Liebe @Katta ,
oh weia ... Ich sag mal ganz freundlich augenzwinkernd so: Dein Thread, also kannst du natürlich sagen "It's my party and I cry if I want to!". Ich frage mich - also letztlich dich - aber, ob du dir auf Dauer einen Gefallen damit tust, die Terminologie bzw. Konzepte hinter den Erzählperspektiven zu ignorieren.
Es ist völlig egal wie du es siehst, bis du dich mit Leuten austauschen willst. Wenn du dich konsequent weigerst, dein "Fahrrad" korrekterweise ein Auto zu nennen, geht es eben so lange problemlos, bis du dich mit jemandem über die Vergaser- und Keilriemenprobleme austauschen willst, und dir die anderen dauernd etwas von Rücktritt und Schlauch erzählen.
Mir scheint langsam, als ob ich von einem anderen Planeten komme und nicht verstehe, was hier so abgeht. Ich beginne langsam zu verstehen, dass ich an irgendeiner Stelle anders denke und deswegen einige Konzepte nicht oder anders verstehe ... aber ich kann noch nicht den Finger darauf legen.
Und - meine Deutung - daher eben auch diese Einschätzung, mit der du mAn durchaus richtig liegst. Nur, dass es keine emotionale Sache ist oder irgendein esoterisches Licht, das einem noch nicht aufgegangen ist, es liegt einfach an der Definition, mit der du deine Betrachtungen beschreibst.
Also, ich wiederhole, wie ich dich verstanden habe: bei der auktorialen Perspektive gibt es eine Art Kamera, die die Geschichte aufzeichnet.
Auch
@feurig Mag sein, dass ich mich ereifere, aber: Es gibt in Prosa / Geschriebenem überhaupt keine Kamera. Diese Idee führt zu - sorry, meine Meinung natürlich - idiotischen Verrenkungen, wie etwas erzählt werden sollte.
Die fly on the wall-Beschreibung kommt aus dem Dokumentarfilm (schlag mich, ich meine, der 70er/80er). Da war die Idee, ein Kameramann würde bei einer Dokumentation nur eben die Kamera draufhalten und wäre selbst unbeteilgt. Das wird seit 20+ Jahren nicht mehr so gesehen bzw. gelehrt: Auch Dokus sind gescriptet / haben ein Drehbuch, Filmemacher sind immer Teil des Gefilmten, es gibt eine Einmsichung durch Schnitt, Beleuchtung, Szenenabfolge etc. Also sind auch Dokumentarfilme erzählt und die fly-on-the-wall-Sicht gilt als überkommen, weil Trugschluss. Leider ist das in Gesprächen über Prosa noch nicht angekommen.
Ganz vor allem bedient sich der Film völlig anderer Mittel als die Literatur, weil dort alles bereits Bilder sind, die auf eine gewisse Art manipuliert und ausgewählt wurden und teils unbewusst wahrgenommen werden. Bei Text muss all das der Leser aus Buchstaben leisten und damit sind diese Mittel absolut nicht zu vergleichen.
Hast du einen Dokumentarfilm ohne Erzähler, ohne Score, ohne Geschichte, rein über eine Kamera, die feststeht, und über die Länge der Szenen, die natürliche Beleuchtung und die Perspektivwinkel gezeigt, wäre das sowas wie (ein ganz wunderbarer Film, übrigens!): Heinz Emigholz: Goff in der Wüste. Das ist allerdings auch kein erzählerischer Dokumentarfilm, also wäre das auch kein guter Vergleich zu einem neutralen auktorialen Erzähler.
Meiner Ansicht nach führt das "Kamera"-Konzept für Prosa auf eine vollkommen falsche Spur und bringt oft (meine 5 Cent) unglaublich schlechte Texte hervor. Andere mögen das selbstverständlich anders sehen.
Das ist sicher nicht so, und das meinst du sicher auch nicht. Aber ich verstehe, denke ich, dass es als personale Perspektive anders wäre, vielleicht so.
Herr Meier ging mit seiner Frau aus dem Haus und reihte sich in die Menschenmasse, die an seinem Haus vorbeizog. Er lächelte und fühlte sich jung und lebendig. "WAs für ein schöner Tag", dachte er, nahm die Hand seiner Frau, atmete tief ein und küsste sein Frau wie seit Jahren nicht mehr. Das Leben war schön.
Das dürfte ein wertender auktorialer Erzähler sein, der in den Kopf der männlichen Figur schauen kann.
Wer beschreibt sich denn (wäre das personal) als "Herr Meier mit seiner Frau"? Und:
er dachte muss die Perspektive des auktorialen Erzählers sein, ein personaler würde einfach direkt seine Eindrücke schildern.
Das "muss" ist definitiv ein Wort des Erzählers - also definitiv in meiner Leseweise, du kannst es natürlich anders gemeint haben.
Welchen Erzählers? Eine personale Perspektive ist ja auch ein Erzähler.
Über dieses "Muss" bekomme ich direkt einen Eindruck vom Erzähler, d.h. in meinen Augen ist er sehr festgelegt. Er wirkt rigide auf mich und bewertend, der Eindruck verfestigt sich dann: Auch die Wörter Anmut, Chic, Neureichen etc. verbinde ich mit dem Erzähler.
Gleiche Frage, die sich mir erst hier ...
Der erste Satz gehört für mich zum Erzähler, d.h. ich lese ihn auktorial.
beantwortet. Du nennst nur einen auktorialen Erzähler Erzähler, nicht den personalen, richtig? Argh.
Oben wusste der Erzähler, dass Arseni sich etwas eingestehen "muss" und hier weiß er nicht, ob sie sich unschlüssig ist oder nicht.
Ein auktorialer Erzähler kann durchaus allwissend sein und wissen, was die Figur denkt, auch wenn die Figur selbst damit abwechselnd etwas personal aus ihrer Sicht erzählt.
Ich denke - und deine Analyse ist jetzt doch eine riesen Hilfe, auch wenn ich deinen etwas individuellen
Zuschreibungen nicht folgen kann (will), denn du zeigst mir genau die Fehler, auf die ich nie den Finger legen konnte.
Meine Idee, einen auktorialen Erzähler mit einem personalen zu mischen (was an sich kein Fehler ist, wenn richtig aufgeteilt mit verschiedenen Haltungen konzipiert), hab ich völlig vergeigt, indem ich wild, also echt ziemlich ohne Sinn und Verstand wechsle, und ganz vor allem, weil der auktoriale (übergeordnete, körperlose) und der personale (Arseni) Erzähler die gleiche Sicht auf Dinge haben und sie auch noch in der gleichen Sprache sagen.
Aber so wild durcheinander finde ich das eigentlich gar nicht. Das meiste ist doch auktorial, oder nicht? Dein Erzähler ist insgesamt sehr bewertend und dadurch für mich unsympathisch. Das finde ich die größte Herausforderung. Ich habe nach diesem kurzen Ausschnitt nicht so richtig Lust ihm zuzuhören, weil ich denke, dass er ein Arsch ist.
Genau. Ich hab null gemerkt

, dass der auktoriale Erzähler die Arsch-Perspektive der Figur teilt. Damit bietet sich dem Leser nix anderes und das will keiner lesen. Damit ist aber alles ein Sumpf, den man nicht entsumpfen kann, indem man jetzt die Erzähler besser aufteilt (auktorial neutraler, Arseni so lassen). Das muss ganz anders.
Ich weiß jetzt - und daher habt ihr beide mir echt riesig geholfen, auch wenn ich mit euren Perspektiv-Anaylsen gar nicht überall mitgehe -, dass ich alle dieser Szenen vollständig umschreiben muss. Nämlich alles personal auf Arseni (und den weniger arschig), sodass nicht noch der Erzähler mitdrinhängt und das alles mit seiner Sicht unterstützt.
Letztlich hab ich den Leser mit nicht nur einem unysympathischen Erzähler (Arseni, personal), sondern zwei (auch noch dem ebenso unsympathischen auktorialen) allein gelassen. Das geht überhaupt nicht. Jetzt verstehe ich endlich, warum die Lektorin solche Aversionen gegen das Kapitel (und die Figur) hatte, auch wenn Arseni in allen anderen Kapiteln empathisch / unarschig ist.
Außenbetrachtung aka Beobachtung von Arseni. Ein auktorialer Erzähler wüsste, ob sie tatsächlich unschlüssig ist, sie selbst weiß es auch.
Betrachtung von Arseni sollte doch Innenbetrachtung sein, oder stehe ich auf dem Schlauch? Das ist aber genau mein Fehler. Genau der Eindruck, den du hast, sollte überhaupt nicht sein,
das genau ist mein Perspektivfehler - ganz lieben Dank!!!
Ich muss zugeben, in diesem Thread sehe ich solange recht klar, bis du meine Welt wieder in Chaos stürzt. Da ich ein ziemlich strukturierter Typ bin, muss ich für mich jetzt erstmal das Chaos ordnen.
Sorry, liebe Katta, wirklich.

Aber mir ging es auch so.
Letztendlich glaube ich jedoch, dass es wichtig ist, sich zumindest beim Schreiben soweit verorten zu können, dass man weiß was man wie schreiben will, damit die Perspektive nicht die ganze Zeit springt. Mit einem springenden Erzähler (personal, auktorial und wieder zurück) springt nämlich auch die Perspektive und damit flackert letzlich auch das Bild der Szene.
Da gehe ich voll mit. Genau den Fehler hab ich gemacht, ohne es gewollt der gar geplant zu haben. Ich dachte damals, ich hätte einen neutralen auktorialen und einen wertenden personalen Erzähler. Ich hab tatsächlich aber einen Brei aus beidem.
Vielleicht auch, weil ich einen Autor auch immer als Erzähler betrachte.
Ja, faktisch, aber nicht als Definition. Bei der Definition wird ja der Autor vom Erzähler getrennt, sonst wären alle Horror- und Thrillerschreiber privat Psychopathen.
Bei auktorial sitzt die Kamera im Himmel und du kannst beliebige Szenen ranzoomen.
s.o. zur Kamera. Das kann man so doch gar nicht sagen, wozu sollte ein Prosa-Erzähler die Krücke "zoomen" nehmen?
Ist immer noch eine Beobachtung, aber um beide wissend, also auktorial. Die Kamera hängt sozusagen an der Decke.
dito.
Das ist eine einfache nüchterne Betrachtung. Könnte auch personell sein, wenn der Charakter einfach nur aufnimmt, was er/sie/es sieht. Arseni ist es allerdings nicht, denn der kennt den Raum und die dortige Lichtsituation und würde das nicht so distanziert (...)
Mein Plan war tatsächlich, dass Arseni in diesem Kapitel stark von sich enfremdet ist (und zudem ist er Maler), dahr war das ausnahemsweise so geplant: eine kühle Beschreibung in personaler Sicht. Mit meinem ganzen Schlamssel kann das aber gar nicht erkannt werden.
Ich gehe bei diesem Dialog-Auszug mit "personell aus Arsenis PoV" ins Rennen, weil der zweite kursive Satz eindeutig personell ist und der von dir zitierte kursive Satz (und der Rest des Auszugs) sowohl als auch sein kann.
Ich denke, ich hab das unzulässig gemixt, obwohl es mein Plan war, Arsenis Sicht unabhängig vom auktorialen Erzähler zu beschreiben. Gelungen ist mir das null.
Aber durch eure Kommentare sehe ich zum allersten Mal seit 10 Jahren ganz klar, was genau ich da verbockt hab, und damit vor allem, dass ich alles völlig neu schreiben muss. Das sehe ich jetzt nicht als Probelm an. Mein Problem war, dass ich nciht wusste, was kicken und was behalten, damit die Figur so eingeführt wird, wie ich sie zeigen will.
Habt beide Dank, ich freue mich riesig!
Liebe Grüße,
Ms Manic Katla