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Politisch korrekt? Politische Korrektur!

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30.08.2006
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Politisch korrekt? Politische Korrektur!

"Ich hasse Klischees. Eines sitzt neben mir und hat sich gerade eine Cola bestellt. Ich kann dicke Menschen nicht ausstehen, zumindest auf Langstreckenflügen und wenn ich neben ihnen sitzen muss. Touristenklasse eben. Er ist aufgewacht und hat endlich Arme und Beine in den ihm zustehenden Raum zurückgezogen. Jetzt will er sich auch noch mit mir unterhalten. Von mir, einem Ausländer erwartet er, dass ich seine elenden texanischen Slang zu verstehen hätte. Es ist sein erster Besuch in Europa, er fragt mich, wo ich denn leben würde. Ich lüge ihn an und behaupte aus Norwegen zu kommen. Norwegen fragt er, wie lange fährt man denn da von Paris aus?"

"Stopp. An dieser Stelle haben wir etwas zu korrigieren", unterbrach mich mein Supervisor. Ich hörte ihn an seinem Schaltpult hantieren, kurz einige Eingaben am Steuerrechner vornehmen. Es folgte das dumpfe Summen der Spulen und der unvermeidliche violette Nebel begann vor meinem inneren Auge aufzusteigen.
"Beschreiben sie die Szene bitte nochmals von Anfang an", sprach er mit der immer gleiche Monotonie, die der Herzlichkeit eines Kühlschranks gleichkam, aber zu seinem Beruf gehören zu schien, zumindest aber zu den Spielregeln dieses Experimentes. Er sollte seine Antwort bekommen:

"Ich steige in das Flugzeug und suche meinen Platz. Es ist ein Fensterplatz, die ganze Sitzreihe ist noch leer. Ich setze mich hin, verstaue mein Handgepäck, hole mir ein Buch heraus."
"Was für ein Buch?"
"Dan Brown, Illuminati."
"Gut. Was passiert dann?"
"Ich will anfangen zu lesen, komme aber nicht dazu. Ein Mädchen, nein, eine junge Frau ist gekommen."
"Beschreiben sie sie bitte."
"Sie ist blond, schlank. Vielleicht Mitte zwanzig, blaue Augen, attraktiv bis zum Abwinken. Sie spricht mich an, Englisch mit deutschem Akzent. Ich sitze auf ihrem Platz, ich entschuldige mich. Sie lächelt, wir einigen uns, die Plätze zu tauschen. Also bleibe ich sitzen wo ich bin."
"Gut. Und dann?"
"Das Bild ist irgendwie undeutlich. Da fehlt ein Stück, mittlerweile fliegen wir. Der Platz neben mir ist leer, sie kommt von der Toilette zurück, lächelt mich an. Ich spreche sie an wegen des Buches, das sie hat auf dem Sitz liegen lassen."
"Welches Buch"
"Ein Taschenbuch, Erich Fromm, Die Furcht vor der Freiheit."
"Was antwortet sie?"
"Sie sagt, es sei ihre Art und Weise es in diesem Gefängnis auszuhalten, so etwas zu lesen. Und dann frage ich sie, ob sie in Paris bleiben würde oder noch weiterfliegt."
"An dieser Stelle können wir für heute abbrechen."

Das Summen der Spulen ebbte ab, ich wurde aus der Röhre gefahren, Anita steckte alle Elektrodenkontakte ab. Ich hatte mein T-Shirt durchgeschwitzt und war müde aber froh darüber, dass die Sitzung beendet war. Ich setzte mich auf und begann, mich wieder anzuziehen.
"Dann bis morgen Herr Helmer." Nicht einmal zum Abschied benutzte mein Supervisor einen normalen Tonfall. Das Leben eines empirischen Psychologen, ein einziger Alptraum dachte ich mir und antwortete:
"Bis morgen."
Er verließ das Labor, Anita war mir noch dabei behilflich, die letzten Spuren der Klebeelektroden von meiner Stirn zu entfernen. Sie lächelte mich in seltsamer Vertrautheit an. Sie war blond, schlank, hatte blaue Augen, die perfekte Arierin.

Ich verließ das Institutsgebäude, machte mich auf meinen obligatorischen Spaziergang. Es war verordnete Zerstreuung, die ich meist damit verbrachte, ziellos durch die Straßen zu laufen, die Schaufenster der Geschäfte zu inspizieren oder einfach nur den Menschen zuzusehen, wie sie den Tätigkeiten ihres normalen Alltages nachgingen. Es blieben mir zwei Stunden Zeit, die ich mich ganz normal verhielt, wobei ich mir jedoch die letzte halbe Stunde dafür vorbehalten hatte, eventuelle Beobachter abzuschütteln.

Als ich schließlich das Restaurant betrat, war ich mir sicher, dass mir niemand gefolgt war. Eric hatte den Tisch in der Ecke besetzt. Von dort aus war der ganze Raum gut zu überblicken und wir waren ungestört, eine gute Wahl des Treffpunktes wie immer. Ich war angekommen auf der anderen Seite meines Lebens. Eric verkörperte die Kameradschaft, den Ausgangspunkt von welchem aus ich diese Reise angetreten hatte.
"Hallo Eric, schön dich zu sehen." Wir schüttelten uns die Hände.
"Du siehst müde aus", bemerkte Eric. Ich konnte ihm nicht widersprechen:
"Ja, es war ziemlich intensiv heute." Eric forderte mich auf, den Verlauf der Sitzung zu schildern. Ich ging kurz auf die ersten zwei Stunden ein, um dann auf das Finale zu sprechen zu kommen.

"Dann wollte er drei Korrekturen vornehmen. Die ersten beiden waren Kleinigkeiten, aber die dritte..." Eric hatte die Augenbrauen hochgezogen und unterbrach mich:
"Nun erzähl' schon." Mir fiel auf, dass er richtig ungeduldig war, so kannte ich ihn gar nicht. Ich kramte in meinem Gedächtnis, um die - theoretisch - gelöschte Wahrheit zu Tage zu fördern:
"Es ist so ungefähr vier Jahre her, ich war auf dem Weg von New York nach Hause, der Flug ging über Paris. Neben mir saß dieser fette amerikanische Neger, du weißt schon, diese übel ungebildete Sorte, die Cola säuft und Burger frisst. Keine Ahnung warum der Typ eigentlich nach Europa wollte."
"Und deine Beschreibung passte ihnen nicht?", fragte Eric voller Ungeduld, ohne mich ausreden zu lassen.
"Offensichtlich", antwortete ich, "denn es folgte eine massive Korrektur." Es war eigentlich logisch, was geschehen war. Die offensichtlichen Anzeichen von Rassismus mussten korrigiert werden, wollte man das Ziel erreichen, einen Skinhead zu resozialisieren.
"Und was hast du gesehen?", fragte mich Eric.
"Es war seltsam", entgegnete ich, "die äußeren Umstände blieben unverändert. Es ging los, nachdem ich in das Flugzeug gestiegen war; Irgendwie schräg..."

Unsere Unterhaltung wurde unterbrochen, die Bedienung war an unseren Tisch gekommen und hatte mir ein Bier und für Eric ein Mineralwasser gebracht. Nachdem wir angestoßen hatten, musste ich meine Schilderung fortsetzen:
"An Stelle des Negers tritt ein älterer Herr. Wir unterhalten uns, ich erfahre, dass er eigentlich Isländer ist, jetzt aber in Norwegen lebt. Er war auf einem Kongress und ist auf dem Heimweg."
Ein Wissenschaftler?", fragte Eric nach.
"Ja", antworte ich, "aber ich kann mich nicht mehr erinnern, welches Fachgebiet, vielleicht war er Mediziner. Auf jeden Fall kommen wir ins Gespräch. Es ist eine kurze Unterhaltung von seltsamer Intensität."
Normalerweise hatte ich mich immer an alle Details der Visionen erinnern und diese auch wiedergeben können, in diesem Fall aber schien sich ein violetter Nebel des Vergessens über wesentliche Details gelegt zu haben.
"Eric, es tut mir Leid, ich weiß es nicht mehr."
Erics Blick nahm etwas Flehentliches an.
"Bernhard, ich bitte dich. Bisher ging es doch immer. Konzentriere dich."
In meinem Kopf kreisten drei Versionen, das Original mit dem fetten Amerikaner, die Vision mit dem isländischen Professor und das, was ich meinem Supervisor zu Protokoll gegeben hatte. Es bestand die Gefahr, dass sich alles zu einem Brei verkochen könnte, in welchem die Bruchstücke der Wahrheit auf Nimmerwiedersehen verschwinden würden. Wenn es einen Zeitpunkt gab, etwas zu retten, war dieser jetzt. Wort um Wort arbeitete ich mich vorwärts:

"Das wüste Klima, die natürliche Auslese, nur die Stärksten kamen durch. Er erwähnt einen Ort, eine Stadt am Fuße eines Vulkans, Sneif... Ich bringe es einfach nicht mehr zusammen, Eric."
"Lassen wir es gut sein."
Es war eben nicht gut. Und Erics resignativer Gesichtsausdruck spiegelte meine eigene Gemütslage wieder. Da saß ich nun mit den verbliebenen Resten, der Mischung aus Erinnerung, Lüge und synthetischer Wahrheit. Aus dem violetten Nebel stiegen Gestalten auf, ein Heer durchsichtiger Menschen, die alten Heiden eben, die sich vor ihrer zwangsweisen Christianisierung nach Island gerettet hatten und sich im Laufe der Jahrhunderte vermischten mit all dem schiffbrüchigen Volk welches das Meer anspülte. Aber es fehlte das Ende. Die Einzelteile ergaben keinen Sinn, keine schlüssige Geschichte, hatten die Seelenlosigkeit einer erschaffenen Realität. Ich begann, mich unendlich erschöpft zu fühlen.

Eric hatte mir angeboten, mich nach Hause zu fahren. Ich nahm das Angebot an, denn ich war müde, elend müde. Es gibt Tage, an denen man das Gefühl hat, bald krank zu werden, merkt, dass der Körper versucht, ein Heer von übel wollenden Eindringlingen zurückzuschlagen und alle Energie für diesen Kampf verbraucht. Für den Rest des Lebens bleibt dann nichts übrig. So fühlte ich mich, nur dass ich nicht mit Bakterien oder Viren zu kämpfen hatte, sondern mit einer unmenschlichen Schläfrigkeit. Ich war in Erics Auto eingestiegen, starrte teilnahmslos aus dem Fenster, vor dem die nächtliche Stadt vorbeizog, ähnlich fatalistisch wie die Bilder der Erinnerung in meinem Gedächtnis. Ich sah ohne zu sehen, nahm erst wahr, dass wir angekommen waren, als Eric mich wachrüttelte und meinte:
"Wir sind da."
Erst nun bemerkte ich, dass ich nicht wusste, wohin wir gefahren waren. Ich hatte mich aus dem Sitz gezogen, auf die geöffnete Tür gestützt hing ich schwitzend in der kalten Abendluft und fühlte mich wie ein Zombie. Offensichtlich befand ich mich in einem Neubaugebiet, in der Dunkelheit zu erkennen waren einige Baracken, Baumaschinen, Kräne. Eric war ebenso ausgestiegen, auf meine Seite herübergekommen.
"Bernhard, es tut mir Leid." In seiner Hand hielt er eine Pistole, mir fiel der aufgeschraubte Schalldämpfer auf. Eigentlich hätte ich nun aus meiner Trance aufwachen müssen, zurück finden in die Normalität, doch meine Kraft reichte gerade einmal für eine halbe Frage:
"Eric, wir sind doch Kameraden, warum..."
"Bernhard, bitte keine Fragen mehr jetzt. Das ist besser für uns beide. Geh' da 'rüber" Er deutete mit seinem Arm in die Dunkelheit. Ich schüttelte den Kopf.
"Nein, Eric." Ich mochte körperlich am Ende sein, nicht die Kraft haben, aufrecht zu stehen. Wenn ich aber etwas im Laufe dieses Experimentes gelernt hatte, dann war es, Widerstand zu leisten.
"Wenn du mich erschießen willst, dann musst du es hier tun. Hier in deinem Auto." Ich ließ mich wieder auf den Beifahrersitz fallen und fügte hinzu:
"Und vorher wirst du mir erklären, warum." Ich bemerkte, wie Eric nervös wurde und seine mühsam gewahrte Fassung verlor. Ich hatte ihn aus dem Konzept gebracht, seine Pläne durchkreuzt.
"Mensch Bernhard, sei doch vernünftig, steh auf, verdammt ich muss... "
"Nein. Du schuldest mir eine Erklärung. Die Kameradschaft schuldet mir eine Erklärung."
"Bernhard, du weißt doch, dass es nur einen Grund geben kann."
"Verrat."
"Oder die Gefahr des Verrates. Du hast dich verändert in letzter Zeit. Bisher hast du das alles prima durchgehalten, aber in letzter Zeit häufen sich die Anzeichen, dass du einknickst."
"Sieh mich an Eric! Schau mir in die Augen. Sieht so jemand aus, der nicht Widerstand leisten kann? Drück' ab, wenn die Antwort ja ist."
"Verdammt ich weiß es nicht, warum fragst du das ausgerechnet mich?"
"Weil du der einzige bist, den ich fragen kann", stellte ich sarkastisch fest. Eric wurde zunehmend unsicherer. Die Situation erinnerte mich an ein Schachspiel, in welchem nur noch die beiden Könige verblieben sind. Ich war zu sehr betäubt, um mich körperlich mit Eric auseinanderzusetzen und er war emotional paralysiert, zerrieben zwischen Pflichterfüllung und den sichtlich vorhandenen Resten unserer Freundschaft.

"Wir mussten eine Entscheidung treffen, es blieb keine andere Wahl und auch keine Zeit mehr. Ich habe mich der Stimme enthalten."
"Und dann wurde das Los geworfen, wer den Job zu erledigen hat. Wie in einem schlechten Film", bemerkte ich bitter.
Erics Schweigen bewies, dass ich recht hatte.
"Ich will dir mal sagen, was Undankbarkeit ist Eric. Von euch feigen Säcken hat sich keiner getraut, sich dem allem hier zu unterziehen. Wir standen kurz vor einer Losentscheidung, der ihr nur entgangen seid, weil ich mich freiwillig gemeldet habe. Schon vergessen?" Eric schwieg.
"Sein Leben riskieren ist das eine, Eric. Aber seine Persönlichkeit? Schon mal mit dem Gedanken gespielt, du hättest noch 40 Jahre vor dir, müsstest aber als jemand ganz anderer herumlaufen? Als jemand, für den andere die Entscheidung treffen, wer und wie er ist? Vielleicht als das letzte Arschloch!" Eric wandte den Blick von mir ab und sah auf die Waffe in seiner rechten Hand.
"Bernhard, ich bitte dich. Tu' mir das nicht an. Steh' jetzt auf, bitte."
"Na los, drück' ab! Worauf wartest du. 95 Kilo, ich wiege 95 Kilo. Schon einmal alleine jemanden von diesem Kaliber geschleppt? Und noch etwas: Die Blutflecken hier in deinem Auto... Du weißt ja, Blut finden sie immer." Ich überließ ihn seiner Verzweiflung. Was hatte er mir nur in das Bier gemischt? Wenn ich nur hätte aufstehen könnte, laufen.
"Berhard, wenn ich dich nun nach Hause fahren würde, was würdest du dann tun?" Eric lehnte mit beiden Armen auf der geöffneten Tür des Wagens. Die Waffe war zur Seite gedreht, zeigte mit ihrer Mündung in die Nacht, zwischen zwei Baumaschinen hindurch. Seine Worte katapultierten mich hinaus in ein Universum der Möglichkeiten. Flucht war eine der Optionen, alles hinter mir lassen, die Kameradschaft, meinen Supervisor vom Institut für empirische Verhaltensforschung, die unerreichbare Vision namens Anita, meinen Arbeitsplatz in der Friedhofsgärtnerei. Oder ich könnte die Fronten zu wechseln, bei Polizei oder Verfassungsschutz eine neue Identität erbetteln um den Preis eines Geständnisses. Aber was würde dann mit Eric geschehen und all den anderen Kameraden?
"Schlafen", antwortete ich.

 

Hallo Nicole,

zwar bin ich völlig ahnungslos über das, was da eigentlich wirklich geschieht in deiner Geschichte, aber ich finde sie ganz große Klasse, und zwar deshalb, weil die Leerstellen ganz offensichtlich beabsichtigt sind, du nur andeuten möchtest, nur ganz undeutlich, aber dafür umso bedrohlicher eine Welt aufzeigst, in der sich niemand mehr sicher sein kann, jede(r) stets gefährdet ist, keine eigenen Entscheidungen mehr möglich zu sein scheinen. Das waren so meine Gedanken nach dem Lesen der Geschichte.

Ein winzig kleine Kritik "Gruppenführer Herrman Hinrichs". Rangbezeichnung und Namen wecken in mir starke Assoziationen zum Nationalsozialismus. Sicher ist das Bedrohungszenario auch in dieser Richtung angelegt, hier wird es mir aber zu deutlich im Vergleich mit dem Andeutungsmuster, das du sonst in dieser KG verwendest.

Sonntäglichen Gruß, Platoniker

 

Hallo Platoniker,

herzlichen Dank für das Lob ... hmm, dass der Plot schwer verständlich ist, dachte ich mir eigentlich schon, bevor ich weitere Erläuterungen abgebe, warte ich mal besser den Sturm der Kritik ab, der vermutlich hereinbrechen wird.

LG,

N

 

Hallo Nicole,

wieso Sturm der Entrüstung? Die Geschichte ist gut geschrieben und ich habe sie gern gelesen. Allerdings stehe ich ebenso wie mein Vorredner etwas auf dem Schlauch. Spielt die Geschichte in einer nicht näher definierten Zukunft? Zumindest lese ich eine Menge Gesellschaftskritik heraus. Insofern ist vielleicht einzig und allein die Rubrik nicht gut gewählt? Wäre SciFi nicht angemessener?

Textkram

Einmal wird aus dem (unvermeidlich) violetten Nebel ein rosaroter Nebel. Ich bin ja nicht so bewandert in Farbenkunde, aber violett und rosarot sind doch zwei unterschiedliche Farben, oder? Mit violett verbinde ich eher ein etwas in bläuliche gehende Rot. Und nicht rosarot.

stellte ich mit sarkastisch fest.
stellte ich sarkastisch fest. Oder: stellte ich mit sarkastischer Stimme fest.

Ein oder zwei Kommas könnte man sicher auch noch setzen, aber ich habe mir die Stellen nicht markiert (was auch wieder für die Qualität des Textes spricht).

Gern gelesen. Auf die "Auflösung" bin ich gespannt.

Gruß
George

 

Hallo George,

tja das SF-Thema ... im Prinzip kann die Geschichte SF als aufgefasst werden, weil es (meines Wissens nach) bis dato nicht möglich ist, Gedankengänge zu programmieren. Ansonsten spielt sie in der Gegenwart, was mir sehr am Herzen lag. Die Reaktion der typischen SF Klientel auf eine derartige Geschichte kann ich mir vorstellen :D ... die impliziten Vorgaben sind relativ eng, was SF ist und was nicht.

Im Prinzip wäre auch die Rubrik Gesellschaft eine denkbare Zieladresse und damit sind wir beim eigentlichen Inhalt.

Da haben wir einen Protagonisten, den ich irgendwo in der rechtesten Ecke unserer Gesellschaft ansiedeln würde. Um ihn herum gibt es eine Organisation, eine Kameradschaft, was auch immer, jedenfalls eine Reihe Gleichgesinnter. Und es gibt ein Experiment, an welchem er (bewusst) teilnimmt. Das Experiment geht in Richtung politischer Umerziehung (s.Titel).

Der Verlauf des Experimentes wird von seinen Kameraden überwacht und die Geschichte steigt an der Stelle ein, wo sich abzeichnet, dass die "Umprogrammierung" vielleicht doch möglich ist ...

Mir ist klar, dass dieser relativ komplexe Plot nicht ohne weiteres aus der Geschichte herauszulesen ist, dachte aber dennoch für alle genannten Punkte genügend Hinweise versteckt zu haben ...


Danke fürs lesen und gut finden.

LG,

N

 

hallo Nicole,

die Einordnung in "Alltag" finde ich völlig in Ordnung, denn SF, da hast du recht, folgt so engen Vorgaben, dass die KG dort fehl am Platz wäre. Vieles deutet ja darauf hin, dass wir nicht allzu weit von dem Bedrohungsszenario entfernt sind, dass du beschreibst. Und Gedankenprogrammierung findet ja durchaus statt, nur eben etwas subtiler und unterschwelliger als in deiner KG. Und noch kann man sich dagegen wehren. Nur tuns halt viele nicht ..., sonst hätte eine ganz bestimmte Tages"zeitung" in der Bunderepublik nicht so viele Leser.

Die "Auflösungen", die du anbietest, konnte man ohne weiteres aus der Geschichte herauslesen, aber genau das fand ich so toll an der KG, dass es bei diesem angedeuteten blieb und bleibt ...

mit bestem Gruße, Platoniker

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Nicole,

während dem Lesen rätselte ich auch. Ich muss schon zugeben, dass mich dieses Nicht-ganz-Durchblicken etwas unbefriedigt zurückläßt. Ich mag schwammige Geschichten nicht so gerne, da sie bei mir auch den Eindruck hinterlassen, der Autor hat keine genauen Recherchen betrieben, beschreibt zwar Handlungen, läßt aber Details außen vor, an denen ich mich als Leser etwas orientieren könnte.

So lese ich mich etwas im luftleeren Raum durch die Geschichte und kann ihr vor lauter Fragezeichen nicht zuviel abgewinnen, weil ich keine eigene Position einnehmen kann, um sie wirken zu lassen, wenn sie auch in Szenen gut ist. Aber das Handwerkliche (was nicht schlecht war) fällt bei mir völlig hintenraus, da ich zu sehr am Inhalt rumüberlegte :dozey:

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo Bernadette,

danke für deinen Kommentar.

ch mag schwammige Geschichten nicht so gerne

Da sind wir einer Meinung und du hast damit sicherlich den wunden Punkt der Geschichte getroffen. Als Konsequenz aus deinem berechtigten Einwand habe ich einige Ergänzungen vorgenommen, in der Hoffnung dass nachfolgende Leser sich vielleicht etwas besser zurecht finden.

Vielleicht einige wenige Erläuterungen (nicht Entschuldigungen) zur Entstehungsgeschichte der Story:

Ein Teilsaspekt war, auszuloten, wie viele Handlungsebenen die Leser trennen können, ohne konfus zu werden.

Grundmotiv der ganzen Geschichte sollte die ständige Veränderung der Realität sein. Es gibt die Teile, die im Präsens stehen und das wiedergeben, was der Prot als seine Wahrnehmung schildert. Die Rahmenhandlung der "gedanklichen Umprogrammierung" (Imperfekt) führt dazu, dass die geschilderte Realität relativiert wird, er also als Wahrheit schildert, was nicht echt ist. Hinzu kommt als dritte Ebene das bewusste Lügen des Prot. und sein Doppelleben als scheinbar reumütiger Skin ... War wohl in Summe etwas viel des Guten. Vielleicht bin ich aber auch versaut von einer vor kurzem gelesenen Gruselgeschichte von E.T.A. Hoffmann, deren Plot noch bei Weitem verworrenener ist.

Also alles in allem ein Experiment. Danke für die Rückmeldung bezüglich Ausgang. Dass mir wenigstens der handwerkliche Teil halbwegs gelungen zu sein scheint, freut mich.

LG,

N

 

die Cola säuftund Burger frisst.

Hallo Nicole,

bei dem Supervisor, den Du eingangs beschreibst, dachte ich an Scientology und dachte es, bis Du die arische Blondine beschreibst. So passt für mich auch der Gruppenführer Herrman Hinrichs, auch wenn der Schwenk zu den Nazis mir im Vergleich zu Scientology nicht so gefällt.

Doch die Geschichte liest sich sehr flüssig, dabei ohne Längen, mit Spannung und Tiefe. Hat Spaß gemacht zu lesen, auch wenn ich das Ende nicht gelungen finde. Weil ich insgeheim gehofft habe, daß der Gruppenführer fragt ""Verdammt, Bernhard..."
Oder eine Erklärung, oder ein offenes Ende. Doch so liest es sich wie abgeschnitten, angesichts der gelungenen Storyline und dem guten Leseerlebnis finde ich das schade. Da wäre mehr drin.

Grüße,
C. Seltsem

 

Hallo C. Seltsem,

danke für deine wohlmeinenden Worte ... Die Scientology Idee ist gut! Richtig gut (und leider nicht von mir), liesse sich vielleicht sogar mit dem Rest verheiraten ... zwei Fliegen auf eine Klappe, muss mal drüber nachdenken.

Tja und das Ende? Da habe ich lange mit mir gehadert. Offener Schluss war meine favorisierte Alternative oder auch dass Eric die Waffe wegwirft und es nicht übers Herz bringt, seinen Freund zu töten.

Aber irgendwie dachte ich mir, das kann ich nicht bringen, so einen Protagonisten einfach überleben zu lassen, als wäre nichts geschehen. Dafür war er mir zu zweideutig, zu sehr auf der schwarzen Seite des Lebens. Verstehst du das?

Eine Erklärung als Schluss? Schniefz, ich dachte das ist die Erklärung ... Muss gestehen, die Geschichte war in der Originalversion weniger deutlich. Dass Bernhard irgendwelchen militanten Extremisten zuzuordnen ist, war angedeutet, aber nicht ausgesprochen, ich habe das erst seit dem Unverständnis von z.B. bernadette eingeflickt.

Dass du mir Tiefe bescheinigst, ist das positiveste Erlebnis dieses Tages und ein Grund ins Bett zu gehen. Danke für deine Kritik.

LG,

N

 

Hi Nicole,

die Erklärung muss m.E. nicht für die Situation kommen, die ist da.
Eine Erklärung für das Setting meinte ich, für die Welt, das System in dem Bernhard und Eric und die anderen sich befinden.
Und da das vermutlich viel zu weit führen würde (für eine Kurzgeschichte), fände ich ein offeneres Ende passender.

Aber irgendwie dachte ich mir, das kann ich nicht bringen, so einen Protagonisten einfach überleben zu lassen, als wäre nichts geschehen. Dafür war er mir zu zweideutig, zu sehr auf der schwarzen Seite des Lebens.
Ihn zu richten am Ende ist in Ordnung, doch ein zu der Geschichte passendes Ende, ob offen oder wertend, ob für oder gegen, mit oder ohne, so ein Ende hat sie verdient.

Grüße,
C. Seltsem

 

Hallo C. Seltsem,

danke nochmals für deine Rückmeldung. Habe deine Anmerkung aufgegriffen und dem Werk einen neuen Schluss verpasst.

LG,

N

 

Hallo Heiko,

danke für das gerne Lesen ... schwieriges Thema, jaja ... wäre eigentlich etwas für einen Roman, in dem sich dann auch alle die Rätsel lösen ließen. Das mit dem Puzzlestücke zusammensuchen war Absicht, sorry.

Noch eine weiter Erklärung nachschieben wollte ich nicht. DIe Geschichte lebt sicher aus dem ständigen vorwärts Drängen, lange Erklärungen sind da eher Gift.

Interessante Fragen, die Du angesprochen hast ... was ich mir eigentlich gedacht hatte, war eine systematische Auseinandersetzung mit dem "Feind" also ein geziletes EInschleusen eines Kameraden in einen Umerziehungsversuch, um die angewandten Methoden zu studieren. Dass das nicht klar geworden ist, sollte mich über ein paar weitere kleine Änderungen nachdenken lassen ...

LG,

N

 

Ich habe es ebenfalls nicht kapiert. Lohnt es sich, Dechiffrierungsversuche anzustellen? ;)

 

Hallo Fritz?

Lohnt es sich, Dechiffrierungsversuche anzustellen?

Oh je, das ist eine philosophische Frage. Was lohnt sich schon in dieser Welt, außer Glühwein trinken? ;)

Fragen wir lieber mal so: Was willst du dechiffirieren?

Vielleicht habe ich aber auch gelernt, dass ich besser keine Krimis schreiben sollte in welchen es zwar keine Leiche, aber offene Fragen am Schluss gibt ...

LG,

N

 

Liebe Nicole,

ich gestehe, ich habe von der Geschichte beinahe nichts begriffen. Irgendein Supervisor (was ist das für ein Jemand?) macht ein Experiment mit irgendeinem rassistischen Hintergrund. Dann ist es zu Ende, und Eric taucht auf, und am Ende will er den Protagonisten erschießen. Mir fehlt hier nicht nur der Zusammenhang.
Noch habe ich die anderen Antworten nicht gelesen, mal sehen, ob mir dann ein Licht aufgeht. Ingesamt muss ich leider sagen, dass mir die Geschichte zu intellektuell aufgemotzt daherkommt. Ich kann mich mit nicht einer einzigen Figur anfreunden, ja ich verstehe sie überhaupt nicht. By the way, mein Eindruck ist auch, dass du irgendwelche Probleme damit hast, dass es unterschiedliche ethnische Hintergründe bei uns Menschen gibt. Das fällt mir eben nicht nur in dieser Geschichte auf, bei der ja das Thema für diesen Eindruck spricht, ich denke da auch an das "Runenspiel" in der anderen Geschichte. Vielleicht bist du dir dessen gar nicht so bewusst.

Die Szenen finde ich nicht besonders gut gestaltet, weil es keine Höhen und Tiefen gibt, alles rauscht auf demselben sprachlichen Niveau an mir vorbei. Ich habe nicht ein einziges Mal aufgemerkt. Es ist alles zu glatt, zu ausgefeilt, und dabei ist dir das Herz der Geschichte verlorengegangen. Das ist, so leid es mir tut, dir das schreiben zu müssen, mein Eindruck. Aufgefallen ist mir deine doch recht eigenwillige Interpunktion, ich stolpere jedesmal, wenn ein Komma fehlt. Und das ist, glaube ich jedenfalls, kein gutes Zeichen für den Inhalt der Geschichte.

Viele liebe Grüße
Estrel

 

Hallo Estrel,

erstmal danke für deinen Kommentar. Dass die Geschichte (zu) kryptisch ist, wurde mir auch schon von anderer Stelle vorgeworfen. Ja der Ablauf ist nicht linear, es mischen sich Wahrheit, Einbildung und Propaganda, ich muss zugeben, der Leserschaft damit einiges abzuverlangen.

Aus dem zeitlichen Abstand betrachtet, habe ich mir vielleicht für eine einzelne Kurzgeschichte zuviel vorgenommen, o.k. In diese Richtung geht wohl auch dein Vorwurf "intellektuell zu aufgemotzt" oder "zu glatt".

mein Eindruck ist auch, dass du irgendwelche Probleme damit hast, dass es unterschiedliche ethnische Hintergründe bei uns Menschen gibt.

Wenn du es so formulieren willst ... Meine Sichtweise ist, dass ich mich mit diesen unterschiedlichen Hintergründen auseinandersetze und zwar nicht nur in der Form von Nebenfiguren, die inkorrektes Deutsch von sich geben.

Entschuldige bitte meine etwas empfindliche Reaktion in diesem Punkt. Wenn es auch nicht offensichtlich zu sein scheint, die Vielschichtigkeit des Begriffes Wahrheit ist einer der zentralen Aspekte dieser Geschichte.

Schönen Tach noch,

LG,

N

 

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