Was ist neu

(Personale) Erzählperspektive

Perspektivwechsel ist kein Ding des Umformulierens. Der Autor muss sich wirklich in die Figur hinein denken wie ein Schauspieler in seine Rolle.
Ja, so langsam kommt das in meinem Großhirn, aber vor allem meinem Schreibgefühl an.
Ich habe mich gefühlt beim Schreiben bisher eher herumgetrieben. Dadurch sind dann meinem Erzählet Dinge in den Blickwinkel geraten, die da nicht hingehören. Also muss ich konsequenter schreiben bzw. mich tiefer auf meinen jeweiligen Etzähler einlassen.
Okay, aber zumindest leuchtet mir jetzt ein, was sich hinter den Begriffen verbirgt.
Ich geh dann mal üben.
Hab Dank @wörtherr fürs theorisieren. Gerne auch noch zu einer anderen Perspektive, lass dich nicht bremsen.
Mir sind am Wochenende dann auch noch die Fehlermöglichkeiten von erlebter oder ... Mist, jetzt hab ich doch wieder vergessen - untergekommen. Wertungen des ich-Erzählers gehen nur, wenn es bereits vergangene Handlungen sind.? Mh, ne, so kann das auch nicht stimmen.
Oh, Schreibtheorie hat es in sich!

 

Wertungen des ich-Erzählers gehen nur, wenn es bereits vergangene Handlungen sind.? Mh, ne, so kann das auch nicht stimmen.
So pauschalisieren würde ich das nicht.

„Angewidert sehe ich den Penner an. Diese Taugenichtse gehörten eingesperrt. Ich wende meinen Blick ab, ziehe mir die teuren Lederhandschuhe über.“

Der Penner riecht nach Pisse. Ich komme nicht drumherum, angewidert wegzuschauen. Ich weiß, dass das falsch ist. Mutter sagte mir, das könne jedem passieren. Und dennoch ist das so weit weg von meinem Börsenmaklerdasein, dass ich diese Menschen lieber ignoriere.

Aber:

Hätte ich damals schon gewusst, dass mein Leben mit dem großen Börsencrash diese Wendung nimmt, ich hätte an diesem Tag dem armen Mann Geld in den Hut geworfen. Stattdessen ging ich vorbei, schaute angewidert weg, während ich meine teuren Lederhandschuhe überzog.

 
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Liebe Witch,

Mir sind am Wochenende dann auch noch die Fehlermöglichkeiten von erlebter oder ... Mist, jetzt hab ich doch wieder vergessen - untergekommen. Wertungen des ich-Erzählers gehen nur, wenn es bereits vergangene Handlungen sind.?
Erlebte Rede? Stream of Consciouness?
Und ein Icherzähler kann (oder sollte sogar) immer werten. Ebenso ein ein personaler. Beide können auch werten, wenn es um Gegenwart oder - angenommene, erwartete oder befürchtete - Zukunft geht. (Furchtbarer Satz, aber so: Sie würde die Krise bekommen, wenn ihre bescheuerte Nachbarin am Sonntag wieder vorbeikäme.)

Keiner von beiden kann aber - außer du legst das in einer Geschichte explizit fest, wenn der Erzähler in der Zeit reisen kann, einen Gott oder anderes Spekulatives darstellt etc. - etwas als einen erlebten Fakt / Erinnerung erzählen, wenn das in der Zukunft liegt.
Das könnte nur ein allwissender auktorialer Erzähler: Marion kann nicht ahnen, dass in wenigen Tagen eine Katastrophe geschehen wird.

Jetz lege ich noch einen drauf, zumindest theoretisch. Wenn Charlotte in der Ich-Perspektive erzählt, würde sie es ja noch anders beschreiben. Vieles ist ja für sie logisch, zum Beispiel ein zerbeulter Kotflügel würde wohl eher in einem Gedanken wie: "Wo sind die denn reingeknallt, letzte Woche sah der Kotflügel noch okay aus." oder halt gar nichts in die Richtung. Hier wäre dann wohl eher eine Formulierung wie: Ich kneife die Augen zusammen. Seltsam, dass ist doch ein Fahrzeug von der Behindertenwerkstatt. Mir ist das Logo auf einem der Wochenmärkte aufgefallen.
Oder liege ich jetzt falsch?
Ein Icherzähler erzählt ja nicht unbedingt seine Gedanken nach, wie sie ihm gerade durch den Kopf gehen, in den meisten Fällen übernimmt der Icherzähler auch die Funktion eines auktorialen und ordnet das Erzählte für den Leser.

Formulierst du dein Beispiel hier als personal anstatt Icherzähler, näherst du dich dem Deep Point of View, einer Extremform des personalen Erzählers, der quasi den Leser gnadenlos durch all seine Gedankengänge mitschleift - selbst dann, wenn sie nix zur inneren oder äußeren Handlung beitragen: Sie kneift die Augen zusammen: Seltsam, das ist doch ein Fahrzeug von der Behindertenwerkstatt. Ihr ist das Logo auf einem der Wochenmärkte aufgefallen.


Genau, als Autor:in ist man auch Schauspieler:in oder besser vielleicht: Schreibspieler:in.
Da würde ich wesentlich weiter gehen: Besser mit dem Blick der Figur zu sehen, als wäre es eine lebende Person. Also keine Rolle, sondern eine Identität aus Innensicht annehmen.

 

Moin!

Erlebte Rede? Stream of Consciouness?
Und ein Icherzähler kann (oder sollte sogar) immer werten. Ebenso ein ein personaler. Beide können auch werten, wenn es um Gegenwart oder - angenommene, erwartete oder befürchtete - Zukunft geht. (Furchtbarer Satz, aber so: Sie würde die Krise bekommen, wenn ihre bescheuerte Nachbarin am Sonntag wieder vorbeikäme.)
Da sieht man mal deutlich, wie wichtig präziser Sprachgebrauch ist. Also der Grund für den verschwurbelten Satz geht in Richtung Erzählzeit. Wenn meine Charlotte im Präsens, also im jetzt denkt, fühlt und spricht, wird sie höchstwahrscheinlich nicht in gleicher Weise agieren, als wenn sie es in der Vergangenheit erzählt und damit ja einen ganz anderen Blick auf die Geschehnisse hat. Da halte ich nicht für unwichtig, gefühlt wird sie oft sehr impulsiv sein, würde nach etwas Bedenkzeit eher schweigen oder gar anders handeln.

Keiner von beiden kann aber - außer du legst das in einer Geschichte explizit fest, wenn der Erzähler in der Zeit reisen kann, einen Gott oder anderes Spekulatives darstellt etc. - etwas als einen erlebten Fakt / Erinnerung erzählen, wenn das in der Zukunft liegt.
Das ist zum Glück eines der wenigen Dinge, die mir absolut einleuchten. Ich kriege das Problem Perspektive jetzt auch langsam zu fassen. Es ist die Art und weise, wie ich mich in meine Protagonisten hineinversetze. Nur in einen Kopf direkt, leicht darüber schwebend, eventuell mit abtauchen in einzelne Köpfe oder gar vom Rande aus beobachtend. Und bei dieser gewählten Perspektive muss ich bleiben, damit der Leser mir wirklich folgen kann.

Ich glaube, mien Denkproblem war (ist immer noch etwas), das ich es auf eine optische Perspektive begrenzt habe. Das Problem, dass ich diesen Blickwinkel meinen Lesern ja durch die jeweilige Wortwahl und vor allem die Art, wie ich einen Sachverhalt beschreibe, erlebbar mache, als Figur überhaupt erlebe - das rastet erst allmählich ein.

in den meisten Fällen übernimmt der Icherzähler auch die Funktion eines auktorialen und ordnet das Erzählte für den Leser.
Da kommt dann wohl die nächste Baustelle, dass muss ja so erfolgen, dass es unauffällig passiert, nicht platt und direkt. Mh, naja, vielleicht klappt das zum Teil intuitiv, erstmal machen: Manchmal habe ich das Gefühl, mir mit zuviel Schreibtheorie selbst im Weg zu stehen. Allerdings das Perspektivproblem muss definitv raus.

Also keine Rolle, sondern eine Identität aus Innensicht annehmen.
Im Prinzip ja, ich schätze Mal, das Maedy hier auch eher an die schwierigen Prots denkt, da will man gefühlt ja nicht wirklich reinschlüpfen (auch wenn erst das Schreiben intensiv und erlebbar macht). Dann wählt man eventuell eher eine Perspektive mit mehr Abstand oder die Innenansicht eines Beobachters. Aber ich denke, ich verstehe was ihr beide ausdrückt.

Lieben Dank, nun muss ich mal die letzte Geschichte so überarbeiten, dass es sauberer wird.
Aber heute scheint hier die Sonne, da kürze ich die Mittagspause mal ein und vershciebe die Schreibzeit in den früher dunkel werdenden Nachmittag
witch

 
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Im Prinzip ja, ich schätze Mal, das Maedy hier auch eher an die schwierigen Prots denkt, da will man gefühlt ja nicht wirklich reinschlüpfen
An die dachte ich aber - gerade an die. Ich kenne auch keine gute Prosa, bei der Autoren das zu vermeiden versuchen.
(Und klar ist das manchmal schwierig, vor allem, wenn einem die Persönlichkeit der Erzähler/Protas entgegensteht.)
Wenn meine Charlotte im Präsens, also im jetzt denkt, fühlt und spricht, wird sie höchstwahrscheinlich nicht in gleicher Weise agieren, als wenn sie es in der Vergangenheit erzählt und damit ja einen ganz anderen Blick auf die Geschehnisse hat.
Ja, ganz genau.
Da halte ich nicht für unwichtig, gefühlt wird sie oft sehr impulsiv sein, würde nach etwas Bedenkzeit eher schweigen oder gar anders handeln.
Die Frage ist: Wie spannend ist es für Leser, wenn sie nur so spontane Kurzschlußgedanken / -reaktionen bekommen? Ist jetzt keine Fangfrage, es gibt sicher Leser, die Deep PoV schätzen. Mir gibt das nix, ist Geschmacksache, aber sicher eine Überlegung wert.


Und bevor ich nur Sachen schreibe, die ich selbst zumindest in der Theorie klar hab, poste ich auch mal ein extremes Negativbeispiel aus einem unbearbeiteten, zehn Jahre alten Langtext. Dies ist fast direkt der Anfang des Manuskriptes, ein Intro, das letztlich chronologisch am Ende des Buches passiert, aber als Zirkelschluß an den Anfang gestellt ist.

Mein Vorhaben damals war: Mix aus auktorialer und personaler Perspektive, mit Überhang zu letzterem. Möglich ist das, hinbekommen hab ich es null.
Meine Lektorin wollte alles rein personal haben (ich vermute fast, sie hätte gern Deep PoV, den ich aber nicht schreiben will).
Meine eigene Fehleranalyse folgt unter dem Ausschnitt.

Im Treppenaufgang zu seiner Wohnung angekommen, muss Arseni sich eingestehen, dass er Anmut mit dem Chic der Neureichen verwechselt hatte, Scheu mit der Gleichgültigkeit einer Betrunkenen. Inzwischen hängt sie an seinem Arm und plappert sie munter vor sich hin. Arseni kramt nach seinem Schlüssel und zählt die Sekunden [Die Szene beginnt im Aufzug, es wäre klar, dass ich meine: zählt die Sekunden, bis der Aufzug angekommen ist].

Sie wirft im Flur ihren Mantel auf den Boden, streift die Schuhe ab, bewegt gerötete Zehen in Nylonstrümpfen. An der Handtasche hält sie sich einen Moment fest, als sei sie plötzlich unschlüssig, ob sie diesem Fremden trauen kann. Die Tasche landet auf dem Mantel. Zielstrebig durchquert Elena den Flur, ignoriert Arseni, der in der Küche auf sie wartet, und steht schon im Atelier. Das Deckenlicht flackert und erhellt einen Raum ohne Schatten.

„Hm“, sagt sie, „und das nennst du Schlafzimmer?“
Arseni greift nach ihrem Arm, doch sie reißt sich los. „Hey, warte, das ist doch interessant …“
„Drüben steht Wodka. Den willst du nicht warm werden lassen, oder?“ In diesem Zimmer ist sie ein Fremdkörper, Eindringling, der ihn sticht wie ein Staubkorn unterm Augenlid.
„Wodka … hast du keinen Champagner?“ Ihre Stimme klingt verstellt, zu hoch. „Oder wenigstens `n Sekt?“


Meine bisherige Fehlersuche hat ergeben (außer, dass es allgemein kein guter Schreibstil ist :D):
- Völlig chaotischer Mix aus auktorialer und personaler Sicht, wobei es mir unbewusst dauert passiert ist, auch noch zwischen den Perspektiven beider hin- und herzuspringen. Dabei ist die Frau nur eine Statistin, die nur in dieser ersten (letzten) Szene auftaucht, um etwas an der Problematik des Prota aufzuzeigen. Er ist der zweite Protagonist / Erzähler im Buch, seine Sicht wechselt kapitelweise mit der Icherzählerin der Hauptfigur.
- Die Haltung des auktorialen bzw. auktorial-personalen Erzählers kommt ungünstigerweise nur dann raus, wenn etwas negativ gewertet wird und damit klingt es obendrein wie die Stimme der Autorin (obwohl ich das so nicht geplant hatte bzw. das selbst gar nicht so sehe).

Das ist jetzt aber nicht zu lösen, indem ich den ganzen Sermon aus seinem Kopf raus erzähle, ohne etwas an den Sätzen selbst groß zu ändern (das hatte die Lektorin vorgeschlagen, imA macht es die Sache aber nicht besser).
Da müssen ganze Passagen raus, nicht nur einige Erwähnungen, die ihre Sicht sind, sondern auch diese Art zu erzählen muss geändert werden: Was ihm auffällt, warum und wann er etwas erzählt. Die Sprache darf nicht zwischen beiden hin- und herchangieren, sondern alles muss s/eine Stimme bekommen. Damit wird sich die gesamte Szene (bzw. in der Konsequenz 50% des Manuskriptes, die aus seiner Perspektive erzählt werden) ändern.
Es reicht also nicht, hier blind die Erzählhaltung auszubügeln, sondern die Sicht auf alles muss anders.

Weitere Kritik herzlich willkommen.
@greenwitch Das meinte ich übrigens mit 'aus dem Glashaus mit Steinen werfen', denn ich sehe inzwischen, dass rein negative Charaktere (er ist es nur in diesem Kapitel) keine Spannung erzeugen und ganz vor allem keinen guten Einstieg ergeben.

 

Im Prinzip ja, ich schätze Mal, das Maedy hier auch eher an die schwierigen Prots denkt, da will man gefühlt ja nicht wirklich reinschlüpfen (auch wenn erst das Schreiben intensiv und erlebbar macht). Dann
Ich glaube, @Katla und ich sind nicht so weit voneinander weg. Ich dachte nicht, an die schwierigen Protas, aber ein/e gute/r Schauspieler:in macht genau das, was Katla schreibt.
Aber dennoch ist es am Ende eine Rolle und Schauspieler:in verlieren trotz der Annahme der anderen Identität nicht die eigene. So sehe ich das auch als Schriftsteller:in. Ich schreibe in der Ich-Petspektive, denke mich voll ein, aber werde dadurch natürlich nicht zu meinem Prota.
Das ist jedenfalls ein Punkt, den ich sehr spät verstanden habe. Ich habe auch beim Ich-Erzähler irgendwie eine Distanz gelassen, die es m. E. nicht geben darf. Und wenn der Prota grundverschieden von meinem Ich ist, dann muss ich mich beim Schreiben darauf einlassen, völlig in ihn hineinzuschlüpfen. Jedenfalls für mich hat das sehr viel Ähnlichkeit mit dem, was gute Schauspieler machen, wie z. B. Heath Ledger als Joker (den Selbstmord außen vorgelassen).

 

@Maedy Method Acting (Writing), ja verstehe ich. Klar wird man nicht zu der Figur. Allerdings klammere ich wirklich diese Distanz vollkommen aus, also ich versuche nicht, über das Vehikel schauspielern / Szenen / Filmkamera / Bühne zu gehen.

 

@Katla – ich nehme dieses Vehikel nicht, weil ich Distanz bewahren will. Wie gesagt, beim Schreiben war das lange mein Fehler, diese Distanz zu halten.
Ich finde aber „Schauspielerei“ als Metapher ganz passend, weil ich so am besten erklären kann, dass ich zum Schreiben in einen völlig anderen Charakter schlüpfe.
Meine Protas selbst haben oft wenig mit mir gemein. Das ist eher die Prämisse, die natürlich nicht selten meine Weltansicht transportiert.

LG

 
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Sobald ich einen eigenständigen Erzähler habe, der eine eigene bzw. andere Meinung hat als die perspektivtragende Figur usw. ist das ein auktorialer Erzähler, oder?

Das muss nicht sein. Er kann ja auch ein unzuverlässiger Erzähler sein. Es kommt auch darauf an, ob dein Erzähler insgesamt in die Handlung eingreift oder nicht.

Auktorial in der Reinform wird heute nicht mehr so oft genommen, weil es ethisch nicht mehr so ganz als vertretbar gilt, da der Autor sozusagen Gott spielt und das ganze Geschehen, alle Emotionen aller Beteiligten und sogar die Chronologie kennt und beeinflusst. Das sind so die klassischen "Es war einmal" Stories.

Personal kann man auch variieren. Ganz streng fokalisiert nur auf einen Charakter. Man kann auch fast vollkommen neutral schreiben, das ist wie eine personale Perspektive nur ohne Innenansicht, ähnlich einer Kamera.

Also ob ich einen Ich-Erzähler oder personalen Erzähler wähle ist am Ende reine Geschmackssache, ändert aber rein inhaltlich nichts. Ist das richtig?
Das ist ein riesiger Unterschied. Alleine vom Sound her. Ein Ich-Erzähler kann viel eher eine Rolle sprechen, also tatsächlich einen Soziolekt haben, bei einem personalen Erzähler wäre ich da vorsichtig, das müsste schon plausibel sein.

Einer der Texte ist in 1.Person Präsens und da habe ich mich schon die ganze Zeit gefragt, wem erzählt sie das eigentlich?
Dieses Problem hast du in einem Text ohne Rahmenhandlung immer. Es ist ein gentlemens agreement, das der Leser bei personal oder Ich nicht so genau nachfragt. Woher weiß der personale Erzähler das alles? War er dabei? Jeder Krimi ist so geschrieben, die meisten vorgeblich literarischen Bücher auch. Da unterscheidet sich auch, was wirklich Weltklasse ist - wenn es ein Roman ist mit einer Rahmenhandlung, die so erzählt wird, dass jeder Erzähler genau und exakt erzählt, seinem Wissensstand nach. Da wird auch nach der Bedingung gefragt, warum muss erzählt werden? Spontan fällt mir "Der Name der Rose" von Eco ein.

Die Frage sollte sein, was will ich wie erzählen?

Gruss, Jimmy

 

Ich kann die Diskussion leider gerade nicht so verfolgen, weil ich gerade auf einer Fortbildung mitten im Wald bin und nur an sehr wenigen Orten Internet habe. Ich lese aber am Wochenende wieder mit. Wollte hier nicht einfach so verschwinden.

 

Auktorial in der Reinform wird heute nicht mehr so oft genommen, weil es ethisch nicht mehr so ganz als vertretbar gilt, da der Autor sozusagen Gott spielt und das ganze Geschehen, alle Emotionen aller Beteiligten und sogar die Chronologie kennt und beeinflusst. Das sind so die klassischen "Es war einmal" Stories.

Warum ist das ethisch nicht vertretbar? Sind nicht alle Autor:innen Gött:innen ihrer Bücher? Der Auktoriale trägt es nur offen zur Schau.

 

Hallo Jimmy,

ja, sehr guter Punkt, die Erzählhaltung verändert alles, nicht nur die Personalpronomen.

Es ist ein gentlemens agreement, das der Leser bei personal oder Ich nicht so genau nachfragt.
Das stimmt auf jeden Fall, ich denke aber, es gilt für sämtliche Erzählungen. Selbst für fiktionale/fiktionalisierte (Auto-)Biographien.

Auktorial in der Reinform wird heute nicht mehr so oft genommen, weil es ethisch nicht mehr so ganz als vertretbar gilt, da der Autor sozusagen Gott spielt und das ganze Geschehen, alle Emotionen aller Beteiligten und sogar die Chronologie kennt und beeinflusst. Das sind so die klassischen "Es war einmal" Stories.
Genau, Märchen und Legenden. In der Science Fiction funktionieren auktoriale Erzähler aber auch sehr gut, weil man ja oft sogar Szenen ohne Menschen hat, z.B. nur verlassene Landschaften. Oder Maschinen als Handelnde - aber nicht unbedingt auch als Figuren. Letztlich funktionieren sie mAn in allen Genres, die extensiven Weltenbau erfordern (allg. spekulativen).

Gerade bei SF kann ein neutraler auktorialer (ob nur eingeschränkt oder allwissend, gar allmächtig) einen schönen kühl-sachlichen Tonfall reinbringen, der einen zusätzlichen "technischen" Eindruck vermittelt.

Ein best practice wäre z.B. das grandiose Intro von Lems Der Unbesiegbare, in dem die Systeme des titelgebenden Raumschiffs starten. Da ist die Besatzung noch nicht aus dem Kälteschlaf erwacht. (Genauso hat es der Film Alien ja auch gehandhabt, auch wenn man Kamera / Schnitt sicher weniger bewusst aufnimmt als man eine Erzählstimme liest.)

 
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@Maedy Das sage ja nicht ich, sondern irgendein schlauer Literaturwissenschaftler. Ich habe mir darüber selbst noch keine Gedanken gemacht, um ehrlich zu sein. Ich kann auch nicht genau sagen, warum ich wie mich bei welchem Text wie entscheide. Das passiert organisch. Manches schreibe ich um in personal oder Ich, da gibt es plötzlich eine andere Möglichkeit, der Text bekommt eine andere Haltung, eine andere Stimme ... ein Rest Magie, hoffe ich.

 
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Hallo,
ich noch mal, bin jetzt von der Fortbildung zurück und finde einige Dinge noch ganz hilfreich. Ich kriege jetzt, glaube ich, nicht mehr so recht zusammen, wer jetzt wo was gesagt hat.
@Katla
Ich wollte auf gar keinen Fall eine semantische Diskussion aufmachen, das hilft mir ja auch nicht weiter. Wie gesagt, war meine Herangehensweise von einem Plot ausgehend, d.h. ich habe einen Plot und überlege, wer den wie erzählen könnte. Und da bin ich dann zu dem Schluss gekommen, dass die (in meinen Augen eben uneindeutigen) Konzepte der drei Erzähler (Ich, personal, auktorial) nicht hilfreich sind. Ich glaube aber schon, dass es hilfreich ist/sein kann, an bestehenden Texten das zu analysieren. Auch meine Aufzählung der Merkmale hat mir nicht wirklich geholfen. Meine Erfahrung zum jetztigen Zeitpunkt ist, dass es schon so ist, wie @jimmysalaryman schreibt:

Ich kann auch nicht genau sagen, warum ich wie mich bei welchem Text wie entscheide. Das passiert organisch. Manches schreibe ich um in personal oder Ich, da gibt es plötzlich eine andere Möglichkeit, der Text bekommt eine andere Haltung, eine andere Stimme ...
Ich habe angefangen und nicht so richtig reingefunden, dann aber irgendwann doch und ich weiß nicht, ob man da so kognitiv rangehen kann, an die Analyse schon, aber beim Schreiben irgendwie nicht.

@wörtherr
Deine Ausführungen fand ich sehr hilfreich. Ich verstehe es so, dass es eben am Ende um Wissen geht und, wie du schreibst, um Subjektivität vs. Objektivität. Es gibt die auktoriale Herangehensweise und die personale. Ein Ich-Erzähler ist im Grunde eine personale Herangehensweise, das Pronomen ist halt in der 1. Person und nicht in der 3. Und ja, klar, der 3.Person-Erzähler wirkt anders als der 1.Person-Erzähler. Bei der 1. Person gibt es einen ganz klaren Erzähler. Bei der 3. Person personal verschwindet der irgendwie.

Ein Ich-Erzähler kann viel eher eine Rolle sprechen, also tatsächlich einen Soziolekt haben, bei einem personalen Erzähler wäre ich da vorsichtig, das müsste schon plausibel sein.
Ich glaube, dass ist genau das, was ich irgendwie blöd finde und woran ich die ganze Zeit hänge. Ich will gerne 3. Person personal schreiben, mag auch zB erlebte Rede, aber dann stört mich (und zwar vielmehr beim Schreiben, als beim Lesen), dass es keinen klaren Erzähler gibt, da kriege ich das GEfühl als wäre ich der Erzähler, aber ich will doch Autorin sein :silly:. Andererseits gibt mir die 3. Person auch noch mal einen anderen Zugang zur Figur als die 1. Person. Ich glaube, ich werde da noch mal ein bisschen rumprobieren. Bin da noch nicht am Ende mit ...
Objektive Beschreibungen, wie ob X Y kennt oder nicht (das Ob ist hier das Objektivierende, stünde im Satz bildhaft-assoziativ, wie gut sie den Schriftzug kennt, wäre das möglicherweise anders: Die Bewertung, wie gut sie ihn kennt, wäre ja wiederum subjektiv), deuten eher auf eine auktoriale Perspektive hin, unabhängig ob ich oder sie Y kenn(t). Subjektive Beschreibungen deuten dagegen auf eine persönliche Perspektive hin, ebenso unabhängig vom Pronomen.
Ja, genau das ist, was ich meine. Es ist unabhängig vom Pronomen. Es gibt personale bzw. subjektive Beschreibungen und auktoriale bzw objektive. Die Frage ist: Wem gehört eine Beschreibung - ganz unabhängig vom Pronomen? Wer würde zB bestimmte Wörter oder Beschreibungen verwenden? Gehört sie zur perspektivtragenden Figur? Dann ist sie personal. Oder gehört sie zum Erzähler, dann ist sie auktorial. So verstehe ich es jetzt zumindest. Ich bitte um Korrektur, falls ich es missverstehe. Ein Beispiel:
Lisa fiel auf die Knie, ihre dünnen Beine trugen sie nicht mehr.
Das ist auktorial, weil Lisa so wohl kaum über ihre Beine denken würde. Ich kann den Satz aber auch einem Ich-erzähler in den Mund legen.
Ich sah, wie Lisa auf die Knie fiel; ihre dünnen Beine trugen sie nicht mehr.
Das ist immer noch eine auktorial Beschreibung, mMn, aber trotzdem kein auktorialer Erzähler.
Das hier wäre mMn eine personale Beschreibung:
So verdammt kraftlos fiel Lisa auf die Knie, als hätte jemand einen Stöpsel gezogen und alle Kraft einfach ablaufen lassen.
Weil das definitiv Lisas Sicht auf die Dinge ist. "verdammt kraftlos" ist, wie sie die Situation bewertet, es sind ihre eigenen Worte sozusagen. Sie fühlt die Kraft wegrinnen, das ist, wie sie die Situation erlebt.
Und auch als Ich-Erzähler funktioniert das:
Ich fiel so verdammt kraftlos auf die Knie, als hätte ...

Eine Frage, die wieder bei mir auftaucht. Sowas wie:
So verdammt kraftlos fiel Lisa auf die Knie, als hätte jemand einen Stöpsel gezogen und alle Kraft einfach ablaufen lassen.
Das hinter ihr die Sonne unterging sah Lisa nicht, sie war ganz bei sich, bei ihren Beinen, die sie nicht mehr spürte.
Ist das also ein Perspektivfehler? Weil der 1. Satz eine personale Beschreibung und der zweite Satz eine auktoriale Beschreibung ist?

@Katla, ich darf mich nochmal versuchen, an deinem Beispiel, richtig?

Im Treppenaufgang zu seiner Wohnung angekommen, muss Arseni sich eingestehen, dass er Anmut mit dem Chic der Neureichen verwechselt hatte, Scheu mit der Gleichgültigkeit einer Betrunkenen. Inzwischen hängt sie an seinem Arm und plappert sie munter vor sich hin. Arseni kramt nach seinem Schlüssel und zählt die Sekunden [Die Szene beginnt im Aufzug, es wäre klar, dass ich meine: zählt die Sekunden, bis der Aufzug angekommen ist].
Das "muss" ist definitiv ein Wort des Erzählers - also definitiv in meiner Leseweise, du kannst es natürlich anders gemeint haben. Über dieses "Muss" bekomme ich direkt einen Eindruck vom Erzähler, d.h. in meinen Augen ist er sehr festgelegt. Er wirkt rigide auf mich und bewertend, der Eindruck verfestigt sich dann: Auch die Wörter Anmut, Chic, Neureichen etc. verbinde ich mit dem Erzähler. Auch dass er die Sekunden zählt, würde ich dem Erzähler zuordnen. Also ein auktorialer Absatz. Einzig beim kursiven bin ich nicht sicher, das wirkt als wäre es Arsenis Perspektive. Dass sie an seinem Arm hängt, sie hängt ja nicht wirklich, es fühlt sich wohl nur so an. Auch das "plappern" könnte von Arseni stammen. Der Erzähler scheint anders zu formulieren.

Sie wirft im Flur ihren Mantel auf den Boden, streift die Schuhe ab, bewegt gerötete Zehen in Nylonstrümpfen. An der Handtasche hält sie sich einen Moment fest, als sei sie plötzlich unschlüssig, ob sie diesem Fremden trauen kann. Die Tasche landet auf dem Mantel. Zielstrebig durchquert Elena den Flur, ignoriert Arseni, der in der Küche auf sie wartet, und steht schon im Atelier. Das Deckenlicht flackert und erhellt einen Raum ohne Schatten.
Der erste Satz gehört für mich zum Erzähler, d.h. ich lese ihn auktorial. Der zweite haut dann nicht hin, mit dieser als-ob-Konstruktion. Oben wusste der Erzähler, dass Arseni sich etwas eingestehen "muss" und hier weiß er nicht, ob sie sich unschlüssig ist oder nicht. Der Rest ist für mich auktorial und gehört zum Erzähler.

„Hm“, sagt sie, „und das nennst du Schlafzimmer?“
Arseni greift nach ihrem Arm, doch sie reißt sich los. „Hey, warte, das ist doch interessant …“
„Drüben steht Wodka. Den willst du nicht warm werden lassen, oder?“ In diesem Zimmer ist sie ein Fremdkörper, Eindringling, der ihn sticht wie ein Staubkorn unterm Augenlid.
„Wodka … hast du keinen Champagner?“ Ihre Stimme klingt verstellt, zu hoch. „Oder wenigstens `n Sekt?“
Beim ersten kursiven Satz bin ich unsicher. Keine Ahnung wieso, aber durch das "der ihn sticht" wird es für mich irgendwie personal.
In diesem Zimmer ist sie ein Fremdkörper, Eindringling. Sie sticht ihn, wie ein Staubkorn unterm Augenlid sticht.
Das wäre für mich auktorial. So gehörte das für mich zum Erzähler - nur für mich, in meiner Lesart. Aber so wild durcheinander finde ich das eigentlich gar nicht. Das meiste ist doch auktorial, oder nicht? Dein Erzähler ist insgesamt sehr bewertend und dadurch für mich unsympathisch. Das finde ich die größte Herausforderung. Ich habe nach diesem kurzen Ausschnitt nicht so richtig Lust ihm zuzuhören, weil ich denke, dass er ein Arsch ist. Da müsstest du mir als Autorin natürlich schon ein bisschen etwas anbieten, ihn irgendwie besonders machen, dass ich Lust bekäme ihm zuzuhören. Also für mich ist nicht die Perspektive hier verquer (die paar Stellen wären ja schnell ausgebessert), sondern es liegt für mich am Erzähler, dass es nicht funktioniert.

Viele Grüße
Katta

 
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Hallo @Katta ,

bleibt spannend. Ich muss zugeben, in diesem Thread sehe ich solange recht klar, bis du meine Welt wieder in Chaos stürzt. Da ich ein ziemlich strukturierter Typ bin, muss ich für mich jetzt erstmal das Chaos ordnen. Ist natürlich eine sehr personale Ansicht :)

Und da bin ich dann zu dem Schluss gekommen, dass die (in meinen Augen eben uneindeutigen) Konzepte der drei Erzähler (Ich, personal, auktorial) nicht hilfreich sind.
Jein. Ich verstehe was du meinst. Letztendlich glaube ich jedoch, dass es wichtig ist, sich zumindest beim Schreiben soweit verorten zu können, dass man weiß was man wie schreiben will, damit die Perspektive nicht die ganze Zeit springt. Mit einem springenden Erzähler (personal, auktorial und wieder zurück) springt nämlich auch die Perspektive und damit flackert letzlich auch das Bild der Szene. Wenigstens ist das meine laienhafte Erklärung für das Gefühl, das eine hüpfende Perspektive in meinem Kopf verursacht.
Ähnlich, wie wenn du bei einem Shooter zwischen Ego und Third-Person hin und her wechselst.

Ich will gerne 3. Person personal schreiben, mag auch zB erlebte Rede, aber dann stört mich (und zwar vielmehr beim Schreiben, als beim Lesen), dass es keinen klaren Erzähler gibt, da kriege ich das GEfühl als wäre ich der Erzähler, aber ich will doch Autorin sein
Joa, das ist wohl so. Ist mir noch nie so aufgefallen, weil ich eher perspektivisch denke als erzählerisch. Vielleicht auch, weil ich einen Autor auch immer als Erzähler betrachte. Letzlich erzähle ja ich als Autor eine Geschichte und diktiere sie nicht einem anderen, der sie dann für mich erzählt. Aus meinem Standpunkt würde ich eher formulieren, dass ich bei einer auktorialen Perspektive einen unabhängigen Erzähler nutze, weil mir diese zusätzliche Ebene für die Gesamterzählung - ich erzähle ja dann sowohl die Geschichte des Erzählers, als auch die Geschichte, die der Erzähler erzählt - nützlich ist und diese besser abrundet.
Ha! Ich hoffe, das löst jetzt Chaos in deinem Kopf aus ;)

Die Frage ist: Wem gehört eine Beschreibung - ganz unabhängig vom Pronomen? Wer würde zB bestimmte Wörter oder Beschreibungen verwenden? Gehört sie zur perspektivtragenden Figur? Dann ist sie personal. Oder gehört sie zum Erzähler, dann ist sie auktorial.
Ich tue mir hier tatsächlich einfacher, wenn ich das aus der Sicht eines Spiels betrachte. Bei auktorial sitzt die Kamera im Himmel und du kannst beliebige Szenen ranzoomen. Das bedeutet jedoch, dass die Emotionen der einzelnen Personen eher fremd bleiben, weil du nicht in die Leute hineingehst. Du bist zwar allwissend, weil du jeden auch auf das Klo verfolgen kannst und auch die Zukunft kennst, auch die Antriebe und Emotionen der Personen, aber im Prinzip interessiert dich halt eher der Gesamtzusammenhang und nicht das einzelne Schicksal.
Aus der Hüfte geschossen, würde ich sagen, dass sich ein auktorialer Erzähler eher eignet, wenn dein Fokus auf dem Plot liegt und nicht auf dem Schicksal des Protagonisten.

Ein Beispiel:
Lisa fiel auf die Knie, ihre dünnen Beine trugen sie nicht mehr.
Das ist auktorial, weil Lisa so wohl kaum über ihre Beine denken würde. Ich kann den Satz aber auch einem Ich-erzähler in den Mund legen.
Na ja, dünne Beine ist ja wertend, daher könnte es auch die personale Betrachtung eines anderen Protagonisten sein, wenn du z.B. gerade in Charlottes personaler Sicht bist, und da wir ja schon Thread-anfänglich hatten, dass "Ich sah" eher zu vermeiden ist, siehe einer der ersten Posts von @Maedy, könnte dieser Satz auch genauso in der ich-Perspektive geschrieben werden. Ist ja klar, dass der Protagonist in der ich-Perspektive das sieht, sonst könnte er/sie/es das ja gar nicht so schreiben/sagen/erzählen. Womit einer deiner anfänglichen Punkte natürlich wieder aufblitzt: einen Text Satz für Satz in Perspektiven/Erzähler/ist-mir-egal-wie-dus-nennen-willst zu zerlegen macht nicht zwingend Sinn.

Das hier wäre mMn eine personale Beschreibung:
So verdammt kraftlos fiel Lisa auf die Knie, als hätte jemand einen Stöpsel gezogen und alle Kraft einfach ablaufen lassen.
Weil das definitiv Lisas Sicht auf die Dinge ist.
Jein, ich finde, dass "verdammt kraftlos" zwar eine Wertung ist, aber "fiel Lisa auf die Knie" ist eine Außenbetrachtung. Das kommt nicht von Lisa. Ich gehe mit
Lisas Beine gaben unter ihr nach, als hätte jemand einen Stöpsel gezogen.
Und ja, das könnte auch auktorial sein.

Eine Frage, die wieder bei mir auftaucht. Sowas wie:
So verdammt kraftlos fiel Lisa auf die Knie, als hätte jemand einen Stöpsel gezogen und alle Kraft einfach ablaufen lassen.
Das hinter ihr die Sonne unterging sah Lisa nicht, sie war ganz bei sich, bei ihren Beinen, die sie nicht mehr spürte.
Ist das also ein Perspektivfehler? Weil der 1. Satz eine personale Beschreibung und der zweite Satz eine auktoriale Beschreibung ist?
Jein. Meiner Meinung nach ginge das auch als auktorial zu, weil auch der erste Satz aus der Third-Person (Ja, ich bin wieder beim Gaming, ich finde das einfach eingängig) Sinn ergibt. Ein Betrachter könnte Lisas Sturz auch als verdammt kraftlos wahrnehmen und einen Vergleich anstellen (Stöpsel gezogen) um es bildhafter zu gestalten.

Der Erzähler scheint anders zu formulieren.
Sie wirft im Flur ihren Mantel auf den Boden, streift die Schuhe ab, bewegt gerötete Zehen in Nylonstrümpfen. An der Handtasche hält sie sich einen Moment fest, als sei sie plötzlich unschlüssig, ob sie diesem Fremden trauen kann. Die Tasche landet auf dem Mantel. Zielstrebig durchquert Elena den Flur, ignoriert Arseni, der in der Küche auf sie wartet, und steht schon im Atelier. Das Deckenlicht flackert und erhellt einen Raum ohne Schatten.
Der erste Satz gehört für mich zum Erzähler, d.h. ich lese ihn auktorial. Der zweite haut dann nicht hin, mit dieser als-ob-Konstruktion. Oben wusste der Erzähler, dass Arseni sich etwas eingestehen "muss" und hier weiß er nicht, ob sie sich unschlüssig ist oder nicht. Der Rest ist für mich auktorial und gehört zum Erzähler.
Sie wirft im Flur ihren Mantel auf den Boden, streift die Schuhe ab, bewegt gerötete Zehen in Nylonstrümpfen.
Außenbetrachtung aka Beobachtung von Arseni
An der Handtasche hält sie sich einen Moment fest, als sei sie plötzlich unschlüssig, ob sie diesem Fremden trauen kann.
Außenbetrachtung aka Beobachtung von Arseni. Ein auktorialer Erzähler wüsste, ob sie tatsächlich unschlüssig ist, sie selbst weiß es auch.
Die Tasche landet auf dem Mantel.
Außenbetrachtung aka Beobachtung von Arseni.
Zielstrebig durchquert Elena den Flur, ignoriert Arseni, der in der Küche auf sie wartet, und steht schon im Atelier.
Ist immer noch eine Beobachtung, aber um beide wissend, also auktorial. Die Kamera hängt sozusagen an der Decke. Arseni hat sich bereits einen Eindruck von ihr gemacht, für ihn ist die Beobachtung zu wertfrei, Elena dagegen würde etwas von ihrer Intention einfügen und ob Arseni tatsächlich in der Küche "auf sie wartet" weiß sie nicht. Sie würde vielleicht eher "ignoriert Arseni, der ihr ein Glas mit transparenter Flüssigkeit entgegenhält"
Das Deckenlicht flackert und erhellt einen Raum ohne Schatten.
Das ist eine einfache nüchterne Betrachtung. Könnte auch personell sein, wenn der Charakter einfach nur aufnimmt, was er/sie/es sieht. Arseni ist es allerdings nicht, denn der kennt den Raum und die dortige Lichtsituation und würde das nicht so distanziert beschreiben. Da der Satz davor allerdings Auktorial war, bleibe ich bei diesem Satz bei auktorial.
„Hm“, sagt sie, „und das nennst du Schlafzimmer?“
Arseni greift nach ihrem Arm, doch sie reißt sich los. „Hey, warte, das ist doch interessant …“
„Drüben steht Wodka. Den willst du nicht warm werden lassen, oder?“ In diesem Zimmer ist sie ein Fremdkörper, Eindringling, der ihn sticht wie ein Staubkorn unterm Augenlid.
„Wodka … hast du keinen Champagner?“ Ihre Stimme klingt verstellt, zu hoch. „Oder wenigstens `n Sekt?“
Beim ersten kursiven Satz bin ich unsicher. Keine Ahnung wieso, aber durch das "der ihn sticht" wird es für mich irgendwie personal.
In diesem Zimmer ist sie ein Fremdkörper, Eindringling. Sie sticht ihn, wie ein Staubkorn unterm Augenlid sticht.
Das wäre für mich auktorial. So gehörte das für mich zum Erzähler - nur für mich, in meiner Lesart.
Ich glaube, du nimmst das "der ihn sticht" wegen @wörtherr s Kommentar so wahr. Kann das sein? Das meinte er aber nicht.
Er meinte, dass jemand aus der personellen Betrachtung die Dinge beim Namen nennt. Eine Person hat immer entweder einen Bezug zu den Dingen, die die Person wahrnimmt, oder sie sind ihr fremd, oder sie sind ihr egal. Je nachdem formuliert die Person unterschiedlich.
Das Auto mit dem zerbeulten Kotflügel ist der Person bekannt, sonst würde die Person es nicht benennen. "Das Auto mit dem zerbeulten Kotflügel" ist ein Eigenname, weil die Person keinen anderen dafür hat. Sie weiß eben nicht, dass das Herrn Meier gehört. Eine Person die weiß, dass das Auto mit dem zerbeulten Kotflügel Herrn Meier gehört, würde sagen "Der Kotflügel von Meiers Auto ist immer noch zerbeult." und nicht "Das Auto mit dem zerbeulten Kotflügel" und keine von beiden Personen würde "Ein Auto mit zerbeulten Kotflügel" sagen, weil sie beide das Auto kennen. Eine Person, die keinen Bezug zu dem Auto hat, also das Auto zum ersten Mal sieht, würde schreiben "Ein Auto mit zerbeulten Kotflügel", weil es ein markantes Detail ist. Sieht die Person das Auto dann nochmal, würde die Person eher "Das Auto mit zerbeulten Kotflügel ist schon wieder hinter mir" schreiben. "Ob ich verfolgt werde?".

Die einzige Veränderung, die du an dem Satz vornimmst, ist dass du daraus zwei Sätze machst.

In diesem Zimmer ist sie ein Fremdkörper, Eindringling. Sie sticht ihn, wie ein Staubkorn unterm Augenlid sticht.
Die Perspektive bleibt identisch, die Wahrnehmung bleibt identisch, die Kamera-Position bleibt identisch. Warum sollte sich also der Erzähler verändern?

Ich gehe bei diesem Dialog-Auszug mit "personell aus Arsenis PoV" ins Rennen, weil der zweite kursive Satz eindeutig personell ist und der von dir zitierte kursive Satz (und der Rest des Auszugs) sowohl als auch sein kann.

So. Weniger Chaos in meinem Kopf, bin gespannt wie es jetzt in deinem aussieht :D

Grüße
feurig

 
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Hallo @feurig,

hab vielen Dank für deinen Post.

in diesem Thread sehe ich solange recht klar, bis du meine Welt wieder in Chaos stürzt.
Oje, jemandens Welt ins Chaos zu stürzen ist natürlich nicht, was ich will :sconf: Mir scheint langsam, als ob ich von einem anderen Planeten komme und nicht verstehe, was hier so abgeht. Ich beginne langsam zu verstehen, dass ich an irgendeiner Stelle anders denke und deswegen einige Konzepte nicht oder anders verstehe ... aber ich kann noch nicht den Finger darauf legen.

Vielleicht auch, weil ich einen Autor auch immer als Erzähler betrachte. Letzlich erzähle ja ich als Autor eine Geschichte und diktiere sie nicht einem anderen, der sie dann für mich erzählt. Aus meinem Standpunkt würde ich eher formulieren, dass ich bei einer auktorialen Perspektive einen unabhängigen Erzähler nutze, weil mir diese zusätzliche Ebene für die Gesamterzählung - ich erzähle ja dann sowohl die Geschichte des Erzählers, als auch die Geschichte, die der Erzähler erzählt - nützlich ist und diese besser abrundet.
Ha! Ich hoffe, das löst jetzt Chaos in deinem Kopf aus
Hehe, nee, genau das löst kein Chaos in meinem Kopf aus, andere Sachen eher. Nein, ich finde das hier eher hilfreich. Und hier fängt ja dann schon etwas an. Für mich gibt es einen Autoren, einen Erzähler und eine Geschichte. Bei mir ist es genauso, wie du sagst, dass es bei dir nicht ist: Ich diktiere die Geschichte einer anderen (=erzählerin), die sie dann erzählt. Diese Erzählerin ist _nicht ich_. Die Erzählerin kann Dinge gut finden, die ich blöd finde oder umgekehrt. Außerdem erzähle ich (als Autorin) nicht notwendigerweise die Geschichte des Erzählers, ist natürlich denkbar, muss aber nicht so sein. Aber das ist, was du auktoriale Perspektive nennst? Aber ich habe richtig verstanden, dass du zustimmst, dass bei der personalen Perspektive der Erzähler verschwindet, richtig?

Ich tue mir hier tatsächlich einfacher, wenn ich das aus der Sicht eines Spiels betrachte. Bei auktorial sitzt die Kamera im Himmel und du kannst beliebige Szenen ranzoomen. Das bedeutet jedoch, dass die Emotionen der einzelnen Personen eher fremd bleiben, weil du nicht in die Leute hineingehst. Du bist zwar allwissend, weil du jeden auch auf das Klo verfolgen kannst und auch die Zukunft kennst, auch die Antriebe und Emotionen der Personen, aber im Prinzip interessiert dich halt eher der Gesamtzusammenhang und nicht das einzelne Schicksal.
Also, ich wiederhole, wie ich dich verstanden habe: bei der auktorialen Perspektive gibt es eine Art Kamera, die die Geschichte aufzeichnet. Und ich kann von ganz oben aus der Vogelperspektive gucken --> zB und überall auf der Welt gingen die Menschen - wie von fremder Macht gesteuert - zum nächstgelegenen Marktplatz. Und dann kann ich reinzoomen --> zB Auch in Berlin verließen Herr und Frau Meier ihre Wohnung in der xy-Straße 3 und reihten sich ein in die Menschenmassen, die bereits an ihrem Haus vorbeizogen. Ich kann aber nicht sagen: --> Herr Meier bemerkte nichts ungewöhnliches, nichts schien ihm seltsam oder fremd oder auch nur ungewöhnlich, er fühlte sich belebt und erfrischt und erfreute sich an den Menschen um ihn herum. --> weil ich ja da in Herrn Meier hineingehe. Das "darf" ich nicht, weil ich mich für die auktoriale Perspektive entschieden habe und mich nicht für Herrn Meiers Emotionen im Besonderen interessieren darf? Also ein Perspektivfehler wäre:
Überall auf der Welt gingen die Menschen - wie von fremder Macht gesteuert - zum nächstgelegenen Marktplatz. In Rio de Janeiro. In NewYork und Accra. In Paris und Kathmandu. Auch in Berlin verließen Herr und Frau Meier ihre Wohnung in der xy-Straße 3 und reihten sich ein in die Menschenmassen, die bereits an ihrem Haus vorbeizogen. Herr Meier bemerkte nichts ungewöhnliches, nichts schien ihm seltsam oder fremd oder auch nur ungewöhnlich, er fühlte sich belebt und erfrischt und erfreute sich an den Menschen um ihn herum. "Was für ein schöner Tag", dachte er. Er nahm die Hand seiner Frau, atmete tief ein und lächelnd aus, küsste seine Frau wie seit Jahren nicht mehr und rief: Das Leben ist schön!

Das ist sicher nicht so, und das meinst du sicher auch nicht. Aber ich verstehe, denke ich, dass es als personale Perspektive anders wäre, vielleicht so.
Herr Meier ging mit seiner Frau aus dem Haus und reihte sich in die Menschenmasse, die an seinem Haus vorbeizog. Er lächelte und fühlte sich jung und lebendig. "WAs für ein schöner Tag", dachte er, nahm die Hand seiner Frau, atmete tief ein und küsste sein Frau wie seit Jahren nicht mehr. Das Leben war schön.

Also ich glaube, ich habe jetzt schon etwas verstanden. :thumbsup: :bounce:

Ich glaube, du nimmst das "der ihn sticht" wegen @wörtherr s Kommentar so wahr. Kann das sein? Das meinte er aber nicht.
hier weiß ich nicht, worauf du dich beziehst. Das war eher so etwas Emotionales, ein Gefühl ...

Die Perspektive bleibt identisch, die Wahrnehmung bleibt identisch, die Kamera-Position bleibt identisch. Warum sollte sich also der Erzähler verändern?
Ja, das stimmt.

So. Weniger Chaos in meinem Kopf, bin gespannt wie es jetzt in deinem aussieht
Hach, keine Ahnung, aber ja, das Beispiel oben (sicher nicht perfekt) war schon noch mal hilfreich. Für den Beginn des Schreibens bleibe ich jetzt erstmal dabei, das nach Gefühl zu machen und wenn ich dann noch mal umschreiben muss, dann ist es so. Der Ausgangspunkt meiner Frage war ja der Versuch genau das eben zu vermeiden. Aber da so durchdacht ranzugehen, liegt mir irgendwie nicht, da fehlt mir dann irgendwie der Flow und der ist eben eher etwas Emotionales, etwas Ungeordnetes und Assoziatives. Ich hoffe aber sehr, dass ich nicht wieder Chaos bei dir ausgelöst habe :sealed:

Viele Grüße
Katta

 
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Liebe @Katta ,

:confused: oh weia ... Ich sag mal ganz freundlich augenzwinkernd so: Dein Thread, also kannst du natürlich sagen "It's my party and I cry if I want to!". Ich frage mich - also letztlich dich - aber, ob du dir auf Dauer einen Gefallen damit tust, die Terminologie bzw. Konzepte hinter den Erzählperspektiven zu ignorieren.

Es ist völlig egal wie du es siehst, bis du dich mit Leuten austauschen willst. Wenn du dich konsequent weigerst, dein "Fahrrad" korrekterweise ein Auto zu nennen, geht es eben so lange problemlos, bis du dich mit jemandem über die Vergaser- und Keilriemenprobleme austauschen willst, und dir die anderen dauernd etwas von Rücktritt und Schlauch erzählen.

Mir scheint langsam, als ob ich von einem anderen Planeten komme und nicht verstehe, was hier so abgeht. Ich beginne langsam zu verstehen, dass ich an irgendeiner Stelle anders denke und deswegen einige Konzepte nicht oder anders verstehe ... aber ich kann noch nicht den Finger darauf legen.
Und - meine Deutung - daher eben auch diese Einschätzung, mit der du mAn durchaus richtig liegst. Nur, dass es keine emotionale Sache ist oder irgendein esoterisches Licht, das einem noch nicht aufgegangen ist, es liegt einfach an der Definition, mit der du deine Betrachtungen beschreibst.
Also, ich wiederhole, wie ich dich verstanden habe: bei der auktorialen Perspektive gibt es eine Art Kamera, die die Geschichte aufzeichnet.
Auch @feurig Mag sein, dass ich mich ereifere, aber: Es gibt in Prosa / Geschriebenem überhaupt keine Kamera. Diese Idee führt zu - sorry, meine Meinung natürlich - idiotischen Verrenkungen, wie etwas erzählt werden sollte.

Die fly on the wall-Beschreibung kommt aus dem Dokumentarfilm (schlag mich, ich meine, der 70er/80er). Da war die Idee, ein Kameramann würde bei einer Dokumentation nur eben die Kamera draufhalten und wäre selbst unbeteilgt. Das wird seit 20+ Jahren nicht mehr so gesehen bzw. gelehrt: Auch Dokus sind gescriptet / haben ein Drehbuch, Filmemacher sind immer Teil des Gefilmten, es gibt eine Einmsichung durch Schnitt, Beleuchtung, Szenenabfolge etc. Also sind auch Dokumentarfilme erzählt und die fly-on-the-wall-Sicht gilt als überkommen, weil Trugschluss. Leider ist das in Gesprächen über Prosa noch nicht angekommen.

Ganz vor allem bedient sich der Film völlig anderer Mittel als die Literatur, weil dort alles bereits Bilder sind, die auf eine gewisse Art manipuliert und ausgewählt wurden und teils unbewusst wahrgenommen werden. Bei Text muss all das der Leser aus Buchstaben leisten und damit sind diese Mittel absolut nicht zu vergleichen.

Hast du einen Dokumentarfilm ohne Erzähler, ohne Score, ohne Geschichte, rein über eine Kamera, die feststeht, und über die Länge der Szenen, die natürliche Beleuchtung und die Perspektivwinkel gezeigt, wäre das sowas wie (ein ganz wunderbarer Film, übrigens!): Heinz Emigholz: Goff in der Wüste. Das ist allerdings auch kein erzählerischer Dokumentarfilm, also wäre das auch kein guter Vergleich zu einem neutralen auktorialen Erzähler.

Meiner Ansicht nach führt das "Kamera"-Konzept für Prosa auf eine vollkommen falsche Spur und bringt oft (meine 5 Cent) unglaublich schlechte Texte hervor. Andere mögen das selbstverständlich anders sehen.

Das ist sicher nicht so, und das meinst du sicher auch nicht. Aber ich verstehe, denke ich, dass es als personale Perspektive anders wäre, vielleicht so.
Herr Meier ging mit seiner Frau aus dem Haus und reihte sich in die Menschenmasse, die an seinem Haus vorbeizog. Er lächelte und fühlte sich jung und lebendig. "WAs für ein schöner Tag", dachte er, nahm die Hand seiner Frau, atmete tief ein und küsste sein Frau wie seit Jahren nicht mehr. Das Leben war schön.
Das dürfte ein wertender auktorialer Erzähler sein, der in den Kopf der männlichen Figur schauen kann.
Wer beschreibt sich denn (wäre das personal) als "Herr Meier mit seiner Frau"? Und: er dachte muss die Perspektive des auktorialen Erzählers sein, ein personaler würde einfach direkt seine Eindrücke schildern.

Das "muss" ist definitiv ein Wort des Erzählers - also definitiv in meiner Leseweise, du kannst es natürlich anders gemeint haben.
Welchen Erzählers? Eine personale Perspektive ist ja auch ein Erzähler.
Über dieses "Muss" bekomme ich direkt einen Eindruck vom Erzähler, d.h. in meinen Augen ist er sehr festgelegt. Er wirkt rigide auf mich und bewertend, der Eindruck verfestigt sich dann: Auch die Wörter Anmut, Chic, Neureichen etc. verbinde ich mit dem Erzähler.
Gleiche Frage, die sich mir erst hier ...
Der erste Satz gehört für mich zum Erzähler, d.h. ich lese ihn auktorial.
beantwortet. Du nennst nur einen auktorialen Erzähler Erzähler, nicht den personalen, richtig? Argh.
Oben wusste der Erzähler, dass Arseni sich etwas eingestehen "muss" und hier weiß er nicht, ob sie sich unschlüssig ist oder nicht.
Ein auktorialer Erzähler kann durchaus allwissend sein und wissen, was die Figur denkt, auch wenn die Figur selbst damit abwechselnd etwas personal aus ihrer Sicht erzählt.

Ich denke - und deine Analyse ist jetzt doch eine riesen Hilfe, auch wenn ich deinen etwas individuellen ;) Zuschreibungen nicht folgen kann (will), denn du zeigst mir genau die Fehler, auf die ich nie den Finger legen konnte.

Meine Idee, einen auktorialen Erzähler mit einem personalen zu mischen (was an sich kein Fehler ist, wenn richtig aufgeteilt mit verschiedenen Haltungen konzipiert), hab ich völlig vergeigt, indem ich wild, also echt ziemlich ohne Sinn und Verstand wechsle, und ganz vor allem, weil der auktoriale (übergeordnete, körperlose) und der personale (Arseni) Erzähler die gleiche Sicht auf Dinge haben und sie auch noch in der gleichen Sprache sagen.

Aber so wild durcheinander finde ich das eigentlich gar nicht. Das meiste ist doch auktorial, oder nicht? Dein Erzähler ist insgesamt sehr bewertend und dadurch für mich unsympathisch. Das finde ich die größte Herausforderung. Ich habe nach diesem kurzen Ausschnitt nicht so richtig Lust ihm zuzuhören, weil ich denke, dass er ein Arsch ist.
Genau. Ich hab null gemerkt :aua:, dass der auktoriale Erzähler die Arsch-Perspektive der Figur teilt. Damit bietet sich dem Leser nix anderes und das will keiner lesen. Damit ist aber alles ein Sumpf, den man nicht entsumpfen kann, indem man jetzt die Erzähler besser aufteilt (auktorial neutraler, Arseni so lassen). Das muss ganz anders.

Ich weiß jetzt - und daher habt ihr beide mir echt riesig geholfen, auch wenn ich mit euren Perspektiv-Anaylsen gar nicht überall mitgehe -, dass ich alle dieser Szenen vollständig umschreiben muss. Nämlich alles personal auf Arseni (und den weniger arschig), sodass nicht noch der Erzähler mitdrinhängt und das alles mit seiner Sicht unterstützt.

Letztlich hab ich den Leser mit nicht nur einem unysympathischen Erzähler (Arseni, personal), sondern zwei (auch noch dem ebenso unsympathischen auktorialen) allein gelassen. Das geht überhaupt nicht. Jetzt verstehe ich endlich, warum die Lektorin solche Aversionen gegen das Kapitel (und die Figur) hatte, auch wenn Arseni in allen anderen Kapiteln empathisch / unarschig ist.

Außenbetrachtung aka Beobachtung von Arseni. Ein auktorialer Erzähler wüsste, ob sie tatsächlich unschlüssig ist, sie selbst weiß es auch.
Betrachtung von Arseni sollte doch Innenbetrachtung sein, oder stehe ich auf dem Schlauch? Das ist aber genau mein Fehler. Genau der Eindruck, den du hast, sollte überhaupt nicht sein, das genau ist mein Perspektivfehler - ganz lieben Dank!!! :herz:

Ich muss zugeben, in diesem Thread sehe ich solange recht klar, bis du meine Welt wieder in Chaos stürzt. Da ich ein ziemlich strukturierter Typ bin, muss ich für mich jetzt erstmal das Chaos ordnen.
Sorry, liebe Katta, wirklich. :kuss: Aber mir ging es auch so.
Letztendlich glaube ich jedoch, dass es wichtig ist, sich zumindest beim Schreiben soweit verorten zu können, dass man weiß was man wie schreiben will, damit die Perspektive nicht die ganze Zeit springt. Mit einem springenden Erzähler (personal, auktorial und wieder zurück) springt nämlich auch die Perspektive und damit flackert letzlich auch das Bild der Szene.
Da gehe ich voll mit. Genau den Fehler hab ich gemacht, ohne es gewollt der gar geplant zu haben. Ich dachte damals, ich hätte einen neutralen auktorialen und einen wertenden personalen Erzähler. Ich hab tatsächlich aber einen Brei aus beidem.
Vielleicht auch, weil ich einen Autor auch immer als Erzähler betrachte.
Ja, faktisch, aber nicht als Definition. Bei der Definition wird ja der Autor vom Erzähler getrennt, sonst wären alle Horror- und Thrillerschreiber privat Psychopathen.
Bei auktorial sitzt die Kamera im Himmel und du kannst beliebige Szenen ranzoomen.
s.o. zur Kamera. Das kann man so doch gar nicht sagen, wozu sollte ein Prosa-Erzähler die Krücke "zoomen" nehmen?
Ist immer noch eine Beobachtung, aber um beide wissend, also auktorial. Die Kamera hängt sozusagen an der Decke.
dito.
Das ist eine einfache nüchterne Betrachtung. Könnte auch personell sein, wenn der Charakter einfach nur aufnimmt, was er/sie/es sieht. Arseni ist es allerdings nicht, denn der kennt den Raum und die dortige Lichtsituation und würde das nicht so distanziert (...)
Mein Plan war tatsächlich, dass Arseni in diesem Kapitel stark von sich enfremdet ist (und zudem ist er Maler), dahr war das ausnahemsweise so geplant: eine kühle Beschreibung in personaler Sicht. Mit meinem ganzen Schlamssel kann das aber gar nicht erkannt werden.
Ich gehe bei diesem Dialog-Auszug mit "personell aus Arsenis PoV" ins Rennen, weil der zweite kursive Satz eindeutig personell ist und der von dir zitierte kursive Satz (und der Rest des Auszugs) sowohl als auch sein kann.
Ich denke, ich hab das unzulässig gemixt, obwohl es mein Plan war, Arsenis Sicht unabhängig vom auktorialen Erzähler zu beschreiben. Gelungen ist mir das null.

Aber durch eure Kommentare sehe ich zum allersten Mal seit 10 Jahren ganz klar, was genau ich da verbockt hab, und damit vor allem, dass ich alles völlig neu schreiben muss. Das sehe ich jetzt nicht als Probelm an. Mein Problem war, dass ich nciht wusste, was kicken und was behalten, damit die Figur so eingeführt wird, wie ich sie zeigen will.

Habt beide Dank, ich freue mich riesig!

Liebe Grüße,
Ms Manic Katla

 

Hallo @Katta ,

hach, da kam meine Erklärung nicht ganz so raus, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich hab versucht mit nem Alternativbild zu arbeiten, damit wir die Standards umschiffen können, aber das Kamera-Bild ist nach hinten losgegangen.

dass ich an irgendeiner Stelle anders denke und deswegen einige Konzepte nicht oder anders verstehe ... aber ich kann noch nicht den Finger darauf legen
Na, dann stochern wir einfach mal weiter rum :)

Ich diktiere die Geschichte einer anderen (=erzählerin), die sie dann erzählt. Diese Erzählerin ist _nicht ich_. Die Erzählerin kann Dinge gut finden, die ich blöd finde oder umgekehrt.
Okay. Nur weil ich mich als Autorin als Erzählerin der Geschichte sehe, sehe ich mich nicht automatisch als die Erzählstimme. Ganz und gar nicht. Das gäbe ja gar keinen Sinn. Die Geschichte die _ich_ erzähle, ist die Geschichte der Erzählstimme inklusive der Geschichte, die die Erzählstimme erzählt. Damit ist es aber immer noch _meine_ Geschichte - sowohl die eine als auch die andere) und damit ist es mir wurscht, wem denn die Erzählstimme die Geschichte erzählt. Also ob z.B. die ich-Perspektive im Präteritum da jetzt so Sinn macht, wo doch das ich am Schluss stirbt und damit gar nicht von der Vergangenheit erzählen kann. Denn für mich nutze ich die ich-Erzählstimme, weil sie am besten zu dem passt was ich erzählen will. Denn wenn ich eine andere Erzählstimme nutze, verändert sich ja auch automatisch die Geschichte. Und natürlich kann die Erzählstimme die dinge anders sehen als ich. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass sie Dinge anders sieht, denn es ist ja nicht meine Stimme, sondern eine Erzählstimme, die ich gewählt habe, damit die eigentlich zu erzählende Geschichte am besten rüberkommt.
Außerdem erzähle ich (als Autorin) nicht notwendigerweise die Geschichte des Erzählers, ist natürlich denkbar, muss aber nicht so sein.
Und bei einem auktorialen Erzähler ist es relativ schwer die Geschichte des Erzählers zu erzählen, denn ein auktorialer Erzähler ist nicht Teil der Geschichte - ist also keine Figur der Geschichte - die die Erzählstimme erzählt.

Aber das ist, was du auktoriale Perspektive nennst?
Also, nein.

Also, ich wiederhole, wie ich dich verstanden habe: bei der auktorialen Perspektive gibt es eine Art Kamera, die die Geschichte aufzeichnet. Und ich kann von ganz oben aus der Vogelperspektive gucken
Oh je. Nein. Keine Kamera, die was aufzeichnet, du erzählst ja die Geschichte und filmst sie nicht. Ist aber mein Fehler, ist war da nicht explizit genug, wie ich es meine.

Versuchen wir es so:
Der auktoriale Erzähler ist ein Beobachter, der alles weiß. Die Vergangenheit, die Zukunft, was jeder einzelne in der Geschichte denkt, fühlt und weiß und kann das nicht nur erzählen sondern auch werten.

Ich kann aber nicht sagen: --> Herr Meier bemerkte nichts ungewöhnliches, nichts schien ihm seltsam oder fremd oder auch nur ungewöhnlich, er fühlte sich belebt und erfrischt und erfreute sich an den Menschen um ihn herum. --> weil ich ja da in Herrn Meier hineingehe.
Eben schon, weil du ja alles weißt. Du musst nicht in Herrn Meier hineingehen, um zu wissen wie er sich fühlt oder was er denkt, weil du das weißt.

Mir kommt es ein bisschen so vor, als suchst du nach spezifischen Satz-Konstruktionen, die du nutzen musst, um eine spezifische Erzählstimme zu nutzen, aber so einfach ist es nun mal nicht.

Denn auch ein personaler Erzähler kann mal etwas beobachten und werten oder einfach nur neutral darlegen. Aber er macht das eben aus der Position einer Person, die Teil der Geschichte ist, und nicht als Außenstehender, der eigentlich unbeteiligt bei der Geschichte ist.
@Katla ja geschrieben, dass Herr Meier niemals "seine Frau" sagen würde und damit diese Konstruktion bei einem personellen Erzähler nicht vorkommt und generell - und bezogen auf dein Beisipiel - gebe ich da Katla völlig recht, weil ich verstehe was sie damit meint, aber natürlich könnte es Herr Meier trotzdem tun. Und zwar wenn er in seiner Frau nur noch "seine Frau" sieht.

"Anna-Lisa schwebte den Weg hinunter und die Hand meiner Frau lag kalt und schweißig in meiner."

Personal:
"Herr Meier sah Anna-Lisa den Weg hinuntergehen, bewunderte die Grazie, ergötzte sich an der durch den Stoff durchschimmernden Silhouette und war sich dabei nur zu bewusst, dass sich seine Frau mit ihrer kalten, schweißigen Hand an ihn klammerte."

Auktorial:
"Hätte Herr Meier bereits an diesem Tag gewusst, wo er sich in zwei Wochen befinden würde, hätte er sich mehr zusammengerissen und hätte Anna-Lisa nicht so offensichtlich hinterhergestarrt. Er hätte nicht darüber nachgedacht die Hand seiner Frau abzuschütteln und einen Schritt beiseite zu treten, sondern seinen Sohn angelächelt, der genau in diesem Moment den Blick hob und beobachtete, wie Anna-Lisa das Heil seiner Familie durch ihre bloße Anwesenheit gefährdete."
Das ist natürlich ein ziemlich übertriebener auktorialer Erzähler, dennoch kann z.B. der Sohn bei der personalen Erzählstimme oder ich-Stimme nicht vorkommen, da ich/er auf Anna-Lisa fokussiert ist und seinen Sohn nicht wahrnimmt. Das kann nur ein auktorialer Erzähler, oder ein personaler Erzähler, der nicht Herr Meier ist, aber Herrn Meier in diesem Moment beobachtet und der wüsste dann nicht, mit was für Gedanken sich Herr Meier rumschlägt, sondern würde einfach nur bemerken, dass Herr Meier Anna-Lisa hinterherglotzt und ob zurecht oder nicht obläge der Einstellung des personalen Erzählers aka der für den personalen Erzähler gewählten Figur.

So, möge die nächste Runde beginnen :D
LG
feurig

 

Hallo @Katla und @feurig,

ich noch mal, auch auf die Gefahr hin, dass ich nerve.

Ich sag mal ganz freundlich augenzwinkernd so: Dein Thread, also kannst du natürlich sagen "It's my party and I cry if I want to!". Ich frage mich - also letztlich dich - aber, ob du dir auf Dauer einen Gefallen damit tust, die Terminologie bzw. Konzepte hinter den Erzählperspektiven zu ignorieren.
Also, erstens heule ich nicht :p. Nee, nee. Ist das irgendwo so rübergekommen? Naja, egal. Ich verstehe auch nicht, wieso du denkst, dass ich die Terminologie bzw. Konzepte hinter den Erzählperspektiven ignoriere. Vielleicht hängst du gedanktlich ja noch an dem einen Post, wo ich in einem Anflug von Unverständnis und Trotz schrieb, dass sei alles Mist, aber ich bin doch mittlerweile schon wieder etwas weiter gewandert und habe den Trotz da eigentlich hinter mir gelassen, bloß das Unverständnis nicht, das wandert noch fröhlich mit und darum ignoriere ich die Konzepte dahinter nicht - mir leuchten sie nur nicht ein, ich verstehe sie nicht - zumindest nicht in Gänze, nicht so, wie ich gerne würde, aber auch das ist schon besser geworden.

Nur, dass es keine emotionale Sache ist oder irgendein esoterisches Licht, das einem noch nicht aufgegangen ist, es liegt einfach an der Definition, mit der du deine Betrachtungen beschreibst.
Ja, genau die Definition fehlt mir doch bzw. hilft mir nicht. Hier die Definition, ich bitte um Ergänzung oder Korrektur, wie ich es verstanden/gelesen/verwendet habe

Ich-Erzähler - ein Ich-Erzähler, ist ein Erzähler, der das Pronomen "Ich" verwendet (damit ist diese Erzählperspektive mMn hinreichend definiert)

auktorialer Erzähler - ein Erzähler, der nicht Teil der Geschichte ist, die Geschichte aber erzählt und viel weiß (vielleicht allwissend ist, aber nicht notwendigerweise sein muss) und das Pronomen "er" verwendet. Ein Ich-Erzähler kann auch auktorial schreiben, ist dann aber trotzdem noch ein Ich-Erzähler.

personaler Erzähler - ein Erzähler, der das Pronomen "er" verwendet und aus der Perspektive einer Figur erzählt,


Das "muss" ist definitiv ein Wort des Erzählers - also definitiv in meiner Leseweise, du kannst es natürlich anders gemeint haben.
Welchen Erzählers? Eine personale Perspektive ist ja auch ein Erzähler.
Ja, klar ist ein personaler Erzähler ein Erzähler. Später schreibst du von einem auktorialen und einem personalen Erzähler. Ich bin davon ausgegangen, dass du 1 Erzähler verwendest in dem Abschnitt, den du gepostet hast und ich nahm an, dass das "muss" zu diesem (ja, das habe ich nicht explizit dazugeschrieben, weil es mir nicht wichtig erschien: auktorialen) Erzähler gehört.

Du nennst nur einen auktorialen Erzähler Erzähler, nicht den personalen, richtig?
Nein. Ich nenne auktoriale, personale oder Ich-Erzähler Erzähler ;-)

Ein auktorialer Erzähler kann durchaus allwissend sein und wissen, was die Figur denkt, auch wenn die Figur selbst damit abwechselnd etwas personal aus ihrer Sicht erzählt.
Das verstehe ich nicht. Es gibt einen auktorialen Erzähler und die Figur erzählt abwechselnd aus der personalen Sicht. Da geht es schon los mit (meinem subjektiven) Wirrwarr der Definitionen. Eine Figur, die "etwas personal aus ihrer Sicht erzählt", ist für mich ein Ich-Erzähler. Ein personaler Erzähler, so wie ich es verstanden habe (und das kann falsch sein und sei bitte nicht missverstanden als ein Versuch meine eigene Terminologie und Konzepte an den Mann zu bringen, bitte zeige mir doch mal bitte einer eine Definition, die diese Frage klärt), würde etwas personal aus der Sicht der Figur erzählen, die Figur selbst erzählt aber nicht aus ihrer Sicht. Allerdings, wenn ich jetzt deinen Post noch mal lese, dann könnte es schon so sein, dass du das genauso siehst. Also dass die Figur in der dritten Person etwas über sich selbst erzählt. Das würde jedenfalls einige Missverständnisse erklären und so habe ich das bisher noch nicht gesehen. Aber wenn ich denke, da erzählt einer _seine_ Geschichte in der dritten Person, kriege ich gleich wieder einen Knoten im Kopf, das wäre schon n bisschen schizo. Da muss ich noch mal drüber nachdenken ...

Letztendlich glaube ich jedoch, dass es wichtig ist, sich zumindest beim Schreiben soweit verorten zu können, dass man weiß was man wie schreiben will, damit die Perspektive nicht die ganze Zeit springt. Mit einem springenden Erzähler (personal, auktorial und wieder zurück) springt nämlich auch die Perspektive und damit flackert letzlich auch das Bild der Szene.
Da gehe ich voll mit. Genau den Fehler hab ich gemacht, ohne es gewollt der gar geplant zu haben. Ich dachte damals, ich hätte einen neutralen auktorialen und einen wertenden personalen Erzähler. Ich hab tatsächlich aber einen Brei aus beidem.
Und hier tauchen dann wieder tausend Fragezeichen bei mir auf. Ich finde es schon seltsam, mehr als einen Erzähler an einer Stelle erzählen zu lassen. Also, wenn ich es runterbreche, und mir vorstelle, zwei Leute erzählen am Lagerfeuer. Einer war dabei, der andere weiß eh alles, weil er besondere Fähigkeiten hat. Da müsste man es für Leser, die ja den Wechsel nicht sehen, sehr deutlich kenntlich machen, wann wer erzählt.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass du eigentlich mit der gleichen Sache struggelst wie ich den personalen Erzähler betreffend. Wenn man den wirklich konsequent verwendet, und wieder mit der Einschränkung, dass ich es richtig verstanden habe, dann würde man doch nur noch szenisch schreiben können, oder? Alles tellig-narrative wäre ja dann raus, oder? Weil eigentlich geht es doch dabei darum, quasi live dabei zu sein, also mitzufiebern und so, also ganz dicht dran zu sein. Der erlebt eigentlich nur, alles was einordnet, bewertet und vergleicht, würde dann der auktorialen Perspektive zugeordnet, oder?
Also ist es richtig, dass eigentlich weder die auktoriale Perspektive noch die personale 100%ig durchgezogen wird und dass das meiste ein Mischmasch ist oder ist das eben gerade dann nicht richtig und ein Perspektivfehler? Wann ist es denn ein Perspektivfehler? Doch eigentlich nur dann, wenn man als Leser drüber stolpert, oder?

Na, dann stochern wir einfach mal weiter rum
Das ist total lieb. Vielen Dank.

Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass sie Dinge anders sieht, denn es ist ja nicht meine Stimme, sondern eine Erzählstimme, die ich gewählt habe, damit die eigentlich zu erzählende Geschichte am besten rüberkommt.
Ich glaube, dann verwendest du den Begriff Erzählstimme und ich den Begriff Erzähler. Und wir meinen das gleiche.

Der auktoriale Erzähler ist ein Beobachter, der alles weiß. Die Vergangenheit, die Zukunft, was jeder einzelne in der Geschichte denkt, fühlt und weiß und kann das nicht nur erzählen sondern auch werten.
Beobachter würde ich nun nicht unbedingt sagen, denn er ist ja der Erzähler der Ereignisse, die er schon kennt, aber weil er ja auch eine gute Geschichte erzählen will entscheidet er bzw. ich als Autor, wann er welche Infos preisgibt. D.h. ich könnte einen auktorialen Erzähler haben, der aber nur entlang einer Figur erzählt, oder? Ach Mensch, ich frage mich auch wirklich, ob das ganze Gegrübel am Ende was bringt, fürs Schreiben vielleicht eher nicht, aber fürs Nachbearbeiten vielleicht ja schon. Keine Ahnung.

Mir kommt es ein bisschen so vor, als suchst du nach spezifischen Satz-Konstruktionen, die du nutzen musst, um eine spezifische Erzählstimme zu nutzen, aber so einfach ist es nun mal nicht.
Nein, die Satzebene war nur ein Versuch meinerseits mich den Erzählern noch mal anders zu nähern. Ich suche nicht nach bestimmten Konstruktionen, ich versuche zu verstehen, was - und ja, da in diesem Fall tatsächlich auf Satzebene - die auktoriale von der personalen Perspektive unterscheidet. Aber vielleicht ist es auch, dass was ich oben schon geschrieben habe, dass sich die Perspektive eben nicht auf Satzebene festzurren lässt bzw. Perspektiven nicht 100%ig rein sind?

Denn auch ein personaler Erzähler kann mal etwas beobachten und werten oder einfach nur neutral darlegen. Aber er macht das eben aus der Position einer Person, die Teil der Geschichte ist, und nicht als Außenstehender, der eigentlich unbeteiligt bei der Geschichte ist.
Ich glaube mein Problem mit dem personalen Erzähler ist, das ich ihn nicht verortet bekomme. Der Ich-Erzähler ist ganz klar, der erzählt was auch immer und wie auch immer er will, was er getan hat oder was er gesehen hat oder was er irgendwann mal gedacht hat oder jetzt denkt ... whatever. Perspektivfehler wäre in diesem Fall ihm etwas in den Mund zu legen, was entweder nicht zu ihm passt, unmotiviert ist oder was er nicht wissen kann.

Der auktoriale Erzähler ist auch mehr oder weniger klar. Er ist eher nicht Teil der Geschichte, sondern eben ganz klar der Erzähler einer Abfolge von Ereignissen, von denen er weiß.

Aber der personale Erzähler? Ich muss noch mal über Katlas Ansatz nachdenken, dass er quasi ein Teil der Geschichte ist, die er halt bloß in der Er-Form erzählt.

So, möge die nächste Runde beginnen
Und? Alles wieder unklar? Hoffe, nicht.

Vielen Dank jedenfalls für eure Geduld :herz:
Liebe Grüße
von Katta
die sich jetzt mal wieder ihrem NaNo-Projekt widmet

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo liebe @Katta ,

wenn ich ehrlich bin, steige ich nicht bei allem durch, was du schreibst, aber ich picke mir mal das raus, zu dem ich meine, etwas sagen zu können. :shy:

Vielleicht hängst du gedanktlich ja noch an dem einen Post, wo ich in einem Anflug von Unverständnis und Trotz schrieb, dass sei alles Mist
Ja, dass sich das geändert hat, hatte ich nicht rausgelesen, dann ignorier das bitte.

Falls du einen Knoten im Kopf hast, muss das hiermit zusammenhängen:

Ja, genau die Definition fehlt mir doch bzw. hilft mir nicht. Hier die Definition, ich bitte um Ergänzung oder Korrektur, wie ich es verstanden/gelesen/verwendet habe: Ich-Erzähler - ein Ich-Erzähler, ist ein Erzähler, der das Pronomen "Ich" verwendet (damit ist diese Erzählperspektive mMn hinreichend definiert) auktorialer Erzähler - ein Erzähler, der nicht Teil der Geschichte ist, die Geschichte aber erzählt und viel weiß (vielleicht allwissend ist, aber nicht notwendigerweise sein muss) und das Pronomen "er" verwendet. Ein Ich-Erzähler kann auch auktorial schreiben, ist dann aber trotzdem noch ein Ich-Erzähler. Personaler Erzähler - ein Erzähler, der das Pronomen "er" verwendet und aus der Perspektive einer Figur erzählt,
aber dann ->
Eine Figur, die "etwas personal aus ihrer Sicht erzählt", ist für mich ein Ich-Erzähler.
Das oben in dem Block ist mAn alles korrekt aufgedröselt. Aber siehst du, dass du dann weiter unten wieder was ganz anderes sagst?

Zumindest das ist unstrittig:
Icherzähler = 1. Person
Auktorial und personal = 3. Person
Eine Figur, die "etwas personal aus ihrer Sicht erzählt" -> Ist ein personaler Erzähler ("er"), der etwas rein subjektiv aus seiner Sicht als Figur erzählt, das kann sein in Form von: Bewusstsensstrom, Deep Point of View, Rollenprosa, innerer Monolog.

Ich könnte mir aber vorstellen, dass du eigentlich mit der gleichen Sache struggelst wie ich den personalen Erzähler betreffend.
Schwer zu sagen, ob es das Gleiche ist. Struggeln in der Umsetzung: auf jeden Fall. Siehe letzter Punkt unten ...

Ich bin davon ausgegangen, dass du 1 Erzähler verwendest
Nee, ich hab versucht, auktorial und personal zu wechseln, was mir nicht gelungen ist. Es ist - handwerklich gut gemacht - aber an sich kein Fehler. Sinnloses Rumgespringe ist ein Fehler, wie eben bei mir.
Wenn man den wirklich konsequent verwendet, und wieder mit der Einschränkung, dass ich es richtig verstanden habe, dann würde man doch nur noch szenisch schreiben können, oder?
Wenn du einen personalen Erzähler hast und rein subjektiv schreiben willst, endest du auch mAn in einem der folgenden: innerer Monolog, erlebte Rede, Rollenprosa, Deep Point of View, Bewusstseinsstrom / SoC. Ich würde die Frage mit ja beantworten, wäre aber neugierig, wie andere das sehen.
Ein konsequenter personaler Erzähler kann aber auch objektiver / neutraler sein, auch Dinge erzählen, die in der Realität niemand so denken würde. Weil es eben Prosa, eine Erzählung, ist und nicht eine uneditierte Wiedergabe von Gedanken bei Erlebnissen.
Also ist es richtig, dass eigentlich weder die auktoriale Perspektive noch die personale 100%ig durchgezogen wird und dass das meiste ein Mischmasch ist oder ist das eben gerade dann nicht richtig und ein Perspektivfehler?
Damit kämpfe ich. Fast jedes Buch, das ich gelesen habe, verwendet einen Mix aus auktorial und personal. Wenn das handwerklich elegant gelöst ist, fällt es nicht auf, die Stimmen fügen sich zusammen, manches wirkt halt etwas objektiver, manches subjektiver. Das Problem ist - wie glaube ich auch @feurig irgendwo schrieb -, dass es Sätze bzw. Passagen gibt, die rein isoliert gesehen sowohl personal als auch auktorial sein können, es kommt eben aufs Umfeld an.
Das kontrolliert zu verwenden, finde ich extrem schwer.

Eine Defintion, die das alles erklärt: Mir hat Woods am meisten geholfen (wenn ich jetzt mal optimistisch davon ausgehem dass ich zumindest die Theorie kapiert hab). Aber den hast du ja gelesen. Sonst vllt. VanderMeers Wonderbook. Ich weiß sonst leider nicht mehr, wo alles ich mir das angesehen habe, weil das auch einige Jahre her ist. Falls ich zufällig etwas (wieder)finde, poste ich es gern.

Liebe Grüße,
Katla

 

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