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Peng, du bist noch nicht tot

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19.03.2003
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Peng, du bist noch nicht tot

Breit lächeln! Zu spät.
Er steht inzwischen zu dicht vor mir und kann es nicht mehr sehen. Er ist größer als ich und riecht nach Arbeit. Seine Hände liegen auf meinen Schultern. Er schüttelt mich. Dann die Faust. Meine Nase kracht und ich wanke, falle, rückwärts, zu Boden.
Flimmern.
Seine Augen oder meine? Alles verzerrt, sein Mund, sein Gesicht, seine Stimme. Zeitlupe: Er weicht. Wie an Fäden gezogen rückwärts. Zur Tür. Sie knallt.
Ich schmecke Blut. Lecke meine Wunden. Wie betäubt und ohne Schmerz.
Presse mein Gesicht auf den Boden. Angenehm kühl. Bewegungslos ist die Zeit. Dass sie vergeht erkenne ich, an der größer werdenen Lache neben mir. Das von Laufspuren abgenutzte Holz ist großporig wie ein Schwamm. Saugt das Blut auf.
Ich brauche einen Eimer mit kaltem Wasser. Sonst geht der Fleck nicht mehr weg. Er würde es nicht verstehen, dass der Fleck noch da ist, wenn er zurückkommt. Also Aufstehen! Wo ist der Eimer? Ich finde ihn nicht. Verdammt. Warum kann er nicht aufräumen. Sein Scheißzeug liegt doch auch überall. Eine Schüssel oder den Spagettitopf. Oder ist es ein Spargeldings? Irgendwas. Handtuch. In der Küche sind Handtücher. Nimm das Handtuch und wisch einfach über den Fleck! Das ist doch nicht so schwer. Geht doch. Fast weg. Ohne Wasser. Gut gemacht. Jetzt wieder atmen. Nicht vergessen! Du musst atmen. Du kannst nicht immer nur die Luft anhalten. Was ist da so schrecklich laut? Da schreit eine Frau. Mal schrill. Und wieder sachter. Sie weint, im Rhythmus meines Atems, ist still, wenn ich es will. Ziehe sie an den Haaren. Zerre sie unter die Dusche. Sie soll mucksmäuschenstill sein! Kaltes Wasser hilft ihr bestimmt. Wie auch dem Fleck. Tröste sie! Es geht vorbei. Halte still. Es ist nichts. Brauchst du einen Schluck? Wärmt. Und du zitterst doch so. Kollateralschaden, noch einen. Alles wird gut. Warte. Ich helfe dir. Ins Bett. Vorsichtig. Pass auf. Hilf dir selbst, es hilft sonst keiner. Ach, Papa. Nicht mehr fallen. Was für ein Dreck hier. Müde bin ich geh zu Ruh`, singt meine Mutter. Ich soll nicht wachbleiben. Ich will euch auch nicht hören. Und morgen räume ich auf. Versprochen. Ich krieg das hin.

 

Liebe Goldene Dame,

im ersten Teil finde ich das gut verdichtet, was du schreibst. Da hab ich eine Person vor mir gesehen, eine Frau, die geschlagen wurde, zu Boden geschlagen wurde und die sich wieder aufrappelt, um zu funktionieren.
Bis hier fand ichs logisch:

Warum kann er nicht aufräumen. Sein Scheißzeug liegt überall. Eine Schüssel oder den Spagettitopf. Oder ist es ein Spargeldings.

Aus meiner Sicht ist sie diejenige, die zwar all diese Dinge störend findet, aber nicht wagen würde, das zu kritisieren. Vor sich selbst nicht und nicht vor anderen.
Da wäre sonst höchste Empörung wegen des Schlags. Oder?

Nach meinem Zitat ist es wieder ok bis hier:

Müde bin ich geh zu ruh. Singt meine Mutter. Und morgen räume ich auf. Versprochen.
Vermutlich sagt sie sich das im vernebelten Zustand? Das mit dem Aufräumen ist mir noch nicht so ganz klar. Wieso? Ist sie eine Säuferin, die ihren Haushalt nicht im Griff hat?


In der weiteren Geschichte ist es wohl so gemeint, dass sie sich selbst unter die Dusche stellt, ins Bett legt und beschwichtigt, nicht wahr?
Das wäre ein Tick deutlicher runder. Kann aber jetzt nicht so genau sagen, wo du deutlicher werden solltest.


Am Anfang ist noch etwas, was mich gestört hat:

Ich überlege, ob ich lachen soll. Dabei steht er doch dicht vor mir und könnte es nicht sehen.
Lachen macht doch Geräusche. Das würde ER doch hören. Sehen kann er ihr Lachen natürlich nicht, wenn sie tiefer steht und er ihr nicht ins Gesicht sehen kann. Aber Lachen ist ansich immer zuallererst doch ein Geräusch. Funktioniert der Satz dann noch, wenn er ihr Lachen hören könnte?

Fazit: gut verdichtet, angenehm wenig Worte mit viel Aussagekraft über ein hochmenschliches Drama einer niedergeknechteten Frau. Gut getroffen!

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo lakita,
Vielen dank fürs schnelle Feedback. Natürlich hört man das Lachen. Ich meinte aber ein Lächeln als Beschwichtigungsgeste. Darum habe ich es entsprechend geändert.

Im Großen und Ganzen hast du das hochmenschliche Drama gut herausgelesen. Die Empörung über den Schlag, hoffe ich besser herausgearbeitet zu haben. Der weitere Verlauf meiner Geschichte soll eine Vermengung von Gegenwart und Vergangenheit sein, die sich im Kopf meiner Protagonistin abspielt.

Danke fürs Lesen kritisieren und loben. :)

LG
GD

 

Hej Goldene Dame,

mir fiel der Einstieg nicht so ganz leicht, liegt vielleicht am Präsens, manchmal hat das so eine abgehackte Wirkung.
Ab der Mitte war ich richtig drin, also vielleicht liegt es auch nur an mir und meiner heute nur langsam anrollenden Konzentration.

Ein paar Vorschläge (trotz meiner Unsicherheit, ob ich nicht selbst für den holprigen Einstieg verantwortlich bin):

Dabei steht er doch dicht vor mir und könnte es nicht sehen.
Das "Dabei" könnte weg. Was will es erklären?

Meine Nase kracht und ich wanke zurück.
"Zurückwanken" klingt irgendwie ungelenk, vielleicht könnte man das in zwei Schritten abhandeln, erst wanken und dann eine Rückwärts- und Fallbewegung?

Er weicht. An Fäden gezogen rückwärts.
Hier stört mich der Punkt, der das Zurückweichen trennt.

Bewegungslos ist die Zeit.
Diese Wortstellung hat etwas Lyrisches, will mir aber nicht so recht zu den Ein- oder Zweiwortsätzen passen.

Den Rest, besser die restlichen zwei Drittel finde ich sehr flüssig geschrieben. Da kann ich so mitfühlen, wie es mMn beim Lesen sei sollte.

Helf dir selbst, es hilft sonst keiner.
Hilf dir selbst

Viele Grüße
Ane

 

Hi Goldene Dame,

bist du aus der Übung?
Das Thema ein reines Opferthema, für die Sprachmelodie muss man sehr in die Tiefe gehen.
Im Einzelnen:
Der Einstiegssatz ist für die Situation unstimmig, egal, ob der Erzählerin bekannt oder nicht, lässt die Situation kaum kalkulierte Überlegungen zu.

Dabei steht er doch dicht vor mir und könnte es nicht sehen.
Dito - ist auch in der Formulierung unschön. Im Timing, wenn, umdrehen: Dabei könnte er es nicht so, so dicht, wie er vor mir steht.
Er ist größer als ich und er riecht nach Arbeit.
Welche Arbeit und wie riecht sie? Bei einem Metzger sicher anders als bei einem Immobililenmakler - das zweite "er" ist überflüssig.
Seine Hände liegen auf meinen Schultern und schütteln mich.
Mal abgesehen von den selbstständigen Händen, die sie natürlich so wahrnehmen kann, müssen die natürlich schon zugreifen, um die Erzählerin zu schütteln, wenn sie nur auf den Schultern liegen, geht das nicht.
Dann die Faust. Meine Nase kracht und ich wanke zurück.
Achtung Gewaltklischee
Falle. Zu Boden. Ungläubig. Flimmern.
Wohin sonst? - Aufzählung inskonsistent, sicher als fließender Wechsel gemeint wie Wörter, die in moderner Lyrik so verwendet werden, dass sie gleichzeitig eine Zeile beenden und in völlig neuem Kontext die nächste beginnen.
Seine Augen oder meine.
Fragezeichen?
Alles verzerrt, sein Mund, sein Gesicht, seine Stimme.
Doppelpunkt nach "verzerrt"
Zeitlupe.
Die abgehackten Sätze erzeugen eher das Gegenteil: Zeitraffer.
Er weicht. An Fäden gezogen rückwärts.
Das kann die Erzählerin nicht wissen.
Ich schmecke Blut. Keinen Schmerz.
Schmerz schmecken?
Bewegungslos ist die Zeit.
Ja?
Dass sie vergeht
Nein, doch nicht.
Dass sie vergeht erkenne ich, weil die rote Lache neben mir größer wird
Dass - weil? Dass sie vergeht, erkenne ich an der größer werdenden Lache neben mir.
Das Holz ist wie ein Schwamm. Saugt es das Blut auf?
Wenn vorher die Behauptung steht, braucht es die rhetorische Frage im Anschluss nicht. Ist das Holz wie ein Schwamm, saugt es das Blut selbstverständlich auf, wie käme die Erzählerin sonst auf den Vergleich?
Ich brauche einen Eimer mit kaltem Wasser. Sonst geht der Fleck nicht mehr weg.
Ist das Holz versiegelt, ist es nicht wie ein Schwamm, dann geht der Fleck auch später weg, ist es das nicht, nützt kaltes Wasser wenig. Reinigt kaltes Wasser besser als heißes?
Er würde es nicht verstehen, dass der Fleck noch da ist, wenn er zurückkommt.
Warum "es"?
Wo ist der Eimer? Ich finde ihn nicht. Verdammt. Warum kann er nicht aufräumen. Sein Scheißzeug liegt doch auch überall.
Wirr: Ist er für den Putzeimer zuständig? - "Ich finde ihn nicht" ist überflüssig, drückt die Szene ja aus. - Eigentlich meint die Erzählerin: "Warum muss ich aufräumen, sein Scheißzeug liegt doch auch überall" So wie es da steht aber, ist der Widerspruch "doch" falsch, da es es die logische Folge ist, dass sein Zeug überall liegt, wenn er nicht aufräumt.
Eine Schüssel oder den Spagettitopf. Oder ist es ein Spargeldings.
Sie sucht in Not irgendein Gefäß für das Wasser, macht sie sich wirklich Gedanken, wie das nun heißt oder wozu es sonst genutzt wird?
Geht doch. Fast weg. Ohne Wasser.
Ah, Holzfußboden versiegelt, also kein Schwamm.
Da schreit eine Frau. Mal schrill. Und wieder sachter. Sie weint, im Rhythmus meines Atems, ist still, wenn ich es will.
Perspektivwechsel? Flashback? Dissoziation? Ratespiel?

So leid es mir tut, liebe Goldene, das war (für mich) gar nichts.

Lieben Gruß
sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Ane, vielen Dank für deine Anmerkungen, die ich genutzt habe, um einiges zu ändern.

Hallo sim,

Aus der Übung? Bestimmt. Denn ich habe hier mich wieder an den Soc gewagt. Vielleicht ist dies ein Stil, der nicht jedermannn gefällt.

Zum Einstieg. Das Anlächeln ist ein Beschwichtigungsmerkmal, das an einen Agressor gerichtet wird. Es erfolgt intuitiv, als Apell: Tu mir nichts! Ich bin unterlegen. Meine Protagonistin spult gedanklich ab, dass dieses Beschwichtigungsmerkmal ohne Wirkung sei, vermutet: weil er es nicht sehen kann. Dabei ist das nicht der wahre Grund. Den kennt sie nicht, hat aber erfahren müssen: Die meisten Agressoren fühlen sich verhöhnt, wenn sie angelächelt werden und werden noch wütender, weil sie es verlernt haben, dieses Lächeln als Beschwichtigungszeichen zu erkennen und anzunehmen. Täter deuten die Schwäche des Opfers zwar unbewusst richtig, aber handeln gegenteilig. Das Opfer baut in diesem Moment eine fatale Beziehung zum Täter auf, damit es hinterher die Verzeihung erhält. Natürlich illusorisch, weil der Täter nicht verzeihen wird, was er schon bei der Beschwichtigungsgeste nicht konnte. Das Opfer aber möchte, das ihm verziehen wird und beginnt, die Schuld bei sich zu suchen. Ambivalent hierzu fühlt das Opfer unbewusst, dass der Täter im Unrecht ist.

Da ich hier ein Gedankenspiel niedergeschrieben habe, mag einiges sich widersprechen und wirr sein, aber das soll schließlich auch dem Leser die Ambivalenz aufzeigen, die die Protagonistin nicht wahrnimmt. Auch soll der Leser wahrnehmen, dass die Wahrnehmung der Protagonistin gestört ist. So erkennt die Protagonistin nicht, ob sie dissoziert. Sie nimmt wahr, dass die Zeit anders vergeht, dass sie aus sich heraustritt, dass etwas geschieht, an dem sie nicht mehr gefühlsmäßig beteiligt ist. Der Leser soll es erkennen und vielleicht muss er dazu einiges erraten. Mit dem Text übernimmt der Leser die Reflexion der Gedanken, nicht die Protagonistin.

Reinigt kaltes Wasser besser als heißes?
Mein Hausfrauentipp.;)

Blut entfernt man mit kaltem Wasser. Eingetrocknetes Blut in Kaltwasser längere Zeit einweichen- dann ist es weg. :)

Gilt übrigens auch für Milch ;)

Welche Arbeit und wie riecht sie? Bei einem Metzger sicher anders als bei einem Immobililenmakler - das zweite "er" ist überflüssig
Hier wollte ich absichtlich dem Leser die Möglichkeit lassen sich vorzustellen wie Arbeit riecht, weil es eine individuelle Erfahrung ist, die er selbst mit einbringen soll. Hätte ich geschrieben nach Arbeit und Altöl weiß der Leser vielleicht, er ist KFZ Mechaniker, hat aber trotzdem noch nie Altöl gerochen.

Lieben Gruß und Danke fürs Lesen

GD

 

Hi Goldene Dame,

Denn ich habe hier mich wieder an den Soc gewagt. Vielleicht ist dies ein Stil, der nicht jedermannn gefällt.
das habe ich durchaus bemerkt, es geht mir aber mehr um die Umsetzung als darum, ob mir der Stil gefällt oder nicht.
Zum Lächeln zu Beginn:
Das Anlächeln ist ein Beschwichtigungsmerkmal, das an einen Agressor gerichtet wird. Es erfolgt intuitiv, als Apell:
Genau, in der Geschichte liest es sich aber eben nicht intuitiv sondern kalkuliert. Selbst im SoC lässt es sich deshalb nicht gedanklich abspulen.
Die meisten Agressoren fühlen sich verhöhnt, wenn sie angelächelt werden und werden noch wütender, weil sie es verlernt haben, dieses Lächeln als Beschwichtigungszeichen zu erkennen und anzunehmen.
Ob sie das verlernt haben, lasse ich mal dahingestellt, sie werden ja schon zuvor wütend, weil sie sich (in ihren Bedürfnissen oder ihrer Leistung) nicht ernst genommen fühlen, lächelt dann jemand, fühlen sie sich auch in ihrer Wut nicht ernst genommen.
Täter deuten die Schwäche des Opfers zwar unbewusst richtig, aber handeln gegenteilig.
Oft deuten sie die Schwäche sogar ganz bewusst richtig und handeln gerade deshalb gegenteilig. Vor Opfern verlieren sie die Achtung.
Das Opfer baut in diesem Moment eine fatale Beziehung zum Täter auf ff
Das musst du mir ganz sicher nicht erklären, nur genau das gehörte doch in die Geschichte, nicht in den Kommentar, oder?
Auch soll der Leser wahrnehmen, dass die Wahrnehmung der Protagonistin gestört ist.
Wie soll er das tun, wenn durch den SoC letztlich nur diese Wahrnehmung hat, sie aber nicht an einer wie auch immer gearteten Realität messen kann? Wäre das nicht ein sehr vermessenes Urteil über deine Protagonistin? Ist der SoC für das, was du erzählen wolltest dann wirklich das richtite Stilmittel?
Der Leser soll es erkennen und vielleicht muss er dazu einiges erraten.
Nicht den Bock zum Gärtner machen: Der Leser soll und muss gar nichts. Es ist Aufgabe des Autors, ihn mitzunehmen, zu beanspruchen, anzuregen und zu fordern. Erraten führt immer nur zu nicht am Text zu belegenden Spekulationen und Mutmaßungen, nicht zu weiterführenden Gedanken.
Hier wollte ich absichtlich dem Leser die Möglichkeit lassen sich vorzustellen wie Arbeit riecht, weil es eine individuelle Erfahrung ist, die er selbst mit einbringen soll.
Ein leider weit verbeiteter Irrglaube. Identifikation findet nicht über möglichst beliebige Pauschalität statt, durch die der Buchhalter seine Erfahrungen in den Text einbringen kann wie der Gärtner. Identifikation findet über möglichst prägnante Charakterisierung der Figuren statt.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo Goldene Dame und sim,

bitte seid doch so lieb und erklärt mir, was "Soc" bedeutet.

Ich kenne diesen Begriff nicht. Komme mir schon richtig saublöd vor. Bitte rettet mich. ;)

Lieben Gruß und Pfingsten für alle

lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke für deine konstruktive Rückmeldung, sim.

Einiges an deinen vorherigen Anmerkungen hatte ich bereits berücksichtigt und den Text daraufhin überarbeitet. Nur das Grundsätzliche deiner Kritik lässt sich offenbar nicht auf einen Nenner bringen :(

sim schrieb:
Das musst du mir ganz sicher nicht erklären, nur genau das gehörte doch in die Geschichte, nicht in den Kommentar, oder?
Es steht drin, nur nicht direkt, sondern immer dazwischen.
sim schrieb:
Ist der SoC für das, was du erzählen wolltest dann wirklich das richtite Stilmittel?
sim schrieb:
Nicht den Bock zum Gärtner machen: Der Leser soll und muss gar nichts. Es ist Aufgabe des Autors, ihn mitzunehmen, zu beanspruchen, anzuregen und zu fordern. Erraten führt immer nur zu nicht am Text zu belegenden Spekulationen und Mutmaßungen, nicht zu weiterführenden Gedanken
.

Vielleichtist der soc nicht das Richtige. Ich habe den soc auch nicht durchgängig durchgehalten. Da aber zu meiner letzten Geschichte ein Kommentar geommen ist, ich solle doch eher mit mehr Andeutungen (verstehe ich: kryptischer) schreiben habe ich mich daran so versucht. Mein Fazit daraus: Die Geschmäcker sind verschieden und einige Leser bevorzugen "kafkaeske" Kurzgeschichten ...

sim schrieb:
Ein leider weit verbeiteter Irrglaube. Identifikation findet nicht über möglichst beliebige Pauschalität statt, durch die der Buchhalter seine Erfahrungen in den Text einbringen kann wie der Gärtner. Identifikation findet über möglichst prägnante Charakterisierung der Figuren statt.

Identifikation findet auch statt, wenn ein ein Leser sich gefühlsmäßig angesprochen fühlt. Identifikation findet statt, wenn selbst gemachte Erfahrungen an anderen beobachtet werden können. Darum kann eine Figur im ersten Teil einer Geschichte blond sein und zwischendurch braunhaarig. Das Außengeschehen ist eine Möglichkeit den Charakter zu erläutern. Ein Charakter wird immer wieder unterschiedlich dargestellt. Im soc soll der Charakter nur an dessen Gedanken dargestellt werden und der Leser blickt in den Kopf und interpretiert das Geschehen.

Ich habe den Einstieg noch einmal geändert.
LG
GD

 

Hallo Goldene Dame,

diese Art von Gewaltthematik ist doch etwas abgenutzt, aber dank deiner Umsetzung fand ich den Text doch interessant, auch wen man sich an das Sprachliche erst gewöhnen muss (vor allem im Anfangsteil).

„Dass sie vergeht erkenne ich, an der größerwerdenen Lache neben mir.“

Das Messen von Zeit anhand der größer werdenden Blutlache, die letztlich auch ein Größerwerden des Leids darstellt, ist eine gute Idee.

(Korrektur: Dass sie vergeht erkenne ich, an der größer werdenden Lache neben mir.
Habe nicht überprüft, ob das noch aktuell ist, die Kritik ist schon ein paar Tage her).

„Ich brauche einen Eimer mit kaltem Wasser. Sonst geht der Fleck nicht mehr weg. Er würde es nicht verstehen, dass der Fleck noch da ist, wenn er zurückkommt“

Die Frau flüchtet sich einerseits in die Routine einer Hausfrau, andererseits spürt sie (wie vorher die Faust), nun den Mann als ‚Über-Ich‘.

„Da schreit eine Frau. Mal schrill. Und wieder sachter. Sie weint, im Rhythmus meines Atems, ist still, wenn ich es will.“

Dieser Wechsel des Perspektive ist gelungen, auch sinnvoll, da es solche psychischen Phänomene bei der Traumabewältigung gibt.

Soweit das Angenehme ;)


„Lächeln! Zu spät.
Er steht inzwischen zu dicht vor mir und könnte es nicht mehr sehen.“

Warum „könnte“? Er kann es nicht mehr sehen. Zu „Lächeln“ würde eine Erklärung durch ein Eigenschaftswort passen, welche Intension steckt hinter dem Lächeln, es ist doch kein erfreutes, was man schließlich mit Lächeln verbindet.

„falle, rückwärts,zu Boden.“
falle, rückwärts, zu Boden.

„An Fäden gezogen rückwärts“
Wie an (es ist ja ein Simile)

„Ich schmecke Blut und keinen Schmerz.“
Schmerz schmecken, klingt ungelenk.

„Das Holz ist wie ein Schwamm. Saugt das Blut auf.“

So saugfähig ist Holz nicht, zumal man annehmen muss, dass es gewachst ist (Wischerei mit Eimer und Wasser).

Zum Titel: „Peng“ verbinde ich nicht mit einem Faustschlag, die Zeile klingt auch etwas ironisch, könnte auch zu einer Parodie über einen Western(helden) passen. Was war deine Absicht bei der Wahl des Titels?

Ein kleiner, starke Gefühle vermittelnder Text, mit ein paar ‚Holperstellen‘ (so hab‘s ich halt empfunden), in gewohnter GD Direktheit …

L G,

Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

Vielen dank, dass du dich mit diesem Text auseinandersetzen mochtest, auch wenn das Gewalthema "abgenutzt" ist. Du hast mich schon mehrfach auf dessen Abnutzung hingewiesen und trotzdem kann ich es nicht lassen ;).
Die textlichen Holpersteine habe ich überarbeitet. Danke für die Hinweise. Schmerz schmecken ist ein Darling, den ich nun gekillt habe, weil ich einsehen muss, dass die Vorstellung, was ich damit meine zu nebulös bleibt. Daher habe ein paar zusätzliche Worte gefunden.

Zum Titel: „Peng“ verbinde ich nicht mit einem Faustschlag, die Zeile klingt auch etwas ironisch, könnte auch zu einer Parodie über einen Western(helden) passen. Was war deine Absicht bei der Wahl des Titels?

Vielleicht kennst du diese Spiele mit Waffen, wie z.B. Räuber und Gendarm, oder Computerspiele
Peng du bist tot, wird im Spiel gerufen, wenn jemand abgeknallt wird.
Jemanden imaginäer totschießen, ermöglicht es ohnmächtigen oder sich unterlegenen Personen mittels besonderer Fähigkeiten (die Waffe) fiktiv Kontrolle auszuüben und sich die Welt gefügig zu machen. Dieses "noch" im Titel geht aber weiter um die Erkenntnis, dass das was im Spiel vielleicht funktioniert, in der Realität nicht funktioniert. Es geht im Prinzip beim Spiel um erleben von Macht und Stärke, dem innewohnenden Wunsch stark und unverwundbar zu sein. In der Realität bleibt es meiner Protagonistin hingegen versagt, Kontrolle (über sich und andere) ausüben zu können.

Die Ironie sehe ich höchstens darin, dass überwiegend Jungen sich spielerisch mit Waffen auch mit der eigenen Geschlechtsidentität auseinandersetzen.

Weit ausgelegt, könnte man zum Schluss kommen, dass durch die Erziehung zur traditionellen männlichen Rolle, die in unserer Gesellschaft durch Werbung und Fernsehen (immer noch) präsent ist, gewalttätige Verhaltensmuster von Männern gegenüber Frauen vielleicht immer noch "verniedlicht" werden. ;)
Danke!
LG
GD

 

Hallo Goldene Dame,

„Vielen dank, dass du dich mit diesem Text auseinandersetzen mochtest, auch wenn das Gewalthema "abgenutzt" ist.“
Immerhin hat mir die Umsetzung gefallen …

Hoffentlich nervt dich das jetzt nicht:
Was du über deine Absichten zu deinem Titel sagst, macht Sinn („Es geht im Prinzip beim Spiel um erleben von Macht und Stärke, dem innewohnenden Wunsch stark und unverwundbar zu sein. In der Realität bleibt es meiner Protagonistin hingegen versagt, Kontrolle (über sich und andere) ausüben zu können.“)

Dieses „Peng“ im Titel leitet mich aber nicht zu diesen Assoziationen, sondern vermittelt mir etwas eben nicht Ernstes (kindliches Kinderspiel), ganz im Gegensatz zu der Lage der Protagonistin. Bei diesem Titel erwarte ich eine ganz andere Geschichte. Vielleicht hast du ja die Möglichkeit,mal ein paar Leute zu fragen, welche Art von Geschichte sie erwarten, wenn sie so einen Titel hören.


L G,

Woltochinon

 

Hallo Woltochinon

Deine Einwände nerven nicht ...
Ich bin der Meinung, dass der Titel auf ein Gewalthema vorbereitet.
Der Titel soll im Grunde genommen ein Euphemismus sein, weil hier ein Tabuthema- Gewalt in der Familie- thematisiert ist. Ich habe auch den militärischen Begriff Und du zitterst doch so. Kollateralschaden, noch einen. verwendet.
Auch hier dient der Euphemismus dazu, das Unausprechliche auszusprechen.
Die Schlagwörter im Text - im Soc-, sollten so verharmlosend auftauchen, damit die Ambivalenz deutlich wird. Es sind die Gedanken der Betroffenen, die ihre Geschichte verharmlosend und beschönigend erzählt. Das ist die eigentliche Brisanz der Geschichte, weswegen ich den Soc für das "ausgelutschte" Thema vorgezogen habe. Welche Gründe hat die Protagonistin, ihre Geschichte so zu erzählen? Sind die Gedanken authentisch?
Wenn nicht, ist das Thema im Soc nicht gut umgesetzt.

LG
GD

 

Hallo Goldene Dame,

„Deine Einwände nerven nicht ...“

Danke!


Okay – dann müssen wir uns wohl darauf einigen, dass dieser Euphemismus bei mir nicht ankommt (vielleicht, zusätzlich, auch, weil nicht geschossen wird).

Dass, was ich ansprechend finde, ist schon zitiert. Bin gespannt, was andere Leser noch zu sagen haben und wünsche dir viel Spass beim Schreiben!


L G,

Woltochinon

 

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