*****Pauline*****
Eine kleine Weihnachtsgeschichte
Pauline zog sich müde ihre alte Strickjacke an. Es war kalt in der guten Stube und so ging sie erstmal in den Keller um etwas Feuerholz und ein Brikett zu holen. Mühsam ging sie die Kellerstufen hinab. Es fiel ihr nicht mehr so leicht wie früher. Sie hielt sich an dem alten Holzgeländer fest und ging vorsichtig die hohen Stufen hinab. Früher hatten hier im Keller Regale voll mit Eingemachtem gestanden. Den ganzen Herbst wurde eingekocht. Die Äpfel von Frau Ludwig bekamen sie immer geschenkt und sie waren stundenlang damit beschäftigt gewesen, sie fein zu schälen und zu schneiden. *Ach ja, früher* , ein kleiner Seufzer kam aus ihrem Mund. Sie packte das bisschen Feuerholz und ein grosses Brikettstück in einen Korb und machte sich wieder auf den Weg nach oben.
In der guten Stube angekommen, öffnete sie die Lade vom Kohleofen und legte neues Feuerholz nach. Ein Stück Zeitungspapier zur Lunte gerollt, wurde mit einem Streichholz angezündet. Einige wenige Minuten später füllte sich der Raum in behaglicher Wärme. Leise knisterte das Holz und ein leichtes Knacken war ab und an zu hören. Pauline liess sich in den alten Ohrensessel sinken. Abgenutzt und schäbig sah er aus, aber in Paulines Augen war er eine Labsal für ihre Seele. Erinnerungen kamen auf. Kinderstimmen füllten lachend den Raum und kleine Kinderaugen schauten Pauline an. Sie lächelte und fühlte die Zeit. Damals als ihr Edgar noch lebte und sie eine glückliche Familie waren.
Pauline faltete stille ihre kleinen faltigen Hände und träumte den Traum der Vergangenheit. Weisst du noch, sagte der Traum zu ihr und führte sie leise zurück in die Zeiten ihrer Glücksseligkeit. Seichtes Kerzenlicht füllte den Raum und Pauline sah sich in dem grossen Ohrensessel sitzen. Mit leiser Stimme las sie ihren Kindern das Buch von Elli vor. Elli das Waisenkind, welches mit dem alten Gerard von Haus zu Haus ging und Windmühlen aus Papier verkaufte. Paulines Kinder sassen andächtig zu ihren Füssen und hörten leise ihrer Mutter beim Vorlesen zu. Auf dem Tisch dampfte eine grosse Kanne Tee und ein grosser Sonntagskuchen zierte die Tafel.
Pauline spürte die Vergangenheit und legte sich in ihren Sessel zurück. Die Tür ging auf und ihr Mann Edgar betrat den Raum. Die Kinder liefen zu ihrem Vater und er nahm die Kleinen hoch. Das Kleinste wirbelte er durch die Luft und liess es erst wieder hinunter als es quietschte vor Vergnügen. Pauline sass in ihrem Sessel, das Buch in den Schoss gelegt und wartete leise lächelnd bis Edgar sich zu ihr hinab beugte. Jeden Abend wenn er nachhause kam, vergass er nicht ihr einen zärtlichen Kuss zu geben. Pauline vergass die Zeit............. .
Müde machte sie die Augen zu und obwohl der Tag gerade erst begonnen hatte, legte sich eine unendliche Müdigkeit über Pauline. *Paula* leise hörte sie seine Stimme und in ihrem Geist, war es gerade erst gestern. Sie atmete ruhig und fiel in einen tiefen Schlaf. Der Schlaf der Vergangenheit, der Ewigkeit und der Zukunft. Eine bekannte Stimme flüsterte ihr zu. Pauline öffnete die Augen und erhob sich aus ihrem alten Sessel. Vorsichtig legte sie das Buch der Erinnerungen auf den Tisch und strich ein letztes mal mit ihrer Hand die Decke auf dem alten Tisch glatt.