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Pakt
Ja, es gibt ihn, den Teufel.
Ich habe ihn selbst getroffen.
Wie er aussieht? Nun ja, ich muss zugeben, sein Äußerliches hat mich überrascht. Ich dachte immer Satan sähe aus wie Robert de Niro in einem Armani Anzug. Aber Satan hat rote Haut, einen Pferdefuß und einen Schwanz. Und natürlich Hörner, gewaltige Hörner. Er trägt auch keine Anzüge. Er trägt überhaupt keine Kleidung. Womit ich nicht sagen will, dass er nicht mit der Zeit geht, immerhin hat er ein Zungenpiercing, und ein Prince Albert.
Ich weiß nicht, ob er immer und für jeden so aussieht, vielleicht hat er diese Erscheinung nur gewählt, um Eindruck bei mir zu schinden.
Jedenfalls habe ich ihn gerufen und er kam, genau so.
Ich habe einen Wunsch geäußert, er willigte ein ihn zu erfüllen und bekam dafür meinen Körper.
Ja, meinen Körper. Natürlich denkt man der Teufel will unsere Seelen, aber das stimmt so nicht. Was soll er mit Seelen? Er kann ihnen keinen körperlichen Schmerz zufügen. Ohne das menschliche Bewusstsein ist die Seele vollkommen wertlos für ihn.
Also lautet der Deal immer: Körper und Seele.
Was er damit macht? Na raten sie mal. Er quält sie.
Jedenfalls quält er mich gerade.
Man hat sogar eine Wahl: Vorwiegend körperlich oder vorwiegend seelisches Leid.
Vorwiegend deshalb, weil das eine das andere immer mit einschließt. Der Teufel ist in dieser Hinsicht sehr korrekt.
Ja, tatsächlich ist er der vertrauenswürdigste Geschäftspartner mit dem ich je zu tun hatte.
Mal ehrlich: Er ist zuverlässiger als Gott.
Mit Gott kann man keine Geschäfte abschließen. Man kann zu ihm beten und hoffen, dass er etwas tut, aber man kann sich nicht darauf verlassen. Natürlich ist sein Service gratis, aber wie oft klappt denn schon was? Dann wägt er noch ewig ab ob die Hilfe für den einen nicht dem anderen einen Nachteil bringen könnte... Nein, ich sage wie es ist: Gott pfuscht!
Der Teufel hingegen nimmt seine Geschäfte ernst, er besteht sogar darauf, dass man ganz genau erfährt, was mit einem passiert.
Ich wusste jedenfalls worauf ich mich einlasse. Damals war es mir das Wert, aber in letzter Zeit beginne ich zu zweifeln.
Natürlich hatte er mir das auch vorrausgesagt.
Tja.
Es begann damit, dass ich mich, mit zahlreichen anderen Vertragspartnern, nackt in der Hölle wiederfand. Interessanterweise sieht die Hölle, im Gegensatz zu Satan, nicht im geringsten klischeehaft aus. Im Gegenteil, sie ist praktisch identisch mit der Erde, von der Gegend her gesehen.
Jedenfalls wurden wir erst mal zu Zwangsarbeit verdonnert. Steine schleppen. Das war echt hart. Viele von uns sind dabei gestorben. Ich auch, zwei oder drei mal, aber der Hölle entkommt man nicht so einfach.
Wir bauten einen Turm. Na ja, eher einen Steinring. Nach etwa zehn Metern war er halb so hoch wie breit, und die Arbeit für uns zuende.
Oben gab es Zinnen. So schmal wie ein menschlicher Hals und dicht nebeneinander. Einer nach dem anderen wurde dort eingehakt. Die Köpfe nach außen, die Körper nach innen, die Gesichter nach oben, die Ärsche nach unten. Schulter an Schulter wurden ihre Arme zusammengenäht, bis an die Fingerspitzen. Auch die Finger wurden zusammengenäht, und in den Raum unter den Achseln ragten bereits die Beine des nächsten. So wurden wir restlichen dann nach und nach zur Mitte hinein angefügt, bis der ganze Turm von einer Plane lückenlos aneinandergenähter Körper verschlossen war.
Wir hängen jetzt seit etwa einem Jahr so da. Ich weiß das, weil ich die Schreie der Zugvögel wiedererkenne, die in meinen leeren Augenhöhlen herumpicken und mir in den Mund scheißen.
Es regnet gerade genug, um nicht zu verdursten, und die Nahrung in Form von Spinnen und Insekten kriecht uns förmlich in den Mund. Das reinste Schlaraffenland. Wenigstens hat der Kerl, dessen Zehen an meine Genitalien genäht wurden, endlich aufgehört zu krampfen.
Ich versuche am leben zu bleiben.
Sterben ist mit das Schlimmste was einem hier passieren kann. Plötzlich wacht man auf und hat einen neuen Körper. Alle Wunden sind frisch, man spürt jeden einzelnen Stich, jeden Schnabelhieb. Alles beginnt sich zu entzünden und zu eitern.
Keine angenehme Erfahrung.
Deshalb klammern wir uns ans Leben.
Wie sagte Satan doch: 'Wenn Du Dich an den Zustand gewöhnt hast, wird es schlimmer werden'
Unsere Nahrungssituation könnte sich bald drastisch verändern. Es ist eine neue Gruppe eingetroffen und sie bauen den Turm weiter. Wenn die nachher über uns installiert werden, sind wir zwar die Vögel los, aber dann kriegen die dort oben das ganze Protein und wir nur das was davon übrig bleibt, nach dem es durch ihre Körper gewandert ist.
Ich wette, Sie fragen sich, warum ich Ihnen das alles erzähle?
Nun, ich wurde darum gebeten. Sie haben doch daran gedacht einen Pakt abzuschließen, oder? Sie sollen später nicht behaupten, sie hätten nicht gewusst was sie erwartet.
Was es wert ist solche Leiden zu erdulden? Bisher gar nichts, ich habe noch keine Gegenleistung erhalten. Die Qualen kommen immer zuerst.
Sie denken jetzt bestimmt: 'Woher weiß er, dass Satan ihn nicht betrügt?'
Ganz einfach: Es würde keinen Sinn machen.
Er tut das aus reinem Eigennutz. Er ist kein Sadist, der sich am Leiden anderer erfreut. Diese Qualen sind ein Mittel zum Zweck um den Vertrag zu erfüllen.
Auf diese Weise werden unsere Seelen auf das nächste Leben vorbereitet. So lernen wir das zu sein, was wir uns ersehnt haben. Was denken Sie wo die ganzen Arschlöcher herkommen? Warum sind gerade die Egozentriker erfolgreich und zufrieden? Ist es ein Verbrechen so sein zu wollen?
Wenn Sie mich also einmal in meinem nächsten Leben treffen und ich Sie scheiße behandle, hoffen Sie nicht, dass mir Gerechtigkeit widerfährt.
Ich habe dafür bezahlt so zu sein.