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Platzhalter

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10.10.2006
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Platzhalter

Webers Theorie

Weber fand, dass das Leben einer Zugfahrt glich. Man setzt sich in ein schlecht beleuchtetes Abteil, schaut zu Anfang noch ab und an aus dem Fenster, doch wenn man erkennt – und man erkennt schnell -, dass dort draußen nur Bäume zu sehen sind, vielleicht mal eine Kuh, schließt man die Augen, macht es sich bequem und schläft ein. Und Webers Theorie nach, verpasst man nun den Moment, an dem man hätte aussteigen sollen, verschläft den Bahnhof mit dem roten Teppich, wacht irgendwann ein paar Stationen weiter auf, wenn der Zug zum Stillstand gekommen ist, reibt sich den Schlaf aus den Augen, steigt aus und fragt sich, wo zur Hölle man gelandet ist.

„Schmeckt es dir nicht?“
„Doch“, sagte Weber.
Laura löffelte lautlos die Suppe, stieß nirgends an, schlürfte nicht, saß aufrecht. Eine Strähne baumelte kokett über ihrem linken Auge.
„Es schmeckt dir nicht.“
„Doch.“ Weber stieß mit dem Löffel gegen den Rand des Suppentellers. Laura führte den nächsten zum Mund, hielt inne und blies mit spitzen Lippen. Die grüne Flüssigkeit auf dem Löffel kräuselte sich. Es war kein Laut zu hören.
Weber schmeckte nichts.
„Ich glaube nicht, dass Suppe wirklich Anlass für ein Gespräch bietet.“
„Über was möchtest du denn reden?“, fragte Laura.
Weber dachte angestrengt nach, hob einige Male die rechte Hand mit dem Löffel, als wolle er ein Startsignal geben. „Vielleicht doch über Suppe“, sagte er schließlich, zeigte ein Lächeln, versuchte es zumindest, doch er saß allein am Tisch.

Weber ging im Wohnzimmer auf und ab, blieb stehen und nahm ein Foto von der Vitrine: Laura und er auf den Stufen der Kirche, sie im Brautkleid, er in einem gut sitzenden Smoking. Die Spitzen des Anstecktuchs zeigten ein wenig zu weit nach links, nicht ganz perfekt. Weber suchte in den Augen des Bräutigams nach einem Zeichen, versuchte sich zu erinnern, was der Mann auf dem Bild wohl gefühlt hatte, den linken Arm um die Hüfte der Braut gelegt.
Hinter ihm glitt Laura durchs Zimmer, baute sich vor dem Bücherregal auf, streckte sich - tadellose Waden -, nahm ein Buch mit rotem Einband, setzte sich auf die Couch, schlug die Beine unter und las.
Weber spielte mit dem Gedanken, einen langen Spaziergang zu machen, in strömendem Regen, - wenn es sich denn einrichten ließe-, auf einer Brücke zu rasten, sich am Geländer abzustützen und schließlich, mit einem eleganten Sprung – aber Weber fand, so sehr er sich auch mühte, keinen Grund dazu. Lauras linker Fuß wippte, die Zehen blieben dabei steif.
„Soll ich dir vielleicht etwas kommen lassen, wenn dir die Suppe nicht gereicht hat?“, fragte sie.
„Nein, danke“, sagte Weber und dann, mit einigem Abstand: „Du bist ein Engel.“
Laura blätterte eine Buchseite um und nickte ihm ohne Mienenspiel zu.

Weber hatte die Hände unter den Kopf geschoben und starrte in der Dunkelheit des Schlafzimmers an die Decke. Laura lag neben ihm, von ihm gewandt, ihr Po zwei, drei Handbreit von seiner Hüfte entfernt. Machte keinen Mucks. Wie tot.
Irgendwann musste Weber eingeschlafen sein, denn am nächsten Morgen wachte er wieder auf.

Dann in der S-Bahn – Weber hatte den Wagen nicht genommen, war einem Impuls gefolgt, wollte nicht mehr in Wände gehüllt durch die Stadt fahren, wollte sich unters Volk mischen. Dann in der S-Bahn: Eine Frau, vielleicht fünfundzwanzig, blonde Haare, etwas länger als bei einer Pagenfrisur, vielleicht hätte man Pony dazu sagen können, damit kannte sich Weber nicht aus. Lehnte an einer Stange, hielt ein Buch in der Hand und las, ihre Lippen bewegten sich mit; neben Weber, der bequem saß, hustete ein alter Mann, zwei Schulkinder stritten sich lautstark, die ganze Bahn lärmte und tönte, doch Weber, wie besessen von den Lippen der blonden Frau, lauschte und lauschte. Blendete das Husten aus, dann die Schulkinder, das Tönen und das Lärmen, blendete alles aus und er lauschte und da, so laut wie das Fallen eines Blattes, hörte er ihre Stimme. Weber lehnte sich vor, bewegte seine eigenen Lippen im Takt, die Bahn kam zum Stehen, Leute drängten sich an der blonden Frau vorbei, der hustende Mann neben ihm räumte das Feld, Menschen kamen, Menschen gingen, Weber blieb und als die Bahn sich wieder in Bewegung setzte, und der Platz neben Weber frei geblieben war, stand sie noch da, die Stange im Rücken und las. Weber klopfte, einer Kindheitserinnerung folgend, auf den Platz neben sich, und dachte flüsternd: „Mein rechter, rechter Platz ist frei.“ Die blonde Frau schaute auf, wie aus einem Traum geschreckt, musterte die Hand – die Hand mit dem goldenen Ring, in Gottes Namen, was tat er hier -, musterte Weber, zwinkerte über zwei volle Backen – sie hatte gut und gerne zehn, zwölf Kilo zu viel, wie Weber nun sah – und ließ sich mit viel Elan neben ihn fallen, seufzte auf, rieb die Schultern an der Scheibe hinter ihr und machte einige Geräusche, wie sie sonst nur alte Männer machten, wenn sie sich aus einem Mittagsnickerchen hochquälten.
„Richtig gut, zu sitzen“, sagte Weber.
„Verheiratet“, sagte sie, ohne aus dem Buch aufzusehen.
Und Weber, der sonst nur über Suppe redete, antwortete: „Verwitwet.“
„Meinte mich.“
„Nein“, sagte Weber. „Meinten Sie nicht.“
Und da schaute sie aus ihrem Buch hoch, strich mit einer Hand über Webers goldene Armbanduhr und sagte: „Nein, meinte ich nicht.“

„Musst du heute wieder weg?“
„Wenn es dir nichts ausmacht.“
„Tut es nicht“, sagte Laura und löffelte lautlos.
Weber stand auf, nahm seinen Teller und brachte ihn in die Küche, zog sich den Mantel an und auch die Schuhe, ging noch einmal ins Esszimmer zurück und fragte: „Soll ich dir etwas mitbringen? Vielleicht ein paar Blumen? Orchideen magst du doch.“
„Nicht nötig“, sagte Laura. „Du bist ein Schatz.“

Weber lief ein schmieriges Treppenhaus nach oben, es roch nach Ammoniak. Katze wahrscheinlich. Weber nahm zwei Stufen auf einmal, die Tür wurde ihm aus der Hand gerissen. Die blonde Frau in Jeans und dunkelgrünem Army-Shirt: Weber stieß sie gegen die Wand im Flur wie ein Teenager, presste seinen Mund auf ihren, drückte mit einer Hand gegen ihre linke Brust. Sie rieb ihren Fuß an seiner Wade, fuchtelte mit einem Arm die Tür zu. Weber brachte seine Hände unter ihren Po, spielte den starken Mann, hob sie ein Stück weit hoch und wollte sie ins Schlafzimmer tragen, sein Rücken schmerzte, er ächzte auf, sie schlug ihm auf die Schultern, zeigte ein breites Lächeln und flüsterte: „Der Gedanke zählt.“ Sie entwand sich ihm, entkam ins Schlafzimmer, Weber streifte die Schuhe ab, die Socken fühlten sich pappig auf dem Teppich an, auf dem Weg ihr nach: Ein Blick in eine chaotische Küche. Eine Bratpfanne hing in der Spüle und weichte in Schaumwasser ein.
Im Schlafzimmer präsentierte sie ihren Hintern, hockte auf allen Vieren im Bett, die Decke war zusammengelegt, das einzige Fenster auf gleicher Höhe mit den Spitzen der beiden Kopfkissen. Sie schlug sich mit einer Hand auf ihren Hintern, genau dort, wo die Tasche der Jeans war. Es patschte. Weber stürzte sich auf sie, brachte eine Hand zwischen ihre Beine, sie seufzte auf, rieb sich an ihm, irgendetwas drückte gegen Webers Schritt, er schloss die Augen, sie klemmte seine Hand zwischen ihren Schenkeln ein.

„Wär’s nicht schön, wenn du einfach bleiben könntest?“, fragte sie, fasste grob nach Webers Arm und drapierte ihn um sich.
Weber schaute auf die fleckige Decke ihres Zimmers. „Ja, das wär’ echt schön“, sagte er.
„Deine Frau ist nicht tot.“
„Irgendwie doch“, sagte Weber.
„Komm, geh zu ihr“, sagte sie und nahm grob seinen Arm von sich.
Weber drehte sich um, legte sich auf sie, vergrub den Kopf zwischen ihren Brüsten, sie schlug ihm auf die Schultern.
„Du weinst doch jetzt nicht.“
„Ich kann dir zeigen, dass ich dich liebe, wirklich“, sagte etwas in Weber.
Das Trommeln hörte auf. Die Brüste waren weich und warm, ein Heilsversprechen. Webers roter Teppich.
„Willst du woanders hinziehen? In ein größeres Haus? Möchtest du vielleicht ein paar neue Sachen zum Anziehen? Magst du Orchideen?“
Sie drückte ihm die Fingernägel in die Schultern, stieß ihn von sich und sagte: „Raus.“

„Ich hab dir Orchideen mitgebracht“, sagte Weber.
„Danke, ich stell sie nachher in eine Vase“, Laura lächelte zart. „Ich glaube, ich hab noch eine.“ Laura stand von der Couch auf und glitt an ihm vorbei, aus der Küche hörte er sie sagen: „Geht es dir nicht gut? Du klingst, als brütest du etwas aus.“
„Vielleicht ist die Allergie wieder da“, sagte Weber.
„Die hast du seit Jahren nicht mehr gehabt.“
„Vielleicht wegen der Orchideen.“

Lauras Po wieder zwei, drei Handbreit von seiner Hüfte entfernt. Weber hatte die linke Hand unter seinem Kopf, mit der rechten versuchte er, sich einen runterzuholen und dachte dabei an die warmen, weichen Brüste; er blieb schlaff. Weber führte eine Hand an Lauras Schultern, seine Lippen bewegen sich und machten Schluss, mit klaren, starken Worten. Sagten so etwas wie: Ich bin nicht glücklich mit dir. Und du doch auch nicht. Es passt einfach nicht mehr. Siehst du es nicht. Du saugst das Leben aus mir raus.
Weber gab keinen Ton von sich.

Weber saß in der S-Bahn und starrte auf eine leere Stange. Schulkinder stritten im Hintergrund.
„Du musst dich damit begnügen.“
Weber drehte sich müde zu der Stimme. Ein Mann saß neben ihm, das linke Bein übergeschlagen, glattrasiertes, markantes Kinn, auf der Lippe aber ein buschiger Schnurrbart, ein Suppenfänger. Darüber eine dunkle Sonnenbrille, wie aus einem Agentenfilm.
„Ich glaub nicht, dass wir uns kennen“, sagte Weber.
Die Lippen des Mannes zuckten, er machte eine große Geste und breitete die Arme aus, fast schlug er Weber gegen die Brust.
„Ich hab da eine Theorie“, sagte der Mann und drehte den Kopf. „Ich glaube, das Leben ist wie eine Zugfahrt, man denkt, wenn man nur kurz einschläft, dann verpasst man den richtigen Bahnhof, aber ich will dir ein Geheimnis sagen.“ Der Mann beugte sich zu Weber. „Es gibt gar keinen roten Teppich. Das Einzige was du machen kannst, ist irgendwo auszusteigen, dir einen Eimer Farbe zu schnappen und dann pinselst du einfach …“
Weber riss dem Mann die Sonnenbrille vom Kopf und sah in seine eigenen Augen. Weber riss dem Mann den buschigen Schnauzer aus dem Gesicht und ein Schuljunge hinter ihm rief mit glasklarer Stimme: „Guck mal, Zwillinge.“
Der andere Mann nahm behutsam Sonnenbrille und Schnurrbart aus Webers Händen und verstaute sie in einer Manteltasche.
„Ich muss das nicht machen“, sagte er. „Ich wollte dir nur einen Gefallen tun. Für mich war mein Leben nicht das Richtige. Aber, mein Gott, schau dir Laura an. Sie hat das nicht verdient. Kannst du dir vorstellen, wie unglücklich sie ohne mich wäre? Willst du das verantworten? Sie ist eine gute Frau, dich kann sie bestimmt glücklich machen.“
In Webers Kopf nichts: Nur eine Leere.
„Soll ich dich etwas genügsamer machen? Ein paar Gedanken weniger? Vielleicht ein schönes Hobby, damit du auf andere Gedanken kommst? Du könntest ja kochen, dann hätte sie mehr Zeit sich zu entspannen.“
Der Zug hielt an, der Mann stand auf, Weber wollte ihm folgen, doch der Mann schaute zu ihm herunter und sagte: „Dein Platz ist bei ihr. Und, mal ehrlich.“ Der Mann lächelte. „Es ist ja nicht so, als hättest du eine Wahl, nicht wahr.“ Der Mann lächelte noch breiter, auch ehrlicher: „Mann, so muss sich Gott gefühlt haben, als er mit Adam gesprochen hat.“
Der Mann stieg aus, Weber eine Station später.

Als er nach Hause kam, fand er Laura. Sie saß am Esszimmertisch. Vor sich hatte sie eine braune Vase mit einem Strauß verdorrter Orchideen.
„Hast du mal dran gedacht, mich zu verlassen?“, fragte Weber.
Laura zog mit spitzen Fingern Blütenblatt um Blütenblatt heraus.
„Frag doch nicht so was, ich kann dich nicht verlassen“, sagte Laura.
„Und wenn ich dich darum bitte?“, fragte Weber.
„Dann bitte mich darum.“
Weber holte tief Luft, doch kein Wort kam heraus, er presste seine Fingernägel in die Handflächen.
„Es bringt nichts“, flüsterte Laura sanft. „Ich hab’s versucht, so oft schon. Soll ich uns etwas kommen lassen?“
„Du bist auch-,“ sagte Weber. „Wir sind Platzhalter.“
„Ich bin deine Frau. Ich will dich glücklich machen.“
Und da hörte Weber die Regentropfen, die schwer auf das Dach des Hauses prasselten und er griff mit Händen, die blutig waren, so fest hatte er die Nägel hineingedrückt, nach seinem Mantel.
Laura zog sich eine Strähne über das linke Auge. „Vielleicht sollten wir mal in den Urlaub fahren oder irgendwohin, wo öfter die Sonne scheint.“

 

Hej Quinn,

dachte kurz, das wäre dein Beitrag für die Schulung der poetischen Struktur. Aber der wird ja nicht hier gepostet.

Die Geschichte hat größtenteils einen schönen sepiafarbenen Grundton. Und gefällt mir auch da, wo sie ihn nicht hat.
Die Begegnung mit dem Selbst ist allerdings die einzige Rechtfertigung für die Rubrik "Seltsam".

„Willst du woanders hinziehen? In ein größeres Haus? Möchtest du vielleicht ein paar neue Sachen zum Anziehen? Magst du Orchideen?“
Das wirkt auf mich unglaubwürdig. Er hat die Orchideen und Lauras Leblosigkeit ständig vor sich und auch gründlich satt, warum sollte er das vorschlagen?

wenn man erkennt – und man erkennt schnell
klingt so nach angewandter Rhetorik.

doch saß allein am Tisch.
fehlt ein "er"?

Und da hörte Weber die Regentropfen, die schwer auf das Dach des Hauses prasselten und er griff mit Händen, die blutig waren, so fest hatte er die Nägel hineingedrückt, nach seinem Mantel.
Kein schöner letzter Satz. Beim "die Regentropfen, die" könntest du den ersten Artikel weglassen, vielleicht hilft das. Genau genommen sind seine Handflächen blutig, nicht seine Hände. Was hat'n der überhaupt für Fingernägel *nörgel* oder ist das der eher unauffällige zweite Seltsam-Anteil der Geschichte?

Gruß
Ane

 

weber, ein irgendwer mit verwechselbarem nachnamen hat eine zugtheorie über das leben, die gut zu ihm passt. wege gibt es keine, webers leben fährt auf einem gleis, optionen gibt es nicht, außer der, auszusteigen.
von einem impuls geleitet, geht er in die S-Bahn, "mischt sich unters Volk", verguckt sich in die erstbeste, die an einer stange steht wie eine gogo-tänzerin (der dialog der beiden ist klasse). er versucht sich von ihr retten zu lassen, weil er zu feige ist, etwas anderes als seinen schlaffen penis in die hand zu nehmen.
die will ihn aber nicht retten und lässt charakter erahnen, erlaubt ihm nicht, dauerhaft bei ihr einzusteigen: sobald er verrät, dass sein witwenstatus nur vorgetäuscht ist, schmeißt sie ihn raus.
er ist so rückgrat- wie einfallslos: die versprochenen orchideen bringt er seiner frau mit, die sich anscheinend schon längst mit der situation arrangiert hat. bei der nächsten zugfahrt lehnt niemand an der stange, dafür erscheint sein realitätsnaher zwilling und bringt ihn dazu, in seine traurige existenz zurück zu gehen, macht ihm klar, dass er nichts besseres erwarten kann. so ist auch der einzige lichtblick kein wirklicher: der vage vorschlag lauras, mal irgendwohin zu fahren, wo die sonne scheint.

hi Quinn,
trotz der vielen symbole und metaphern eine angenehm zu lesende geschichte, traurig ist sie, so eine existenz gönnt man niemandem, dabei glaubwürdig, so wird gelebt. drei textstellen fielen mir auf:

Man setzt sich in ein schlecht beleuchtetes Abteil,
schaute
zu Anfang noch ab und an aus dem Fenster, doch wenn man erkennt
ich würde schaut schreiben, da der rest des gedankenspiels auch im präsens steht.

zwinkerte über zwei volle Backen
zuerst dachte ich, dass die backen zwinkern, außerdem: müsste es nicht wenigstens vollen heíßen?

fuchtelte mit einem Arm die Tür zu
fuchteln ist für mich was fortgesetztes, hier passte etwas wie schlug besser.

grüße
Kubus

 

Hallo Quinn,

die Resignation in der Geschichte und die Wiederholungen erinnern an Samuel Beckett. Bei der toten Beziehung zu Laura habe ich mich gefragt: Muss das so sein? Sie scheint für Weber den größten Teil seines Elends auszumachen und wird quasi verdoppelt (wie ein tristes Bild im Spiegel) weil sie es genauso sieht. Beide wünschen sich etwas Besseres, wissen aber, dass sie es nicht haben können, also bleiben sie zusammen. Diese Art zu denken ist übel, aber ich muss zugeben, dass ich das auch mache: Man schätzt viel zu wenig was (oder wen) man hat. In unserer Gesellschaft, die die Freie Liebe propagiert, stellt sich die Frage, was all die langweiligen und unansehnlichen Leute machen sollen. Sie müssen sich mit dem zufriedengeben, was sie erreichen können...

Aber Weber könnte ja eine Frau haben, die ihm richtig gut gefällt. Diese Blonde! Die Art, wie er sich neben sie setzt, das Gespräch und kurz danach die Bettszene erinnern mich an das Schlaraffenland, wo einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, oder an das Vorgeplänkel in einem Pornofilm. ;) Ohne Eheringe und Laura, die schon mit der Suppenschüssel wartet, würde die Langweile, die wie eine dicke Schneedecke über allem liegt, Weber und die üppige Blonde ebenfalls erfassen und lähmen.

Die Beschreibung von Langeweile und Resignation hat durchaus ihren Reiz. Mir hat die Geschichte gefallen. Ihre Stärken liegen im Stil. Wie manche Zeichner mit wenigen Strichen einen Gegenstand festhalten können, gelingt Dir das mit wenigen Worten bei Situationen (hab grad kein besseres Wort).

Highlights:

Weber saß in der S-Bahn und starrte auf eine leere Stange. Schulkinder stritten im Hintergrund.

„Wär’s nicht schön, wenn du einfach bleiben könntest?“, fragte sie, fasste grob nach Webers Arm und drapierte ihn um sich.
Weber schaute auf die fleckige Decke ihres Zimmers. „Ja, das wär’ echt schön“, sagte er.
„Deine Frau ist nicht tot.“
„Irgendwie doch“, sagte Weber.

Beste Grüße,

Berg

 

Im deutschen Sprachgebrauch bezeichnet "Theorie" ausschließlich ein (wissenschaftliches) Modell der Realität. Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Theorie

Die hübschen französischen Beispiele sind leider nicht auf Quinns Geschichte anwendbar. ;)

 

Hi Quinn!

Hat mich an Hoffmann erinnert, der Weber. Obwohl er nicht ganz so atemlos durchs Geschehen läuft.
Weber als Mensch zu sehen gelingt, je weiter man denText liest. Faszinierend, wie sich die einzelnen Facetten öffnen, während man ihm folgt.

Wobei ich sagen muss, dass meine Lieblingsabschnitte der zweite und der dritte sind, mit ihren beiläufigen Geheimnissen. Ich finde, das Verhältnis Weber zu Laura wirkt nach, davon zehrt die Geschichte bis hin zum Ende.

Allerdings gefällt mir die Begegnung Webers mit seinem Ich nicht, kommt mir etwas plakativ daher. Obwohl es doch tatsächlich vordergründig das einizig Seltsame in dem Stück ist.

Weber fand, dass das Leben einer Zugfahrt glich...

Ich bin mir immer wieder unsicher, aber ich finde, es hört sich besser an, das, was er fand in den Präsens zu setzen.
Zumal du danach, im selben Satz, im Präsens fortfährst.

Das fehlende "er" hat Ane schon bemängelt.

Viel mehr habe ich mir nicht notiert, der Stil ist recht gut zu lesen, flüssig und ziemlich fehlerfrei.

„Vielleicht ist die Allergie wieder da“, sagte Weber.
„Die hast du seit Jahren nicht mehr gehabt.“
„Vielleicht wegen der Orchideen.“

Diese Stelle hatte ich mir angestrichen und ein Ausrufezeichen dahinter gemacht. Ich hatte sie für wichtig gehalten.
War aber nicht, zumindest bist du nicht weiter drauf eingegangen.
Oder ich habe es überlesen.

Wie dem auch sei, irgendwie doch ziemlich resignativ das Ganze.


Schöne Grüße von hier!

 

Yo Quinn,

die Resignation, der aushöhlende Nicht-KLang des Alltags, das hast du gut hinbekommen. Selbst die Begegnung mit der Frau an der Stange und die Begegnung mit dem zweiten Ich, reißen die Geschichte nicht aus diesem Ton raus. Kunstgriff, womöglich, aber für mich dadurch auch irgendwie zu lau. Weiß nicht, der letzte Funken fehlt mir, der dieser gefühlten Hilflosigkeit seinen magischen Moment verleiht.
Will aber nicht verhehlen, dass mich die inhaltliche Seite per se etwas abstößt und dadurch mein Urteil färbt. Dieses sich dem tristen Alltag ergeben mag ich einfach nicht. Da kommt bei mir wenig Mitleid oder Verständnis auf.
Handwerklich aber wie immer eine saubere Sache!

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Quinn,

ein sehr kühler, distanzierter Text, der angenehme Ruhe ausstrahlt. Eigentlich träfe es "distanzierend" besser - Du hälst den Leser schon extrem auf Abstand. Finde, das ist eine interessante Leseerfahrung, weil die meisten Texte versuchen, Leser mit aller Gewalt emotional zu engagieren; hier möchte man gern, darf aber nicht. Gefällt mir.

Was die Trostlosigkeit angeht, kann ich mich den anderen Kritikern nicht anschließen. Denke, daß eine Wandlung beschrieben wird, durch den ganzen Text hindurch, aber eben erst im letzten Satz realisiert und ausgeführt. Sehr schön, daß man nicht erfährt, ob er einfach nur raus-, oder zur Blonden geht. Möglicherweise stolpert er lediglich in die nächste monotone Abhängigkeit (mE angedeutet durch die Orchideen-Frage im Bett der Liebsten), möglicherweise 'befreit' er sich.

Das mit der Gogo-Stange ist wohl bewußt eingesetzt, wenn ja, genial gemacht, weil es eigentlich keine Hinweise auf Zweideutiges gibt. Wenn keine Absicht, ist es trotzdem lustig.

Mir gefallen diese kleinen Beobachtungen, die einen dennoch nicht näher an den Charakter heranbringen:

Die grüne Flüssigkeit auf dem Löffel kräuselte sich. Es war kein Laut zu hören.
Blendete das Husten aus, dann die Schulkinder, das Tönen und das Lärmen, blendete alles aus und er lauschte und da, so laut wie das Fallen eines Blattes, hörte er ihre Stimme.
Als er nach Hause kam, fand er Laura. Sie saß am Esszimmertisch.
Fand suggeriert tot, dann kommen die vertrockneten Orchideen.
Sie rieb ihren Fuß an seiner Wade, fuchtelte mit einem Arm die Tür zu.
Fuchteln find ich toll: wenn sie ihn küßt, sieht sie ja nichts, und die Bewegung ist fahrig, unbedacht.
Im Schlafzimmer präsentierte sie ihren Hintern, hockte auf allen Vieren im Bett, die Decke war zusammengelegt, das einzige Fenster auf gleicher Höhe mit den Spitzen der beiden Kopfkissen. Sie schlug sich mit einer Hand auf ihren Hintern,
Diese Stelle finde ich vollkommen verrückt - man bekommt ja nie Beschreibungen wie was wo aussieht. Erwartet hier, den Körper gezeigt zu bekommen, und dann: Das Fenster ist auf Höhe der Kopfkissen. Was zur Hölle ...? Kickt einen raus, zieht einen rein. Klasse gemacht, gefällt mir.

Mit ein paar Webers weniger, und einigen ers mehr hätte ich's mehr genießen können, das stupst mich so mit der Nase drauf - Achtung, hier ist ein konstruierter Text.

Den letzten Satz hätte ich schöner gefunden ohne den klassischen Sonne/Regen-Gegensatz; die blutige Handfläche ist wieder ein guter Bruch mit der Lethargie der Figur.

Eine Sache hat mich enorm gestört: Schon über den Titel erwartet man bei der Theorie etwas ganz Wildes. Das Leben als Zugfahrt ist ok, gefällt mir besser als "ein langer ruhiger Fluß". Aber diese Sache mit dem roten Teppich, den man sich dann noch selbst malen soll ... nee, das find ich platt, aber so richtig. Ist auch nicht augenzwinkernd witzig. Natürlich ist es mit all diesen Lebenserkenntnissen so, daß sie sich platt anhören, wenn man sie liest und nicht lebt, natürlich sind sie in der Umsetzung nicht einen Bruchteil so banal, wie sie klingen. Bei Dir erwarte ich aber was anderes.

Obwohl man die Texte nicht vergleichen kann, muß ich den Kiosk bemühen: Eine Erkenntnis, die so geschickt verpackt ist, daß man sie zur gleichen Zeit auf vielen Ebenen und doch nur teils versteht, oder sich nicht sicher sein kann. Es gibt keine explizite Auflösung, leger und tiefgründig zugleich. Sowas fehlt mir hier; egal wie.

Und: einen Milchkaffee mit Zimthaube oder einen weißen Flauschipulli könnte es mE auch hier vertragen, als kleinen Ausfall, etwas Sinnlos-Sinnliches. (Die grüne Suppe hat ja eine ganz andere Funktion.) Aber klar, damit wäre die Distanziertheit aufgelöst.

Moi moi,
Katla

 

Hallo zusammen, es ist interessant, wie der Text wahrgenommen wird. So wie ich ihn gemeint hab, offensichtlich nicht. :) Ich glaub, er würd viel mehr Spaß machen, wenn ich deutlicher gemacht hätte, wo die Pointe liegt, anstatt sie nur anzudeuten. Ja, mea culpa. Das muss ich wohl noch lernen, den Leser mehr mit der Nase auf das zu stoßen, was ich im Blick hatte. Ich dachte, es würde schon reichen, die Geschichte unter Seltsam zu stellen, um einen Blick dorthin zu lenken und fand den Dialog zwischen Weber und dem anderen Weber als „Auflösung“ ausreichend. Das ist tatsächlich die zentrale Stelle. Also es kann nicht einfach nur ein Hirngespinst sein, weil die Kinder ja rufen: „Guck mal Zwillinge“; ich dachte, es macht Spaß, wenn man als Leser da rätseln kann, aber ich hätte wohl das ganze wesentlich deutlicher machen müssen. Da muss man schon mit Lupe und Interpretations- und Kniffellust anrücken wahrscheinlich. :)


Hallo Ane,

dachte kurz, das wäre dein Beitrag für die Schulung der poetischen Struktur. Aber der wird ja nicht hier gepostet.
Ja, wär nicht schlecht, dann würd sich da überhaupt mal was tun.

Die Geschichte hat größtenteils einen schönen sepiafarbenen Grundton. Und gefällt mir auch da, wo sie ihn nicht hat.
Das freut mich.

Die Begegnung mit dem Selbst ist allerdings die einzige Rechtfertigung für die Rubrik "Seltsam".
Ja, aber hallo! Das ist ja der Schlüssel zu der Geschichte. :)

Das wirkt auf mich unglaubwürdig. Er hat die Orchideen und Lauras Leblosigkeit ständig vor sich und auch gründlich satt, warum sollte er das vorschlagen?
Er ist konditioniert, er sabotiert sich da.

klingt so nach angewandter Rhetorik.
Das hab ich gestrichen, ja.

Danke dir für die Kritik
Quinn

Hallo Kubus,

wege gibt es keine, webers leben fährt auf einem gleis, optionen gibt es nicht, außer der, auszusteigen.
Ja, tatsächlich ist das schon ein Gag der Geschichte, denn der Weber, der vor ihm da war, hat den Weg daraus gefunden. Diese Theorie kennen sowohl der jetzige als auch der vorige Weber, wenn man so will. Nur dass der jetzige Weber nichts mehr davon hat. :)

dafür erscheint sein realitätsnaher zwilling und bringt ihn dazu, in seine traurige existenz zurück zu gehen, macht ihm klar, dass er nichts besseres erwarten kann
Realitsnaher Zwilling würde ich ihn nicht nennen. Jedenfalls war er nicht so gedacht, wenn man die Geschichte so liest, ist es schon so ein Trott in den Alltag ja.

ich würde schaut schreiben, da der rest des gedankenspiels auch im präsens steht.
Hab ich geändert.

zuerst dachte ich, dass die backen zwinkern, außerdem: müsste es nicht wenigstens vollen heíßen?
Da find ich jetzt nichts störendes dran auf den ersten Blick, ich schau’s mir noch mal genauer an.

fuchteln ist für mich was fortgesetztes, hier passte etwas wie schlug besser.
Ja, ich bin da auf der Seite von Katla später, weil sie in dem Moment ja nichts sieht, sondern so blind tastend die Tür zumacht.

Danke dir für deine Kritik
Quinn

Grüß dich Berg,

Beide wünschen sich etwas Besseres, wissen aber, dass sie es nicht haben können, also bleiben sie zusammen.
Sie können da nicht raus, weil ihnen dort der freie Wille genommen wurde; aber es ist interessant, dass das gar nicht auffällt bei den Kritikern, sondern da ist es so durch den Alltagstrott gerechtfertigt, dass es als gar nichts anormales empfunden wird, sondern es ist dann so ein: Die finden eh nichts besseres. Find ich spannend.

und kurz danach die Bettszene erinnern mich an das Schlaraffenland, wo einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, oder an das Vorgeplänkel in einem Pornofilm.
Ja, tatsächlich hab ich da auch immer ein schlechtes Gewissen. Er lernt sie da in der Bahn kennen und dann gibt es einen Schnitt, man kann da 3-5 Dates noch einfügen, solche Kennenlernphasen und um die Frau werben-Sachen sprengen immer die Struktur einer solchen Geschichte. Ich weiß auch nicht, wer das nun lesen müsste; wenn man so was macht, muss sich dann die ganze Geschichte darum drehen.

Danke dir für den Kommentar

@Are: Versiert und frisiert klingen auch ähnlich. Trotzdem kann ich nicht jedes Mal, wenn ich frisiert schreibe, berücksichtigen, ob nicht ein Leser es mit dem Wort „versiert“ verwechseln könnte.
Was das Wort „Theorie“ im Französischen heißt und für Konnotationen hat, ist mir nicht bekannt und darauf kann und will ich auch keine Rücksicht nehmen. Ich werde mir jetzt nicht Bertelmanns Crash-Kurs Französisch für Fortgeschrittene reinballern, um … keine Ahnung, was.

Hallo Hanniball,

Hat mich an Hoffmann erinnert, der Weber. Obwohl er nicht ganz so atemlos durchs Geschehen läuft.
Der Stil von Hoffmann hing mir tatsächlich noch nach, ich glaub, es sind auch zu viele Webers drin. Wird sich bestimmt bald wieder legen. Aber komische Sache, wie einem das dann Wochen später noch nachhängt.

Weber als Mensch zu sehen gelingt, je weiter man denText liest. Faszinierend, wie sich die einzelnen Facetten öffnen, während man ihm folgt.
Das freut mich, danke.

Allerdings gefällt mir die Begegnung Webers mit seinem Ich nicht, kommt mir etwas plakativ daher. Obwohl es doch tatsächlich vordergründig das einizig Seltsame in dem Stück ist.
Ja, das ist auch doof gemacht. Weil ich da vom Leser zu viel erwartet hab, sich die Puzzlestücke selbst zusammenzusetzen. Also „plaativ“ ist es in dem Sinne nicht, weil ja keiner dahinterkommt. :)

Diese Stelle hatte ich mir angestrichen und ein Ausrufezeichen dahinter gemacht. Ich hatte sie für wichtig gehalten.
War aber nicht, zumindest bist du nicht weiter drauf eingegangen.
Oder ich habe es überlesen.
Ja, tatsächlich ist diese Stelle für die Pointe dann wichtig, die dem Leser aber entgeht. Da hat dich dein Gespür nicht getäuscht.

Danke dir für den Kommentar, ich schreib wieder mal was Handfestes demnächst
Quinn

Hallo weltenläufer,

Will aber nicht verhehlen, dass mich die inhaltliche Seite per se etwas abstößt und dadurch mein Urteil färbt. Dieses sich dem tristen Alltag ergeben mag ich einfach nicht. Da kommt bei mir wenig Mitleid oder Verständnis auf.
Ja, das geht mir auch so, die Reaktionen auf die Geschichte sind wirklich interessant, weil das Seelenlose der Figuren ja wahrgenommen, aber als „normal“ eingestuft wird. Also das Grau des Textes verbirgt da die eigentliche Idee. Ganz komisch.

Danke dir für den Kommentar
Quinn

Hallo Katla,

Finde, das ist eine interessante Leseerfahrung, weil die meisten Texte versuchen, Leser mit aller Gewalt emotional zu engagieren; hier möchte man gern, darf aber nicht. Gefällt mir.
Ja. Weber fehlt etwas.

Sehr schön, daß man nicht erfährt, ob er einfach nur raus-, oder zur Blonden geht.
Also wenn du mich fragst, springt er von der Brücke.

Den letzten Satz hätte ich schöner gefunden ohne den klassischen Sonne/Regen-Gegensatz; die blutige Handfläche ist wieder ein guter Bruch mit der Lethargie der Figur.
Ja, das ist ein Bezug auf das Selbstmordbild aus dem ersten Drittel des Textes.

Aber diese Sache mit dem roten Teppich, den man sich dann noch selbst malen soll ... nee, das find ich platt, aber so richtig. Ist auch nicht augenzwinkernd witzig.
Das ist saukomisch. Da ist jemand, der aus dem Leben geflohen ist, und nun redet er’s seinem „Nachfolger“ schön. Natürlich ist das Bild Blödsinn, der Typ erzählt ihm Quatsch. Das ist so als würde ich ein Bissen vom Teller nehmen, mich fast übergeben, und dann zu meinem Nachbarn sagen: Mjam, das schmeckt dir bestimmt. :)

Natürlich ist es mit all diesen Lebenserkenntnissen so, daß sie sich platt anhören, wenn man sie liest und nicht lebt, natürlich sind sie in der Umsetzung nicht einen Bruchteil so banal, wie sie klingen. Bei Dir erwarte ich aber was anderes.
Die Idee, weshalb die Analogie mit dem Zug auch zu Beginn des Textes stand, und dann am Ende noch mal aufgegriffen wird, und weshalb auch eine der drei Orte, an denen die Handlung spielt, eine S-Bahn ist: Dass beide Weber diese Theorie kennen.

Obwohl man die Texte nicht vergleichen kann, muß ich den Kiosk bemühen: Eine Erkenntnis, die so geschickt verpackt ist, daß man sie zur gleichen Zeit auf vielen Ebenen und doch nur teils versteht, oder sich nicht sicher sein kann. Es gibt keine explizite Auflösung, leger und tiefgründig zugleich. Sowas fehlt mir hier; egal wie.
Der Text gehört für mich zu einer anderen Sparte als das Kiosk, aber interessant, dass er so gelesen wird. Das hier ist eigentlich eine klassische: Was zur Hölle geht da eigentlich vor-Geschichte, bei der man als Leser schon rätseln kann – wenn einem das Spaß macht –, was da passiert. Die Geschichte wird allerdings als eine Art Stimmungsbild gelesn und so gefällt sie den Leuten ja auch so mittel. Ich hab das einfach nicht deutlich genug gemacht.

Und: einen Milchkaffee mit Zimthaube oder einen weißen Flauschipulli könnte es mE auch hier vertragen, als kleinen Ausfall, etwas Sinnlos-Sinnliches. (Die grüne Suppe hat ja eine ganz andere Funktion.) Aber klar, damit wäre die Distanziertheit aufgelöst.
Die Möglichkeit ist Weber genommen, tatsächlich ja. Der andere sagt auch zu ihm: "Es ist ja nicht so, als hättest du eine Wahl." Weber ist da ein Stück der freie Wille genommen, weshalb auch diese Wärme nicht geben kann wie im Kiosk von mir aus. Diese blonde Frau und ihr Umgang sind ja ein Stück weit ein Ausbruch (Der Mann hustet ja auch mehrmals neben ihm), es wird aber sofort wieder sabotiert.

Danke auch dir für den Kommentar
Quinn

P.S.: Natürlich war die Gogo-Stange-Absicht.

 

Hallo Quinn!

Der Zwillingsbruder oder irgendein anderer Typ, der ihm sehr ähnlich sieht, war also vorher mit Laura zusammen, wollte raus aus diesem Leben und hat Laura dann Weber überlassen (der mit der Allergie war der erste). Warum, weiß man nicht. Ob Laura davon weiß, auch nicht. Irgendetwas schmiedet Laura und Weber aneinander, aber auch darüber erfährt man nichts. Es ist nicht nur die Gewohnheit, die sie nicht ausbrechen lässt, da muss noch etwas anderes sein.

Hier, an dieser Stelle wird das angedeutet, dass da noch was sein muss:

„Es bringt nichts“, flüsterte Laura sanft. „Ich hab’s versucht, so oft schon. Soll ich uns etwas kommen lassen?“
„Du bist auch-,“ sagte Weber.

auch WAS?

Ehrlich gesagt find ich dieses Rätselraten unglaublich nervig. Wozu soll das gut sein? Was bringt das für die Geschichte? Außer dass die Leser jetzt das Gefühl haben, dass sie zu doof sind, das zu sehen. Das ist dir ja bei deiner Rom-Geschichte auch schon danebengegangen.

Vor allem spielst du hier ja mit dem Klischee des gelangweilten Ehemannes, der ausbrechen will. Das ist zu naheliegend, als dass man es übersehen könnte, es überdeckt das andere, das Seltsame, das wird zu schwach ausgeführt. Ich hab´s schon mal gesagt: Literatur soll was zeigen und nicht was verbergen.

Du kannst dir nicht erwarten, dass ein normaler Leser eine Geschichte mehrmals liest, um hinter das Rätsel zu kommen, ein Rätsel, das vermutlich nur als Rätsel interessant ist, mir als Leser aber geistig oder sonstwie keine neuen oder interessanten Aspekte aufzeigt.

Was soll ich in der Geschichte anderes lesen, was über einen in Gewohnheit erstarrten Ehemann, der keine Gefühle mehr hat, hinausgeht? Würde mir das Rätsel da einen neuen Aspekt zeigen?

Ansonsten war die Geschichte gut zu lesen, keine Frage, wenn auch etwas holzschnittartig, eher in Bildern erstarrt. Aber das ist okay.


Und Webers Theorie nach verpasst man nun den Moment
"nun" streichen
und nahm von der Vitrine ein Foto
und nahm ein Foto von der Vitrine
Weber hatte die Hände unter den Kopf geschlagen
kann man nicht sagen - unter den Kopf geschoben
und nickte ihm ohne Minenspiel zu
lol Mienenspiel :p
wollte nicht mehr in vier Autowänden durch die Stadt fahren
das klingt sehr eigenartig
zwinkerte über zwei volle Backen
über zwei vollen Backen
aus einem Mittagsnickerchen hoch quälten.
zusammen: hochquälten
gegen ihren linken Busen
gegen ihre linke Brust - "Busen" ist immer das ganze Ensemble ;)
Weber streifte die Schuhe aus
streifte die Schuhe ab ... ansonsten würde ich denken, er säubert sie auf so einem kleinen Teppich
und nahm grob seinen Arm von ihr
hier würde ich das "grob" durch "hölzern" oder "ungelenk" ersetzen
Weber drehte sich müde zu der Stimme herum.
"herum" streichen
Das einzige was du machen kannst
groß und Komma: Das Einzige, was du ...

Gruß
Andrea

 

Hallo Andrea,


Hier, an dieser Stelle wird das angedeutet, dass da noch was sein muss:
Hier ist der Gag versteckt:

„Mann, so muss sich Gott gefühlt haben, als er mit Adam gesprochen hat.“]
Das ist das, was in einem Action-Film 10 Minuten gedauert hätte, der Keyser-Soze-Twist am Ende. ;)

Ehrlich gesagt find ich dieses Rätselraten unglaublich nervig. Wozu soll das gut sein? Was bringt das für die Geschichte? Außer dass die Leser jetzt das Gefühl haben, dass sie zu doof sind, das zu sehen.
Das Problem ist schlicht, der Schwierigkeitsgrad. Wenn es gelingt, finden die Leser das wahnsinnig toll. Wenn sie’s nicht mitbekommen, sind sie sauer auf den Autor.
Hier ist es einfach ein Problem in der Auflösung, es hätte deutlich gemacht werden müssen, dass mit den beiden Figuren etwas nicht stimmt, dass sie nur Platzhalter sind (sowohl Laura als auch er), dann hätte der Leser dieses Gefühl gehabt: Aaaah, deshalb sind die so! Das passiert hier aber nicht, es wird nur angedeutet; der Leser ist aber so sehr in dieser „Ich lese hier das trostlose Leben und es ist nett geschrieben“-Lesart drin, dass er das nicht mitbekommt. Das hatte ich vor uh, längerer Zeit schon mal, bei der „Der Erzähler ist ein Augenmonster und der Protagonist eine fiktive Figur“-Nummer und da gab es fast dieselbe Reaktion.
Es muss also wieder eine wesentlich deutlichere Auflösung her.
Das ist tatsächlich, wenn man so was schreiben möchte, ein jedes Mal interessanter Gang. Denn man braucht diese „Der Bösewicht erklärt James Bond seinen Meisterplan, während der in einer tödlichen Falle steckt“-Szene. Und wenn man die bringt, sagt der Leser. Ach, hör auf, das weiß ich doch längst. Oder: Ich hab’s doch nach dem ersten Drittel geahnt!

Das ist dir ja bei deiner Rom-Geschichte auch schon danebengegangen.
Ja, beide Geschichte funktionieren auch ohne leidlich, wie man sieht. Ehm, die Rom-Geschichte ist ja wesentlich umfangreicher und da wäre das Detail, dass Malta ein Schwindel war, eine andere Kategorie, das ist nicht zwingend notwendig, sondern könnte der Geschichte mehr Format verleihen.

Vor allem spielst du hier ja mit dem Klischee des gelangweilten Ehemannes, der ausbrechen will. Das ist zu naheliegend, als dass man es übersehen könnte, es überdeckt das andere, das Seltsame, das wird zu schwach ausgeführt.
Das fand ich an der Rezeption schon erstaunlich, dass eigentlich fast alle Kommentare, dass seelenlose der Figur erwähnen und sehnen, es aber für fast normal halten.

Literatur soll was zeigen und nicht was verbergen.
Na ja, also der Twist, die plötzliche Änderung, die einen den ganzen Text anders wahrnehmen lässt, ist doch absolut legitim. Das ist eine Methode des modernen Geschichtenerzählens, so wie „Uh, der beste Freund des Polizisten hat also die ganze Zeit für die Mafia gearbeitet?“, da verbirgt einem die Geschichte diese Information auch bis zum Ende, und wenn man ihn ein zweites Mal liest, mit dem Wissen im Hinterkopf, sieht man dann, dass der Freund des Polizisten, sich schon die ganze Zeit äußerst verdächtig verhalten hat. Das ist doch eine der schönsten Erfahrungen, die man überhaupt machen kann, wenn man eine Geschichte erlebt.
Hier bei dieser Geschichte fehlt der deutliche Moment, wenn einer ausspricht: „Du bist nicht echt! Du bist ein Platzhalter!“ (eingebettet in eine riesen Szene). Hier steht: „So muss sich Gott gefühlt haben, als er mit Adam gesprochen hat.“ Das reicht wohl einfach nicht aus. Der Satz wurde auch von keinem Kritiker zitiert, der wurde nicht so wahrgenommen. Weil es auch weit hergeholt ist. Der Fehler ist also keinesfalls nur beim Leser zu suchen, sondern auch bei der Geschichte, ist ja klar.

Der Satz, auf den du dich beziehst: „Ich habe keine Zeit, zu entschlüsseln, was andere mir in ihren Texten verbergen wollten“ ist von irgendeinem Wiener Kaffeehauspolemiker von 120 Jahren (Altenberger? Althaus? Ich wusste das mal), der hat sich da auf eine ganz Art von Texten bezogen, diese Plot-Twists haben nichts mit dem Ulysses von Joyce oder der literarischen Dekodierung zu tun. Hier schläft ja niemand mit wem, wenn er ihm eine Blume gibt.

Du kannst dir nicht erwarten, dass ein normaler Leser eine Geschichte mehrmals liest, um hinter das Rätsel zu kommen, ein Rätsel, das vermutlich nur als Rätsel interessant ist, mir als Leser aber geistig oder sonstwie keine neuen oder interessanten Aspekte aufzeigt.
Nein, das erwarte ich auch nicht. Das liegt hier auch am Medium des Internets und dem Misstrauen, dem man hier – völlig zu Recht – Geschichten entgegenbringt.
Ich bin ein großer Fan des Mehrmals-Lesens und Neu-Entdeckens, gerade von Nuancen. Ich mag das gerne.
Und das „Rätsel“, der „Twist“, fügt hier schon eine Lesart hinzu, in wie weit, diese Eingrenzung des freien Willens und das sich Fügen in eine verfahrene, unglückliche Situation als „normal“ wahrgenommen wird. Aber natürlich ist das auch ein Stück weit ein Selbstzweck, klar.
Ich hab das schon einige Male gesagt, das Lesen so einer Geschichte ist wie ein (ich update es mal) wie ein Sudoko. Wenn ich da am Kaffeetisch sitz und das löse, und es geht mir problemlos von der Hand, steh ich auf und denke: Meine Fresse, ich bin’s, die können sich aber warm anziehen.
Wenn ich davor sitz, und mir zwei Stunden lang mit dem Kuli blaue Kreise auf die Wange mal, steh ich auf und hab erstmal nen Hals. :)
Das ist als Autor schon spannend.

Die Detailanmerkungen arbeite ich noch ein, während ich an einer ganz offensichtlichen Geschichte schreiben!
Danke dir für den Kommentar ;)
Quinn

 

So, ich hab die Geschichte nochmal überarbeitet und auch umbenannt (Berg hatte die Idee für den Namen), ich hoffe es ist jetzt deutlicher und Andrea ist nicht mehr stinkig auf mich, weil sie sich doof vorkommt. :)

 

Hallo Quinn,

es würde die Geschichte vielschichtiger machen, Webers Gedanken und Gefühle beim Begreifen seiner Situation und seines Zustands zu beschreiben. Introspektion kommt in vielen großartigen Geschichten vor. Du scheinst dagegen eine grundsätzliche Abneigung zu haben.

Das hier:

„Was sind wir?,“ fragte Weber. „Sind wir Klone?“
ist für meinen Geschmack zu direkt.

Es bleibt offen, wie das mit dem Klonen genau geht, ob die Behörden damit kein Problem haben, wer es bezahlt, wie die psychischen Blockaden der beiden zustande kommen und vor allem, was die Originale machen, auch ihre Beweggründe, die Vorgeschichte des Ganzen usw. usw. Für meinen Geschmack lässt Du die interessantesten Teile der Geschichte unter den Tisch fallen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich ohne Deinen Hinweis nicht verstanden hätte, worum es geht.

Danke für die Erwähnung meiner Mithilfe bei der Namensgebung! :) Du hast das Wort "Platzhalter" im Chat mehrmals gebraucht, da dachte ich, das könnte ein guter Name sein.

Regards,

Berg

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Quinn,

ich sehe hier mal leger darüber hinweg, daß ich schon die erste Fassung grandios mißverstanden habe. Allerdings hatte sie immerhin in meiner Leseweise eine interne Logik gehabt, und ein folgerichtiges Ende.

Jetzt versteh ich komplett Bahnhof. Nichtmal meine abwegige Interpretation paßt noch.

Ist der "Klon" jetzt als Metapher oder konkret gemeint? Ich hatte den Doppelgänger als eine wie auch immer seltsame Erscheinung gehalten, als eine Art - frag mich - Alter Ego / Über-ich mit größerer Einsichtsfähigkeit, Ironie etc. So hatte ich den Adam/Gott-Satz verstanden.
Wenn Klon, ist das nicht seltsam, sondern SciFi. Außerdem finde ich es nicht folgerichtig, daß ein Klon - nur über die Genkopie - auch so ein halbtotes, initiativloses Abstellgleis-Dasein führen sollte. Ist das der seltsam-Aspekt? Das kommt nun so völlig aus dem Nichts, sollte die Einsicht nur über die Begegnung in der Bahn entstanden sein? Find ich nicht nachvollziehbar, auch nicht in dieser Rubrik.

Ich bin ratlos.

Dann ist der Spruch des Originals nur böswillige Ironie? (Somit paßte natürlich die Einfachheit der Theorie besser).

:confused: Hm. Ich kann nicht umhin, das Ende immer noch als Wendepunkt zu sehen, als eine Veränderung, egal wohin (von mir aus dann in den Selbstmord).

Also, es ist nicht so, daß man Deine Einstreusel nicht liest oder wahrnimmt (wie Du in ein paar Komms geschrieben hast), aber zumindest ich hab sie völlig falsch eingeordnet; und tue dies vermutlich grad wieder.

Rätselnde Grüße,
Katla

 

Hallo Quinn

Mal ein Erklärungsversuch von meiner Seite:
Das Leben besteht nicht aus unzähligen Möglichkeiten, sondern nur aus einigen wenigen Stationen, wo man sein Schicksal in eine neue Richtung lenken kann.
Knackpunkt ist: Man kann nur ein einziges Mal seinem Leben eine neue Richtung geben.
Soviel zur Theorie, wie ich sie aus der Geschichte heraus gelesen hab.

Davon ausgehend:
Weber ist ein Mensch, der das Gefühl hat die „falsche Station“ erwischt zu haben.
Verzweifelt ob der Eintönigkeit seines Lebens geht er ein Verhältnis ein, das jedoch an seiner Unveränderlichkeit scheitert.
Dann geschieht das Unvorstellbare. Er trifft sich selbst. Ein Alter Ego, das einen anderen Lebensweg beschritten hat. Das Teuflische daran ist, dass diese Begegnung Weber die Augen öffnet, da er erkennt, dass ihm keine Entscheidungsmöglichkeit mehr geblieben ist. Er ist offenen Auges dazu verdammt die Eintönigkeit seines Alltags bis zum Ende auszuhalten.
Die Lösung für Weber wäre, sein Leben, seine Frau bedingungslos zu akzeptieren. Ob ihm dies gelingt, bleibt jedoch fraglich.

Von mir unverstanden ist folgender Satz:

„Das war dein Weg aus dem Zug raus, du hast einfach jemand anderen auf deinen Platz gesetzt und bist ausgestiegen.“

Bedeutet das, dass Weber bisher glaubte noch nirgends ausgestiegen zu sein? Denkt er, er säße noch immer unentschlossen im Zug?

Ebenfalls unklar ist für mich die Tatsache, dass Webers „Zwilling“ bewusst ein Treffen mit Weber arrangieren konnte. Zudem verstehe ich nicht, welchen Anlass er dafür gehabt haben sollte.
Nur aus Mitleid?
Man kann sich zwar selbst bemitleiden, aber ein Alter Ego zu bemitleiden, dass ist mir zu hoch. Das wäre so, wie wenn ich mir vorstelle, ich hätte einen Autounfall gehabt und zünde für dieses bedauernswerte Ich eine Kerze in der Kirche an.
Aber gut, dafür steckt die Geschichte ja in der Rubrik Seltsam. ;)

Alles in allem, fand ich Stil und Schreibe sehr schön zu lesen. Der Erzählfluss war ruhig, fast angenehm einlullend. Nur leider hat mir persönlich der Knalleffekt gefehlt. Nach dem die Geschichte zu Ende war, hatte ich das Gefühl noch eine Zeitlang auf dem Fluss der Erzählung eingelullt weiter zu treiben. Dann ein kurzes Kopfschütteln und ich war mit meinen Gedanken woanders.
Erst das Lesen nachfolgender Kommentare hat mich dazu bewogen nochmals über die Geschichte nachzudenken.

Ich hoffe du kannst mit meiner Kritik was anfangen.

Viele Grüße

Mothman

 

Hallo Quinn,

Du gibst uns hier in dem nicht ganz vierseitigen Text einen Herrn „Weber“, der das Leben mit einer lang weilenden Zugfahrt vergleicht und doch zugleich eine (ewige) Suppe auslöffelt, dem so – „für zwischendurch“ will ich’s mal nennen – die pornographische Fantasie durchgeht (was nix mit Pornographie zu tun haben muss). Die Dialoge sind bis hin zur Absurdität gelungen und lassen mich lächeln (was einem andern bei meinem Barte gar nicht einmal auffallen wird), aber dann doch einmal leicht verwirrt staunen, wenn es heißt:

>„Komm, geh zu ihr“, sagte sie und nahm grob seinen Arm von ihr<, wobei die Differenzierung zwischen dem weiblichen Personal m. E. daneben geht: wie soll er seinen Arm von „ihr“ nehmen, wenn er doch erst zu ihr soll? Ist es nicht vielmehr so, dass sie seinen Arm von „sich“ nahm?

Und weil Weber sich selbst begegnet, behaupte ich nun, Quinn sei Weber, Weber zumindest identisch mit dem Autor. Warum? Da muss der Nichtlateiner sich weniger auf google als auf seine Literatur verlassen: „Text“ ist danach vom lat. Verb „texere“ abgeleitet, was „flechten, weben“, ja „kunstvoll zusammenfügen“ bedeute. Der Text ist also das Gewebe, das der Weber webt und in diesem Falle ist halt Quinn genannter Weber.

Gruß

Friedel

 

Tschuldigung, aber ich muss zwischendurch mal laut lachen :D

Anscheinend gibt der Text jetzt noch mehr Rätsel auf ...

 

Watson schrieb:
Der Text ist also das Gewebe, das der Weber webt und in diesem Falle ist halt Quinn genannter Weber.
Scharf beobachtet, Dr Watson.

Hallo Quinn!
Ich mag die Geschichte. Ich habe die Figuren klar vor Augen. Ich sehe wie Wölkchen ihre Münder verlassen, wenn sie reden, ums mal zu übertreiben.
Und eigentlich sollte ich kein Mitleid mit Weber haben, weil du das bist :D nee, aber irgendwie tut er mir doch leid, weil er ein Platzhalter ist.
Und irgendwie sind die ganzen Figuren Platzhalter, na gut, die fette Blonde vielleicht nicht, sie ist der rote Teppich.
Ich habs so verstanden (nur fürs Protokoll) der echte Weber wollte aus seinem Leben ausbrechen, ohne dabei Laura unglücklich zu machen/ zu verletzen und hat sich kurzerhand klonen lassen. Und die Frau merkt das nicht, weil sie ... boah, die Frau, keine Ahnung, die ist wie ... wie ihre grüne Suppe, wahrscheinlich auch noch ungesalzen. Da fehlt reichlich Salz.
Kein Wunder, dass er sich da ne Sahneschnitte nimmt. Das gönnt man ihm ja richtig.
Da kommt richtig Leben in die Bude, es ist so, als würde so eine Spielfigur plötzlich zum Leben erwachen und merken, hey, ich mache ja jeden Tag das gleiche und verpasse jeden Tag auch die Möglichkeit was anderes zu machen. Aber er ist so konditioniert/"programmiert", dass er es nicht hinbekommt, Laura zu verlassen und sein Leben zu leben oder an der richtigen Station auszusteigen.

Was ich dir damit sagen will: Mir gefällt die Geschichte - aufgrund der Figuren und der Stimmung, die du geschaffen hast. Die Bilder haben für mich gepasst, ich hatte das Gefühl einen Film zu gucken. Hätte ich jetzt nen Hut, würd ich ihn abnehmen.
(Und mir zu Liebe, vergisst du den Namen Laura?)

JoBlack

 

Hallo Quinn,

gute Geschichte, die eine Situation beleuchtet, die ich hier kürzlich schon mal in ähnlicher Form in aller Kürze las, dieses Thema, das jeden, der schreibt, irgendwann mal packt.

Es hat mit Zügen oder Bahnen zu tun, mit dem Leben, mit Ferne, Ausstieg, Aussteigen, Haltestellen, mit der richtigen Haltestelle, dem Weg und dem Ziel.

Da ich mir selbst dazu schon zig Gedanken gemacht habe, spricht mich deine Geschichte natürlich sofort an und vermischt sich entsprechend mit meinen Gedanken & Erkenntnissen zu diesen Themen und einigen mehr oder weniger gelungenen Texten, die ich selbst dazu zu verfassen versuchte.

Ich habe keine anderen Kommentar gelesen und kann mich so unbeeinflusst an eine eigene Interpretation wagen:

Die meisten steigen nicht wirklich aus, und schon gar nicht mit einer blonden Frau, die nicht mehr als eine vorübergehende Affäre verheißt.

Weber ist nicht ausgestiegen. Nur seine Fantasie ist der Blonden nachgestiegen und hat es mit ihr getrieben. Weber selbst ist in der S-Bahn geblieben. Und es ist auch seine Fantasie, die sich eines Tages neben ihn setzt, mit ihm spricht und ihn davon zu überzeugen versucht, in seinem alten Leben wäre er besser aufgehoben.

Und wenn er am Ende doch nach seinem Mantel greift und gehen will, dann wird er nicht wissen wohin, und wieder zurückkommen, nach einer halben Stunde planlosen Herumirren.

Affären sind eh kein Ausstieg. Nachdem das erste Feuer heruntergebrannt ist, verdoppeln sich nur die Probleme. Dieselben Gespräche mit der Geliebten wie mit der Frau, dieselben Vorwürfe, dieselbe Müdigkeit in der Beziehung, derselbe Stress, dieselbe Alltäglichkeit, wenn das Fremdgehen seinen Reiz verliert, und man sich plötzlich wieder nach Hause flüchtet. DAS wäre mal ne Story!

Sorry, ich bin etwas abgeschweift, aber es sind halt die Gedanken, die mir bei deiner KG kamen, speziell bei den Passagen, als Weber vermeintlich bei der Blonden war. Irgendwie sind das so Beziehungen, bei denen man direkt nach dem Sex duschen und verschwinden will, und sich die Zigarette danach lieber erst unten vor der Tür anzündet.

Im Grunde genommen nichts, wofür man eine Laura verlassen würde :-)

So, ein bisschen ungeordnet, mein Kommentar, das kam einfach mal so raus. Überlegungen, die einen Autoren bestimmt interessieren, weil sein Text dafür verantwortlich ist.

Rick

 

Hallo Quinn!
Ziemlich gleich, ob der zweite Typ ein Alter Ego, echter Zwilling oder Klon ist, mir fehlt bei der Geschichte ein Spannungsbogen, es deutet sich früh an, dass wahrscheinlich alles so bleibt, doch nirgends erfahre ich, wieso, weil die Personen über eine oberflächliche Vorstellung nicht hinauskommen.
Natürlich darf eine Geschichte so angelegt sein, es gibt genug Menschen, die sehenden Auges alles belassen wie es ist, doch ich möchte etwas mehr an die Hand bekommen, um mich in die Personen einfühlen zu können. Laura interessiert mich zum Beispiel sehr,doch ich habe keine Ahnung wer oder wie sie eigentlich ist. Und Weber? Wieso ist ihm alles so langweilig? Was tut oder unterlässt er, um, es zu ändern?
Ich habe keine Lust, mich an einem Ratespiel zu beteiligen, wer nun was sagt oder wer nun wer ist; das wäre alles gar nicht nötig, wenn die Geschichte eine Tiefendimension hätte. Vielleicht ein wenig mehr 'show and tell'!
LG,
Jutta

 

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