieser Echokammer jeder einfach selbst seine eigenen Bilder entwickeln kann und soll.
Was du brauchst, sagst du mir auf der Bank am Bach neben dem mexikanischen Schnellrestaurant.
Kann dir nicht sagen, wie schwer es mir fällt, mit dir zu schlafen. Spüre deine warmen, weichen Hände auf meinem Körper. Aber kann dir nicht sagen, was andere Hände mir angetan haben.
Was braucht sie denn? Sex? Und dann verneint er gleich zweimal hintereinander. Er spürt ihre warmen, weichen Hände auf seinem Körper, aber er kann ihr nicht sagen, was andere Hände ihm angetan haben. Wenn man das in eine Gleichung setzen möchte, dann würde er ihre Hände nicht als weich und warm empfinden, sondern eher wie bedrängend, er würde sich ekeln, unwohl fühlen, sich dieser Berührung entziehen wollen. Das passt nicht so ganz für mich.

Mich zu zeigen, wer ich wirklich bin, und von dir verlassen zu werden, ist unerträglicher, grausamer und schmerzhafter als der wahre, echte, große, physische Tod.
Woher weiß das der Erzähler? Ist etwas pathethisch, oder? Ist er schon mal gestorben? Woher sonst würde er wissen, wie schmerzhaft der echte Tod ist? Oder behauptet er das nur? Dann frage ich mich sogleich: Was behauptet er im Text denn noch einfach nur so?

Dein sandfarbener Trenchcoat. Hast dich ein Leben lang aufgeopfert.
Ich denke nicht daran, dich zu verlassen, sagst du mir. An den Grübchen deiner Wange erkenne ich, wie es dir geht. Je tiefer die Gruben, desto angespannter und somit schlechter. Ich nenne es mein Sina-Barometer.
Auf eine gewisse Art glaube ich dir, dass du mich liebst, sage ich dir im Krankenbett.
Ich fühle mich wie ein Junge, wenn ich das sage.
Leicht, ängstlich, verletzlich.
Ausgeliefert. Bedürftig. Traurig. Abhängig. Aufgehoben. Sicher. Müde.
Das summiert das Problem, dass ich mit dem Text habe, ganz gut.
Hast dich ein Leben lang aufgeopfert. Das klingt eher wie etwas, was man zu seiner Mutter sagen würde. So sieht er sie ja auch. Als seine Mutter. Sie denkt nicht daran, ihn zu verlassen. Würde man das so sagen? Und er sagt dann: Auf eine gewisse Art glaube ich, dass du mich liebst. Auch das klingt sehr akademisch für mich. Krankenbett darf natürlich nicht fehlen. Tiefer geht es nicht mehr, er ist ausgeliefert, und dann muss er sich noch weiter erniedrigen und sich selbst beichten, dass er sich wie ein Junge fühlt. Dann eine lange Sammlung an Adjektiven, die den Charakter nachdrücklich zurechthämmern und den Leser aus dem Text entlassen. So geht der Leser ja aus dem Text, mit diesen Nackenschlägen: Ausgeliefert! Bedürftig! Traurig! Bang bang bang! Ganz schön manipulativ.

Es sind auch erstmal ein paar logische Dinge dabei, die ich nicht nachvollziehen kann.

Aber sage dir nicht, wie bitterlich ich nachts weine, wenn ich aus den Bildern in meinem Kopf aufwache.
Er erzählt ihr von den Narben, aber sagt ihr nicht, wie er bitterlich weint, nachts. Kriegt sie das nie mit? Warum erzählt er ihr von der Verwundung, aber nicht von seinen Bildern? Wie organisiert er seine Hierarchie? Fragt sie ihn nie danach oder kriegt sie es mit und fragt aus Zaghaftigkeit nicht nach?

Du bist nicht meine Therapeutin, haben wir gesagt. Ich besuche mit dir die leeren Büroräume, in die dein Projekt einziehen wird. Psychotherapie mit Langzeitarbeitslosen.
Sie leitet dieses Projekt, ist wahrscheinlich selbst Therapeutin (oder so was in der Richtung) aber schafft es nicht, seine Texte so reflektiert zu lesen, dass sie nicht ihre eigene Kindheit im Nachhinein ruinieren, oder vielmehr die Erinnerung daran, denn das ist schließlich ihr Anker. Dann nimmt sie Lithium und hat Depressionen, Menstruationsbeschwerden und schlafwandelt. Es fehlt nur noch, dass sie entführt und mißbraucht wurde. Da ist einfach kein Fokus, es ist von allem zu viel. In dieser Anhäufung liest sich das wie Pornographie, wie ein textlicher Gang Bang, von allem immer mehr. Ich habe nicht das Gefühl, zwei Menschen kennenzulernen, sondern zwei Zustandsbeschreibungen, zwei Krankenakten, zwei Diagnosen.

Dein Mitgefühl ist das Furchteinflößendste und Beruhigendste, das ich kenne.
Warum genau ist es das? Hier fehlt das Intime. In dem Text höre ich von beiden Seiten, die ja im Grunde nur von einem Erzähler erzählt werden, vor allem eins: Ich. Ich, ich, ich. Ich habe dies, mir fehlt das, ich sage dies, ich sage dir das nicht, ich tue dies, ich tue das. Du sagst dies, du willst das, dir fehlt dies, dir fehlt das - das ist eigentlich auch ein Ich. Dann diese Gegenüberstellungen, die Nennung der beiden am weitesten entfernten Pole: das schreit ja auch: Wir sind so extrem! Alles ist so extrem! Es ist eine extreme Beziehung, es ist extrem hart hier alles aufrecht zu erhalten! Liebe ist so extrem schwer! Leben ist so extrem schwer! Aber ich lese das wie den Blogpost von einem schwermütigen Teenager, der soeben Rimbaud für sich entdeckt hat.
Ich erzähle dir, dein Feminismus sei zu größten Teilen eine Projektion deiner eigenen Traumata.
Irgendwas mit Feminismus darf auch nicht fehlen. Go woke or go broke! :D
Wäre ich mein Leben lang empathisch gewesen, wäre ich längst tot, sage ich.
Aber mehr sage ich nicht. Aus Angst vor dem, was danach kommen würde.
Das hier ist der Kern. Natürlich ist er empathisch. Er ist so sensibel, dass er an der Realität zerbricht bzw zerbrechen würde, wenn er seinen Schutzwall aufgibt. Jemand, der mißbraucht und gedemütigt wurde, dem geht es sehr oft so, dass er sich verschließt und niemand an sich heranlässt, weil er Angst hat, wieder benutzt und mißbraucht oder gebraucht zu werden, und auch Angst vor der Wahrheit: er muss dem Anderen gegenüber, wenn er ihm wirklich vertrauen will, sagen was passiert ist, was ihn zu dem gemacht hat, sonst ist echte Intimität kaum möglich. Das ist eine immense Hürde emotional, weil du in diesem Moment vollkommen verletztbar und vulnerabel bist; und du nicht weißt, wie der andere Mensch reagiert. Er könnte dich auch auslachen, dich nicht ernstnehmen, dir deinen Schmerz kleinreden, Stell dich nicht so an, So schlimm war das nicht, dich gar einen Lügner nennen, dir eine Schuld daran geben, oder er kann damit gar nicht umgehen und verkompliziert diese Beziehung. Hier, in deinem Text, sind aber beide so reflektierend, können den Finger so genau auf die Wunde legen, haben den intellektuellen und gar beruflichen Hintergrund dafür, sich damit distanziert auseinanderzusetzen, tuen es aber nicht. Da frage ich mich, warum? Oder: Warum trennen sie sich nicht? Offensichtlich ist diese Beziehung ja ein extrem fragiles Gebilde, wo alles passieren kann, Lachen, Weinen, Krankenhaus, aber nebenbei wird das alles noch reflektiert und aufbereitet. Ich frage mich auch, ob es wirklich um die Beziehung geht, denn ich höre immer nur: Ich. Beiden geht es nur um sich selbst. Den Erzähler empfinde ich manchmal sogar als übergriffig, wenn er den Tod immer wieder so selbstgerecht in Szene setzt, dann wirkt das wie eine Drohung. Lieber sterbe ich, als ohne dich zu sein! (Und dann so der Chor, ganz leise: Du weißt ja, was das bedeutet ...) Da lese ich nichts von einem Interesse an ihr, an ihrem Wesen, warum er sie liebt und nur sie lieben kann, aus welchem Stoff ihre Liebe besteht. Da geht es schlicht und einfach nur um ihm. Und im Grunde ist das ein Zirkelschluss, diese Geschichte könntest du auf 300 Seiten weitererzählen und es würde sich nie etwas ändern, denn beide verharren ja nur, oder besser: er will verharren, um sich in diese Weltschmerz zu suhlen, nicht zuletzt deswegen, weil er sich vor dem eigenen Handeln, der Konsequenz dessen fürchtet. Er ist ein Schisser, ein Angsthase. Für mich bleibt dann auch die Frage: Über was sprechen die eigentlich in seiner Therapie? Und hätte seine Freundin, die berufliche Erfahrung in diesem Bereich hat, nicht viel früher die Reißleine gezogen?

Der Kern deiner Geschichte ist sehr erzählenswert. Das sind brutale Wahrheiten und substanzielle Ängste, die man erleidet, wenn man sich einem anderen Menschen offenbart. Darüber würde ich gerne einen Text lesen, ein Text der einen Fokus hat und nicht durch eine Leidenswüste mäandert. So ist der Text für mich Düsterkitsch.

Gruss, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Grüß Gott @Carlo Zwei!

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren!

ein sehr schöner, sehr dichter, sehr poetischer Text. Hat mir sehr gut gefallen.
Da ist einfach viel, viel Gutes dabei. Ein Text, an dem ich nicht herumnörgeln will, weil mir auch nicht wirklich etwas zu Meckern einfällt und dann will ich nicht nach dem Haar in der Suppe suchen, wenn es mir doch geschmeckt hat :D
Ja, schön, dass dir das Teil gefällt! Ich finde es interessant, langsam habe ich schon so eine starke Ahnung, wer welche Art von Text eher gutheißt, und für wen sie nichts ist :D

Die Perspektive macht Spaß. Vor allem, dass du es schaffst, ich, du und wir im Verlauf der Flashfiction immer mehr verschmelzen zu lassen.
Super

Es ist ein sehr persönlicher Text. Vielleicht ist das, unfair gesprochen, auch seine einzige Schwachstelle: Die Konstellation hat einen biografischen Anklang und beraubt sich damit ein Stück weit ihrer dramaturgischen Möglichkeiten. Damit meine ich, dass sie (Sina?) eben Bachelorarbeit schreibt und er halt (für mein Wahrnehmen) nicht wirklich Milieu ist, wo man jetzt nicht studieren würde, sondern ja eigentlich die persönlichen Traumata gegeneinander abgewogen werden. Also Misshandlung (welcher Art auch immer) durch einen Vater und Depressionen auf der anderen.
Dennoch versucht der Text ja auch auf der Milieu-Ebene ein Spannungsverhältnis aufzumachen – und genau da ist der Text dann, glaube ich, durch seinen präzisen, fast biografischen Touch ein Ticken zu speziell, um da wirklich Fallhöhe zu erzeugen.
Den letzten Punkt habe ich nicht verstanden - was meinst du denn mit Milieu und mit der Fallhöhe?
tue, sage und denke finde.
noch ein Komma
Richtig!


Hey @AWM,

Hallo @zigga ich habe deinen Text als Beschreibung einer Beziehung gelesen, in der beide auf Grund von Traumata dysfunktional sind. Für deinen Prota ist sie zugleich ein Halt und eine extreme Belastung, weil er Angst hat, was passiert, wenn er sich offenbart. Er muss quasi in zwei Realitäten leben; in der äußeren und der inneren, die er für sich behalten muss, weil er glaubt, sie verlässt ihn sonst.
Ja, so hatte ich es gemeint

Ich finde, dass du gute Stellen drin hast und der Text auch auf die Länge funktioniert.
Auf der anderen Seite ist er mir zu wenig konkret.
Da wird viel geraunt, was natürlich auch zum Protagonisten passt, der sich ja nicht offenbaren will. Aber: Er redet hier ja nicht mit ihr. Ich lese das eher als Selbstgespräch und es würde für mich passen, wenn die Leser hier eben mehr erfahren als seine Freundin. Es wirklich nachvollziehen könnten, warum er ihr so viel nicht sagt und daraus ein Spannungsverhältnis entstünde.
So werden viele Dinge angedeutet, die für mich als Leser aber weit weg bleiben.
Ja, ich stimme dir zu. Der Text liegt schon etwas auf der Bank und ich hadere, was ich damit anfangen möchte. An manchen Tagen finde ich ihn erzählenswert, bzw. entfaltet er eine gewisse Wirkung auf mich, an anderen Tagen sehe ich genau dieses Problem: Er ist unkonkret. Aber dann denke ich, fuck it, Gedichte sind allesamt unkonkret, Songtexte ebenso, aber da wird es geschluckt. Ich würde einen Text jetzt nicht auf 20k Worte in dem Stil und dem weglassenden Duktus aufbauen, aber auf so kurzer Strecke; ich bin mir da nach wie vor nicht sicher, ob das funktioniert für mich. Ein Kriterium für mich wäre, dass die Figuren greifbar werden, dass ein Konflikt greifbar wird, und im Gedächtnis bleiben kann. Wenn die Figuren hier schal und nur Oberfläche sind, würde ich den Versuch verwerfen. Ja, ich bin am überlegen. An manchen Tagen habe ich die Figuren konkret vor Augen, an anderen kommt mir das auch unkonkret vor.

ein Bild von mir und sie findet mich blasiert.
Das hat mich irritiert. Natürlich kann das sein. Aber blasiert ist ja überheblich. Und es ist schon recht ungewöhnlich jemanden nur auf Grund eines Bilds als überheblich zu beurteilen. Vielleicht wäre besser "sie findet, ich sehe blasiert aus."
Ja, so war es gemeint. Evtl. ändere ich es, wobei ich mir denke, wenn die Schwester ja nur ein Bild gesehen hat, bezieht sich die Aussage ja automatisch auf das Bild

Das ist die eine Sucht, die in unserer Gesellschaft nicht anerkannt wird. Obwohl die Substanz illegal sei. Ist das nicht paradox?
Das stimmt ja nicht wirklich, glaube ich. Anerkannt wird das schon. Ich finde eher, es ist eine Droge und eine Sucht, die nicht ernstgenommen und auch verharmlost wird. Der lustige verpeilte Kiffer ...
Ja, ungünstig ausgedrückt, so meinte der Prot das! :D

Du willst, dass ich mir einen Rock anziehe und mich versuche zu bücken, damit ich weiß, wie es ist, zu menstruieren.
Das habe ich nicht ganz verstanden. Aber das ist trotzdem ein Beispiel für eine Stelle, von denen ich mir mehr wünschen würde. Hier wird die Beziehung wirklich greifbar durch solche ungewöhnlichen und glaubhaften Details.
Ja, das werde ich genauer beschreiben.

In der Nacht wache ich im Krankenwagen auf. Meine Mitbewohnerin fand mich halb bewusstlos im Bad liegen. Das Plastikrohr sticht in meinem Hals.
Ich würde hier den mittleren Satz streichen. Woher weiß er das in der Situation? Und wieso ist es wichtig, das gerade jetzt zu erzählen?
Gekauft

Ich liege im Bett, mit einem Fuß in Flipflops auf dem Krankenhausboden.
Kleinigkeit: Aber er hat ja nicht einen Fuß in zwei Flipflops, oder? Ich liege im Bett, einen Fuß in einem Flipflop auf dem Krankenhausboden.
Ebenfalls

Danke fürs Lesen und Kommentieren!


Servus @jimmysalaryman,

Danke dir ebenfalls fürs Lesen und Kommentieren.

Ja, ich stimme dir im Grunde voll zu. Der Text liegt schon etwas auf der Bank und ich überlege immer mal, was ich mit dem anfange. An manchen Tagen funktioniert er für mich, an anderen ist er für mich drüber und die zwei Kritikpunkte, die für dich im Vordergrund stehen, sind auch für mich zentral: Wenig konkretes, viel Pathos. Aber dann denke ich mir wieder: Fuck that, das Leben ist nun mal manchmal so! Gerade in den Zwanzigern - Dinge, Beziehungen, sind pathetisch, alles steigt und fällt damit (meint man zumindest) ... wenn man fünf, zehn, fünfzehn Jahre älter und gesettelt ist und eine Menge Bullshit aufgearbeitet hat, blickt man (oder besser: ich) natürlich mit einem gewissen Kopfschütteln auf solche Empfindungen zurück und sieht die Sache entspannter. ABER ich erinnere mich, wenn man in dieser Zeit steckt, können die Dinge übermächtig, beängstigend wirken, die ich heute auch gelassen sehe. Ich sehe das als so eine Art Postpubertät. Der Text ist jetzt nicht autobiografisch, selbst wenn, würde ich es hier verneinen, haha, aber ich hab versucht, dieses Gefühl einzufangen. Ich finde, ein wenig Fremdscham und Kopfschütteln zeigt vielleicht - und das ist meine Ausrede :D - dass es ein wenig authentisch sein könnte. Ob das natürlich lesenswert ist oder eine gute literarische Figur hergibt, ist eine andere Frage.

Ich bin mal frech und unverschämt und behaupte, auch das hier ist ein Wettbewerbstext. Den liest man, lässt sich das Herz erweichen und seufzt dann leise. Hach ja, so schwer haben die es, aber wirklich!
Erwischt! :D Ja, kann schon sein, dass der von diesem Duktus beeinflusst wurde - guilty! Für mich ist das auch keine Kurzgeschichte, ich hab es ja in Flash Fiction

Der Text funktioniert vor allem über Kadenz, Rhythmus und Repetition. Das ist der bag of tricks. Der oben zitierte Satz ist so die Quintessenz. Aber. Und du sagst. Nie sagst du. Ich sage. Du sagst. Ein Text, in dem sehr viel gesagt wird, aber (haha, no pun!) wenig mit Substanz, wie ich finde. Mir erscheint das wie ein ewiges Geraune, ein Flüstern im Dunkeln.
Ja, ein wenig so war es intendiert, ohne den Text verteidigen zu wollen, es geht ja darum, dass er unfähig zur Sprache ist, im gewissen Sinne, und gleichzeitig ist ja dieser Text - er ist ja aus der Perspektive des Prots erzählt, als ob er ihn verfassen/sprechen würde - ein Versuch, das Gefühl, das ihn umhertreibt, in Sprache zu fassen; aber ja, ob ich damit dem Text einen Bärendienst erwiesen habe, weiß ich nicht. Das ist ein wenig so, als ob man einen sehr langweiligen Text geschrieben hat, und danach sagt: Ja, ich wollte ja die Langeweile darstellen! Macht das einen guten Text?

Auf der Bank brichst du in Tränen aus, kurz nachdem wir laut gelacht haben. Paul Maar war an uns vorbei gelaufen. Der Autor deiner Kindheit. Sams, Lippels Traum. So bist du manchmal. So bin ich manchmal.
Hier auch. So bist du. So bin ich. Aber wie genau sind sie denn? Und wie steht das in Verbindung zueinander? Sie bricht in Tränen aus, weil sie ihren Kindheitsautor gesehen hat. Und dann?, möchte ich fragen. Das möchte ich in diesem Text andauernd fragen. Und dann? Was ist da die Konsequenz? Wie geht es in diesem spezifischen Strang weiter, warum ist genau der wichtig?
Ja, du hast Recht, vielen Dank für die Anmerkung. Das war der Grund, weswegen ich den Text mal besprochen haben wollte, weil ich da als Autor schlecht einschätzen kann, was andere vor ihrem inneren Auge sehen. Für mich ergibt das ein schlüssiges Bild, ich sehe zwei Figuren, aber ich frage mich, sehen das auch andere? Oder ist das zu konfus bzw. unkonkret?

Da entsteht durch das Buzzword Kindheit ein Resonanzraum, aber das ist und bleibt halt eine Dunkelkammer. Ich erahne, muss mich mit dem Vagen zufrieden geben, und vielleicht ist das ja auch gewollt, weil anhand dieser Echokammer jeder einfach selbst seine eigenen Bilder entwickeln kann und soll.
Ja, das mit der Echokammer, ich denke, zu einem gewissen Teil brauchst du das in Storys, ansonsten catched du den Leser nicht. Aber wenn ein Text nur Freiraum ist, wo man sich selbst drinnen sieht, wieso bräuchte man dann so einen Text?

Was du brauchst, sagst du mir auf der Bank am Bach neben dem mexikanischen Schnellrestaurant.
Kann dir nicht sagen, wie schwer es mir fällt, mit dir zu schlafen. Spüre deine warmen, weichen Hände auf meinem Körper. Aber kann dir nicht sagen, was andere Hände mir angetan haben.
Was braucht sie denn? Sex? Und dann verneint er gleich zweimal hintereinander. Er spürt ihre warmen, weichen Hände auf seinem Körper, aber er kann ihr nicht sagen, was andere Hände ihm angetan haben. Wenn man das in eine Gleichung setzen möchte, dann würde er ihre Hände nicht als weich und warm empfinden, sondern eher wie bedrängend, er würde sich ekeln, unwohl fühlen, sich dieser Berührung entziehen wollen. Das passt nicht so ganz für mich.
Das mit den Ekel ist ein guter Hint. Ändere ich womöglich.

Mich zu zeigen, wer ich wirklich bin, und von dir verlassen zu werden, ist unerträglicher, grausamer und schmerzhafter als der wahre, echte, große, physische Tod.
Woher weiß das der Erzähler? Ist etwas pathethisch, oder? Ist er schon mal gestorben? Woher sonst würde er wissen, wie schmerzhaft der echte Tod ist? Oder behauptet er das nur? Dann frage ich mich sogleich: Was behauptet er im Text denn noch einfach nur so?
Es geht ja hier nicht um wissen, es ist die Innensicht des Prots. Natürlich ist er noch nie gestorben - aber es ist seine Fantasie, dass es so sein würde. So zumindest war es intendiert. Ich kann mich selbst an solche Dinge erinnern, bei denen ich dachte, scheiße, wenn das und das jetzt passiert, das wird so ein grausamer, nie endender Abfuck, daran dachte ich. Ich weiß nicht, es ist klar nicht die objektive Wahrheit, verstehe mich nicht falsch, da gebe ich dir Recht, aber ich finde, es kann die Wahrheit des Erzählers in dem Augenblick sein. Ich denke, man kann durchaus in so einem Dilemma stecken, gerade als sehr junger Mensch, wo man wenige bis keine ausgleichenden Erfahrungen sammeln konnte, dass einem die Welt so vorkommt. Aber hey, ich will hier nix verteidigen, ich sehe deinen Punkt

Dein sandfarbener Trenchcoat. Hast dich ein Leben lang aufgeopfert.
Ich denke nicht daran, dich zu verlassen, sagst du mir. An den Grübchen deiner Wange erkenne ich, wie es dir geht. Je tiefer die Gruben, desto angespannter und somit schlechter. Ich nenne es mein Sina-Barometer.
Auf eine gewisse Art glaube ich dir, dass du mich liebst, sage ich dir im Krankenbett.
Ich fühle mich wie ein Junge, wenn ich das sage.
Leicht, ängstlich, verletzlich.
Ausgeliefert. Bedürftig. Traurig. Abhängig. Aufgehoben. Sicher. Müde.

Erweitern ...
Das summiert das Problem, dass ich mit dem Text habe, ganz gut.
Hast dich ein Leben lang aufgeopfert. Das klingt eher wie etwas, was man zu seiner Mutter sagen würde. So sieht er sie ja auch. Als seine Mutter. Sie denkt nicht daran, ihn zu verlassen. Würde man das so sagen? Und er sagt dann: Auf eine gewisse Art glaube ich, dass du mich liebst. Auch das klingt sehr akademisch für mich. Krankenbett darf natürlich nicht fehlen. Tiefer geht es nicht mehr, er ist ausgeliefert, und dann muss er sich noch weiter erniedrigen und sich selbst beichten, dass er sich wie ein Junge fühlt. Dann eine lange Sammlung an Adjektiven, die den Charakter nachdrücklich zurechthämmern und den Leser aus dem Text entlassen. So geht der Leser ja aus dem Text, mit diesen Nackenschlägen: Ausgeliefert! Bedürftig! Traurig! Bang bang bang! Ganz schön manipulativ.
Ja, das ist pathetisch :D Wie gesagt, ich verstehe die Kritik. Ich sehe es auch so. Ich spüre eine gewissen Fremdscham, wenn ich das lese. Aber ich frage mich auch: warum? Wenn ich Tagebucheinträge von mir lese, bei denen ich sechzehn war, spüre ich natürlich auch Fremdscham. Da sind Dinge, die ich nur da reingekritzelt habe, und nach außen habe ich keinen Mucks gesagt und eher eine gewisse Art der Gewalt sprechen lassen. Aber innen habe ich rumgeheult und mich selbst bemitleidet. Natürlich liegt der Erzähler hier falsch. Und natürlich ist er pathetisch. Aber ich denke mir: Wenn jemand sehr lange alles in sich hineinfrisst, wird er innen, für sich, pathetisch. Das ist ein wenig wie der Druck im Kessel. Also das ist meine Zwiegespaltenheit ggü. dem Text: Ich finde ihn auch zu pathetisch, zu sehr im eigenen Leid suhlend, aber gleichzeitig finde ich das plausibel: Leute tun das, Typen wie der Prot. Anschließend daran stellt sich natürlich die Frage: Ist das erzählenswert?

Du bist nicht meine Therapeutin, haben wir gesagt. Ich besuche mit dir die leeren Büroräume, in die dein Projekt einziehen wird. Psychotherapie mit Langzeitarbeitslosen.
Sie leitet dieses Projekt, ist wahrscheinlich selbst Therapeutin (oder so was in der Richtung) aber schafft es nicht, seine Texte so reflektiert zu lesen, dass sie nicht ihre eigene Kindheit im Nachhinein ruinieren, oder vielmehr die Erinnerung daran, denn das ist schließlich ihr Anker.
Dann nimmt sie Lithium und hat Depressionen, Menstruationsbeschwerden und schlafwandelt.
Es fehlt nur noch, dass sie entführt und mißbraucht wurde. Da ist einfach kein Fokus, es ist von allem zu viel. In dieser Anhäufung liest sich das wie Pornographie, wie ein textlicher Gang Bang, von allem immer mehr. Ich habe nicht das Gefühl, zwei Menschen kennenzulernen, sondern zwei Zustandsbeschreibungen, zwei Krankenakten, zwei Diagnosen.
Ein textlicher Gang Bang, haha :D Das mit dem Schlafwandeln war metaphorisch gemeint! Ja, danke dir für die ehrliche Einschätzung, auch hier bin ich in diesem Zwiespalt: Ich gebe dir absolut recht, aber gleichzeitig halte ich das für plausibel, dass ein Erzähler wie der Prot die Welt auf diese Art sieht: Das Leid, die Krankheiten im Vordergrund. Aber ich bin unentschlossen, ob ich das jetzt gut oder schlecht finde

Dein Mitgefühl ist das Furchteinflößendste und Beruhigendste, das ich kenne.
Warum genau ist es das? Hier fehlt das Intime. In dem Text höre ich von beiden Seiten, die ja im Grunde nur von einem Erzähler erzählt werden, vor allem eins: Ich. Ich, ich, ich. Ich habe dies, mir fehlt das, ich sage dies, ich sage dir das nicht, ich tue dies, ich tue das. Du sagst dies, du willst das, dir fehlt dies, dir fehlt das - das ist eigentlich auch ein Ich. Dann diese Gegenüberstellungen, die Nennung der beiden am weitesten entfernten Pole: das schreit ja auch: Wir sind so extrem! Alles ist so extrem! Es ist eine extreme Beziehung, es ist extrem hart hier alles aufrecht zu erhalten! Liebe ist so extrem schwer! Leben ist so extrem schwer! Aber ich lese das wie den Blogpost von einem schwermütigen Teenager, der soeben Rimbaud für sich entdeckt hat.
Hier ebenso

Ich erzähle dir, dein Feminismus sei zu größten Teilen eine Projektion deiner eigenen Traumata.
Irgendwas mit Feminismus darf auch nicht fehlen. Go woke or go broke! :D
Haha, aber hey, in der Bubble, in der das spielt, Frauenfiguren, ich finde, die Wahrscheinlichkeit dass irgendwelche Feminismusdinge von ihnen mal gedroppt werden, ist eher sehr hoch

Wäre ich mein Leben lang empathisch gewesen, wäre ich längst tot, sage ich.
Aber mehr sage ich nicht. Aus Angst vor dem, was danach kommen würde.
Das hier ist der Kern. Natürlich ist er empathisch. Er ist so sensibel, dass er an der Realität zerbricht bzw zerbrechen würde, wenn er seinen Schutzwall aufgibt. Jemand, der mißbraucht und gedemütigt wurde, dem geht es sehr oft so, dass er sich verschließt und niemand an sich heranlässt, weil er Angst hat, wieder benutzt und mißbraucht oder gebraucht zu werden, und auch Angst vor der Wahrheit: er muss dem Anderen gegenüber, wenn er ihm wirklich vertrauen will, sagen was passiert ist, was ihn zu dem gemacht hat, sonst ist echte Intimität kaum möglich. Das ist eine immense Hürde emotional, weil du in diesem Moment vollkommen verletztbar und vulnerabel bist; und du nicht weißt, wie der andere Mensch reagiert. Er könnte dich auch auslachen, dich nicht ernstnehmen, dir deinen Schmerz kleinreden, Stell dich nicht so an, So schlimm war das nicht, dich gar einen Lügner nennen, dir eine Schuld daran geben, oder er kann damit gar nicht umgehen und verkompliziert diese Beziehung.
Ja, ich kann nur alles unterschreiben, so ist der Text intendiert gewesen

Hier, in deinem Text, sind aber beide so reflektierend, können den Finger so genau auf die Wunde legen, haben den intellektuellen und gar beruflichen Hintergrund dafür, sich damit distanziert auseinanderzusetzen, tuen es aber nicht. Da frage ich mich, warum?
Ah, ich verstehe den Einspruch, aber hey, nichts für ungut, dass Psychotherapeuten in ihrem eigenen Beziehungsleben oder ihrer eigenen Psychohygiene aufgeräumt wären, halt ich für einen Mythos! Ich denke, gerade, wenn das Leute in den Zwanzigern sind, sind die tendenziell - verzeiht mir die Verallgemeinerung - wesentlich abgefuckter als, sagen wir, BWL-Leute

Oder: Warum trennen sie sich nicht? Offensichtlich ist diese Beziehung ja ein extrem fragiles Gebilde, wo alles passieren kann, Lachen, Weinen, Krankenhaus, aber nebenbei wird das alles noch reflektiert und aufbereitet.
Ja ist ein Punkt! Ist halt auch eine Flash Fiction und kein Roman, aber ja, vllt müsste man das irgendwo ein wenig mehr gestalten

Ich frage mich auch, ob es wirklich um die Beziehung geht, denn ich höre immer nur: Ich. Beiden geht es nur um sich selbst.
Sehr feine Beobachtung. Du hast Recht. Aber ist das nicht authentisch?

Für mich bleibt dann auch die Frage: Über was sprechen die eigentlich in seiner Therapie?
Dass er eine Therapie macht steht nirgends!

Der Kern deiner Geschichte ist sehr erzählenswert. Das sind brutale Wahrheiten und substanzielle Ängste, die man erleidet, wenn man sich einem anderen Menschen offenbart. Darüber würde ich gerne einen Text lesen, ein Text der einen Fokus hat und nicht durch eine Leidenswüste mäandert.
So ist der Text für mich Düsterkitsch.
Ja, Düsterkitsch kann man das nennen! Meine ich jetzt ohne einen Vorbehalt oder so. Ich frage mich halt, wie oben beschrieben, ob nicht genau das das Authentische ist, ob Leute in den Zwanzigern, in der Bubble, mit dem Hintergrund, nicht so sind: Pathetisch, Ich-bezogen, Angsthasen.

Danke dir für den ausführlichen Kommentar, Jimmy!


Beste Grüße
zigga

 

Ich frage mich halt, wie oben beschrieben, ob nicht genau das das Authentische ist, ob Leute in den Zwanzigern, in der Bubble, mit dem Hintergrund, nicht so sind: Pathetisch, Ich-bezogen, Angsthasen.

Hey, ich noch mal. Natürlich sind die so. Es ist halt die Frage, wie man davon erzählen will. Das ist ja kein schlechter Text, er ist halt nur ungebrochen, eine Perspektive die sich immer weiterführt und im Kreis dreht. Du sagst, er ist sprachlos; aber ist es der beste Weg, in einer Art inneren Monolog zu versuchen, das darzustellen? Weil er redet ja andauernd, und andauernd über sich. Dabei finde ich den Kern, den du eigentlich (nehme ich an) erzählen willst, absolut richtig und wichtig und auch schon angelegt. Diese Angst, was passiert, wenn er sich offenbart und alles, was damit zusammenhängt. Dann verlierst du diesen Fokus aber immer wieder, um vom Leiden an sich zu erzählen, aber dieses wird für mich jedenfalls nie greifbar. Für dich als Autor ist ja klar: der ist in seinen Zwanzigern, da ist man so, es ist eine Innensicht, die ungefiltert von seiner Sprachlosigkeit und seiner Ohnmacht erzählen soll. Dabei bleibt er im Vagen, es ist immer auch eine Oberfläche, die man da bedient. Deswegen wird dieser Text sicher auch erfolgreich sein beim Leser, denn man hat in dieser Echokammer genügend Raum, um dieses Vakuum mit: sich selbst zu füllen. Es ist ja kein wirklich erzählender Text, sondern ein Text, der mit narrativen Versatzstücken arbeitet. Wie eine Beichte, eine Anklage. Je breiter die gaps da sind, desto eher kann man sich ankoppeln. Das ist in sofern gut gemacht, denn es zieht den Leser mit, es offenbart eine Fläche, eine Folie, auf der man dann selbstständig geht. Das ist kompakt und auch mit einem offenen Ende, ein weng slice of life und es ist nichts wirklich passiert. Eine Drama ohne Drama. Sagen wir es so: für den Leser ist es ein Ergötzen am Leid ohne einen echten Preis dafür zu zahlen.

In meiner Therapie habe ich herausgefunden, dass ich gesehen werden will.
Ich liebe deine Augen, sagst du mir. Die Dinge, die in meinem Gesicht passieren.
Da dachte ich, logischerweise wechselt der Erzähler, und den Satz mit der Therapie sagt er. Weil danach sagt sie nämlich: Ich liebe deine Augen. Da verschwimmt schon alles, so das genaues Lesen für mich schwierig wird.

Ich glaube, du müsstest einmal diese Perspektive durchbrechen, das Innenleben reflektieren, ich weiß nicht, durch Dialog, durch Handlung, durch Aktion. Vielleicht ist das hier nur das Gerüst für etwas viel Größeres, der Glutkern sozusagen. Du kannst da immer wieder drauf rekurrieren, auf diese ursächliche Angst, aber ich muss erleben, wie das Gesagte, Gedachte im realen Leben wirkt, wie es den Charakter beeinflusst, das sind zwei Seiten der gleichen Medaille, von der du mir aber im aktuellen Text nur eine zeigst. Ich würde gerne aber beide Seiten kennenlernen. Sind halt so meine Gedanken.

Gruss, Jimmy

 

Hallo @zigga!

Ich finde, dass du sehr viele sehr gute Gedanken in diesen Text eingearbeitet hast, gleichzeitig viel es mir aber sehr schwer mich zu orientieren bzw. mich zurechtzufinden. Aber ich schätze, dass liegt eher daran, dass ich mit der Textgattung (wenn man das so nennt) nicht klar komme. Der Stil ist ja immerhin absichtlich so gewählt wie er ist und mir waren die ganzen Gedankensprünge zu viel. Ich habe versucht, einen Punkt zu finden, an dem ich mich orientieren kann - sie sprechen in einem Park miteinander, okay nein, irgendwo ist die Mutter, nein, jetzt ist er im Krankenhaus. Da hab ich mich selbst wohl ein wenig besser kennen gelernt, offenbar brauche ich diese räumliche Dimension in Texten um mich zurecht zu finden. :D
Trotzdem mag ich die Art und Weise, wie du die Gedanken schreibst. Es hat auf jeden Fall etwas Poetisches und stellenweise konnte ich mich auch gut darauf einlassen - nur das Tempo war mir dann oft auch zu schnell. Genug Zeit, um mich in den Gedanken zu verlieren blieb mir kaum, weil dann gleich der nächste kam und dann wieder der nächste.

Ich bin wie ein trockener Alkoholiker, nur mit Cannabis, habe ich dir bei unserem ersten Date erzählt. Das ist die eine Sucht, die in unserer Gesellschaft nicht anerkannt wird. Obwohl die Substanz illegal sei. Ist das nicht paradox?
Die Stelle fand ich sehr gut und natürlich trägt sie auch Wahrheit in sich.

Wäre ich mein Leben lang empathisch gewesen, wäre ich längst tot, sage ich.
Die Stelle fand ich sehr gut, weil jeder, der "ein Problem mit Empathie" hat, sofort weiß, was damit gemeint ist.

Ich wünschte, du würdest mich nicht als deinen Feind sehen, sage ich dir. Ich wünschte, wir würden gemeinsam am Seil des Lebens ziehen, sage ich.
Wieso bin ich dein Feind?
Das kommt glaube ich kurz nach der Stelle, an dem sie von Empathie spricht und nach der Stelle, wo sie mentstruiert. Ich habe da (wegen anderen Stellen im Text) hineingelesen, dass sie ihn als Feind sieht, weil er ein Mann ist (?) - vielleicht? Danach kommt dann die Szene mit dem Krankenwagen/Krankenhaus.

Insgesamt bleibt mir alles ein wenig zu unkonkret, ein wenig zu sprunghaft und ich bin mir nicht wirklich sicher, was der Text aussagen will, weshalb es mir schwer fällt, ihn einzuordnen. Darum kann ich auch nicht mehr dazu sagen. Ich habe ihn gerne gelesen, auch wenn es teilweise war anstrengend war ihn zu lesen, weil ich für mich eben keinen FIxpunkt hatte.

LG Luzifermortus

 

Hallo zigga.
Ich lese diesen Text und denke: da soll Betroffenheit erzeugt werden, insistierend, fast penetrant in den Wiederholungen, doch im Grunde sprachlos. Die Figuren bleiben in sich gefangen, als Autorin kannst du sie nicht da herausholen und in handelnde Menschen überführen.
Die Hilflosigkeit überträgt sich auf mich, doch sie ermüdet mich auch. Es ist wie ein Dauerklopfen an eine Tür, die sich nicht öffnet.
Nach dem zweiten Lesen habe ich das Gefühl, dieser Text könnte gut als szenische Bühnenfassung funktionieren. Text plus Körpersprache, wenige Requisiten, (den Rucki natürlich!), einem reduzierten Bühnenbild, dies sehe ich vor mir.
Gruß,
Jutta

 

Hi @jimmysalaryman,

Es ist halt die Frage, wie man davon erzählen will. Das ist ja kein schlechter Text, er ist halt nur ungebrochen, eine Perspektive die sich immer weiterführt und im Kreis dreht.
Du sagst, er ist sprachlos; aber ist es der beste Weg, in einer Art inneren Monolog zu versuchen, das darzustellen?
Dabei finde ich den Kern, den du eigentlich (nehme ich an) erzählen willst, absolut richtig und wichtig und auch schon angelegt. Diese Angst, was passiert, wenn er sich offenbart und alles, was damit zusammenhängt.
Dann verlierst du diesen Fokus aber immer wieder, um vom Leiden an sich zu erzählen, aber dieses wird für mich jedenfalls nie greifbar.
Dabei bleibt er im Vagen, es ist immer auch eine Oberfläche, die man da bedient.
Ja, ich verstehe, wie du das meinst. Es müsste dir mehr um das Phänomen der Sprachlosigkeit gehen, als um das Leiden, dass man sprachlos ist. Ist ein Punkt! Wobei das Leiden natürlich direkt aus der Sprachlosigkeit resultiert, und der wohl größte Minuspunkt an der Sprachlosigkeit ist.

Ich glaube, du müsstest einmal diese Perspektive durchbrechen, das Innenleben reflektieren, ich weiß nicht, durch Dialog, durch Handlung, durch Aktion.
Ich glaube, es ist nicht durchgekommen, mea culpa, ich denke, es liegt am sprunghaften stream of consciousness, aber ich hatte das auf eine Art versucht, zu durchbrechen, an dieser Stelle:

Ich bin deine Therapeutin und du bist das Symptom, sagst du.
Okay.
Liebes Symptom, was willst du?
Gesehen werden.
Welche Funktion hast du?
Ich siebe die Menschen danach aus, dass nur Leute bei Louis bleiben, die ihn nicht verletzen und die ihn wirklich lieben.
Liebes Symptom, was würde mit Louis passieren, wenn du verschwinden würdest?
Er würde keinen Menschen finden können, der ihn wirklich liebt.

Kurz davor sagt die Freundin: Ich bin nicht deine Therapeutin (...).

Also, sie ändert ihre Meinung. Ja, das ist zu artsy eingebettet, gerade wenn man den Kontext von gewissen Therapieformen nicht kennt. DENN :D was ich hier versucht habe, darzustellen, ist so eine Therapieform, keine Ahnung, wie die heißt, aber es geht darum, dass der Therapeut zum Symptom des Patienten spricht, und er dem Symptom Fragen stellt, und der Patient die intuitiv beantwortet, und man oft zu erstaunlichen Erkenntnissen kommen kann dadurch. Das sollte das "Durchbrechen", die Wandlung in der Figur des Prots aus dem Kreislaufen "darstellen". Das Symptom ist hier die Aggressivität gegen sich selbst, er liegt ja im Krankenhaus deswegen. Also ich will den Text hier nicht erklären. Mir ist nur klar, dass das glaube ich nicht rüber kommt, und ich rolle es deswegen mal aus. Der Prot kommt in dieser Szene ja zur Erkenntnis: Ich siebe die Menschen danach aus, dass nur Leute bei Louis bleiben, die ihn nicht verletzen und die ihn wirklich lieben. Und: Er würde keinen Menschen finden können, der ihn wirklich liebt.
Aber ja, mal sehen, ich denke, ich muss es klarer gestalten und den Kontext irgendwie einbauen, dass man das als normaler Mensch checkt.

In meiner Therapie habe ich herausgefunden, dass ich gesehen werden will.
Ich liebe deine Augen, sagst du mir. Die Dinge, die in meinem Gesicht passieren.
Da dachte ich, logischerweise wechselt der Erzähler, und den Satz mit der Therapie sagt er.
Scheiße ja, du hast Recht. Er sagt, er hat eine Therapie. Hatte ich gerade nicht mehr auf dem Schirm :D


Servus @Luzifermortus,

vielen Dank dir fürs Lesen und Kommentieren!

Ich finde, dass du sehr viele sehr gute Gedanken in diesen Text eingearbeitet hast, gleichzeitig viel es mir aber sehr schwer mich zu orientieren bzw. mich zurechtzufinden.
Trotzdem mag ich die Art und Weise, wie du die Gedanken schreibst. Es hat auf jeden Fall etwas Poetisches und stellenweise konnte ich mich auch gut darauf einlassen - nur das Tempo war mir dann oft auch zu schnell. Genug Zeit, um mich in den Gedanken zu verlieren blieb mir kaum, weil dann gleich der nächste kam und dann wieder der nächste.
Insgesamt bleibt mir alles ein wenig zu unkonkret, ein wenig zu sprunghaft und ich bin mir nicht wirklich sicher, was der Text aussagen will, weshalb es mir schwer fällt, ihn einzuordnen.
Darum kann ich auch nicht mehr dazu sagen. Ich habe ihn gerne gelesen, auch wenn es teilweise war anstrengend war ihn zu lesen, weil ich für mich eben keinen FIxpunkt hatte.

Ja, verstehe ich absolut! Freue mich, dass du trotzdem irgendwo etwas mit anfangen konntest. Der Text ist ein wenig ein Experiment, was die Darstellung angeht, ansonsten schreibe ich sehr szenisch, dieser Text ist ja fast lyrisch. Gerade, ob man ihn lesen kann bzw. ob man etwas versteht, hat mich interessiert. Ich kenne Texte, die so aufgebaut sind, die eine geile Dynamik erzeugen, einen Sog, so etwas wollte ich probieren. Ich glaube aber, die Gedankensprünge sind etwas zu schnell, du hast Recht. Vielleicht muss ich das szenischer aufbauen. Mal sehen.

Alles Beste!


Hallo @Jutta Ouwens,

danke dir fürs Lesen und Kommentieren!

Ich lese diesen Text und denke: da soll Betroffenheit erzeugt werden, insistierend, fast penetrant in den Wiederholungen, doch im Grunde sprachlos.
Ja, der Text will es, du hast schon Recht :D Beim Schreiben dachte ich mir Folgendes. Dass das irgendwo passt. Es ist ja ein Ich-Erzähler, etwas sehr Ungefiltertes, Direktes, was erzählt wird, ich meine das im Sinne von, es ist eine Art Stream of Consciousness. An sich ist das bei einem Text schlecht, wenn er eine Emotion so sehr von einem fordert. Aber ich fand, das passt zum Prot. Im Grunde ist das etwas, das er nach innen spricht womöglich, ein Versuch, zu kommunizieren, was er empfindet. Da ist natürlich eine riesige Bedürftigkeit vorhanden, da ist etwas in ihm, das das Leid zeigen will. Aber es bleibt diese Barriere, das zu den Figuren seiner Außenwelt zu tun. Deswegen hat dieses Bedürftige, Wollende gepasst - aber ich weiß gleichzeitig nicht, ob mir das in Gänze gefällt. Das ist in etwa so, wie wenn man einen langweiligen Text schreibt, und danach sagt: Ich wollte die Langeweile zeigen. Macht das einen guten Text?

Die Figuren bleiben in sich gefangen, als Autorin kannst du sie nicht da herausholen und in handelnde Menschen überführen.
Ich bin ein Mann! :D

Die Hilflosigkeit überträgt sich auf mich, doch sie ermüdet mich auch. Es ist wie ein Dauerklopfen an eine Tür, die sich nicht öffnet.
Ja, verstehe ich. Aber ich finde das für den Text eig. ganz authentisch bzw. passend - aber ja, ich bin unschlüssig

Nach dem zweiten Lesen habe ich das Gefühl, dieser Text könnte gut als szenische Bühnenfassung funktionieren. Text plus Körpersprache, wenige Requisiten, (den Rucki natürlich!), einem reduzierten Bühnenbild, dies sehe ich vor mir.
Ich habe keine Ahnung von Theater! Sende mir ein hochdotiertes Angebot, und ich verkaufe dir die Bühnenrechte! :D

Beste Grüße
zigga

 

Hey @zigga,

mir gefällt der Text ziemlich gut. Es ist nicht allzu viel Handlung darin, aber das finde ich nicht schlimm. Was den Text für mich ausmacht, ist dieses Verschwimmen von Du und Ich, das durch die Perspektive in Kombination mit den Dialogen entsteht. Du schaffst es für mich auch, dieses verzweifelte Hin und Her der Gedanken deiner Figur durch den Text zu übertragen. Dir gelingt es hier, mich in die Stimmung deiner Figur zu versetzen und auch dieses Dinge-nicht-sagen-können schwingt im Text mit durch die sprachliche Ausarbeitung. Länger hätte der Text für mich allerdings nicht sein dürfen, also ich denke, der Stil und Inhalt wird irgendwann ermüdend. Aber, wie gesagt, so wie er ist, gefällt er mir gut.
Auf der anderen Seite ist mir aufgefallen, dass viele Dinge nur schnell angerissen werden. Z.B. der Part mit dem Vater und seinem Zauberkoffer. Das ist so in einem Satz dahingesagt und in meinem Kopf entsteht ein Bild, aber dann ist es schon wieder vorbei. Ich bekomme da wenig zu greifen. Das wiederum bringt diesen Effekt des Hin und Her der Gedanken, also wenn du da mehr schreiben würdest, dann wäre es vielleicht diesem Effekt abträglich. Frage mich, ob der Text ganz anders wirken würde, wenn du zu einigen Bildern noch ein oder zwei Sätze dazu packen würdest.


Nenne deine Augen Kaffeebohnen.
Ich weiß, was das Bild sagen will, aber für mich funktioniert es nicht so richtig. Also so ein dunkelbraun im Auge kann ich mir irgendwie nicht richtig vorstellen. Geht aber vielleicht nur mir so.

Du hast die Studie geschrieben.
Vielleicht eher Fragebogen oÄ? Studie klingt für mich etwas zu hoch für eine Bachelor-Arbeit, es sei denn du willst Sina damit charakterisieren.


An einigen Stellen bist du für meinen Geschmack einen Hauch drüber, zB.:

Ausgeliefert. Bedürftig. Traurig. Abhängig. Aufgehoben. Sicher. Müde.
Aber vieles sage ich nicht. Du wirst sagen: Du hast nichts davon gesagt. Nie sagst du mir etwas.
Da würden aber schon minimale Veränderungen ausreichen.

Grüße
Klamm

 

Hallo zigga!
Macht nix, dass du ein Mann bist! Bist halt ein/e AutorIn! Ich bemühe mich zu gendern, immer klappt's halt nicht.
Gruß nochmal
;)

 

Hallo @Klamm,

vielen Dank dir fürs Lesen und Kommentieren!

mir gefällt der Text ziemlich gut.
Es ist nicht allzu viel Handlung darin, aber das finde ich nicht schlimm. Was den Text für mich ausmacht, ist dieses Verschwimmen von Du und Ich, das durch die Perspektive in Kombination mit den Dialogen entsteht. Du schaffst es für mich auch, dieses verzweifelte Hin und Her der Gedanken deiner Figur durch den Text zu übertragen. Dir gelingt es hier, mich in die Stimmung deiner Figur zu versetzen und auch dieses Dinge-nicht-sagen-können schwingt im Text mit durch die sprachliche Ausarbeitung.
Länger hätte der Text für mich allerdings nicht sein dürfen, also ich denke, der Stil und Inhalt wird irgendwann ermüdend. Aber, wie gesagt, so wie er ist, gefällt er mir gut.
Toll, freut mich natürlich, wenn dir der Text gut gefallen hat!

Auf der anderen Seite ist mir aufgefallen, dass viele Dinge nur schnell angerissen werden. Z.B. der Part mit dem Vater und seinem Zauberkoffer. Das ist so in einem Satz dahingesagt und in meinem Kopf entsteht ein Bild, aber dann ist es schon wieder vorbei. Ich bekomme da wenig zu greifen. Das wiederum bringt diesen Effekt des Hin und Her der Gedanken, also wenn du da mehr schreiben würdest, dann wäre es vielleicht diesem Effekt abträglich. Frage mich, ob der Text ganz anders wirken würde, wenn du zu einigen Bildern noch ein oder zwei Sätze dazu packen würdest.
Ist eine gute Idee - evtl. werde ich damit experimentieren

Nenne deine Augen Kaffeebohnen.
Ich weiß, was das Bild sagen will, aber für mich funktioniert es nicht so richtig. Also so ein dunkelbraun im Auge kann ich mir irgendwie nicht richtig vorstellen. Geht aber vielleicht nur mir so.
Ja, das Bild ist etwas gewagt, hast recht

Du hast die Studie geschrieben.
Vielleicht eher Fragebogen oÄ? Studie klingt für mich etwas zu hoch für eine Bachelor-Arbeit, es sei denn du willst Sina damit charakterisieren.
Das kaufe ich. Ich war bei dem Wort Studie eh immer etwas unzufrieden, weil das so offiziell klingt, und man höchstens eine Feldstudie macht als Bachelorette, aber ganz kenne ich mich da auch nicht aus. Fragebogen für eine Studie klingt gut.

An einigen Stellen bist du für meinen Geschmack einen Hauch drüber, zB.:

Ausgeliefert. Bedürftig. Traurig. Abhängig. Aufgehoben. Sicher. Müde.

Aber vieles sage ich nicht. Du wirst sagen: Du hast nichts davon gesagt. Nie sagst du mir etwas.
Da würden aber schon minimale Veränderungen ausreichen.
Ja, da ist der Pathos mit mir durchgegangen, haha.

Klamm, freut mich trotzdem, dass dir das Teil insgesamt gefallen hat!

Viele Grüße
zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Was zunächst auffällt, sind die Ellipsen in der Zurücknahme des Icherzählers, der sich freilich in den Prädikaten/Verben verrät

Nenne deine Augen … deine Hände … Sitze neben … sage dir, wie …
K. A., was ein psychologisch gebildeter Mensch aus dieser „Zurückhaltung“ lesen wird,

lieber zigga,

(obwohl "Zurückhaltung" schon eine Wertung enthält)
hier aber werd ich auf kürzestem Wege (ich übertreibe, was von der Werbung bis hin zur schönen Literatur ja kein Verbrechen ist)

… hübsch ich dein Gesicht glänzend von Sonnencreme finde.
an die zugleich werbende Seite aller Literatur beginnend beim (Sonnen-)Hymnus des Echnathons … bis zur Werbung etwa für Sonnenmilch (etwa von AlvErde) – und doch ist es eine gelungene „Ballade“ des Ungesagten. Und keineswegs überraschend, wenn ich schon bis in den Ursprung des Monotheismus zurückgeh, wird das älteste und und zugleich natürlichste „Handwerk“szeug angeklagt
Aber kann dir nicht sagen, was andere Hände mir angetan haben.
die in der Erziehung schon durch Werkzeuge verstärkt werden (bei uns war es ein Teppichklopfer, der die Wirkung der bloßen, mütterlichen Hand gegen zwo Rabauken um einiges verstärkte).
Und noch einmal ein gelingendes, nun plurales Verschweigen des Subjektes
Machen auf deinem Handy einen Test im Internet. Du hast die Studie geschrieben.
das im vertrauten "Du" mündet.

Aber ach, der konjunktiefe Versuch ...

Sage, ich sähe meine Mutter in dir, wenn du mich anblickst, wenn ich Bier trinke. … Obwohl die Substanz illegal sei. Ist das nicht paradox?
Ja, das ist paradox, denn wenn ich in an sich indirekter Rede sage, ich „sähe“ xy, also Konj. irrealis (das unmögliche) oder potenzialis, es schwingt die Lüge mit und der Sprecher weiß es.

Der Konj. II ist nix anderes in der Grammatik, was die Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Mathematik zwischen 0 und 1, den beiden Polen von unmöglich, irreal bis real, wirklich, existierend und dem Wert 0,5 des gleichermaßen sowohl als auch.
Schöne Atempause, denn

Paul Maar war an uns vorbei gelaufen.
(eher zusammen „vorbeilaufen“, also auch sein Partizip)

Aus Angst vor dem, was danach kommen würde.
Ja, so spricht man heute, vllt. weil der Konj. II von „werden“ vermeintlich einen Hauch der großen angloamerikanischen Welt vorgibt zu sein, dabei ist der engl. Konjunktiv am deutlichsten in der Hymne zu erkennen, wenn es heißt „God save“ und nicht „God saves the King“

Auch hier unnötige Übertreibung

Ich könnte dich fragen: Warum bist du so kalt?, aber ich tue es nicht.
warum hier ein Konjunktiv, (der zugleich anzeigt: Seht her, ich kann!, werde aber nicht), wenn der Indikativ „Ich kann …“ in seiner Zweiwertigkeit doch genügt (ich bin in zwei Lehrwerkstätten gewesen – selbst die Ausbildung zum Industriekaufmann war verknüpft mit einem mehr als sechswöchigen Aufenthalt in der Lehrwerkstatt des Konzerns, und habe keineswegs auch nur einen Hauch von handwerklichem Talent - außer im Zeichnen entwickelt, also nix anderes als einer besonderen Schriftfähigkeit ). Entweder ich kann oder eben nicht … Aber handwerklich (angefangen bei der Handschrift, Stichwort: Sauklaue, sehr winzig und gelegentlich mit Kürzeln aus der Kurzschrift [kaufm. Ausbildung, hat sich also insofern auch gelohnt] behaftet].

Ich versuche,* dir zu sagen, wie sehr ich dich mag. Aber ich fürchte mich vor dem, was danach kommt.
Nie sagst du mir etwas.
* würd ich kein Komma setzen, denn das zerbricht das komplexe Prädikat „zu sagen versuchen“.
(weiter unten gelingts doch.

Du willst, dass ich mir einen Rock anziehe und mich versuche zu bücken, damit ich weiß, wie es ist, zu menstruieren.

Dein Mitgefühl ist das Furchteinflößendste und Beruhigendste, das ich kenne.
Nun, aufs Mitgefühl bezogen ,sind die Superlative zu entsubstantivierende Adjektive, in einem umfassenderen, vllt. sogar alles umfassenden Sinne bleiben sie Substantivierungen.

So viel oder wenig für heute vom

Friedel

 

Moin @zigga,

ich teile dir meinen Leseeindruck: Ich bin nicht richtig in den Text reingekommen und es hat mich vom Stil irgendwie an einen Poetry Slam erinnert, mit der Aufgabe möglichst viel Mitleid erzeugen zu wollen. Das sehe ich als Schwierigkeit an: Ich habe als Leser das Gefühl, dass ich unbedingt Mitgefühl haben muss und fühle mich da etwas manipuliert. Konnte mich daher nicht so ganz auf den Text einlassen und es verbleibt jetzt nach dem Lesen eine gewisse Distanz.

Nichtsdestotrotz sind viel schöne Ansätze drin, ich gehe auf einige Beispiele ein:

Du möchtest meine Texte nicht lesen, weil du dich fürchtest, sie könnten dich deiner Kindheit berauben.
Das finde ich sehr stark, da steckt eine wahre Enthüllung drin.

Du willst, dass ich mir einen Rock anziehe und mich versuche zu bücken, damit ich weiß, wie es ist, zu menstruieren.
Sagt auch einiges über die dysfunktionale Beziehung aus, über die Machtverhältnisse und ich würde das auch als zentrales Motiv deines Textes sehen.

Vielleicht will ich, dass du mich leiden siehst, sage ich.
Und genau das Gefühl hatte ich als Leser.

So viel zu meinem Leseeindruck.


Beste Grüße
MRG

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich bin deine Therapeutin und du bist das Symptom, sagst du.

Hallo @zigga

Interessante Psycho-Studie. Fand ich gut gemacht. Vor allem sprachlich. Liest sich flüssig, trotz der komplexen Thematik. Ist ein tiefgründiger Text, zumindest dem Anschein nach – und hier hab ich gleich meinen größten Kritikpunkt. Mir wird zuviel behauptet, und zu wenig erzählt, der Text verliert sich hier und da in bedeutungsschwangeren Andeutungen, man erfährt aber nur wenig konkretes, und das fand ich ein bisschen frustrierend.
Soweit ich verstehe, heißt der Ich-Erzähler Louis, ist vermutlich arbeitslos und suchtkrank, hat eine traumatische Kindheit hinter sich und tendiert in Richtung Borderline-Persönlichkeitsstörung. Seine Freundin heißt Sina, leidet an Depressionen und ist ausgebildete Psychotherapeutin (ob sie praktiziert, oder wegen ihrer Depression arbeitsunfähig ist, wird nicht klar). Soweit eine geile Konstellation, die eine Menge Konfliktpotential bietet. Beide sind psychisch labil, extrem selbstreflektiert, und hochsensibel (oder abwertend gesagt: hochempfindlich). Sie analysieren ständig ihre Beziehung, sezieren ihre Gefühle, weil beide kaputt und unsicher sind, und das wissen, aber doch zusammenbleiben wollen. Sie verlässt ihn dann in dem Moment, als er sich zeigt, wie er wirklich ist – ihr vielleicht auch sagt, was er vorher nie zu sagen gewagt hat, die Maske ablegt; und das ist natürlich ultrabrutal, gerade dann verlassen zu werden, und treibt ihn zum Suizidversuch. In sich find ich den Text logisch und rund, auch wenn ich mir manchmal nicht sicher war, ob der Louis nicht ein unzuverlässiger Erzähler ist, dem man nicht alles glauben darf.
Ich glaub auch, dass ich ihm auf eine längere Textstrecke nicht folgen wollen würde, da er schon sehr larmoyant ist, und er in mir manchmal den Reflex hervorgerufen hat, ihn an der Schulter zu packen, durchzuschütteln und zu brüllen: Reiß dich zusammen! Das Leben ist hart! Werd erwachsen und übernimm Verantwortung!
Was mich zu der für mich größen Schwachstelle des Textes zurückbringt. Ich kann nicht gut nachvollziehen, warum er so leidet; mir fehlt es da an Infos, Hintergründen, klar umrissenen Traumata; so, wie er jetzt ist, was du mir von ihm zeigst, könnte er auch einfach nur ein Jammerlappen sein, der zu Melodramatik neigt. Ich glaube, damit er mich als Leser anfasst, anpackt, mir unter die Haut geht, ich mit ihm mitleide, fehlt es mir an Verständnis für die Ursachen seines Leidens, fehlt mir der einleuchtende Rechfertigungsgrund. Da ist mir einfach zuviel Behauptung in die Richtung: Da schau her, schau nur, wie ich leide. Und als Leser kann ich das entweder schlucken, oder nicht schlucken. Wenn ich es schlucke, ihm einfach glaube (so wie beim ersten Lesen), find ich den Text gut und wuchtig; tiefgründig ist er sowieso, und, wie ich finde, in tiefenpsychologischer Hinsicht extrem spannend; wenn ich es aber nicht schlucke, weil ich nicht so richtig nachvollziehen kann, was die eigentlichen Gründe für sein Leiden sind, fehlt mir dann auch das nötige Mitgefühl mit deinem Protagonisten, und dann verkommt der Text für mich ein bisschen zur (böse gesagt) Jammer-Tirade.

Ist jetzt viel Kritik, aber ich hab mich auch nur auf die für mich größte Schwachstelle konzentriert. Insgesamt ein guter Text, da steckt viel drin, viele kluge Gedanken und Menschenkenntnis. Hab ich gern gelesen.

Du beschützt mich vor Hunden und ich dich vor den Männern.

Grüße
Mand

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus @Friedrichard,

vielen Dank fürs Vorbeischauen & Kommentieren!


an die zugleich werbende Seite aller Literatur beginnend beim (Sonnen-)Hymnus des Echnathons … bis zur Werbung etwa für Sonnenmilch (etwa von AlvErde) – und doch ist es eine gelungene „Ballade“ des Ungesagten.
Schön!

Aber ach, der konjunktiefe Versuch ...
:D

Der Konj. II ist nix anderes in der Grammatik, was die Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Mathematik zwischen 0 und 1, den beiden Polen von unmöglich, irreal bis real, wirklich, existierend und dem Wert 0,5 des gleichermaßen sowohl als auch.
Ah, okay

würd ich kein Komma setzen, denn das zerbricht das komplexe Prädikat „zu sagen versuchen“.
Gekauft

So viel oder wenig für heute vom
Danke dir! Werde die grammatikalischen Verbesserungen umsetzen!

Hallo @MRG!

Danke dir fürs Lesen und Kommentieren!


ich teile dir meinen Leseeindruck: Ich bin nicht richtig in den Text reingekommen und es hat mich vom Stil irgendwie an einen Poetry Slam erinnert, mit der Aufgabe möglichst viel Mitleid erzeugen zu wollen.

Ja, kann ich absolut nachvollziehen. Ist für mich auch ein Versuch gewesen, auch mal was Neues, sonst schreibe ich ja nicht so. Das mit dem Leid: Ja, kann ich verstehen. Ich denke, du betitelst den Schwachpunkt wie einige andere Kommentatoren korrekt: Der Ursprung des Leids, das Trauma, wird nicht benannt oder gezeigt, deswegen ist es schwierig, da völlig mitzugehen als Zuschauer. Vllt reiche ich da noch was nach. Ist jetzt nicht so, dass ich völlig an dem Text hänge, er war so halb im Löschordner und ich dachte mir dann, ich will ihn noch mal besprechen, dass ich Klarheit habe. Es ist ja auch eine Flash, in Sinne davon, dass ich nur den Moment zeigen wollte, indem der Prot leidet, aber das ist natürlich eine schöne Ausrede :D Wenn beim Lesen etwas fehlt, stimmt womöglich die Wahl der Form nicht. Der berühmte Liter Wasser, den man in ein Glas bekommen möchte.

Das sehe ich als Schwierigkeit an: Ich habe als Leser das Gefühl, dass ich unbedingt Mitgefühl haben muss und fühle mich da etwas manipuliert. Konnte mich daher nicht so ganz auf den Text einlassen und es verbleibt jetzt nach dem Lesen eine gewisse Distanz.
s.o.

Danke dir für deine Einschätzung!

Hallo @Mand,

vielen Dank fürs Lesen und Zeitnehmen.

Interessante Psycho-Studie. Fand ich gut gemacht. Vor allem sprachlich. Liest sich flüssig, trotz der komplexen Thematik. Ist ein tiefgründiger Text, zumindest dem Anschein nach
Schön, ja, ich weiss nicht ganz ob ich den Text mag oder nicht, ich gehw da mit euch, Pathos und Konkretes sind Schieflagen des Textes. Ich wollte irgendwo aber auch kein abgeschlossenes Ding rüberbringen, deswegen Flash, aber ja, ich muss mal ein wenig drüber nachdenken, bevor ich an dem Teil bastle

und hier hab ich gleich meinen größten Kritikpunkt. Mir wird zuviel behauptet, und zu wenig erzählt, der Text verliert sich hier und da in bedeutungsschwangeren Andeutungen, man erfährt aber nur wenig konkretes, und das fand ich ein bisschen frustrierend.
Gehe ich voll mit! Ich dachte, der Prot sei einer, der eben Probleme hat, Dinge auszusprechen, und das äussert sich im Text, aber dadurch mache ich dem Text wohl einen Bärendienst, haha

Soweit ich verstehe, heißt der Ich-Erzähler Louis, ist vermutlich arbeitslos und suchtkrank, hat eine traumatische Kindheit hinter sich und tendiert in Richtung Borderline-Persönlichkeitsstörung. Seine Freundin heißt Sina, leidet an Depressionen und ist ausgebildete Psychotherapeutin (ob sie praktiziert, oder wegen ihrer Depression arbeitsunfähig ist, wird nicht klar). Soweit eine geile Konstellation, die eine Menge Konfliktpotential bietet.
Ja, schön, wie du das liest, gehe ich
mit

Beide sind psychisch labil, extrem selbstreflektiert, und hochsensibel (oder abwertend gesagt: hochempfindlich). Sie analysieren ständig ihre Beziehung, sezieren ihre Gefühle, weil beide kaputt und unsicher sind, und das wissen, aber doch zusammenbleiben wollen.

Sie verlässt ihn dann in dem Moment, als er sich zeigt, wie er wirklich ist – ihr vielleicht auch sagt, was er vorher nie zu sagen gewagt hat, die Maske ablegt; und das ist natürlich ultrabrutal, gerade dann verlassen zu werden, und treibt ihn zum Suizidversuch.

In sich find ich den Text logisch und rund, auch wenn ich mir manchmal nicht sicher war, ob der Louis nicht ein unzuverlässiger Erzähler ist, dem man nicht alles glauben darf.
Freut mich! Evtl bastlr ich noch an einer Konkretisierung des Traumas

Ich glaub auch, dass ich ihm auf eine längere Textstrecke nicht folgen wollen würde, da er schon sehr larmoyant ist, und er in mir manchmal den Reflex hervorgerufen hat, ihn an der Schulter zu packen, durchzuschütteln und zu brüllen: Reiß dich zusammen! Das Leben ist hart! Werd erwachsen und übernimm Verantwortung!
Ist legitim!

Ich kann nicht gut nachvollziehen, warum er so leidet; mir fehlt es da an Infos, Hintergründen, klar umrissenen Traumata; so, wie er jetzt ist, was du mir von ihm zeigst, könnte er auch einfach nur ein Jammerlappen sein, der zu Melodramatik neigt.

Da ist mir einfach zuviel Behauptung in die Richtung: Da schau her, schau nur, wie ich leide. Und als Leser kann ich das entweder schlucken, oder nicht schlucken.

Wenn ich es schlucke, ihm einfach glaube (so wie beim ersten Lesen), find ich den Text gut und wuchtig; tiefgründig ist er sowieso, und, wie ich finde, in tiefenpsychologischer Hinsicht extrem spannend;
Schön, freut mich

wenn ich es aber nicht schlucke, weil ich nicht so richtig nachvollziehen kann, was die eigentlichen Gründe für sein Leiden sind, fehlt mir dann auch das nötige Mitgefühl mit deinem Protagonisten, und dann verkommt der Text für mich ein bisschen zur (böse gesagt) Jammer-Tirade.
Kann ich nachvollziehen! Ich dachte mir: Solche Leute gibt es, sie sind pathetisch, drüber, mit sich und dem eigenen Leid beschäftigt. Wahrscheinlich ist hier zu viel Freiraum, und mehr Konkretität würde der Empathie guttun

Hab ich gern gelesen.
Schö!


Grüsse an alle
zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @zigga,

ich glaube, ich bin zu langsam für die Wortkrieger, aber ich will auch gerne noch ein wenig Senf dazugeben auch, weil ich d n Kommentar schon angefangen hatte und mir dann so Kram dazwischen kam. Ein bisschen habe ich durch die Kommentare geschnüffelt, aber kriege das jetzt nicht mehr alles zusammen. Also, ich hoffe, ich langweile dich nicht mit der zigsten Wiederholung.
Ich lese deinen Text als Therapietext, als eine Art Tagebucheintrag in dem der Protagonist sich selbst assoziativ durch seine Ängste führt. Damit will ich deinen Text nicht abwerten, sondern ich lese den durchaus als Prosa, nur eben in Tagebuchform. Ich meine aber nicht: das liest sich wie ein Tagebucheintrag und nicht wie eine KG. Verstehst du? :drool:
Die Form sehe ich als eine Herausforderung und finde, die hast du gut gemeistert. Für mich klingt das authentisch. Durch das Assoziative wird das Therapie-Tagebuch-artige für mich auf gute Weise gebrochen. Also das gefällt mir. Auffallend ist, dass der Prota das "ich" ziemlich oft rauskürzt, nur um sich dann doch im ganzen Text um sich selbst zu drehen. Aber ja, so ist das wohl in nem Therapietext. Ich musste an Rilke denken, den finde ich auch manchmal unerträglich in seinem egozentrischen Selbstmitleid, in seiner Unfähigkeit, sich dem Leben zu stellen und in seinem Pathos. Einige haben ja schon geschrieben, dass der Text nie so richtig klar oder konkret wird, aber wenn da sexueller Missbrauch drüber steht (und so habe ich es gelesen), will ich auch eher nichts konkretes dazu lesen. Ich fand den so schon schwer genug auszuhalten, weil ich überhaupt null Hoffnung sehe, wenn der Prota in diesem Zustand bleibt und im Text selbst deutet nichts auf Entwicklung und Veränderung hin. Puh! Das muss man erstmal aushalten und das Gefühl des Gefangenseins in sich hast du mMn gut rübergebracht, also das ist schon alles gut bei mir angekommen, bloß dass ich darauf eben keine Lust habe und dann schnell genervt bin. Also ich will da nicht so viel mehr von lesen :sconf:
So, der eigentliche Grund, warum ich diesen Kommentar schreibe, ist die Frage, die ich mir selbst auch stelle: muss das so existenziell sein? Muss er sexuell missbraucht worden sein? Wird zwar nie ausgesprochen und ich kann daneben liegen, aber es fällt ihm schwer mit ihr zu schlafen und er kann nicht sagen, was andere Hände ihm angetan haben. Für mich dürfte es auch eine Nummer kleiner sein. So krasse Themen bringen oft so eine Fake-Tiefe. Wenn man das nicht wirklich auserzählt (so meine Vermutung), dann wirkt es auch wie ein billiger Effekt. Mich würde interessieren, wie der Text ohne diesen krassen Unterbau wirken würde, wenn du einfach nur von der Angst sich zu zeigen erzählen würdest, ohne die Erklärung für die Angst gleich mitzuliefern. Ob das möglich ist, weiß ich nicht. Auch nicht, ob es das ist, was du überhaupt erzählen willst.
Viele Grüße
Katta

 

Hey @Katta!

Danke schön fürs Lesen und Kommentieren! Hat mich gefreut.

ich glaube, ich bin zu langsam für die Wortkrieger
So do I! :D

Also, ich hoffe, ich langweile dich nicht mit der zigsten Wiederholung.
Null!

Ich lese deinen Text als Therapietext, als eine Art Tagebucheintrag in dem der Protagonist sich selbst assoziativ durch seine Ängste führt. Damit will ich deinen Text nicht abwerten, sondern ich lese den durchaus als Prosa, nur eben in Tagebuchform.
Ja, verstehe ich, ist legitim!

Die Form sehe ich als eine Herausforderung und finde, die hast du gut gemeistert.
Für mich klingt das authentisch.
Durch das Assoziative wird das Therapie-Tagebuch-artige für mich auf gute Weise gebrochen. Also das gefällt mir.
Schön!

Auffallend ist, dass der Prota das "ich" ziemlich oft rauskürzt, nur um sich dann doch im ganzen Text um sich selbst zu drehen.
Haha, ja, das habe ich genau so geplant ... nicht. :D Aber ja, das ist eine gute Beobachtung, sowas rutscht denke ich beim Schreiben manchmal mit rein!

Ich musste an Rilke denken, den finde ich auch manchmal unerträglich in seinem egozentrischen Selbstmitleid, in seiner Unfähigkeit, sich dem Leben zu stellen und in seinem Pathos.
Einige haben ja schon geschrieben, dass der Text nie so richtig klar oder konkret wird, aber wenn da sexueller Missbrauch drüber steht (und so habe ich es gelesen), will ich auch eher nichts konkretes dazu lesen.
Ich fand den so schon schwer genug auszuhalten, weil ich überhaupt null Hoffnung sehe, wenn der Prota in diesem Zustand bleibt und im Text selbst deutet nichts auf Entwicklung und Veränderung hin. Puh!
Das muss man erstmal aushalten und das Gefühl des Gefangenseins in sich hast du mMn gut rübergebracht, also das ist schon alles gut bei mir angekommen, bloß dass ich darauf eben keine Lust habe und dann schnell genervt bin.
Ja schön! :D Ich bin ja bekanntlich Sadist, und da ist es mir eine Freude, solche Regungen bei dir ausgelöst zu haben. Nee, also, das ist immer eine zwiegespaltene Kiste: Ist es gut, etwas wie das von dir beschriebene "Gefühl des Gefangenseins" literarisch auszurollen, wenn es funktioniert? Und dem entgegen: Wenn man dieses Gefühl als Leser bekommen kann beim Lesen, ist das etwas Gutes? Ich schwanke in meiner Antwort immer, wahrscheinlich nach Stimmung und Lebenslage. Mittlerweile denke ich, dass solche Stimmung, auch, die nachspüren zu können durch Literatur, ihre Berechtigung und ihren Platz haben. Wir sind, denke ich, ansatzweise übersättigt damit, aber prinzipiell ist das ja eine Übung in Empathie. Das klingt jetzt vielleicht etwas drüber, ich weiß nicht, vielleicht machen das auch andere so, aber abgesehen vom Vergnügen, so etwas zu lesen, was bei mir durchaus stattfindet, kommt bei mir noch eine andere Kategorie ins Spiel, wenn ich Literatur lese, die solche Emotionen weckt. Und zwar will ich mich abhärten, will sehen, wie viel ich vertrage. Als ich Ein wenig Leben von Yanagihara gelesen habe, ging es mir ähnlich. Das ist einfach so ein Abfuck, so eine Ausweglosigkeit. Hat das Spaß gemacht? Streckenweise überhaupt nicht. Ohne mich jetzt mit diesem Tausendseiter vergleichen zu wollen, habe ich die Lektüre keine Sekunde bereut. Es geht dort um Selbstverletzung, Depression, Missbrauch. Ich habe seitdem das Gefühl, ich sehe die Welt ein wenig anders, ich kann solche Leute viel besser verstehen. Und ich hab das Gefühl, selbst eine Menge Negativität ausgehalten und überlebt zu haben, durch die Lektüre. Das gibt mir irgendwie Resilienz.
Ja, ich bin etwas abgeschwiffen. Was mir bei Autoren wie Vlautin sehr gut gefällt, ist, dass er zu solchen Abgründigkeiten immer ein sehr positives Gegengewicht in der Welt bringt. Da würde ich auch gerne hinkommen im Schreiben. Das ist der dritte Punkt, den ich hier nennen wollte zu deinen Gedanken: Es ist viel Negativität, und es ist ein sehr negatives Weltbild, in das Leute wie die Prots stecken. Was manchmal sehr gesund ist in solchen Erzählungen, ist etwas Positives zu haben. Bei Vlautin wirkt das nicht gekünstelt, sondern die Prots treffen immer auch auf Leute, die es einfach gut meinen. Die einen sicheren Hafen bieten oder die mit der Dunkelheit des Lebens umgehen können, und etwas weitergeben. Auch an den Leser. Das wirkt oft wie Blaupausen zum Überleben, für den Leser. Das liefert dieser Text vielleicht nicht, und ich überlege mir manchmal, ob ich als Autor nicht dorthin möchte, dass meine Texte das liefern, weil mir das oft sehr geholfen hat als Leser, und mich nicht nur in Empathie und Resilienz weitergebracht hat, sondern den Glauben an das Gute in der Welt für mich ein Stück weit rehabilitiert hat.
Aber ja, ich bin abgeschwiffen, verzeich mir.

So, der eigentliche Grund, warum ich diesen Kommentar schreibe, ist die Frage, die ich mir selbst auch stelle: muss das so existenziell sein? Muss er sexuell missbraucht worden sein?
Stimme dir zu. Im Kleinen, Feinen liegt die große Kunst. Ich bin selbst kein ausgesprochener Fan dieses Textes, manchmal mehr, manchmal weniger. Ja, schwierig. Ich habe öfter mal versucht, ein "Drama" im Kleinen, Feinen der Welt der Prots passieren zu lassen: Ein Vater, der kein sadistischer Vergewaltiger ist, sondern in kleinen Bemerkungen fies. Das ist wahnsinnig schwierig. Denn oft kommt die legitime Reaktion von Lesern bei so etwas: Der soll sich mal nicht so anstellen! Ich glaube, das ist ein Grund, warum in Fiktion oft das Große gesucht wird: Weil es treffsicher eine Wunde zeigen kann. Das Leid sichtbar zu machen für Rezipienten, das durch einen Partner, der einen immer so ein Stück weit vom Weg abbringen will, wie man eigentlich leben möchte, der hier und da eine verletztende Bemerkung macht, und die Summierung des Leids dessen, jetzt als Beispiel, das ist wahnsinnig schwierig sichtbar zu machen für Rezipienten, gerade in Kurzprosa. Ich denke, das ist der Grund, weswegen solche größeren Ereignisse gerne hergezogen werden - abseits dessen, dass sie natürlich wirklich vorkommen

So krasse Themen bringen oft so eine Fake-Tiefe.

ist ein Punkt!

Wenn man das nicht wirklich auserzählt (so meine Vermutung), dann wirkt es auch wie ein billiger Effekt.
Ja, das ist ein Punkt! Ich denke, das nicht Auserzählte ist hier ein Problem - habe es bei einem anderen schon geschrieben gehabt, ich war hier etwas in der Zwickmühle, weil ich ja über das nicht Gesagte schreiben wollte, also, über die Sprachlosigkeit, so ein Ereignis zu erzählen, und in der Ichperspektive erzählt das der Prot hier nicht, aber damit leistet er der Erzählstruktur des Textes natürlich einen Bärendienst. Ich sehe das Problem

Mich würde interessieren, wie der Text ohne diesen krassen Unterbau wirken würde, wenn du einfach nur von der Angst sich zu zeigen erzählen würdest, ohne die Erklärung für die Angst gleich mitzuliefern.
Ist notiert! Gute Idee

Viele Dank, Katta, alles Beste dir!
zigga

 

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