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Nur ein kurzer Augenblick

Seniors
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31.10.2003
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Nur ein kurzer Augenblick

Die Erschöpfung in seinem Körper ließ ihn kurz anhalten, seine Hand umklammerte das Geländer. Er musste sich ausruhen, seinem alten Leib eine kurze, unumgängliche Pause gönnen. Er lächelte. Die zweiundachtzig Jahre seines Lebens forderten ihren Tribut, ließen seine Beine schmerzen, ebenso wie seine Füße, seine Schultern und seinen Arsch.
Sein Blick wanderte über die unzähligen Menschen des Einkaufszentrums. Ein hektisches Treiben schob ihre Körper in unbestimmte Richtungen, eine unsichtbare Barriere mit sich führend, die verhinderte, dass sie zusammenstießen.
Bartholomäus Richter entdeckte eine Bank neben einer gigantischen Palme in einem ebenfalls gigantischen Blumentopf.
Mein Gott, Barth, du bist so verdammt alt geworden. Sein Grinsen wurde breiter. Und ich fühle mich, verdammt noch mal, richtig gut.
Seit Annis Tod vor zwölf Jahren hatte er angefangen mit sich selbst zu reden. In seiner Wohnung sprach er laut, doch wenn er unter Menschen war, beschränkte er sich wohlweislich auf Gespräche in seinem Kopf.
Es gab ja niemanden mehr, mit dem er sonst noch hätte reden können; er war einer jener Männer, die es geschafft hatten, seine gesamte Familie zu überleben. Na ja, da war noch der Pfarrer, aber den konnte er auch noch vollschwatzen, wenn Gott der Meinung war, seine Zeit sei gekommen.

Bartholomäus hatte die Bank erreicht. Seine faltige Haut zitterte, als er die Lehne fasste und sich auf die Sitzfläche fallen ließ. Er keuchte hörbar, spürte, wie sich zäher Schleim in seinen Bronchien sammelte. Schnell kramte er nach seinem Taschentuch, hielt es sich vor den Mund und beförderte die grün-gelbe Konsistenz röchelnd in den Stoff.
Und wenn er schon dabei war, befreite er auch trompetend seine Nase. Kurz vor Annis Weggehen hatte er sich das Rauchen abgewöhnt und noch immer löste sich übelriechender Schleim aus seiner Lunge.
Egal.

Er steckte das Tuch zurück. Seine Finger berührten die Marlboroschachtel in der Tasche. Seit damals trug er sie bei sich. Barth wollte eigentlich nie ganz aufhören, irgendwann wieder anfangen. Irgendwann, wenn die Lust größer war als die Vernunft. Irgendwann würde es soweit sein. Oh ja, das würde es.
Anni und er waren früher oft in diesem Einkaufszentrum gewesen. Nie hatten sie etwas gekauft, sie waren einfach nur hindurchgeschlendert, hatten das wuselnde Treiben beobachtet, Hand in Hand wie ein frisch verliebtes Paar. Dabei kannten sie sich schon seit hundert Jahren.
Barth grinste. Er hatte sich nie merken können, in welchem Jahr er Anni kennengelernt hatte. Ebenso hatte er jedes Jahr ihren Hochzeitstag vergessen. Anni hatte dann jedes Mal gefragt, warum sie so einen unsensiblen Kerl wie ihn überhaupt geheiratet hatte. Und dann hatte er sie zum Essen eingeladen und sie hatten sich danach in ihrem großen Ehebett geliebt. Oh ja, das ging noch bis kurz vor ihrem Tod.

Heute war wieder einer jener Tage, an der die Melancholie drohte, die Oberhand zu gewinnen. Trotzdem war Bartholomäus Richter noch glücklich. Glücklich darüber, dass er hier in diesem großen Einkaufszentrum sitzen konnte, glücklich, dass er Menschen um sich herum hatte, deren Treiben er in aller Ruhe beobachten konnte.

Ein junges Mädchen saß neben ihm auf der Bank; zuerst hatte er nur ihr leises Atmen gehört. Jetzt sah er sie an. Hatte sie gerade dort auch schon gesessen? Doch eine Überlegung diesbezüglich war sowieso sinnlos, denn wenn er etwas nicht wusste, dann fiel es ihm auch nicht mehr ein, egal wie lange er sich den Kopf darüber zerbrach.
Ihre Hände lagen auf ihrer löchrigen Jeans, ihr Kopf war gesenkt und strähniges Haar hing herab.
Barth betrachtete sie, ihr gebeugter Rücken hob und senkte sich sanft unter dem Shirt. Ihrem Körper nach zu urteilen, musste sie recht jung sein. Vielleicht vierzehn oder fünfzehn.
Wieder dachte er an Anni, dachte an Sandra, seine Tochter. Sie war ebenfalls seit einer Ewigkeit tot. Auch das konnte er sich nicht merken; vielleicht wollte er es auch gar nicht. Es ist nicht angenehm über den Tod der eigenen Kinder nachzudenken.
Das Mädchen neben ihm drehte ihren Kopf, blickte durch die fettigen Strähnen ihrer Haare hindurch, sah ihn an.
Bartholomäus erschrak ein wenig. Ihr junges Gesicht war über und über mit Akne überzogen; die leuchtenden Pickel drängten sich auf engstem Platz, einige glänzten rot, andere waren kurz vorm Platzen.
Trotz allem war es ein sehr schönes Gesicht, wohl und symmetrisch geformt. Er stellte fest, dass er mit seiner Vermutung des Alters wohl richtig gelegen hatte. Sie hatte gerade mit den grausamen Auswirkungen der Pubertät zu kämpfen. Ihre Augen spiegelten einen traurigen Glanz wider.

„Ich möchte dir ganz gern etwas sagen.“ Bartholomäus erschrak über seine Stimme.
Das Mädchen runzelte die Stirn. Ihre Pickel schienen einen ausweglosen Kampf zu fechten. Die Haut glänzte.
Barth lächelte sie an, doch ihre Mundwinkel blieben starr.
„Du hast ein sehr hübsches Gesicht“, sagte er.
„Woll´n Sie mich verarschen?“ Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht.
Barth lächelte; ihre Reaktion war durchaus nachvollziehbar. „Die Pickel werden verschwinden.“
Sie wurde rot. Ihre Augen zuckten nervös.
„Nein, ganz im Ernst. Dein Gesicht ist sehr schön. Du kannst mir glauben.“ Barth atmete hörbar aus. „Ich habe schon viele Gesichter gesehen.“
Jetzt lächelte auch sie ein wenig. „Das glaube ich Ihnen sogar.“ Sie blickte beschämt in ihren Schoß.
„Du hast ganz tolle Augen.“ Barth überlegte kurz, ob dieser Spruch inzwischen abgedroschen war.
Das Mädchen lächelte. „Danke.“
Er war es immer noch nicht. Wahrhaftig hatte er in seinem Leben viele Gesichter gesehen. Schon immer hatte ihn das weibliche Antlitz fasziniert. Es gab für ihn keinen Traumtyp, jede Frau hatte ihren eigenen Reiz, ihre ganz individuelle Schönheit. Und Barth konnte von sich behaupten, diese Schönheit immer erkannt zu haben. Um Anni tat es ihm im Nachhinein leid, doch sie hatte nie etwas davon erfahren.
Einmal hatte er ihr an ihrem Grab alles gebeichtet, und er hoffte, sie hatte ihm verziehen.
„Warum sagen Sie so was?“ Die Frage des Mädchens ließ ihn zusammenzucken. „Machen Sie sich lustig über mich?“
Eine tiefe Traurigkeit durchflutete seinen alten Körper. Er sah das Mädchen an; mit Sicherheit war es für sie nicht einfach. Mit Sicherheit hatte ihr noch niemand gesagt, dass sie schön war. Mit Sicherheit hatte sie es selbst noch nicht erkannt.
„Nein“, sagte er.
„Was nein?“
„Ich mache mich nicht lustig.“
„Aber Sie können mich noch sehen, oder?“
Barth lachte. „Du trägst ein weißes T-Shirt. Es steht …“ Jetzt musste er sich doch ein Stück näher heranbeugen. „… Zicke drauf. Deine Augen sind dunkelbraun. Sie glänzen …“ Er stockte für einen Moment. Sie hob die Brauen. „Sie glänzen einfach himmlisch.“
Sie lehnte sich zurück, blickte wieder nach unten.
„Entschuldige den Kitsch, aber ich weiß nicht, wie sich die Jugend heute auszudrücken pflegt.“
„Ist schon okay“, sagte sie leise. „Es hört sich sehr schön an. Und …“
„Und?“
Jetzt sah sie ihn wieder an, und er stellte fest, dass ihre Augen ihm für einen Moment den Atem raubten.
„Es tut gut.“
Er sah sie an. Die Menschen um ihn herum waren verschwunden, nur noch dieses picklige Mädchen saß in seinem Leben. „Wenn ich sechzig Jahre jünger wäre.“
Sie lächelte. „Ja?“
Jetzt wurde er für einen Augenblick verlegen. „Nun, ich hätte dich ins Kino eingeladen.“
„Ins Kino.“
„Geht man heute nicht mehr ins Kino?“
Sie lachte. „Ja klar. Nur vor sechzig Jahren?“
Jetzt lachten sie beide, und in diesem Moment war Barth wieder zwanzig. „Du wirst sehr schön werden“, sagte er leise. „Glaub mir das.“
Der leuchtende Glanz in ihren Augen reichte ihm als Antwort.

„Hey, alter Sack!“
Barth zuckte zusammen. Die Welt um ihn herum kehrte zurück. Das Mädchen blickte erschrocken auf.
Ein Junge mit schmierigem Haar und weiter Hose kam auf sie zu. Er steckte seine Hände in die ausgebeulten Taschen, blieb etwa einen Meter vor Barth stehen. In seinem Rücken tummelten sich zwei weitere Typen. Drei gestylte Mädchen mit auffallend blondem Haar und pickelfreiem Gesicht kicherten neben ihnen.
„Alter, was willst du von meiner Schwester?“ Seine Beine tänzelten.
Barth legte den Kopf schief. Jetzt war er wieder zweiundachtzig. Leider …
Der Junge ging auf das verpickelte Mädchen zu, legte seine sonnenbankgebräunte Hand auf ihre Schulter.
„Was wollte der geile Sack von dich?“
Dich? Barth schüttelte unmerklich den Kopf.
"Da haben sich ja die richtigen gefunden", jolte ein anderer, den Arm stolz um seine Freundin geschlungen.
"Halt die Fresse", sagte der Bruder. Der andere grinste ihn an.
„Wir haben uns nur kurz unterhalten“, sagte das Mädchen jetzt. „Lass ihn einfach in Ruhe.“
Die anderen traten heran. Alle hatten die gleichen, viel zu großen Hosen an. Einer trug sogar offene Schuhe.
„Der geile Sack hat sich an meine Schwester rangemacht“, grölte jetzt der erste wieder.
Der andere grinste. „Lass uns einfach abhauen.“
„Kinderficker!“
"Lasst den alten Mann zu Frieden", sagte eine Passantin und war im selben Moment wieder verschwunden.
Barth spürte einen harten Schmerz an seinem Schienbein, als eines der blonden Mädchen dagegen trat. "Der verwest doch schon fast."
Ihr verachtender Blick tat Barth mehr weh als der Tritt.
Einer der Jungen trat an Barth heran, nahm eine kampfbereite Stellung ein.
„Ey, du alter Kinderficker. Sollen wir die Bullen rufen?“

„Lasst die Scheiße!“ Das war das pickelige Mädchen. Sie war aufgestanden und hatte sich vor Barth gestellt.
Ihr Bruder packte sie am Arm, zog sie zu sich heran. „Lasst uns abhauen. Der Kinderficker kratzt eh bald ab.“
Er schob seine Schwester beiseite, spuckte Barth ins Gesicht, und schob sie davon.

Während Bartholomäus sein Taschentuch herausholte, blickte er ihnen nach. Die wuselnde Menschenmenge hatte sie kurz darauf verschluckt. Eine seltsame Leere breitete sich in seinem Körper aus; seine Gedanken schwirrten umher, taten es der Menge gleich.
Dann sah er das Mädchen wieder zwischen den Leibern hervortreten. Sie rannte auf ihn zu, lächelte.
„Ich wollte mich noch einmal bedanken“, sagte sie. „Sie haben mir sehr geholfen.“
Jetzt runzelte Barth seine Stirn. „Geholfen?“
Sie nahm seine Hand, umfasste sie, drückte etwas hinein. „Ja“, sagte sie. Dann rannte sie zurück.

Bartholomäus blickte ihr lange nach ohne sie zu sehen. Die Leere in seinem Innern war einer angenehmen Wärme gewichen, seine Beine kribbelten. Er schloss die Augen, sah in ihre, sah ihr Lächeln.
Er öffnete die Hand, die sie gerade geschüttelt hatte und blickte auf die Packung mit den Rasierklingen. Er stand auf, warf sie in den Mülleimer, der neben der Bank stand. Noch einmal blickte er in die Richtung, in der sie verschwunden war.

 
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Lieber Salem!

Eigentlich wollte ich ja längst ins Bett gehen, aber da sprang mich Deine Geschichte noch an und ich dachte mir, die lese ich noch schnell… Das bereue ich jetzt natürlich, denn jetzt kann ich sie nicht einfach so stehen lassen und schlafen gehen, ohne Dir zu sagen, daß ich schwer begeistert bin, was Dir hier für eine wunderschöne Geschichte über Vorurteile und, hm, sagen wir mal Selbstwertgefühl, oder auch, was ein kurzer Augenblick bewirken kann, gelungen ist. :)

Eindringlich und gefühlvoll schilderst Du den Alten und seine Begegnung mit dem Mädchen, läßt einen mitleben. Ein bisschen Kritik bemerke ich an der »Sprache der Jugend«, da er erst zu ihr sagt, er wisse nicht, wie man heutzutage spricht, dann aber die sogenannten Freunde ein ziemlich negatives Beispiel abgeben. Ich weiß nicht, wie weit die Kritik da beabsichtigt ist, oder mehr unfreiwillig durch die Zeilen schimmert.

Womit Du es Dir allerdings ein bisserl leicht gemacht hast, ist, daß sich keine Passanten einmischen, daß durch die Aussage des Mädchen jeder Verdacht vom Tisch ist, und natürlich durch den verhinderten Selbstmord wohl auch gar nicht mehr drüber nachgedacht wird, woran denn jemand anderer, der seine Gedanken nicht kennt, erkennen kann, daß er das Mädchen nicht verführen wollte. – Das muß natürlich nicht sein, aber es wäre ein Schwierigkeitsgrad höher. *herausforder* ;-) Auf jeden Fall gefällt sie mir aber auch so und das sollte mein Lob aus dem ersten Absatz nicht schmälern, es ist auch so schon sehr viel, was Du da hineingepackt hast, und das ist Dir schwer gelungen. :)

So, jetzt geh ich aber doch auch ins Bett – ein paar Sachen hab ich noch rausgeklaubt:

»doch wenn er unter Menschen war, beschränkte er sich wohlweißlich auf Gespräche in seinem Kopf.«
– wohlweislich

»Bartholomäus hatte die Bank erreicht, seine faltige Hand fasste die Lehne und sein ebenfalls faltiger Körper ließ sich auf die Sitzfläche fallen.«
– Ich glaube, sowas hatten wir schon einmal: Es wirkt irgendwie, als würde er danebenstehen, während seine Hand und sein Körper agieren. Außerdem wird es hier ein bisschen gar faltig, Vorschlag: … erreicht. Seine faltige Haut vibrierte, als er mit der Hand die Lehne fasste und sich auf die Sitzfläche fallen ließ. Es geht natürlich auch …und seinen Körper auf die Sitzfläche fallen ließ, aber bitte nicht »sein Körper sich«…;)

»Er keuchte hörbar, spürte, wie sich zäher Rotz in seinen Bronchien sammelte.«
– »zäher Schleim« fände ich passender (bis wohin ist es Schleim, ab wann Rotz? :hmm: :lol: )

»hielt es sich vor dem Mund und beförderte die grün-gelbe Konsistenz mit einem gurgelnden Laut in den Stoff.«
– vor den Mund
– »gurgelnd«? Echt? Oder vielleicht doch mehr in Richtung »röchelnd« oder »schnarchend«? ;)
– geht übrigens kürzer: beförderte die grün-gelbe Konsistenz röchelnd in den Stoff – daß es sich dabei um die dabei entstehenden Laute handelt, ist eh klar.

»Kurz vor Annis Gang hatte er sich das Rauchen abgewöhnt«
– »Annis Gang« klingt komisch, vielleicht »Abgang«?

»Und dabei kannten sie sich schon seit hundert Jahren.
Barth grinste. Er hatte sich nie merken können, in welchem Jahr er Anni kennengelernt hatte. Und ebenso hatte er jedes Jahr ihren Hochzeitstag vergessen. Und Anni hatte dann jedes Mal gefragt, warum sie so einen unsensiblen Kerl wie ihn überhaupt geheiratet hatte. Und dann …«
– eine Und–Invasion!

»doch als er hinsah, da sah er sie. Hatte sie gerade dort auch schon gesessen? Doch eine Überlegung diesbezüglich war eh sinnlos, denn wenn er etwas nicht wusste, dann viel es ihm auch nicht mehr ein,«
– »als er hinsah, da sah er sie« ist unfreiwillig komisch, Vorschlag: »als er hinsah, bemerkte er sie«
– »doch«-Wiederholung
– dann fiel es ihm

»Sie war mittlerweile bereits ebenfalls seit einer Ewigkeit tot.«
– entweder »mittlerweile« oder »bereits«, wenn Du Dich für »bereits« entscheidest, würde ich es mit »ebenfalls« vertauschen: Sie war ebenfalls bereits seit einer Ewigkeit tot.

»blickte durch die fettigen Strähnen ihrer Haare hindurch,«
– das ist englischverseucht, im Deutschen gibt es das Wort »Haarsträhnen« ;)

»über und über mit einer leuchtenden Akne überzogen.«
– ohne »einer«: mit leuchtender Akne (»mit Akne überzogen« finde ich allerdings an sich schon eine seltsame Formulierung)

Alles Liebe,
Susi :)

 

Endlich mal wieder eine Geschichte von dir, alter Haudegen!

Grüß dich, Salem!

Die Geschichte hat mir gefallen. Ich finde vor allem die ersten Absätze stark, die beschreibst plastisch und Barth gewinnt man dabei richtig lieb, auch steckst du viele Infos in scheinbar banale Sätze und machst den Prot dadurch noch lebendiger. Show, don't tell, daran hast du dich sehr gut gehalten!

Was mich stört ist die "Sprache der Jugend" (Häferl nannte es so). Die finde ich nämlich überhaupt nicht passend. Es ist schwer, jungen Menschen die richtigen Worte in den Mund zu legen, ich persönlich finde, dass ist dir bei dem jungen Aufschneider nicht gelungen - Ansichtssache.

Auch dass das Mädchen zurückkommt, obwohl es ja eigentlich mit den Jungs zusammen gegangen ist, finde ich merkwürdig. Hätte ihr Freund das nicht bemerkt? Hätte er nicht versucht, sie daran zu hindern?

Dass du den Selbstmordversuch zum Schluss noch einbringst, ist in dieser Geschichte stimmig, weil er das Ende abrundet, eine ganz glückliche Lösung ist es indes aber nicht, wie ich finde, dass es etwas angeklebt wirkt.
Trotzdem fällt mir auf die Schnelle keine bessere Lösung ein.

Details:

Ein hektisches Treiben stieß ihre Körper in unbestimmte Richtungen, eine unsichtbare Barriere mit sich führend, die verhinderte,
Wenn ich nicht irre, dann ist dieser Satz grammatikalisch problematisch, weil dieses "eine unsichtbare Barriere mit sich führend" nicht eindeutig auf die Körper bezogen ist, rein satztechnisch.
Liest sich zudem auch komisch, finde ich.

wie sich zäher Rotz in seinen Bronchien sammelte
Rotz kommt aus der Nasenschleimhaut - in den Bronchien sammelt sich höchstens Schleim.

dann viel es ihm auch nicht mehr ein,
Kleinigkeit.

?Was wollte der geile Sack von dir, Pussy??
Ich weiß nicht, ob sogar der schlimmeste Prolet, der mir auf die Schnelle einfällt, so etwas sagen würde...
Zudem: müssen hier wirklich gleich zwei Fragezeichen stehen?

In diesem Sinne
c

 

Hey Salem!

Endlich wieder zurück und gleich mit einer neuen Story im Gepäck. Sehr erfreulich. Ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind:

Ein hektisches Treiben stieß ihre Körper in unbestimmte Richtungen, eine unsichtbare Barriere mit sich führend, die verhinderte, dass sie zusammenstießen.
Liest sich unschön wegen der Wortwiederholung. Vielleicht ..., die verhinderte, dass sie zusammenprallten
Na ja, da war noch der Pfarrer, aber den konnte er auch noch vollschwatzen, wenn Gott der Meinung war, seine Zeit sei gekommen.
:D
... doch als er hinsah, da sah er sie.
Doch eine Überlegung diesbezüglich war eh sinnlos, denn wenn er etwas nicht wusste, dann viel es ihm auch nicht mehr ein
fiel
Vielleicht zwölf oder dreizehn, schätzte er.
Das hatten wir schonmal bei einer Geschichte ;) ... weg damit, ist unnötig, da du ja sowieso aus Barths Sicht schreibst.
Ach, und du hast zweimal so ein 'eh' drinnen. Ich finde, dass passt nicht so recht in den Stil rein.
Es gab eh niemanden mehr...
Doch eine Überlegung diesbezüglich war eh sinnlos...

Ansonsten kann ich nur sagen, dass mir die Geschichte gefallen hat. Sehr schön schilderst du die Begegnung eines alten Mannes mit einer jungen Dame, die Selbstmordambitionen hat. Man sieht mal wieder, wie wenig es oft nur braucht, wie hier, ein Gespräch und vieles geht wieder besser. Ja, wenn Menschen doch nur öfter reden würden...
Und im Endeffekt hat Barth ja nicht nur dem Mädchen geholfen, sondern auch ein klein wenig sich selbst.
Fazit: Gute Geschichte mit tollem Ende.

Grüße,
One

 

Hi hallöchen Salem!!!!!!

Das gefährliche daran, wenn man immer nur in einem Genre rumkurvt, ist, dass man leicht Geschichten übersieht, die man eigentlich gelesen haben sollte. Ich denke das ist mein Hauptproblem hier... ;)

Nichtsdestotrotz erstmal Kleinkram:

Sein Blick wandert über die unzähligen Menschen des Einkaufszentrums.
nicht: wanderte?

Mein Gott, Barth, du bist so verdammt alt geworden. Sein Grinsen wurde breiter. Und ich fühle mich, verdammt noch mal, richtig gut.
:D

Schnell kramte er nach seinem Taschentuch, hielt es sich vor dem Mund und beförderte die grün-gelbe Konsistenz mit einem gurgelnden Laut in den Stoff.
Und wenn er schon dabei war, befreite er auch trompetend seine Nase. Kurz vor Annis Gang hatte er sich das Rauchen abgewöhnt und noch immer löste sich übelriechender Schleim aus seiner Lunge.
Ein echter Salem... ;)

Er sah sie an. Die Menschen um ihn herum waren verschwunden, nur noch dieses picklige Mädchen saß in seinem Leben.
sehr gut!

Also, Salem, eine verdammt tolle Geschichte, die du hier abgeliefert hast! Dein Stil ist toll, du schaffst eine wahnsinns Atmosphäre und die Reaktionen der Prots sind auch sehr real! (man verzeihe mir die "jugendlichen" Ausdrücke... ;) )

Das Ende hat mir sehr gut gefallen. Ich wollte zuerst schreiben:

Du hast ganz tolle Augen.“ Barth überlegte kurz, ob dieser Spruch inzwischen abgedroschen war.
Das Mädchen lächelte. „Danke.“
würde das ein alter Mann zu mir sagen, würd ich wahrscheinlich meine Augenbrauen hochziehen und mich schleunigst vom Acker machen. Ja, die Jugend....
Allerdings rundet der vorgeplante Selbstmord diese Reaktion ab, finde ich. Ich verstehe, dass dieses Mädchen sich über dieses Kompliment freut, und nicht gleich angewidert verschwindet, wenn du verstehst.

Zitat von chazar: Was mich stört ist die "Sprache der Jugend" (Häferl nannte es so). Die finde ich nämlich überhaupt nicht passend. Es ist schwer, jungen Menschen die richtigen Worte in den Mund zu legen, ich persönlich finde, dass ist dir bei dem jungen Aufschneider nicht gelungen - Ansichtssache.
Hier muss ich widersprechen. Da ich genug solcher "Jungs" kenne, kann ich auch zustimmen, dass sie wirklich so sprechen. So dämlich es klingt...

Hat mir, wie du siehst, sehr gut gefallen!

Liebe Grüße
Tama

p.s.: wie ich sehe, hast du deinen !-Verbrauch ziemlich eingeschränkt :Pfeif: .... ohoh, ich ducke mich.... ;)

 

Hallo, ihr Lieben!

Sie hat euch tatsächlich gefallen??? :bounce:
Ich meine, es kam so wirklich gar kein Blut und Splatter drin vor ... Vielen Dank für eure netten Kommentare.

@Häferl
War keine Absicht, dich vom Schlafengehen abzuhalten :D
So wie ich es beim ersten Lesen überschlagen kann, werde ich alle deine Vorschläge übernehmen. Fielen ... äh ... vielen Dank!!!

ohne Dir zu sagen, daß ich schwer begeistert bin, was Dir hier für eine wunderschöne Geschichte über Vorurteile und, hm, sagen wir mal Selbstwertgefühl, oder auch, was ein kurzer Augenblick bewirken kann, gelungen ist.
Das haut mich um ...

@chazar

Die Geschichte hat mir gefallen. Ich finde vor allem die ersten Absätze stark, die beschreibst plastisch und Barth gewinnt man dabei richtig lieb, auch steckst du viele Infos in scheinbar banale Sätze und machst den Prot dadurch noch lebendiger. Show, don't tell, daran hast du dich sehr gut gehalten!
Sowas aus deinem Mund zu hören, macht mich mächtig stolz.

Auch dass das Mädchen zurückkommt, obwohl es ja eigentlich mit den Jungs zusammen gegangen ist, finde ich merkwürdig. Hätte ihr Freund das nicht bemerkt? Hätte er nicht versucht, sie daran zu hindern?
Dieses Problem habe ich auch gesehen, aber da es Barth nicht sieht, habe ich es nicht eingebracht. Vielleicht hat sie sich losgerissen; oder sie hat einen größeren Einfluss auf die Kerle als man denkt ... wer weiß.

eine ganz glückliche Lösung ist es indes aber nicht, wie ich finde, dass es etwas angeklebt wirkt.
Ich habe es bewusst nicht vorher angedeutet, da ich sonst doch zu abgedroschen gefunden hätte.
Auch wollte ich nicht groß darauf hinarbeiten. Entscheidend war hier der kurze Augenblick und seine (von Häferl genannte) Auswirkung.

Auch deine Vorschläge werde ich einbringen. Dank dir für deine Mühe!

@one

Sehr schön schilderst du die Begegnung eines alten Mannes mit einer jungen Dame, die Selbstmordambitionen hat.
Vielleicht wollte sie sich ja nur rasieren ... :D Sorry! :shy:

Auch dir dank ich für die ausführliche Fehlersuche. Werde gleich ausbessern!

@Tama

wie ich sehe, hast du deinen !-Verbrauch ziemlich eingeschränkt
Ich bin ja lernfähig!!! :D

Hier muss ich widersprechen. Da ich genug solcher "Jungs" kenne, kann ich auch zustimmen, dass sie wirklich so sprechen. So dämlich es klingt...
Du wirst lachen, aber ich habe kürzlich tatsächlich ein Gespräch dreier Jungs und einem Mädchen belauscht (natürlich nur zu Recherchezwecken...) Und sie sprechen wirklich so. Kaum zu glauben, aber wahr. Vielleicht tun es ja nicht alle, aber die mit den weiten Hosen schon. Naja, zumindest die, die ich belauscht habe ... :Pfeif:

Werde aber trotzdem nochmal drüber nachdenken. Vielleicht gelingt es mir besser ...

Noch einmal ganz herzlichen Dank für eure Arbeit an dieser Geschichte. Und für die Arbeit, die ihr mir gemacht habt ... ;)

Lieben Gruß! Salem

 

Da ich genug solcher "Jungs" kenne, kann ich auch zustimmen, dass sie wirklich so sprechen. So dämlich es klingt...
Solche Jungs kennst du, ich bin schockiert! :D

Du wirst lachen, aber ich habe kürzlich tatsächlich ein Gespräch dreier Jungs und einem Mädchen belauscht (natürlich nur zu Recherchezwecken...) Und sie sprechen wirklich so. Kaum zu glauben, aber wahr. Vielleicht tun es ja nicht alle, aber die mit den weiten Hosen schon. Naja, zumindest die, die ich belauscht habe ...
Okay, ich bin schon still.
Ich hab noch nie jemanden so sprechen hören. Mhm, gibt das jetztungünstige Rückschlüsse auf meine Person?

c

 

Ich hab noch nie jemanden so sprechen hören. Mhm, gibt das jetztungünstige Rückschlüsse auf meine Person?
Du verkehrst halt einfach nur in den falschen Kreisen ...
Sonntags in der Kirche spricht man auch nicht so! :D

 

Moin Salem!

So, so, ganz still und heimlich postest du hier fremd? Du hättest wenigstens einen Link ins Horrorforum stellen können... :D

Ernsthaft: Hat mir sehr gut gefallen. Auch ganz ohne Blut und Splatter. :D

Chazar schrieb:
Ich finde vor allem die ersten Absätze stark, die beschreibst plastisch und Barth gewinnt man dabei richtig lieb, auch steckst du viele Infos in scheinbar banale Sätze und machst den Prot dadurch noch lebendiger.
Unterschreibe ich! Die Charaktisierung von Barth ist dir wirklich gelungen. Er wächst einem richtig ans Herz mit allen seinen Ecken und Kanten, ohne dabei in irgendwein Klischee abzurutschen.
Der Dialog zwischen Barth und dem Mädchen liest sich für mich sehr lebendig, gerade durch seine stillen Untertöne.

Zur Sprache der Jugend: Ich empfinde sie schon als passend. Als ehemaliger Weite-Hosen-Träger muss ich zugeben, dass Jugendliche teilweise schon sehr übertrieben und seltsam reden (auch wenn ich mir immer einbilde, dass es früher nicht so schlimm war und wir mehr Respekt vor Erwachsenen hatten :D ).

Man könnte vielleicht das Ende als leicht Übertrieben ankreiden, obwohl junge Menschen in diesem Alter natürlich sehr labil sind. Mir gefällt es jedoch allein schon aufgrund der Botschaft, die es vermittelt. Durch die Sympathie zu Barth freut es mich irgendwie, dass er trotz seines Alters und seiner Gebrechen dem jungen Mädchen helfen konnte. Vielleicht ist das Ende ein wenig zu weit hergeholt oder kitschig, aber mir gefällt's.

Also, Salem, tolle Geschichte!

Jorgo

 

Hallo Salem,

auch wenn eigentlich bereits alles gesagt ist, wollte ich auch noch kurz los werden, dass mir die Geschichte gut gefallen hat. Und ein Hoch auf die Genre-Vermischung aussprechen, so dass man auch mal andere Autoren liest. :)

Es ist sehr schön deutlich geworden, wie selten zwei Menschen sich eigentlich unbelastet begegnen können, ohne Vorbehalte und Vorurteile im Kopf. Kein Wunder, dass es dann von den "Freunden" des Mädchens falsch verstanden wird. Die Sprache der Jugendlichen fand ich übrigens sehr realistisch, bitte nichts daran ändern, die reden wirklich so. Barth beschreibst du sehr symphatisch.

Soweit von mir.
Liebe Grüße
Juschi

 

Hi Salem!

Einen ganz kurzen Augenblick hatte ich geglaubt, dass Riesenmücken in deiner Geschichte vorkommen :schiel: Na, vielleicht bei der nächsten.

Es ist eine unschöne Angewohnheit, Kurzgeschichten zu lesen und sie quasi durch die Augen eines Kritikers zu betrachten, immer auf der geifernden Suche, was kann man besser machen, was ist ihm misslungen. Dieser fiese Wesenszug wird natürlich unterstützt von dieser Seite hier. Ich kann also fast nur als Kritiker antworten.

Der erste Abschnitt hätte mir gefallen, wenn du ihn anders angeordnet hättest. Habe ich schon mal erwähnt, dass ich ein Fan des ersten Satzes bin? Ein Fan des fesselnden, möglichst viel erklärenden ersten Satzes.
Ich sehen, das wandert hast du schon geändert, sehr schön, dann brauche ich es ja nicht mehr zu erwähnen. :D
Du versuchst ja durch die ersten Sätze ein Bild zu erzeugen, etwas, das mir vor meinem inneren Auge erscheint, am besten wenn alle Sinnesorgane angesprochen werden. Da gehörte dann in den ersten Satz mindestens das Alter und die Kondition des Prot, der Ort(den hast du) vielleicht die Stimmungslage und schon mal ein Hinweis auf die kommenden Ereignisse. Wohlgemerkt im ersten Absatz (vielleicht die ersten zwei, drei Sätze) und natürlich in einer KG. Und wohlgemerkt, nach meinem Verständnis. Das hört sich viel an und trocken, doch der geschickte Autor schafft es manchmal, diese Informationen, in Form von Eindrücken, Hinweisen und gewissen Spuren einzupacken.
Du hast es ja auch getan, aber zumindest das Alter des Prot kam mir zu spät.

Die Erschöpfung in seinem Körper erwachte, schrie ihn an.

Hmmh, ich finde, Erschöpfung und erwachen, sind zwei gegensätzliche Begriffe und nutzen nicht viel, um das jeweils andere zu beschreiben. Ebenso schrie. Das Wort zeugt ja in gewissem Sinne von Vitalität, die ich nicht unbedingt mit Erschöpfung in Verbindung bringen würde.

Das sind zwei Sachen, die ich mir notieren konnte, bevor ich eintauchte in den Text. Denn, dass er was hat, ist ja unbestreitbar, obwohl du meiner Meinung nach immer noch ein wenig zu dick aufträgst. Das Mädchen ist vollkommen verpickelt, die Freunde von ihr sind richtig fies (der unglaubwürdigste Teil des Textes), es ist alles ein wenig extrem. So also finde ich, dass du, ebenso wie mit dem Text über die Bergarbeiter, immer wieder ganz nah an der Trivialität surfst.

Heute war wieder einer jener Tage, an der die Melancholie drohte, die Oberhand zu gewinnen.

Wenn du das als Erklärung abgibst, kommt es der Trivialität sehr nahe - show, don't ..na, du weißt schon.

.., doch als er hinsah, da sah er sie.

:D

Trotz allem hat sie mir gefallen, deine Geschichte. Aber du weißt ja, der Kritiker in mir.

Viele Grüße von hier!

 

Moin Jorgo und Juschi.

Mensch Jorgo, da habe ich ja schon fast ein schlechtes Gewissen. Ich zerreiße dein Neue und du lobst. Ich danke dir auf jeden Fall.

Die Charaktisierung von Barth ist dir wirklich gelungen. Er wächst einem richtig ans Herz mit allen seinen Ecken und Kanten, ohne dabei in irgendwein Klischee abzurutschen.
Und da hatte ich die meiste Angst. Auch aufgrund des kurzen Textes. Daher freut es mich umso mehr.

Man könnte vielleicht das Ende als leicht Übertrieben ankreiden, obwohl junge Menschen in diesem Alter natürlich sehr labil sind.
Das war so ein weiterer Punkt, den ja auch schon chazar angesprochen hat.
Aber ich glaube, gerade die Zeit der Pubertät ist schon recht heftig, was das anbelangt. Und wenn man dann auch noch mit einem körperlichen Makel gestraft ist ...
Aber wer weiß, was der eigentliche Grund für den Suizidgedanken war. Wollte hier auch auf die extremen Gefühlsschwankungen hinweisen.

Juschi:

auch wenn eigentlich bereits alles gesagt ist,
Ich finde, man kann nie genug sagen. Ich freue mich über jeden Kommentar, denn nur so weiß man ja, wie eine Geschichte beim Leser ankommt.

Die Sprache der Jugendlichen fand ich übrigens sehr realistisch, bitte nichts daran ändern, die reden wirklich so.
Vielen Dank. Es bleibt dann so ...

Euch beiden noch mal danke für eure Mühe.

Gruß! Salem

 

Hallo Salem,

du hast zweifelsohne eine sehr gute Geschichte geschrieben, gut durchkonstruiert, flüssig, realistisch.

Detailanmerkungen:

Kurz vor Annis Gang hatte er sich das Rauchen abgewöhnt
Der Gan holpert mE ein bisschen. "Weggang" wäre passende, eine schönere Alternative wäre "Weggehen". Oder ganz schlicht "Tod".

Ihrem Körper nach zu urteilen, musste sie recht jung sein. Vielleicht zwölf oder dreizehn.
Für derart ausgeprägte Akne und einen Freund scheint mir das Mädchen noch etwas jung - vierzehn oder fünfzehn finde ich authentischer. Ist einfach eher in der Pubertät, mit zwölf oder dreizehn beginnt die meistens erst.

Wieder dachte er an Anni, dachte an Jessica, seine Tochter. Sie war ebenfalls seit einer Ewigkeit tot.
für die Generation der Tochter erscheint mir Jessica etwas zu modern, dieser Name erlebte seine Blütezeit erst in den 80er/90er Jahren und war davor eher unbekannt. Da die Tochter Barths Alter zufolge in den Fünfzigern oder Sechzigern sein dürfte (wenn sie noch leben würde) erscheint mir hier ein weniger moderner Name angemessen.

Das Mädchen lächelte. „Danke.“ [...]
„Warum sagen Sie so was?“ Die Frage des Mädchens ließ ihn zusammenzucken. „Machen Sie sich lustig über mich?“
Der plötzliche Rückfall in die zweifelnde Stimmung kommt hier etwas überraschend.

Der andere grinste. „Lass uns abhauen.“
Scheint mir unlogisch, wenn er abhauen wollte, würde er eher zweifeln als Grinsen, oder?

Zur Thematik:

Du befasst dich hier nicht nur offensichtlich mit dem Generationenkonflikt (am deutlichsten sichtbar in: „Entschuldige den Kitsch, aber ich weiß nicht, wie sich die Jugend heute auszudrücken pflegt.“), sondern auch mit dem "lonely-crowd"-Phänomen, der Pubertät und den damit verbundenen Depressionen und Stimmungsschwankungen, Zivilcourage, Gewaltbereitschaft Jugendlicher,
deren Gruppenverhalten, Einsamkeit im Alter, Selbstmordsabsichten, Schönheitswahn und nicht zuletzt einfache Menschlichkeit. Diese Masse an gesellschaftsrelevanten Themen ist beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, wie mühelos du sie in eine großartige Geschichte eingewoben hast.

Alle Figuren wirken realistisch, plastisch und natürlich. Die Handlung ist auf jeden Fall nachvollziehbar, beruht zu einem großen Teil auf Zufall und ist gut dargestellt. Und stilistisch habe ich bis auf obige, eher unwichtige Detailgeschichten nichts zu bemängeln, im Gegenteil.

schöne Grüße,
Anea

 

Mal wieder eine dieser berühmten Überschneidungen ...

Einen Gruß, meinem Mentor!


Einen ganz kurzen Augenblick hatte ich geglaubt, dass Riesenmücken in deiner Geschichte vorkommen
:D Bald ...

immer auf der geifernden Suche, was kann man besser machen,
Nun, aber dadurch hast du mir schon ganz schön viel geholfen.

Bezüglich deines bemängelten Anfangs muss ich dir mal wieder zustimmen. Ich werde mich gleich mal ran begeben. Danke für den Hinweis.
Möchte dann aber eines deiner bitterbösen Feedbacks haben :D


Zitat:
Die Erschöpfung in seinem Körper erwachte, schrie ihn an.

Hmmh, ich finde, Erschöpfung und erwachen, sind zwei gegensätzliche Begriffe und nutzen nicht viel, um das jeweils andere zu beschreiben. Ebenso schrie. Das Wort zeugt ja in gewissem Sinne von Vitalität, die ich nicht unbedingt mit Erschöpfung in Verbindung bringen würde.

Darüber muss ich noch mal nachdenken. War mir zwar bewusst (Erschöpfung - erwachte), aber vielleicht ist es doch übertrieben.

Das Mädchen ist vollkommen verpickelt, die Freunde von ihr sind richtig fies (der unglaubwürdigste Teil des Textes), es ist alles ein wenig extrem.
Gerade bei dieser Geschichte entstanden die Typen durch Beobachtung. Wie ich ja bereits erwähnte, habe ich wirklich mal so ein, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftiges Gespräch gehört.
Das verpickelte Mädchen sah ich beim Einkauf in einem Ichbindochnichtblöd-Laden. Sie sah genauso aus, wie ich sie beschrieben habe, und ich habe tatsächlich gedacht, wenn die Pickel irgendwann weg sind, wird sie bestimmt mal recht hübsch.
Du hast natürlich Recht, sowas sind (außer)gewöhnliche Charaktere, und wenn sie dann auch noch in einer Geschichte auftreten, Trivialität lässt grüßen ...
Aber manchmal liebe ich auch abgedroschene Charaktere :shy:


Zitat:
Heute war wieder einer jener Tage, an der die Melancholie drohte, die Oberhand zu gewinnen.

Wenn du das als Erklärung abgibst, kommt es der Trivialität sehr nahe - show, don't ..na, du weißt schon.

Wobei sich der Satz auf die traurigen Gedanken mit Anni bezog. Habe ihn sozusagen als Zusammenfassung gesehen. Aber, ich werde nachdenken ...


Zitat:
.., doch als er hinsah, da sah er sie.
Ist bereits weg.

Trotz allem hat sie mir gefallen, deine Geschichte. Aber du weißt ja, der Kritiker in mir.
Das freut mich. Und den Kritiker möchte ich niemals missen!!!

Vielen Dank für deine Mühe.

Gruß! Salem

 

Und zur zweiten Überschneidung ...

Hallo Anea.

Diese Masse an gesellschaftsrelevanten Themen ist beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, wie mühelos du sie in eine großartige Geschichte eingewoben hast.
Diesen Satz musste ich einfach noch einmal zitieren. So langsam sinke ich auch wieder zurück auf den Boden ... :)

Der Gan holpert mE ein bisschen. "Weggang" wäre passende, eine schönere Alternative wäre "Weggehen". Oder ganz schlicht "Tod".
Wurde ja bereits auch von Häferl angemerkt, mir ist aber nichts Schönes eingefallen. "Weggehen" würde ich gerne übernehmen, wenn du gestattest. Vielen Dank!

Für derart ausgeprägte Akne und einen Freund scheint mir das Mädchen noch etwas jung - vierzehn oder fünfzehn finde ich authentischer. Ist einfach eher in der Pubertät, mit zwölf oder dreizehn beginnt die meistens erst.
Jep! Wird geändert.


für die Generation der Tochter erscheint mir Jessica etwas zu modern,
Ebenfalls!!!

Der plötzliche Rückfall in die zweifelnde Stimmung kommt hier etwas überraschend.
Derartige Stimmungsschwankungen kann ich mir durchaus vorstellen.


Zitat:
Der andere grinste. „Lass uns abhauen.“


Scheint mir unlogisch, wenn er abhauen wollte, würde er eher zweifeln als Grinsen, oder?

Es sollte ein Abhauen aus Angst sein, sondern dieses typische: Ach komm, wir gehen einfach.
Werde es ausbessern.

Vielen Dank für deinen lieben Kommentar und für deine Hilfe.

Gruß! Salem

 

Nein Salem,

die Rasierklingen sind es nicht. Auf die kannst du mE gut verzichten. Auch scheint mir unrealistisch zu sein, dass das Mädchen einen Freund hat. Das passt nicht zu der Verzweiflung, mit der sie dort sitzt.
Sie allein, weil "hässlich", er allein, wei alt. Und sie kommen ins Gespräch, reden, Barth macht ihr ohne Hintergedanken Komplimente, die missverstanden werden. Soweit kann ich deine schön geschriebene Geschichte nachvollziehen. Dass sie mit einer Gruppe im Enkaufszentrum ist, erscheint mir auch plausibel, allerdings würde es besser passen, wenn sie fünftes Rad am Wagen wäre. Vielleicht gelingt es die, dann einen Dialog zu schaffen, der das Mädchen, wie Barth gleichermaßen verletzt, in dem die Gruppe laut lästert, dass sich das Mädchen jetzt schon von so alten Knackern angraben lässt.

Barth ist mir für die Rasieklingen noch viel zu neugierig aufs Leben. Er beobachtet gern, er nimmt so naoch am Leben teil, wenn auch passiv und eingangs lässt du ihn laut denken "und ich fühle mich verdammt gut" nicht nur irgendwie gut, sondern so gut, dass er ganz bestimmt höchstens zum Zwecke der Rasur Rasierklingen kauft. Die aber müsste er dann ja nicht wegwerfen. Da scheinen mir deine Protagonisten in sich nicht plausibel zu sein, auch wenn sie gut vor einem entstehen.

Ich mochte deine Geschichte gern, in diesem Punkt aber scheint sie mir noch nicht ausgefeilt genug zu sein.

Lieben Gruß, sim

 

sim: die Klingen gehören dem Mädchen.

Sie nahm seine Hand, umfasste sie, drückte etwas hinein.

Salem:
Weggehen" würde ich gerne übernehmen, wenn du gestattest.
hehe, klar gestatte ich, sonst hätte ich ja keine Vorschläge gemacht :D

Vielen Dank für deinen lieben Kommentar und für deine Hilfe.
keine Ursache, lass dich hier ruhig öfter sehen...

 

Hi sim.

Kleines Missverständnis: Die Klingen gehörten wirklich dem Mädchen. Sie war es, die verzweifelte Gedanken hegte.

Deinen Einwand bezüglich des Freundes finde ich sehr gut. Da werde ich drauf aufbauen. Denn sonst wäre es wahrhaftig etwas unrealistisch.
Super Idee! Werde mich sofort ran machen ...

Ich mochte deine Geschichte gern,
Das freut mich wirklich. Hatte ein ganz komisches Gefühl mal in diese Richtung zu schreiben ...

Vielen Dank für deinen aufschlussreichen Kommentar!

Gruß! Salem

 

Hi Salem,

tja, was kann ich sagen, das nicht schon von meinen Vorrednern erwähnt wurde? Eigentlich nichts. Wunderbare, einfühlsame Geschichte in der so viel drinsteckt, dass man sie gleich mehrfach hintereinander lesen möchte, um noch den letzte Rest zu begreifen.
Wie ich sehe hast du den Freund in einen Bruder geändert. So scheint es mir sehr viel plausibler zu sein.
Habe ich sehr gerne gelesen.

Gruß,

Ronja

 

Hi Noel, mein junger Freund.

Ich konnte dich beeindrucken? Ohne Splatter?? :D
Freut mich wirklich, vor allem, da ich ja auch noch ein bisschen von dem Alter entfernt bin und es trotzdem rüber bringen konnte.
Ganz herzlichen Dank!!!

Hi Felsenkatze.

Auch dir danke ich für´s Lesen und für´s nette Kompliment. Das mit dem Bruder finde ich auch besser. Da hat mich der liebe sim mal wieder auf eine gute Idee gebracht.

Euch beiden einen lieben Gruß! Salem

 

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