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Oliver und der Schneemann Bo-Lie

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03.04.2003
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Oliver und der Schneemann Bo-Lie

Oliver und der Schneemann Bo-Lie


Oliver schimpfte leise vor sich hin, während er durch den frisch gefallenen Schnee schlenderte.
Ständig nörgelten die Eltern an ihm herum. Er konnte ihnen aber auch rein gar nichts recht machen. Oliver seufzte, nahm eine Hand voll Schnee, pappte ihn zusammen und warf den Ball.
„Aua“, tönte eine helle Stimme.
Oliver schaute verdutzt. Sein Schneeball hatte doch nur den Bauch des Schneemannes getroffen, den er mit Vater im Garten gebaut hatte. Zögernd ging er auf den Schneemann zu.
„Was schaust du denn so blöd daher?“ Wieder war es die gleiche helle Stimme, und kein Mensch war zu sehen.
Der Junge ging einmal ganz um den Schneemann herum und flüsterte ihm zu: „Hast du etwa gesprochen?“ Er kam sich ziemlich lächerlich und dumm vor, und hörte schon das Gelächter des Vaters in seinen Ohren.
„Natürlich“, erklärte der Schneemann gereizt, „oder siehst du hier sonst noch jemanden?“ „Aber Schneemänner können nicht sprechen.“ Oliver war jetzt sehr verwirrt.
„Ich weiß nicht, ob andere Schneemänner sprechen können. Ich weiß nur, dass ich Bo-Lie heiße und sprechen kann.“
Oliver versuchte noch einmal, Klarheit zu bekommen. „Aber wir haben dich doch aus ganz normalem Schnee gebaut, mein Vater und ich.“
„Oh, ich bin entzückt,“ sagte der Schneemann freudig und Oliver meinte sogar, ein Lächeln zu sehen. „Sogar sehr entzückt, meinen Erbauer, meinen Erschaffer zu treffen. Das war sehr freundlich von dir, mich so schön, so wunderbar, so hübsch zu gestalten. Und so klug,“ fügte er noch hinzu.
„Bo-Lie, sei nicht so eingebildet,“ mahnte Oliver, „Sobald es wärmer wird, ist es vorbei mit deiner Schönheit. Du wirst dahin schmelzen, wie jeder gewöhnliche Schneemann.“
Darauf gab es keine Antwort. Es blieb still. Oliver überlegte schon, ob er nicht doch alles nur geträumt hatte, da vernahm er ganz leise: „Ich will aber nicht schmelzen.“

Oliver interessierte sich plötzlich brennend für die Wetterberichte im Fernsehen und im Radio. Jeden Morgen stürzte er zuerst ans Fenster, um zu sehen, ob der Schneemann noch stand. Argwöhnisch beobachtete er die Schneehöhe auf den Wiesen und auf den Zweigen der Bäume. Am liebsten hätte er mit einem Zentimetermaß nachgemessen, aber er wollte sich nicht dem Spott der Eltern aussetzen. Die wunderten sich sowieso schon über seine unerwarteten Neigungen.

„Ich will nicht tauen, ich will nicht wegschmelzen und ich werde den Winter überstehen. Ich werde einfach in die Welt hineinspazieren, hinein in die Sonne. Ich möchte doch so gerne die Sonne spüren.“ So sprach Bo-Lie täglich zu Oliver, der überhaupt nicht wußte, was er erwidern sollte. Es wußte doch jedes Kind, dass Schnee schmilzt, und somit auch Schneemänner.

„Müssen wirklich alle Schneemänner schmelzen oder bleibt schon mal einer übrig?“ fragte Oliver sicherheitshalber seine Mutter.
„Hast du Angst um deinen Schneemann im Garten?“ Oliver nickte nur. „Wenn die Lufttemperatur auf über null Grad ansteigt, wird aus allen Schneemännern der Welt eine Wasserpfütze.“
„Es soll übrigens schon bald wärmer werden“, fügte die Mutter noch hinzu.
Oliver rannte in den Garten. Ein dicker Klos saß ihm im Hals und er hätte am liebsten geweint.
„Was ist denn los?“ fragte Bo-Lie seinen Freund. Da erzählte Oliver von Temperatur, Wärme und Wasserpfützen. „Mach dir keine Sorgen um mich“, antwortete Bo-Lie nach einer Weile, „ich bin guten Mutes und voller Hoffnung.“

Es kam, wie es kommen mußte. Der Schnee wurde weniger und bald war nichts Weißes mehr zu sehen. Oliver hatte nach dem letzten Gespräch mit Bo-Lie den Garten nicht mehr betreten. Er wollte den Schneemann so ganz und froh in Erinnerung behalten.

Bald kamen die ersten Frühlingsblumen heraus, der Winter war vorbei.
„Du hast heute eine Postkarte bekommen,“ erzählte Olivers Mutter, „die ist höchst seltsam. Es steht nur ein einziges Wort darauf.“
Oliver betrachtete die Karte. Eine Wiese voller Sonnenblumen, die im Sonnenlicht leuchteten. Er drehte die Karte um.

Darauf stand nur ein Wort:

BO-LIE

 

Hallo Assiniboin!
Erst einmal ein herzliches Willkommen von mir hier auf kg.de! :)

Deine erste Geschichte hier finde ich ganz solide.
Erst dachte ich, dass wird so eine Geschichte wie die von Roy Spitzke (Sonja im Schneemannsland). Inder gehst auch um ein Kind un einen Schneemann.
Doch deine Geschichte nimmt ein anderes Ende, das mir ganz gut gefällt.
Ich denke, dass sich die Kinder schon frage, was mit den Schneemännern, -frauen und -kindern passiert. Und du hast dir eine schöne Möglichkeikt ausgedacht.

Ich hab nur ein paar Anmerkungen:

„Natürlich“, erklärte der Schneemann gereizt, „oder siehst du hier sonst noch Jemanden?“
jemanden

„Bo-Lie, sei nicht so eingebildet,“ mahnte Oliver, „Sobald es wärmer wird ist es vorbei mit deiner Schönheit. Du wirst dahin schmelzen, wie jeder gewöhnliche Schneemann.“
Ich denke Oliver ist noch nicht so alt. Und daher glaube ich nicht, dass er so antworten würde. Ich kann nicht genau erklären warum, aber es hört sich für mich etwas komisch an. Er mahnt den Schneemann und es sieht so aus, als ob es etwas ganz normales ist, wenn ein Schneemann spricht. was ich meine ist, dass Oliver sagt, dass er wie eingewöhnlicher Schneemann schmelzen wird. Ich finde, dadurch leidet das Fantastische der Geschichte.
Verstehst du, was ich meine?

„Wenn die Lufttemperatur auf über 0 Grad ansteigt, wird aus allen Schneemännern der Welt eine Wasserpfütze.“
Ich würde hier 'null' schreiben. Liest sich Mn besser.

Und mir ist aufgefallen, dass du in der gesamten Geschichte sehr oft 'Oliver' schreibst. Vielleicht könntest du das ein oder andere Oliver durch ei 'er' ersetzen?

Das wars dann aber auch! Ich wünsch dir noch viel Spaß hier!

bye und tschö

 

Hallo und willkommem auf KG.DE!

Liebe Assiniboin,

Deinen Einstand hier hast Du mit einer sehr liebevollen einfühlsamen Geschichte gegeben. Es scheint ja wirklich ein ziemliches Problem für unsere Kinder zu sein, was im Sommer mit den Schneemännern passiert... Du bist, wie auch Sarah schon bemerkte, nicht die Erste hier auf KG.DE, die dieses Thema aufgreift.

Deine Erkärung, dass sich der Schneemann in eine Wiese voller Sonnenblumen verwandelt hat - oder auch nur in eine der Sonnenblumen - ist sehr phantasievoll. Sie gefällt mir.

Genau wie Sarah, fand ich die Stelle, an der Oliver sagt: "Sei nicht so eingebildet..." etwas altklug. Ich würde versuchen das noch zu ändern.

Ein bißchen unglaubwürdig fand ich, dass Oliver eine Zeitlang gar nicht mehr nach seinem Schneemann sieht. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass Kinder das tun würden. Meine Söhne wären jedenfalls vor Neugierde gestorben und hätten bestimmt nachgesehen - aber möglicherweise gibt es ja auch andere Kinder...

Außerdem ist mir noch Folgendes aufgefallen:

"Sobald es wärmer wird (Komma)ist es"

"antwor-tete (Bindestrich weg)Bo-Lie "

Ich bin gespannt auf weitere Geschichten von Dir.

Liebe Grüße
Barbara

 

Hallo Assiniboin,

auch von mir ein herzliches Willkommen auf kg.de.

Die Geschichte hat mir gut gefallen. Allerdings fand ich ebenso wie moonshadow und Barbara, daß Oliver ruhig ein wenig kindlicher wirken könnte - aber ich weiß natürlich auch, daß es Kinder gibt, die sich schon recht früh eine so "erwachsene" Art aneignen. Ob man seinen kleinen Protagonisten so anlegt, ist also wohl eher Geschmacksache.

Den Schluß habe ich etwas anders verstanden als Barbara. In meiner Vorstellung hat Bo-Lie (übrigens ein schöner und origineller Name) einfach seinen Traum wahrgemacht und ist an einen sonnigen Ort gegangen, von wo er dann die Postkarte geschickt hat.

Übrigens macht gerade dieses Ende die Erzählung nicht nur zu einer Winter-, sondern (passend zum Zeitpunkt der Veröffentlichung) auch zu einer schönen Ostergeschichte. Auch wenn wir es über all den Hasen und bunten Eiern immer wieder vergessen: Mit diesem Fest feiern wir ja gerade die Überwindung der Vergänglichkeit durch unerschütterlichen Glauben. Also genau das, was Bo-Lie gelingt :-)

Noch ein Detail:

Das war sehr freundlich von dir, mich so schön, so wunderbar, so hübsch zu gestalten.“ „Und so klug,“ fügte er noch hinzu.
Hier würde ich entweder ein paar Anführungszeichen weglassen oder zumindest vor dem letzten Satz einen Absatz machen.

Schöne Grüße
Roy

 

An moonhadow, al-dente und Roy

erst einmal möchte ich mich für Eure Antworten bedanken. Es ist sehr nett, dass ich so schnell ein feed-back erhalten habe.

Die Fehler werde ich natürlich verbessern.

Das Ende ist so gemeint, wie Roy es beschreibt. Es soll ausdrücken, dass auch das Unwahrscheinliche seinen Platz im Leben hat und nicht immer alles so vorhersehbar ist.

Ich weiß, dass meine Geschichten oft nicht so sehr "kindlich" sind. Ich habe andere geschrieben, die, obwohl äußerlich im Kinderbuchrahmen angesiedelt, für Erwachsene (Kinder) gedacht sind. Da hätte ich dann auch mit der Rubrikauswahl Probleme.

Erst einmal vielen Dank und alles Gute

Liebe Grüße

 

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