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Party auf der Toilette
Aus der mit Weißwein gefüllten Badewanne stieg ein nackter weiblicher Oberkörper empor. Die wie durch Hypnose entsprungenen Bewegungen des Mädchens ließen ihren Kopf sanft nach hinten fallen, ehe sie langsam wieder begann, einzutauchen. Den kleinen Hinweis auf das männliche Pendant gab die Ahnung eines mit vor Wonne geschlossenen Augen bestückten Kopfes, der sich am Ende der Wanne jeweils in traumartigen Frequenzen empor streckte. Das kleine Bad schien sich für beide in einer endlosen Leere auszustrecken und diese Gehirnwellen schwappten genau in dem Moment zu mir hinüber, als mich gerade eine immense Raumwelle erfasste und meine Hand Teil der Wände wurde.
Jetzt ging es wieder. Ich war zurück in der Party im Badezimmer und alles schien normal und ruhig.
Meine Aufmerksamkeit galt nun den zwei Mädchen, die am Rand der Wanne saßen und sich unterhielten. Sie hatten die Umgebung um sich herum vergessen und bemerkten gar nicht die schallenden Laute, die hinter ihnen aus dem Weißwein hervordrangen. Außerdem waren die Bässe zu durchdringend, die irgendwo da hinter den samtweichen Boxen von hart arbeitenden Zwergen produziert wurden, weswegen die Töne auch so rhythmisch wirkten.
Ein langgezogener Basston übernahm die Macht über mich und zwang mich, die Augen zu schließen bis er in alle zehn Fingerspitzen hineinkroch und dort eine Unendlichkeit zu verweilen schien. Währenddessen wuchs die Erwartung in meinem Gehirn auf den nächsten in einem so ungreifbarem Maße, dass wenn nicht in der nächsten Millisekunde, die ich als Vierteljahr wahrnahm, genau der erwartete Basston erschien, mein Kopf zu implodieren drohte.
Ein Stromschlag ließ mich erwachen.
Nur einige echoartige Wortfetzen schafften es, sich vom Rand der Wanne bis zu meinem Ohr durchzukämpfen. Die meisten wurden von schwarzen Figuren links und rechts weggeschnappt und zu Boden gerissen.
Ich wusste nur, dass es bei dem Gesprächsthema um die Frage ging, ob, wenn man unter Hypnose suggeriert bekommen hat, dass man psilocybinartige Fliegenpilze in einer Überdosis eingenommen hat, die bewusstseinsfördernde Ebene auf den Hypnotiseur übertragen werden könnte.
Ich hätte ihnen sagen können, dass sie nicht auf einen Nenner kommen würden, dafür waren ihre Ausgangspunkte zu dunkel beleuchtet, aber mich interessierten viel mehr die zwei Menschen die auf dem Teppich lagen und sich mit erweiterten Pupillen und aufgerissenen Augen gegenseitig überall berührten. Der erstaunte Gesichtsausdruck ließ mich wissen, dass sie nun, angestachelt durch das Meskalin, aufhörten, zu planen, sondern sich endlich mit ihrer Gegenwart auseinander setzten.
Nun ja, unter dem Labyrinth von grauen Straßen und unebenen Feldwegen hatten die beiden die unsichtbare Leiter gefunden. Aber der Weg nach oben war noch lang.
Auf der Waage stand ein Junge. Er musste schon seit einer guten Viertelstunde unbeweglich dagestanden haben und sich aller Bedeutungsebenen seiner Gewichtszahl bewusst geworden sein. Doch sein unerbittlicher Forschungsdrang zwang ihn weiter zu untersuchen, was mich mit Stolz erfüllte.
Kurz darauf merkte ich, wie der Stolz sich personifizierte. Es war ein aufrecht gehendes Monster mit einem schwarzen Hut, das jedem einen guten Tag wünschte. Wie gut, dass jeder mit seiner vollständigen Ignoranz genau die richtige Reaktion an den Tag legte.
Ich wusste, dass ich der Vollständigkeit halber auch mich untersuchen musste und ich merkte, wie der Regenschirm, der die Kritik abhalten sollte, sich nicht kontrollieren ließ. Er hatte einen eigenen mechanischen Willen und mir fehlte das programmiertechnische Fachwissen um ihn zu manipulieren. Als ich so fünf Minuten darüber sinnierte, wie ich den Regenschirm doch noch verstehen könnte, kam mir dann doch die rettende Idee, ihn einfach weiterzugeben an den personifizierten Stolz. Der nahm ihn auch liebend gerne an und begab sich nach draußen in den Regen.
Jetzt konnte ich die Essenz hinauskristallisieren. Ich musste nur noch die nötigen Chemikalien finden. Doch mein starrsinniger illusionärer Geist ärgerte mich als ich die Chemikalien unter mir auf dem Klo lokalisieren konnte. Jetzt erkannte ich die Essenz: Mein Platz auf der Toilette war der beste Platz. Der einzig sinnvolle.