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Copywrite Pflichterfüllung

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14.08.2012
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Pflichterfüllung

„Na los, spuck’s aus.“
„Ich hab wirklich keine Ahnung, echt nicht. Ich bin doch erst seit vorgestern da.“
Blitzschnell packte Broder den Barkeeper und zerrte ihn halb über den Tresen. Die Brille von dem Typen flog ins Spülbecken und ein paar Hemdknöpfe kullerten übers Zinkblech.
„Sag mal, du Spatzenhirn, red ich etwa ausländisch? Du verrätst mir jetzt, wann Lansky auftaucht, aber ein bisschen dalli. Mein Gott, wie ich die Schnauze voll hab von euch Wichsern.“
„Ich weiß es echt nicht, Mann, ich schwör’s bei meiner Mutter. Ich weiß es einfach nicht.“
Broder knallte den Kopf des Burschen gegen die Espressomaschine, zog die Glock und bohrte ihm die Mündung ins Nasenloch.
„Ich geb dir genau fünf Sekunden, du Arschloch.“
„Lass gut sein, Werner.“ Lehmann packte Broder an den Schultern und zog ihn Richtung Tür.
„Ach was, der Typ verarscht uns doch.“ Broder riss sich von Lehmann los, stürmte hinter die Schank und packte den Barkeeper am Ohr.
„Du verarscht mich doch, oder?“ Er rammte ihm das Knie in den Magen und als der Junge aufheulte und zusammensackte, hieb er ihm den Pistolenknauf ins Gesicht.
„Wenn du deinen Scheißboss das nächste Mal siehst, sagst du ihm, er soll sich bei Broder melden. Schleunigst. Und wir reden diesmal von siebenhundert, damit das klar ist. Siebenhundert! Hast du das kapiert?“ Er stieß ihn gegen das Flaschenregal. Der Junge rutschte zu Boden, neben ihm zerbarsten Gläser und Flaschen auf den Fliesen und aus seiner Nase sprudelte das Blut wie aus einem Zapfhahn.
„Lass uns verschwinden, Lukas … verdammter Dreckspuff.“

Im Wagen zündete Lehmann zwei Zigaretten an und hielt Broder eine hin.
„Werner, Alter. Pff … also ich weiß nicht recht, meinst du nicht, dass du’s in letzter Zeit etwas übertreibst?“
Broder zog an der Zigarette, inhalierte tief, stieß den Rauch aus. Er starrte durch die Windschutzscheibe. Mit den Fingern der Linken trommelte er aufs Lenkrad.
„Werner, echt, so kann‘s doch nicht weitergehen … der Bengel war keine zwanzig.“
Broder ließ den Motor an, haute das Blaulicht aufs Dach und schoss aus der Parklücke.
„Herrgott, die verarschen uns doch alle. Findest du das etwa witzig?“
„Das hab ich nicht gesagt … Werner, verdammt, ich mein halt nur, dass du einfach zu weit gehst. Also … ach ich weiß auch nicht.“
„Jessas, was ist denn auf einmal los mit dir, du Mädchen? Bekommst du deine Tage?“
Werner raste auf der zweiten Spur über den Innenring und die Autos vor ihnen stoben nach links und rechts wie verschreckte Karnickel.
„Ja, verpisst euch nur, ihr Nieten, hier kommt die Kavallerie. Lass uns ins Heiners fahren auf ein Bier, Lukas. Mir reicht‘s für heute.“
„Ich mein’s ernst, Werner. Ich mach bei deinem Scheiß nicht mehr mit.“
„Bei meinem Scheiß? Machst du Witze? Als würde nicht genug rausspringen für dich … nur dass du die Kohle halt verhurst. Und sie nicht für verdammte Bälger brauchst … sechzehn ist der kleine Dreckskerl jetzt und die Jessica achtzehn, muss ich noch weitererzählen? Ich schwör’s dir, das sind verdammte elende Blutsauger, die fressen dir die Haare vom Kopf. Die verarschen dich nach Strich und Faden und lachen dir dabei noch ins Gesicht. Herr in Himmel, wenn ich’s mir noch einmal aussuchen könnte.“
Das Funkgerät knackste und begann fürchterlich zu rauschen. Lukas schnappte sich das Mikro, stöpselte einen Kopfhörer an und drehte an den Knöpfen.
„Zwovierzig hier, ja? … Der am Friedensplatz? Da sind wir quasi um die Ecke. Yep, können wir uns drum kümmern, klar … Media-Markt, dritter Stock, okay. Verstanden … zwei Ladendiebe im Kaufhof, Werner, was meinst du? Das ist doch was für uns.“
„Bist du noch zu retten, du Blödmann? So einen Mist hängt man sich nur um, wenn‘s um eine geile Muschi geht, die Reizwäsche klaut. Meinst du etwa, ich will mich mit so einem Spinner rumärgern, der für seine Alte eine Pur-CD eingesackt hat? Junge, Junge."
Broder riss das Lenkrad nach links, schlitterte mit quietschenden Reifen quer über zwei Fahrspuren, holperte über den Grünstreifen und raste auf dem Radweg Richtung City.
„Schalt die Sirene ein!“
„Werner, bist du jetzt vollkommen irre? Meine Fresse, wir reden von einem Ladendiebstahl, nicht von einer Geiselnahme. Alter, du schaust dir echt die falschen Filme an.“
„Also was jetzt? Willst du hin oder nicht? Mann, du kotzt mich manchmal richtig an!“


Ich erinnere mich noch so gut an früher, wenn er von der Arbeit nach Hause gekommen ist. Sobald ich seinen Schlüssel im Schloss hörte, rannte ich zur Tür, um ihm um den Hals zu fallen. Er hat mich dann immer hochgehoben und gesagt: „Na, mein kleiner Polizist, wie geht‘s dir?“
Daraufhin schnappte ich mir seine Dienstmütze und setzte sie auf meinen Kopf. Sie war viel zu groß und ich musste sie ständig nach oben schieben, um wieder etwas sehen zu können.
„Eines Tages wird sie dir passen“, hat er gesagt und dabei gegrinst. Ich stellte mich vor den Spiegel und starrte mich an. In meiner Vorstellung jagten wir beide einen gefährlichen Verbrecher.


Broder parkte mitten auf dem Gehsteig, wenige Meter vor den riesigen Drehtüren des Kaufhofs.
„Mach die verdammte Sirene aus.“
Er holte einen Flachmann und eine Pillendose aus der Jackentasche, schüttelte sich ein paar von den Dingern in den Mund, zerbiss sie und spülte sie mit einem großen Schluck runter.
„So, Sportsfreund, los geht’s. Keine Verletzten, keine Gefangenen.“
Er stieg aus dem Wagen, holte die Glock aus der Jacke und trabte mit der Waffe in der Hand auf den Eingang zu. Einige Leute schrien auf, manche ließen sich zu Boden fallen, ein paar Bekloppte knipsten ihn mit ihren Handykameras. Als sich Broder umsah und merkte, dass ihm Lehmann nicht folgte, blieb er stehen und brüllte:
„Was ist los, du Arschloch, willst du mich alleine sterben lassen?“ Er sah, dass Lehmann noch immer im Wagen saß und nicht einmal zu ihm herschaute. Broder lachte und schüttelte den Kopf.
„Na dann halt nicht, du Wichser.“
Im Laufschritt durchquerte er die Parfümerieabteilung im Parterre und flitzte über die Rolltreppen in den dritten Stock. Dort nahm er noch einen tiefen Schluck aus dem Flachmann, schüttelte sich und sah sich suchend um.
„He, du da!“ Mit der Waffe winkte er einen Verkäufer zu sich. Der Schnösel wurde kreidebleich.
„Wo ist hier das Büro?“
Der Junge starrte ihn mit offenem Mund an. Broder hielt ihm die Kanone unter die Nase.
„Himmel, hast du was auf den Ohren, du Traummännlein? Das Büro such ich. … Die Abteilungsleitung, die Direktion, was weiß ich, den Chef von eurem Drecksladen halt.“
„Da hinten die blaue Tür. Neben dem Lift“, stammelte das Bürschchen und zeigte ans andere Ende der Etage.
„Na bitte, geht ja. Und immer schön devot bleiben, ja?“ Broder tätschelte ihm die Wange, steckte die Glock ein und marschierte in Richtung blauer Tür. Bei einem Wühltisch mit CDs blieb er stehen, stöberte ein wenig darin herum und steckte sich schließlich eins von den Dingern in den Hosenbund.
But it ain't me, babe, no, no, no, it ain't me babe. It ain't me you're lookin' for, babe“, trällerte er fröhlich, zerkaute noch zwei Kapseln und trat ohne anzuklopfen ins Büro.


Einmal, da war ich schon elf oder zwölf, nahm er mich im Streifenwagen mit. Der Lehmann war auch dabei. Es war zwar ihr freier Tag, aber sie taten so, als wären sie im Dienst, auch die Uniformen hatten sie angezogen, extra für mich. Sie waren ja damals noch nicht bei der Kripo, sondern fuhren ganz normale Streife.
Wir kurvten durch die Stadt und eine Zeitlang durfte ich sogar vorne sitzen, mit Lehmanns Schirmmütze auf dem Kopf und dem Mikro vom Funkgerät in der Hand.
„Roger, kommen, … yes, Sir. Verstanden. Over“, und so Zeug quasselte ich pausenlos in das Ding und kam mir unheimlich toll dabei vor. Immer wieder suchte ich die Blicke von Passanten und schaute dann besonders grimmig drein.
Am Georgsplatz stiegen wir aus und sind in die Passage runter, wo immer diese Giftler rumhingen. Wir stiefelten dort ein bisschen auf und ab, die eine oder andere von den traurigen Figuren ließen sie aufstehen, Hände an die Wand, Beine auseinander, und durchsuchten sie. Wenn sie Zeug fanden, steckten sie’s ein. Vom Georgsplatz fuhren wir dann über den Fluss rüber in die Au, da gab’s damals so eine halb illegale Kommune von ein paar verrückten Hippies. Die hausten in alten Wohnwägen und ausrangierten Frachtcontainern, es gab dort ein Windrad, Gemüsebeete, einen Haufen verdreckter Kinder und mindestens doppelt so viele Hunde wie Menschen. Vermutlich lauter Spinner. In großen Kreisen rasten wir über die Wiese, der Wagen schlingerte wie wild und Vater hatte das Fenster runtergekurbelt. Er brüllte durchs Megaphon hinaus: „Alle raustreten zur Pimmelkontrolle, ihr verdammten Schwanzlutscher, ihr Scheiß-Loser mit euren verlausten Scheißweibern. Sucht euch Arbeit, ihr Gammler! Ihr Scheißlandplage! Asoziales Zigeunerpack! Schmarotzer!“ Lauter so Quatsch halt und Lehmann kriegte sich vor Lachen gar nicht mehr ein.
Zurück in der Stadt ging’s dann los mit seiner Predigt. Eine geschlagene halbe Stunde, den ganzen Weg bis nach Hause, laberte mir der Alte die Ohren voll, von wegen „Hast du dir diese Typen am Georgsplatz genau angeschaut, Phillip, hast du gesehen wie die leben? Wie die Tiere, wie Ferkel, die waschen sich ja nicht einmal mehr. Denen geht‘s nur noch um den nächsten Schuss, um sonst gar nichts, da gibt’s auch keine Freundschaften mehr, nichts, die bestehlen und belügen sich gegenseitig. Und lass dir von niemandem einreden, die könnten nichts für ihr Scheißleben, die wären nur arme Opfer der Gesellschaft oder so. Das ist Schwachsinn. Jeder ist für sein Schicksal verantwortlich. Man braucht sich nur an die Gesetze halten und an noch ein paar ganz einfache Regeln, dann geht das schon. Und diese Scheißhippies in der Lobau, glaub ja nicht, dass einer von denen irgendwas Vernünftiges tut, oder gar arbeitet, die leben alle von der Stütze, das sind elende Schmarotzer. Und waschen tun sich die wahrscheinlich auch nicht. Was ich dir sagen will, Junge, reiß dich in der Schule ein bisschen am Riemen, tu, was man von dir verlangt, das ist keine Schande, nur die wirklichen Blödmänner rennen mit dem Kopf gegen die Wand. Hör mir gut zu, Phillip, ich mein das jetzt ganz im Ernst: Sei ehrlich und rechtschaffen, ja, du hast mich schon richtig verstanden, ich hab rechtschaffen gesagt, dann wird das schon was werden mit deinem Leben, tu einfach deine Pflicht, glaub’s mir, ich weiß wovon ich rede …“, und so weiter, bla bla bla. Und der Lehmann nickte die ganze Zeit mit dem Kopf dazu.


Als Broder ins Büro trat, blickte eine Frau erschrocken auf. Sie saß hinter einem Schreibtisch und außer ihr war niemand da. Er schloss die Tür und musterte den Raum. Eine bessere Abstellkammer, die Wände mit vollen Aktenregalen zugestellt, ein paar Schreibtische, drei Türen, zwei mickrige Fenster, eine Kaffeemaschine, ein wuchtiger, roter Kühlschrank, an der Decke ein Ventilator.
„Meine Verehrung, Gnädigste.“ Ihre Frisur schien aus Stein gemeißelt zu sein. Broder schenkte ihr sein irrstes Grinsen und ging an ihr vorbei zum Kühlschrank.
„Sie gestatten?“
Sie starrte ihn entgeistert an, als er den Kühlschrank öffnete.
„Na wer sagt’s denn.“ Broder nahm sich eine Flasche Bier, haute an einer Schreibtischkante den Verschluss ab und wendete sich wieder der Frau zu.
„Alles wird gut, meine Liebe. Die Kavallerie ist da.“
„Sagen Sie mal, was ist denn mit Ihnen los? Wer zum Teufel sind Sie überhaupt?“
„Kommissar Broder. Ich sag ja, jetzt wird alles gut.“ Er warf seine Dienstmarke auf den Schreibtisch.
„Du meine Güte. Sie sind Polizist? Wohl undercover unterwegs, was? Und Ihr Deckname ist vermutlich Dirty Harry.“ Sie kicherte wie ein Schulmädchen.
„Sehr witzig. Also, wo brennt’s?“
„Zwei Jungs. Der eine hat sich einen MP3-Player unters Hemd gesteckt. Der Detektiv hat’s über die Überwachungskamera gesehen.“
„Wo ist der Detektiv jetzt?“
„Keine Ahnung. Er hat die zwei hier abgeliefert und ist jetzt wieder unterwegs. Auf Streife heißt das bei euch wohl.“ Sie zwinkerte ihm zu.
„Sehr witzig. Und wo sind die zwei?“
„Da drin. Eingesperrt.“ Sie wies auf die beiden Türen. „Damen“ stand auf der einen, „Herren“ auf der anderen. Vor beide waren Schreibtische geschoben.
„Der Detektiv hat gemeint, er muss sie trennen. Wegen Verabredungsgefahr, hat er gesagt.“
„Wegen Verabredungsgefahr, so so. Scheint ja ein aufgewecktes Kerlchen zu sein, euer Detektiv. Wer hatte den MP3-Player?“
„Der da.“ Sie deutete auf die linke Tür. Broder stellte das Bier ab, ging zur rechten und wuchtete den Schreibtisch zur Seite. Dann öffnete er die Tür.
„Komm raus, du Arschloch.“
Ein höchstens fünfzehnjähriges Bürschlein kam heraus, bleich, verschwitzt, am ganzen Leib zitternd.
„Mach die Tür zu. Wie heißt du, mein Junge?“
Der Bub schloss die Tür, räusperte sich und starrte zu Boden.
„Schau mich an. Wie heißt du?“
„Ähm … Jan.“
„Emjan? … Was für ein Scheißname. Komm her, Emjan.“
Dem Jungen rannen mittlerweile Tränen über die Wangen. Zögernd trat er einen Schritt näher. Broder holte sich drei Pillen aus der Dose, steckte sie in den Mund und nahm ein paar Schluck vom Bier. Jan schluchzte. Rotz und Wasser liefen ihm übers Gesicht, er heulte jetzt hemmungslos wie ein Kind.
„Was ist los, Emjan? Meinst du etwa, ich beiße? Keine Angst, ich beiße nicht.“
Er trat zu Jan, fuhr ihm mit der Linken sanft durchs Haar und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Dann wischte er ihm eine Träne von der Wange und rammte ihm das Knie in den Unterleib. Die Frau stieß einen Schrei aus und Jan fiel zu Boden wie ein nasser Sack. Er presste die Fäuste zwischen die Schenkel, wälzte sich herum wie ein Epileptiker, röchelte, würgte und kotzte schließlich ein wenig Schleim auf den Boden.
„Sie Tier! Sie Unmensch! Das ist doch noch ein Kind! Sie sind ja vollkommen irre! Sie sind doch krank! Hilfe! Hilfe!“ Sie kreischte wie am Spieß, stürzte zur Tür und rüttelte an der Schnalle. Broder schleuderte die Bierflasche an die Wand.
„Vergessen Sie’s. Ich hab abgeschlossen. Halten Sie mich für einen Anfänger? Herrgott, jetzt reißen Sie sich gefälligst zusammen. Dem Hosenscheißer ist nichts passiert. Nie ins Gesicht, das lernen wir schon in der Polizeischule. Halten Sie einfach den Mund.“
Die Frau hatte zu weinen begonnen. Broder nahm ein Taschentuch aus der Hose, hockte sich neben Jan und wischte ihm behutsam das Gesicht sauber. Der Kleine wimmerte leise und hechelte so kurzatmig wie ein angeschossenes Rehkitz. Broder beugte sich zu seinem Ohr.
„Du hörst mir jetzt ganz genau zu, Emjan. Wenn ich dich noch mal bei irgendeiner Scheiße erwische, ganz egal bei welcher, prügle ich auch deinen Familiennamen aus dir raus, verstehst du mich? Und ich schwör’s dir bei meiner letzten Zigarette, dann wirst du in deinem Leben nicht mehr sehr viel Spaß haben. Capisce?“
Er stellte den Jungen auf die Füße und schleppte ihn zur Tür. Dort stand noch immer die Frau, schluchzend, zitternd, mit weit aufgerissenen Augen, und biss sich in die Fingerknöchel.
„Sie erlauben, Gnädigste?“ Sanft schob er sie beiseite, holte den Schlüssel aus dem Hosensack und schloss auf. Er öffnete die Tür einen Spalt und schubste Jan hinaus.
„Und für den Fall, dass du dich beschweren willst: Broder. Kommissar Werner Broder. Merk dir den Namen gut. Und jetzt verpiss dich, du kleiner Scheißkerl“, rief er ihm nach. Dann knallte er die Tür zu, sperrte wieder ab und steckte den Schlüssel ein.
„So, jetzt fängt der Spaß erst richtig an. Jetzt knöpfen wir uns den Bandenchef vor. Wie heißen Sie übrigens?“
„Wie bitte?“ schniefte sie.
„Na kommen Sie. Sie heißen doch nicht Wibite … erst Emjan, jetzt Wibite. Scheiße, und der da drin heißt wohl Ichtusniewieder. Soll das witzig sein? Ihren Namen möchte ich wissen, verdammt.“
„Äh, Doris.“
„Edoris? Wollen Sie mich verarschen? Das klingt wie eine Scheißkosmetikmarke.“
„Doris“, stieß sie unter Schluchzen hervor.
„Doris. Ein schöner Name … stört es Sie, wenn ich rauche, Doris?“ Broder nahm sich eine Zigarette aus der Packung, die auf ihrem Schreibtisch lag, und zündete sie an. Dann schüttelte er sich aus dem Döschen ein paar Pillen in den Mund und ging zum Kühlschrank.
„Wollen Sie auch ein Bier, Doris?“
„Hören Sie, ich weiß ja nicht, was Sie-“
„Ich hab Sie gefragt, ob Sie ein Bier wollen.“
„Sie sind doch-“
„Ich glaube, Sie hören mir nicht richtig zu, Doris.“ Broder angelte sich eine Flasche und schmetterte die Kühlschranktür zu. Er haute die Kapsel ab, ging langsam auf sie zu und fuchtelte mit der Zigarette in der Luft herum.
„Soll ich Ihnen was sagen, Doris? Sie kotzen mich an. Echt. Sie kotzen mich so richtig an ... ihr Weiber seid doch alle gleich. Wegen dem kleinsten Scheiß rennt ihr zu den Bullen, aber wenn’s dann ein bisschen weh tut, wird sofort geheult. Himmelarsch, meinen Sie, mir macht das Spaß?“
Broder stand jetzt dicht vor ihr und blies ihr Rauch ins Gesicht. Er schmiss die Kippe auf den Boden, trank noch ein paar Schluck und warf die Flasche über die Schulter.
„Sie sind gar kein Polizist, nicht wahr? Sie sind ein Irrer.“ Doris drückte sich eng an die Wand und wendete das Gesicht ab.
„Siehst du da etwa einen Unterschied, du Schlampe?“, brüllte Broder. „Meinst du, ein normaler Mensch macht freiwillig diesen Drecksjob? Glaubst du das wirklich, du dumme Fotze?“
„Hilfe! Hilfe!“, schrie Doris. Broder schlug ihr zweimal fest ins Gesicht, ihre Brille flog bis zur Scheißhaustür und Doris sank wimmernd zu Boden.
„Du willst es wohl wirklich wissen, du geiles Miststück, was?“ Er zog die Lederjacke aus, warf sie hinter sich auf den Schreibtisch und zerrte Doris hoch.

Zuerst verstand ich ja kein Wort, ich hörte nur, wie die Frau mit einem Mann sprach. Aber dann wurde die Tür vom Scheißhaus aufgemacht, wo Jan drinsaß, und weil das nur so eine dünne Wand zwischen uns war, hörte ich plötzlich ganz deutlich, wie der Mann sagte: „Komm raus, du Arschloch.“
Und da dachte ich, mich trifft der Schlag, jetzt haut’s mich echt gleich um, weil das war eindeutig die Stimme von meinem Alten. Oh Gott oh Gott. Ich drückte mich in den letzten Winkel, noch hinter die Klomuschel, ich wollte nur noch ganz weit weg. Die Tür nebenan wurde wieder geschlossen und ich wartete und dachte dabei, jetzt scheiß ich mich gleich an, aber es passierte erst mal gar nichts. Meine Tür blieb zu und ich konnte auch nicht mehr verstehen, was die da draußen quatschten. Bis auf einmal die Frau zu brüllen begann und da hätte ich mir vor Schreck beinahe in die Hose gepisst, ehrlich. Draußen zersplitterte irgendwas und ich hörte wieder die Stimme von meinem Alten. Ich verstand nicht, was er sagte, aber ich konnte mir sein Gesicht dazu vorstellen. Mein Gott, wie ich seine Visage hasste, wenn er wütend war, wenn seine Augen schmal wurden, diese Scheißvene an der Schläfe hervortrat und seine Stimme dabei ganz ruhig blieb, da bekam ich jedesmal Gänsehaut.
Ich hatte keine Ahnung, was da draußen los war, sie redeten hin und her, bis ein schrecklich lautes Scheppern zu hören war, ich glaub, das war die Kühlschranktür und kurz darauf flog wieder was auf dem Boden. Und dann ging’s richtig los. Mein Vater brüllte. „Schlampe, Fotze, Miststück“, so Scheiß halt, ganz mein Alter, richtig gruselig, und darauf schrie die Frau wieder um Hilfe. Ich war knapp am Durchdrehen, ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich wusste ja nicht, dass die Scheißhaustür gar nicht abgesperrt war, was hätte ich denn tun sollen? Aber was ich dann hörte, ließ mir echt die Haare zu Berge stehen, also ich bin ja kein Fünfjähriger mehr, ich weiß schon, wie sich gewisse Sachen anhören. Und erst jetzt checkte ich Blödmann, dass der Schlüssel innen an der Scheißhaustür steckte, also konnte auch nicht abgeschlossen sein. Mann, war ich dämlich, aber es war ja kaum Licht hier drin, es gab nur so eine winzige, verdreckte Oberlichte. Jedenfalls zog ich den Schlüssel ab und spähte durch das Schlüsselloch. Herrgott, hätte ich das doch bleiben lassen.
Ich starrte direkt auf den nackten Arsch von meinem Alten. Keine fünf Meter von mir entfernt stand dieser Dreckskerl und fickte die Frau. Mir wurde richtig übel und es fehlte echt nicht viel und ich hätte gekotzt. Ich atmete tief durch und haute mir ein paarmal gegen den Schädel. Scheiße, Scheiße, Scheiße. Schließlich drückte ich die Schnalle und probierte, ob sich die Tür öffnen ließ. Sie bewegte sich zwei Zentimeter, aber dann war Schluss. Irgendwas Schweres stand davor. Scheißhaustüren, die nach außen aufgehen, gibt’s was Bescheuerteres? Ich lehnte mich mit aller Kraft dagegen und schaffte es wirklich, sie zwei Handbreit aufzubekommen.
Jetzt bot sich mir das ganze erbärmliche Schauspiel in der Totalen: mein Vater, der so in seine Rammelei vertieft war, dass er rein gar nichts mitbekam, und vor ihm auf dem Schreibtisch die Frau, der er ihren zerfetzten Slip auf den Mund presste. Mit der anderen Hand war er an ihren Titten. Sie hatte die Augen verdreht und Blut im Gesicht und ihre Arme lagen wie leblos neben ihr. Oh Gott oh Gott … Und erst dann sah ich seine braune Lederjacke auf dem Schreibtisch vor meiner Tür, direkt vor meiner Nase. Ohne nachzudenken schnappte ich mir das Ding und holte die Kanone aus der linken Innentasche. Da war sie immer drin, das wusste ich. Seine Glock kannte ich so gut wie mein Smartphone, die barg echt keine Geheimnisse, er hatte mich ja schon als Zwölfjährigen auf den Schießplatz mitgenommen. Ich entsicherte sie.
Jetzt brauchte ich nicht mehr leise zu sein. Wie ein Berserker schob ich mit der Tür den Schreibtisch in den Raum, der wog wirklich keine Tonne, das war beinahe ein Kinderspiel, aber mein Alter bekam den Krach nun doch mit, drehte sich um und starrte mich entgeistert an.
„Sohnemann, du kleiner Wichser. Na das ist ja eine Überraschung“, konnte er noch sagen.
Dann schoss ich ihm ins rechte Knie. Und dann ins linke.

 

Die Vorlage dieser Geschichte ist Bellas Ende und Anfang, und die ist selbst schon eine Coverversion, und zwar von Megabjörnies Geschichte Pflichterfüllung. Dieses Original habe ich allerdings (noch) nicht gelesen, um mir die Sache nicht unnötig zu verkomplizieren. Allerdings hab ich mir den Titel geklaut. Darf man das?

 

Heyho ernst.

Ajajaj, da geht's ja ab in deiner Geschichte. Mit dem Trashig hast du durchaus Recht, aber ist amüsant zu lesen diese Gewalttour. Fehlen eigentlich nur noch die Aliens am Ende.
Was der Text, meiner Meinung nach, gut macht, sind die Werner Stellen. Die haben halt viel Aktion, da passiert ständig was. Das geh ich mit wie an einem Aktionfilm und kann mich an jeder Steigerung erfreuen. Insofern also gern gelesen - eine Runde Spaß für Zwischendurch :).

Was mir sonst aufgefallen ist:

- manchmal passen die Dialoge für mcih nciht ganz, zum Beispiel als der Jüngling da auf die Mutter Gottes schwört. Das klingt für mich künstlich. Auch sonst gibt es, gerade am Anfang, ein, zwei Formulierungen in den Dialogen, bei denen ich raus war. Keine Ahnung,

- dieser Perspektivwechsel. Ich weiß nicht, ob der der Geschichte gut tut. Nicht an sich, weil eine zweite Person erzählt. Sondern weil den Textstellen ein bisschen die Geschwindigkeit fehlt. Das sind ja zwei Rückblenden und die Bremsen das Geschehen aus, obwohl eigentlich alles gerade vom Tempo lebt, diesem noch eins und noch eins drauf. Da wird dann wieder Raum frei für Reflexionenen und ich denke, am besten wäre es, wenn der Leser komplett durchgezehrt wird, ohne viel Nachdenken oder Pausen. Dann wirkt das besser. Ist ja eh ein bisschen wie ein Trip diese Geschichte. Achja, nochwas, direkt beim ersten Absatz aus der Sohnperspektive war irgendwie klar, dass der Vater ihn bei irgendwas erwischt.

So, diesmal nur ne kurze Rückmeldung, weil ich eigentlich keine Zeit habe. Aber ich hab deine Geschichte trotzdem gelesen, du siehst, kurzweilig ist sie.

Darf man das?
Nein. :P

Gruß,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus flammbert, servus Kew.

flammbert schrieb:
Ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen?

Kew schrieb:
Ajajaj, da geht's ja ab in deiner Geschichte.
... eine Runde Spaß für Zwischendurch

Na ja, genau das war auch meine Absicht. Ich wollte einfach mal so einen richtigen Genretext schreiben, so groschenheftmäßigen Trash unter bewusster Verwendung möglichst vieler Klischees. Durchgeknallte, zugedröhnte, korrupte Bullen, viel sinnlose Gewalt, ein brutaler Showdown. Psychologische Tiefe und diffizile Figurenzeichnung war mir hier nicht unbedingt ein großes Anliegen.
Und diese Rückblenden aus Sicht des Sohnes, in denen sich ja auch die Erzählsprache ändert, sind vermutlich meine einzige Konzession an eine Art Literarizität, um den Text zumindest ein wenig aus den Niederungen des ausschließlichen Schundes zu holen.

Jedenfalls ging mir das Schreiben von dem Ding ungemein leicht von der Hand und hat echt Spaß gemacht, nicht von ungefähr hatte ich es in zwei Tagen fertig.
Möglicherweise beflügelte mich auch das inspirierende Vorbild, das ich beim Schreiben die ganze Zeit vor Augen hatte. Pate für die Figur des Broder stand mir nämlich der vollkommen irre Drogendezernat-Agent Norman Stansfield im großartigen Luc Besson-Film Léon – Der Profi, gespielt vom grandiosen Gary Oldman.

Es freut mich, dass euch mein Ausflug in die Schundliteratur gefallen hat.

offshore

 

Hey ernst,

man merkt der Geschichte an, wie viel Spaß Du dran hattest und davon lebt sie am Ende auch. Ist halt 'ne schnelle Nummer, kleine Unterhaltung für Zwischendurch, muss auch mal sein. Und ich mag die Copys auch gerade deswegen, weil sie einem solche Sachen eben mal schneller von der Hand gehen lassen, als eine Geschichte, über die man lang und breit nachdenkt.
Ich find gut, dass die Geschichte von Anfang an keinen Hehl draus macht, was sie sein will. Da ist von Beginn an klar, hier hat Realität nichts zu suchen, also lieber Leser, versuch es auch erst gar nicht :). Also versucht man es erst gar nicht und lächelt da über Border und den ganzen Scheiß, den er verzapft, ich konnte ihn null für voll nehmen und das ist dann auch gut so, wenn es zur Vergewaltigung kommt. Zwischenzeitlich hab ich mich mal gefragt, was das eigentlich für Pillen sind, die er da schluckt wie tik-taks, und hab mich dann für Traubenzucker entschieden :D.

Die Stellen mit dem Junge, also mich haben die jetzt nicht gestört, ich empfand es im Gegensatz zu kew ganz angenehm, mal Luft holen zu können, aber das ist natürlich absolut subjektives Empfinden. Aber ich fand den Jungen in seiner Figur am inkonsequentesten gezeichnet. Border kommt rüber, Lehmann auch, auch die Büromaus, aber der Junge ist ne Memme im Klo und ein beinharter Typ, wenn er seinen Vater abknallt. Ich find, statt Angst würde ihm Wut im Klo gut zu Gesicht stehen. Ist ja der Sohn seines Vaters, oder?

Spannend die Geschichte in den drei Phasen zu lesen. Gut, dass die so kurz sind, sonst hätte ich mir das vielleicht gar nicht angetan.
Ja, nette und kurzweilige Unterhaltung. Mehr lässt sich ja kaum sagen, aber da das sicher auch dein ziel war, sag ich mal, gelungen!

Beste Grüße, Fliege

 

Fliege schrieb:
Ich find gut, dass die Geschichte von Anfang an keinen Hehl draus macht, was sie sein will. Da ist von Beginn an klar, hier hat Realität nichts zu suchen,
Es freut mich, Fliege, dass es dir gelungen ist, die Geschichte genau so zu lesen, wie ich mir wünschte, dass sie gelesen wird, nämlich trotz der Brutalität als eine Art augenzwinkernde Hommage an die einschlägigen Filme (Bruce Willis et al). Und beim Schreiben dachte ich tatsächlich eher filmisch, deshalb wurde die Story auch so dialoglastig.

Zwischenzeitlich hab ich mich mal gefragt, was das eigentlich für Pillen sind, die er da schluckt wie tik-taks, und hab mich dann für Traubenzucker entschieden
Keine Ahnung, Fliege, was der Broder da dauernd einwirft, mit Drogen hab ich’s ja nicht so, aber glaub mir, an Traubenzucker dachte ich beim Schreiben definitiv nicht.

aber der Junge ist ne Memme im Klo und ein beinharter Typ, wenn er seinen Vater abknallt.
Das hat mich jetzt veranlasst, den Schluss etwas zu „entschärfen“, wenn man’s so nennen will:

„Sohnemann, du kleiner Wichser. Na das ist ja eine Überraschung“, konnte er noch sagen.
Dann schoss ich ihm ins rechte Knie. Und dann ins linke.

Danke für die Blumen, Fliege.

 

Hallo Ernst,

ich kann gar nicht allzu viel dazu sagen, außer dass es mir echt gut gefallen hat. :) Ich habe in die Geschichte reingelesen, als ich eigentlich überhaupt keine Zeit dafür hatte ... und bin trotzdem hängen geblieben. Das auf jeden Fall schon mal als Kompliment an dich.
Ich hatte auch richtig viel Spaß an den Charaktären. Broder hast du echt gut gezeichnet, da ist ein richtiges Bild in meinem Kopf enstanden. Und obwohl er eigentlich ein richtiger Arsch ist, kommt das mit so einem Augenzwinkern daher. Doch, das fand ich richtig gut! :)
Und als er dann erst mal in diesem Kaufhaus ist, ist es so richtig schön trashig geworden ... das hat auch echt Spaß gemacht.

Ich fand v. a. die Dialoge richtig gelungen. Die sind richtig fetzig und sind sozusagen das i-Tüpfelchen deiner Geschichte.

Viele Grüße
Bella

 

Ahoj!

Na wumm, das liest sich ja wie Rammstein sich anhören. Also was der an Tabletten in sich reinschaufelt ist ja nur noch absurd, und das mit der Bad-Cop-Attitüde lässt sich ja auch nicht mehr überbieten. Und ja, die Handlung ist auch von Anfang an ziemlich vorhersehbar, bis auf den Schluss vielleicht. Gut es war wohl deine Absicht, einfach mal im Seichten zu baden, sich genüsslich zu suhlen. Warum auch nicht? Man muss nicht immer todernst sein. (So, jetzt ist mir ein wirklich plattes Wortspiel passiert, auch egal.)
Interessant fand ich den stilistischen Kontrast du dem kursiv geschriebenen Teil, den hätte man vielleicht ausarbeiten können.
Ist es Absicht, dass so ein ORF-Krimi-Deutsch gesprochen wird? Da werden bundesdeutsche (Junge,(ver)pissen, Kippe) mit wienerischen Ausdrücken (Scheißhaus, Giftler) vermischt. Macht es noch trashiger, finde ich.
Alles in allem: Lustig.

Servus!
LM

 
Zuletzt bearbeitet:

Bella schrieb:
ich kann gar nicht allzu viel dazu sagen, außer dass es mir echt gut gefallen hat.

Ich fand v. a. die Dialoge richtig gelungen. Die sind richtig fetzig und sind sozusagen das i-Tüpfelchen deiner Geschichte.


Na ja, Bella, viel zu deuten oder zu interpretieren gibt es in dieser Story ja wirklich nicht.
Dass du an dieser doch einigermaßen radikalen Neuinterpretation deiner Geschichte trotzdem Gefallen finden konntest, freut mich natürlich umso mehr, und ganz besonders freut mich, dass für dich die Dialoge funktionierten, die tragen in diesem Fall ja weitgehend die Geschichte, sind hier sozusagen das Um und Auf.

Vielen Dank, Bella

Lady Morphia schrieb:
Gut es war wohl deine Absicht, einfach mal im Seichten zu baden, sich genüsslich zu suhlen. Warum auch nicht? Man muss nicht immer todernst sein.

Richtig erkannt, Lady Morphia, literarische Seriosität war hier meine Sache wahrlich nicht. Vielmehr wollte ich nicht mehr als trashige Unterhaltungslektüre schreiben. Ob so ein Text dann in einem hochkarätigen Literaturforum überhaupt etwas verloren hat, ist eine andere Frage. Aber wenn ich mir die bisherigen Reaktionen so anschaue, scheint hier für derartigen Schund durchaus Platz zu sein.

Ist es Absicht, dass so ein ORF-Krimi-Deutsch gesprochen wird? Da werden bundesdeutsche (Junge,(ver)pissen, Kippe) mit wienerischen Ausdrücken (Scheißhaus, Giftler) vermischt.

Na ja, das ist halt immer so eine Gratwanderung, wenn man für die Leserschaft hier im Forum schreibt, die vermutlich zu weit über 90% aus Bundesdeutschen besteht. Schriebe ich die Dialoge in authentischem Wienerisch, ala Kottan-Krimi, wären sie wohl für die Mehrzahl der Leser kaum verständlich. Aber weil ich meine Muttersprache nicht gänzlich verleugnen kann und will, kommt’s dann halt zu so einem Mischmasch. (Und ich komme mir dabei eh wie ein rückgratloser Opportunist vor.)

Alles in allem: Lustig.

Genau diese Reaktion wünschte ich mir.
Vielen Dank. Lady Morphia.

offshore

 
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Hi ernst,

ich schreib mal mit, was ich so beim Lesen denke:

„Na los, spuck’s aus.“
Der erste Satz gefällt mir, da will man direkt weiterlesen

„Sag mal, du Spatzenhirn, red ich etwa ausländisch?
Das finde ziemlich witzig - ich meine, ausländisch ist ein klasse Wort, das sagt schon viel über den aus, der das sagt, finde ich

Broder knallte den Kopf des Burschen gegen die Espressomaschine
Ich hab Bellas Ursprungstext noch nicht gelesen (ich glaube, das mache ich gleich), aber wenn ich Broder lese, muss ich an Henryk Broder denken, ich weiß nicht, ob du den kennst, und ob der Name auf Bella zurückgeht.

und aus seiner Nase sprudelte das Blut wie aus einem Zapfhahn.
Das finde ich ziemlich cool. Ich würde sonst was dafür geben, wenn mir Vergleiche einfallen würden, die ... ich weiß nicht, wie ich's sagen soll? Die irgendwas widerspiegeln. Weil, der Kerl ist ja Barkepper; das gibt so eine Tiefe. Fand ich auf jeden Fall cool.

„Werner, Alter. Pff
Broder zog an der Zigarette
Es ist nicht unbedingt störend, aber man muss schon an der Stange bleiben als Leser, und mitdenken, wenn zwei verschiedene Namen für die gleiche Person verwendet werden

So einen Mist hängt man sich nur um, wenn‘s um eine geile Muschi geht, die Reizwäsche klaut. Meinst du etwa, ich will mich mit so einem Spinner rumärgern, der für seine Alte eine Pur-CD eingesackt hat? Junge, Junge.
Ich schwör’s dir, das sind verdammte elende Blutsauger, die fressen dir die Haare vom Kopf. Die verarschen dich nach Strich und Faden und lachen dir dabei noch ins Gesicht.
„Jessas, was ist denn auf einmal los mit dir, du Mädchen? Bekommst du deine Tage?“
Ja, verpisst euch nur, ihr Nieten, hier kommt die Kavallerie.
Haha, oh Mann, also das Zeug, was dein Prot hier redet, das ist schon ziemlich witzig :D


blieb er stehen und brüllte:
„Was ist los, du Arschloch
Da ist dir ein Absatz reingerutscht

„But it ain't me, babe, no, no, no, it ain't me babe. It ain't me you're lookin' for, babe“, trällerte er fröhlich
Finde ich bisschen komisch, dass er auf Dylan steht; könnte mir eher vorstellen, dass er Hippies hasst. Aber vllt will er denen damit einfach eins reinwürgen

da gab’s damals so eine halb illegale Kommune von ein paar verrückten Hippies. Die hausten in alten Wohnwägen und ausrangierten Frachtcontainern, es gab dort ein Windrad, Gemüsebeete, einen Haufen verdreckter Kinder und mindestens doppelt so viele Hunde wie Menschen. Vermutlich lauter Spinner.
Ach, jetzt kommen die Hippies echt noch mal vor. Verrückt. Und er kann sie ja wirklich nicht besonders ausstehen. ;)

„Sehr witzig. Also, wo brennt’s“
Fragezeichen

„Schau mich an. Wie heißt du?“
„Ähm … Jan.“
„Emjan? … Was für ein Scheißname. Komm her, Emjan.“
Haha

Halten sie einfach den Mund.
Sie

„Sie sind gar kein Polizist, nicht wahr? Sie sind ein Perverser.“ Doris drückte sich eng an die Wand und wendete das Gesicht ab.
„Siehst du da etwa einen Unterschied, du Schlampe?“, brüllte Broder.
Oh Mann.

Und da dachte ich, mich trifft der Schlag, jetzt haut’s mich echt gleich um, weil das war eindeutig die Stimme von meinem Alten. Oh Gott oh Gott.
Ach krass. Das ist ja eine interessante Wendung

mein Alter bekam den Krach nun doch mit, drehte sich um und starrte mich entgeistert an.
„Sohnemann, du kleiner Wichser. Na das ist ja eine Überraschung“, konnte er noch sagen.
Dann schoss ich ihm ins rechte Knie. Und dann ins linke.
Was für ein Ende.

Also, wie gesagt, ich kenne die Story von Bella nicht, und ich weiß nicht, wie die aufgebaut ist und so, aber die hier hat mir wirklich gut gefallen, ich hab echt gelacht zwischendurch. Dieser Bulle, der ist einfach herrlich zu beobachten. Ich musste die ganze Zeit an den Privatdetektiv von Pulp denken, irgendwie, vllt kennst du das, ist von Buk. Der war irgendwie genauso abgewrakt, aber gleichzeitig witzig zu beobachten. Die Dialoge hier wirken alle sehr natürlich, finde ich, und die Sprüche, die sind echt schon klasse. Ich glaube auch, dass der Text zu einem großen Stück auf den originellen Dialogen aufbaut - da stecken schon viele gute Details und Ideen drinnen, die das ganze witzig machen.
Also, so spontan fällt mir jetzt nichts ein, was ich beanstanden könnte ... ich fand auch, dass die Erzählstimme des Jungen gut getroffen war, die ist aus dem Text herausgestochen, das war ein Bruch, den man beim Lesen spürte, selbst wenn das nicht kursiv geschrieben wäre. Ist natürlich dann eine krasse Überraschung, dass der Junge im Schrank der Sohn des Prots ist, das war nicht vorhersehbar, und das hat dem Text noch mal was gegeben. Und ich fand das gut, dass das Ende dann so aus der Sicht des Jungen erzählt wurde - irgendwie ist das ja schon tragisch, was da passiert, aber ich weiß auch nicht, wie das hier funktionierte, aber ich habe das die ganze Zeit so mit einem Grinsen gelesen, fast, als sei es eine Parodie oder ein Witz oder so. Dabei wird ja eine vergewaltigt und ein Junge schießt auf seinen Vater. Aber irgendwie war es witzig, ich weiß auch nicht, wieso. Vllt wegen den Dialogen, wie gesagt, ich habe mir gerade überlegt, wie die wirken würden, wenn sie passiv vom Erzähler wiedergegeben werden würden; ich glaube, dann wäre der Witz draußen, und dann wäre es eine ernstere Geschichte. Aber diese Dialoge, die machen das schon ziemlich witzig.
Also, hat echt Spaß gemacht.

Grüße

 
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Zigga schrieb:
Die Dialoge hier wirken alle sehr natürlich, finde ich, und die Sprüche, die sind echt schon klasse. Ich glaube auch, dass der Text zu einem großen Stück auf den originellen Dialogen aufbaut - da stecken schon viele gute Details und Ideen drinnen, die das ganze witzig machen.

… irgendwie ist das ja schon tragisch, was da passiert, aber ich weiß auch nicht, wie das hier funktionierte, aber ich habe das die ganze Zeit so mit einem Grinsen gelesen, fast, als sei es eine Parodie oder ein Witz oder so. Dabei wird ja eine vergewaltigt und ein Junge schießt auf seinen Vater. Aber irgendwie war es witzig,


Das sind tolle Komplimente, Zigga, danke.

Dass ich diese Tour de Force mit einem (dreckigen) Grinsen im Gesicht geschrieben habe, ist wohl von Anfang an offensichtlich und sie als Parodie zu bezeichnen, trifft es wohl am besten. Es gibt ja sowohl in den einschlägigen Filmen als auch in der Literatur genug Vorbilder für den moralisch verkommenen Broder.

Und ich will da jetzt gar nicht groß damit anfangen, dass man diesen Broder durchaus auch als tragische Figur sehen könnte, als einen am Leben gescheiterten, unglücklichen Mann. Weil das würde der Story eine Tiefe andichten, die sie in Wahrheit nicht hat. Ich sah in Broder wirklich nicht mehr als ein unreflektiertes, jähzorniges, versoffenes, drogensüchtiges, durchgeknalltes, korruptes Oberarschloch.

Finde ich bisschen komisch, dass er auf Dylan steht;

Na ja, einerseits sollte das wohl andeuten, dass selbst dieser kaputte Scheißkerl irgendwann einmal womöglich ein idealistischer, (normaler) junger Mann war, andererseits ist es auch als Referenz zu verstehen auf den irren Agent Norman Stansfield in Leon, der Profi, der bei seinen Einsätzen über Ohrhörer immer Musik von Ludwig van Beethoven hört. Ursprünglich wollte ich Broder sogar die Arie Casta Diva aus Bellinis Oper Norma summen lassen, die hätten aber vermutlich viel weniger gekannt als den Dylan-Song. Darüber hinaus kann man Dylans Textzeile als bitterböse Anspielung auf Broders Begegnung mit der Sekretärin verstehen. Keinesfalls sollte Broder so verrückt sein, dass er auf Pur steht.

Ja, es freut mich wirklich Zigga, dass dir dieses Stückchen Trash Spaß gemacht hat. Mehr hatte ich damit ja wirklich nicht vor. Oder soll ich gar über eine Fortsetzung nachdenken? Mit einem vollends tollwütigen Kommissar Broder im Rollstuhl? (Den Namen Broder hab ich übrigens unverändert aus Bellas Geschichte übernommen.)
Und sollte es zu einer Verfilmung kommen, teile ich die Tantiemen dann mit Bella und Megabjörnie.

Noch mal danke für diesen Hammer-Kommentar, Zigga.

offshore

 

Hallo ernst

Ich war einigermaßen überrascht, als ich gesehen habe, dass du der Erste aus der diesjährigen Runde bist - wolltest du dir doch anfangs zwei Wochen Zeit nehmen, um überhaupt mal das kopierbare Material zu sichten :)

Also, der Text hat schon was. Ein hohes Tempo, er weckt Interesse beim Leser, ist sauber und in einem flüssigen Stil geschrieben. Eigentlich will ich auch nicht viel kritisieren, ich muss sogar gestehen, ich habe ihn während einer Zugfahrt gelesen und er hat mich deutlich besser unterhalten als mein aktueller Roman. Aber auf der anderen Seite will ich jetzt auch nicht einfach nur schreiben: "Fand ich gut", sondern dir auch noch ein bisschen meine Gedanken dazu mitteilen.

Zum großen Teil spielt der Text in einer Welt, die er sich selbst konstruiert. Und innerhalb dieser Welt funktioniert er auch. Dein Broder ist vollkommen (und absichtlich) überzeichnet, aber er kommt überall durch damit (vom Ende mal abgesehen). Ich nehme auch an, dass das nicht seine erste Vergewaltigung war. Die ganze Gewalt, die ungesühnt bleibt, würde nun Angriffsfläche für Kritik bieten, aber der Text windet sich da raus, indem er sagt: Nein, das ist Absicht, so funktioniert die Welt im Text. Der Broder schlägt halt mal jeden zusammen, rennt mit einer gezogenen Pistole durch ein Einkaufszentrum, nimmt in der Öffentlichkeit Drogen, vergewaltigt .... und niemand will/kann ihn stoppen. Wenn ich das jetzt kritisiere, kommst du und sagst, ja, ist mir klar, aber es sollte auch so sein.

Es ist ja auch bezeichnend, dass Lukas, der immerhin mal versucht, Broder dessen Grenzen aufzuzeigen, aus der Geschichte verschwindet. Zum einen zeigt das, dass Broder in seiner Dampfwalzen-Manier eben nicht gestoppt werden kann, zum anderen zeigt es aber auch, dass Broder rein prinzipiell durchaus Grenzen gesetzt wären - er kümmert sich nur nicht drum, und weil sie ihn nicht interessieren, scheinen sie auch nicht zu existieren. Es ist sehr krawallig, und das macht Spaß zu lesen, ich will das gar nicht in Abrede stellen, und der Text funktioniert auf der Ebene auch gut. Aber ich frage mich, was es für ein Text geworden wäre, wenn er eine Spur weniger brachial ausgefallen wäre. Wenn du auch mal Broder hinter seiner Gewalt beleuchtet hättest - was ist das eigentlich für ein Typ? Was treibt ihn an, was sind seine Probleme?

Was mir an Broder fehlt - und was ihn noch gemeiner gemacht hätte - ist das Intrigante, das Perfide. Er verhält sich, als gebe es kein Morgen, als müsse er keine Konsequenzen befürchten. Er wäre interessanter, wenn er zumindest gegenüber der Öffentlichkeit einen Schein wahren müsste - das würde ihn hinterlistiger machen, weil er dann seine eigenen Taten auch mal in Frage stellen müsste. Aber ich weiß schon, jetzt kommst du und sagst, das will der Text gar nicht leisten :)

Nur weißt du, der Punkt ist ja, du hast schon Elemente drin, die in eine andere Richtung gehen. Die Rückblicke mit dem Sohn. Das sind tolle Momente, finde ich. Stark fand ich vor allem die Stelle, als Broder über Rechtschaffenheit monologisiert und das Gesagte in diesem Moment auch schon ad absurdum führt. Von solchen Stellen hätte der Text noch mehr haben dürfen, wo Broders Welt aus einer anderen Perspektive beleuchtet wird. Vielleicht wäre an einer solchen Stelle auch die Möglichkeit gewesen, mal zu zeigen, warum der Broder so geworden ist - oder ob er einfach schon immer so war. Schade, dass du bei der abschließenden Konfrontation so abrupt abbrichst. Zwar wird auch an dieser kurzen Stelle klar, dass Broders Weltbild hier nicht ins Wanken gerät (wie man vielleicht hätte erwarten können - so nennt er seinen Sohn "kleiner Wichser"), aber genau ein solches Infrage-Stellen hätte den Broder interessanter gemacht. Da verschenkst du eine Möglichkeit, die auch zum restlichen Text noch gepasst hätte, finde ich, da müsstest du eigentlich nichts umschreiben - aber zum Schluss hin dem Broder nochmal so eine Komponente geben, die man noch nicht gekannt hat, vielleicht etwas wie Einsicht, eine Spur von Reue - dann würde er sogar über den Text gesehen eine Entwicklung durchlaufen. Das würde die Figur vielschichtiger machen.

In die Richtungen gingen meine Überlegungen. Aber hey, der Text macht auch Spaß, so wie er dasteht. Man kann das durchaus alles so machen und darstellen, wie gesagt, das Lesen empfand ich als kurzweilig und vergnüglich, und wenn ich das über einen Text sagen kann, dann hat er schon sehr viel richtig gemacht.

Viele Grüsse,
Schwups

 
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@ Schwups

… ich habe ihn [den Text] während einer Zugfahrt gelesen und er hat mich deutlich besser unterhalten als mein aktueller Roman.
Ich weiß ja nicht, welchen Roman du momentan liest, sollte es gar der Ulysses sein, wundert mich das natürlich nicht.

Ich war einigermaßen überrascht, als ich gesehen habe, dass du der Erste aus der diesjährigen Runde bist
Und ich erst, Schwups. Aber ein unvorhergesehener Auftrag, den ich einfach nicht ablehnen konnte, zwang mich, gehörig Gas zu geben, um mich dieser (durchaus spannenden) Copywrite-Sache möglichst rasch zu entledigen. Na ja, und der Zeitdruck, unter dem ich stand, spiegelt sich halt in der Eindimensionalität und in der mangelnden Ernsthaftigkeit der Geschichte wieder.
In meinen Kommentarantworten hab ich ja schon hinlänglich erklärt, dass ich‘s in diesem Text weder auf psychologische Figurenzeichnung, noch auf Tiefsinn anlegte, sondern in erster Linie eine Art Parodie auf das einschlägige Trash-Genre schreiben wollte, mit besonderem Augenmerk auf möglichst schräge und gleichzeitig echt klingende Dialoge. Die bisherigen Kommentatoren haben diese Intention offenbar und nahezu vorbehaltlos akzeptiert. Allerdings war es für mich nur eine Frage der Zeit, bis einer auftaucht (in diesem Fall eben du), der es bedauert, dass ich nicht mehr aus der Geschichte rausgeholt habe. Klar, um so eine kaputte Figur wie den Broder könnte man natürlich ein ganzes Buch schreiben, und ich ertappte mich bei der Arbeit an dem Text auch immer wieder dabei, dass mir die Fantasie durchzugehen begann, aber da musste ich mich einfach zügeln, um mich nicht furchtbar zu verzetteln. Dein Kommentar lässt mich allerdings ernsthaft über eine Fortsetzung nachdenken. (Der an den Rollstuhl gefesselte Broder hängt frustriert in einer Entzugsklinik herum und reflektiert sein Leben, sowas in der Art. Mal sehen. Im Mai bin ich beruflich vier Wochen in Italien und da hab ich abends nicht nur jede Menge Zeit, um Sonnenuntergänge anzuschauen und mit herumstreunenden Katern zu quatschen, sondern auch zum Nachdenken und zum Schreiben. So stelle ich mir das momentan zumindest vor.)

Aber hey, der Text macht auch Spaß, so wie er dasteht. Man kann das durchaus alles so machen und darstellen, wie gesagt, das Lesen empfand ich als kurzweilig und vergnüglich, und wenn ich das über einen Text sagen kann, dann hat er schon sehr viel richtig gemacht.

Das freut mich, Schwups. Vielen Dank für deinen Kommentar.

offshore

 

Hi ernst,

mich hat es an Spillane erinnert. Du hast beim Schreiben bestimmt öfters mal fett und breit grinsen müssen. Ich hab es eben in einem Cafè gelesen, hab noch Urlaub, und da musste ich schon öfters gut lachen. Übrigens finde ich die gar nicht so trashig, eher noir-ig. Dirty Harry meets Pepe le Moko, oder so. Die Dialoge sind köstlich, und das Ende passt wie die Faust auf die Nase. Ich sehe da auch den Broder hinter dieser Fassade aus Gewalt und Hartem-Hund-Image, der wird durch die Passagen, in denen sein Sohn erzählt, ja gut gespiegelt. Er war mal anders. Dass dies nicht explizit ausgeführt, das kann die KG so auch wahrscheinlich gar nicht leisten. Das ist eher so das Ende eine Entwicklung, eine Kausalität. Und dann schießt er ihm halt auch ins linke Bein. Da steckt schon viel drin. Mich erinnert das ein wenig auch an Trainspotting, der Film schafft es wie kaum ein anderer, dieses edgy feeling hinzukriegen: Dann lachst du, und es ist echt ein böser guter Witz, und im nächsten Moment ist es auch verstörend, und dir bleibt dieses Lachen im Hals stecken.

Sehr gerne gelesen, ernst
Gruss Jimmy

 

Jimmy schrieb:
Du hast beim Schreiben bestimmt öfters mal fett und breit grinsen müssen.

Darauf kannst du dich verlassen Jimmy, die meiste Zeit hatte ich so ein richtiges wölfisches Jack Nicholson-Grinsen im Gesicht.
Es wundert mich kein bisschen, dass die Geschichte gerade dir, dem Bösen Großen Buben, gefallen hat.

Mich erinnert das ein wenig auch an Trainspotting, der Film schafft es wie kaum ein anderer, dieses edgy feeling hinzukriegen: Dann lachst du, und es ist echt ein böser guter Witz, und im nächsten Moment ist es auch verstörend, und dir bleibt dieses Lachen im Hals stecken.

Der Vergleich ehrt mich, dieser Wahnsinnsfilm ist auch in meinen Topten.

Vielen Dank für dein Lob, Jimmy, das bedeutet mir wirklich viel.

offshore

 
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Hallo offshore,
neulich hatte ich mich entschlossen, euch Copyschreiber mal mit ein bisschen exterrestrischem Komm zu beglücken.
Kurz und knapp nur, das muss ich eh üben.

Broder knallte den Kopf des Burschen gegen die Espressomaschine, zog die Glock und bohrte ihm die Mündung ins Nasenloch.
„Ich geb dir genau fünf Sekunden, du Arschloch.“
„Lass gut sein, Werner.“ Lehmann packte Broder an den Schultern und zog ihn Richtung Tür.
Oh, zum Glück heißt der eine Werner und der andere Lehmann, das bringt wieder ein bisschen Ruhe und Normalität rein. Ansonsten: sehr ungewöhnliche offshoresche Lesekost.
Vielleicht darf man ab jetzt alles nicht so ernst nehmen.

Broder ließ den Motor an, haute das Blaulicht aufs Dach und schoss aus der Parklücke.
„Herrgott, die verarschen uns doch alle. Findest du das etwa witzig?“
Oh, der ist Bulle? Hätte ich nicht gedacht. Erinnert mich an einen alten Film.

„Werner, bist du jetzt vollkommen irre? Meine Fresse, wir reden von einem Ladendiebstahl, nicht von einer Geiselnahme. Alter, du schaust dir echt die falschen Filme an.“
:D Sag ichs doch.
Immerhin weiß ich jetzt, dass der Broder Kinder hat, die ihm die Haare vom Kopf fressen.

Und dann kommt der innere Monolog des Sohnes, der seinen Vater als Vorbild sieht und sich ihm sehr nahe fühlt. Später dann genießt er zwar die Macht, die sein Vater ihm ein Stück weit abgibt, er fühlt sich durch die Predigten aber auch ziemlich genervt.

Das Auftreten Broders in dem Laden ist dann schon ziemlich hanebüchen. Also so richtig ernst meinst du es wirklich nicht. Ist halt so ein richtig harter, etwas übertrieben stereotyper Krmistoff wie aus einer amerikanischen Serie, da muss man immer erst mal davon abstrahieren, dass man sich amerikanische Serien im Rewe so unglaublich schlecht vorstellen kann. Aber das kriegst du schon ganz gut hin.

Dass der Bub vom Broder dann im Räumchen eingesperrt ist, hat mich erst mal überrascht, aber eigentlich ist das ja auch klar, dass der Bub drin sein muss. Nur warum der dann seinem Vater die Knie abschießt, das ist für mich schwer nachvollziehbar. Es kommt mir zu wenig durchgezogen vor, was denn in dem Verhältnis zwischen den beiden los ist. Klar, es ist gut geschrieben und gut aufgebaut und spannend und ereignisreich auch durch die Perspektivwechsel.
Aber deine genaue Intention bei dem Buben, keine Ahnung. Zwei Denkweisen wärn möglich, einmal, dass der Junge enttäuscht ist von seinem Vater und dann durchdreht. Und zum anderen, dass er eh die Nase von ihm voll hat und durch die Erziehung seines Vaters ein ähnlich abgebrühte Entwicklung genommen hat wie sein Vater. Wie gesagt, für mich sind beide Deutungen möglich. Ist mir ein kleines bisschen zu viel Spielraum.
(Ich muss aber einschränkend sagen, dass ich das Original ja auch nicht kenne, vielleicht bist du da ja ziemlich eingeschränkt).

Na du wirst da sicherlich nichts ändern wollen. Schon gar nicht, wo du viel arbeiten musst zur Zeit, und sollst du ja auch gar nicht. Das ist unterhaltsam und spannend genug. Ist wahrscheinlich ein Riesenspaß für dich gewesen, mal in diesem Stil zu schreiben und alles ein bisschen zu übertreiben. Und mir hats auch Spaß gemacht.
Also bis denn und arbeite nicht zuzuzuzu viel.
Viele Grüße von Novak

 
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Novak schrieb:
... sehr ungewöhnliche offshoresche Lesekost.

Tja, liebe Novak, nachdem ich aufgrund eines Großteils meiner bisherigen Texte schön langsam Gefahr zu laufen befürchtete, das Image des schöngeistigen, hoffnungslosen Romantikers immer mehr einzuzementieren, schien’s mir an der Zeit, endlich mal den coolen Hund, der ich ja in Wahrheit bin, hervorzukehren, quasi offshoresche Imagekorrektur zu betreiben. Und ja, das hat ungemein Spaß gemacht.

Das Auftreten Broders in dem Laden ist dann schon ziemlich hanebüchen. Also so richtig ernst meinst du es wirklich nicht. Ist halt so ein richtig harter, etwas übertrieben stereotyper Krmistoff wie aus einer amerikanischen Serie, da muss man immer erst mal davon abstrahieren, dass man sich amerikanische Serien im Rewe so unglaublich schlecht vorstellen kann. Aber das kriegst du schon ganz gut hin.
Das Wort hanebüchen mag ich, ehrlich, ich verwende es auch gerne.
Aber vermutlich hatte ich beim Schreiben weniger amerikanische hard boiled-Serien im Sinn, sondern vielmehr die legendäre absurd durchgeknallte Kottan-Serie des ORF.

Aber deine genaue Intention bei dem Buben, keine Ahnung. Zwei Denkweisen wärn möglich, einmal, dass der Junge enttäuscht ist von seinem Vater und dann durchdreht. Und zum anderen, dass er eh die Nase von ihm voll hat und durch die Erziehung seines Vaters ein ähnlich abgebrühte Entwicklung, genommen hat wie sein Vater. Wie gesagt, für mich sind beide Deutungen möglich. Ist mir ein kleines bisschen zu viel Spielraum.
Die Wahrheit liegt, wie meistens, irgendwo in der Mitte. In Philipps früher Kindheit war der Vater natürlich ein großes Vorbild für ihn, aber im selben Maß, wie der Broder in seinem Beruf seelisch verwahrloste, wird er vermutlich auch zu Hause immer unleidlicher geworden sein. Das kann kaum ohne Folgen für seine Kinder geblieben sein. Kurz erwog ich sogar, noch Missbrauch von Philipps Schwester durch den Broder in die Story reinzupacken, dann wär mir das Ding aber endgültig aus dem Ruder gelaufen.
Wie auch immer, Philipps Gewalttat zum Schluss ist sozusagen ein kathartischer Racheakt, bzw. entspricht sie seiner naiven Auffassung von Pflichterfüllung. (In diesem Fall der armen Sekretärin gegenüber.)

(Ich muss aber einschränkend sagen, dass ich das Original ja auch nicht kenne, vielleicht bist du da ja ziemlich eingeschränkt).
Äh, ich will’s mal so sagen: viel freier als meine kann eine Geschichtenadaption wohl kaum sein …

Vielen Dank, Novak, und gänsliche Grüße.

offshore

 

He Ernst,

also ich fands interessant, deine Geschichte zu lesen und meine eigenen Reaktionen dabei zu beobachten. Am Anfang sträubte sich was in mir gegen diese recht plumpe Art der Darstellung. Blöde Erwartungshaltung, schwer abzustellen. Dann aber gelang es mir von Zeile zu Zeile mich mehr auf deinen "Trash" einzulassen und die völlig überdrehte Zurschaustellung von Machtmissbrauch zu genießen.
Die Zuspitzung am Ende, das ist schon ein starker Kniff. Wär ich nicht drauf gekommen. Das hat wirklich Film-Qualität. Deine Vorbilder hast du ja benannt. Fehlt nur noch die klassische Musik dazu ;)

das fand zigga gut,

Sag mal, du Spatzenhirn, red ich etwa ausländisch?
ich fand das eher unbeholfen. Würde jemand so reden, der ständig vulgär scheiße Pisse Fotze von sich gibt? Ich glaube, da würde man dieses PC einfach streichen und ein Opfer direkt benennen.

Ein heftiger Ritt. Weckt Neugierde auf das Original.

grüßlichst
weltenläufer

 

weltenläufer schrieb:
Ein heftiger Ritt. Weckt Neugierde auf das Original.

Nachdem du Bellas Original gelesen hast, weltenläufer, wirst du mich vermutlich für vollkommen verrückt halten.

Es freut mich, dass dir meine Tour de Force gefallen hat.

offshore

 

WTF? Klischees, Gewalt, Trash - und das nach Bellas sanfter Jugendstory! *g* Ja, du wolltest das so, hast aus den vollen geschöpft - und es ist dir gelungen.

Zunächst hatte ich Probleme mit der Zuordnung, dachte schon, dass der gewalttätige Bulle Philipp wäre, weil er als Jugendlicher gelernt hat, dass ihm kriminelles Verhalten die Zuwendung seines Vaters sichert. ;)

Mit manchen Ausdrücken hatte ich Probleme; da bin ich mir nie sicher, ob es einfach Wienerisch ist.

Gibt es die Schank?

Herr in Himmel
nach meinem Sprachgefühl
Herr im Himmel
Aber wenn du mir versicherst, dass man das bei euch so sagt, glaube ich dir, ohne dass du wieder Berg als Zeugen herbeizerrst.

Also, nicht mein Genre, aber prall und das, was du wolltest!

Gruß, Elisha

 

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