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Thema des Monats RIP Lounge Saint-Tropez

Beitritt
06.06.2005
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RIP Lounge Saint-Tropez

„Dolore! Ich möchte bitte, dass Sie es Dolore aussprechen! Ist das denn so schwer?“
Du dumme Sau! Wie sprichst du mit mir?
„Ja, gnädiges Fräulein, ich werde mein Bestes geben.“
„Ich werde heute Abend im Clob erwartet und brauche noch die richtige Garderobe!“
Was soll das heißen, du Fotze, Clob? Kannst du nicht Club sagen, wie jeder andere auch?
„Ja, Madame Dolore, da sind Sie bei uns genau richtig, wir haben die neuesten Kollektionen, frisch aus Pari eingetroffen.“
„Pari, was soll das sein?“ Das Sprechen fällt ihr noch schwer, zu frisch sind die Narben an den bockwurstähnlich aufgespritzten Lippen.
„Paris, Madame. Die Stadt der Prêt-à-porter und l`amour!“
„Haben Sie auch Pelz im Angebot?“
„Aber selbstverständlich, Madame Dolore! Frisch geerntet und bearbeitet von Jean Jaque Blonques, eingefärbt mit Himbeerfondant und ...!“
„Ja, zeigen Sie schon her!“ Ich reiß dir deine Visage in Stücke, du Drecksau!

Mein Name ist Raffaele und ich bin Verkäufer im Chez nous avec l`oeuf, einem der teuersten und angesagtesten Läden dieser Stadt, die außer teurer und angesagter Läden nicht wirklich viel zu bieten hat.
Wie Sie vielleicht bemerkt haben, ist es für mich nicht einfach mit dieser Art Klientel umzugehen, zu sehr verabscheue ich sie und ihre Lebensweise.
Sie werden sich jetzt fragen:
„Warum arbeitet der Raffaele denn dann für diese Leute?“
Darauf kann ich nur antworten:
„Manchmal hat man halt keine Wahl.“
Jetzt steht diese Frau vor mir, deren Plastikvisage in keinem Verhältnis zu ihren knochigen, mit Altersflecken übersäten Händen steht und legt genau dieses Verhalten an den Tag, das mich über die Jahre zu dem gemacht hat, was ich heute bin. Ein Wrack, aber gut im Geschäft.
Kehren wir nun aber zurück zum Geschehen.

„Ja, zeigen Sie schon her!“ Ich reiß dir deine Visage in Stücke, du Drecksau!
„Ich reiß dir deine Visage in Stücke du Drecksau...!“
Meine Bewegung erstarrt. Das war’s dann wohl.
Ich meine, eine Regung in ihren Wurstlippenwinkeln beobachten zu können, auch leichte Zuckungen zeigen sich an den Rändern der Botox-gebügelten Stirn.
„Hol mir auf der Stelle deinen Geschäftsführer, du Wicht!“, zischt sie durch ihre gebleichten Zähne.
Cherry hat sich heute frei genommen, ich bin alleine im Laden.
„Wenn Sie mir bitte folgen möchten.“
Ich führe sie vorbei an den Kabinen, Regalen und Auslagen in den Bereich der Geschäftsführung, wo die V.I.P. Kunden versorgt werden.
„Kann ich Ihnen eine Glas Chateau Flute anbieten, während Sie hier warten?“ Ich presse sie in einen der antiken Sessel, die unsere Kundenlounge zieren.
„Das ist das Mindeste, was du tun kannst, Arschloch!“
Ich öffne die Flasche mit dem gewohnt eleganten Plopp, setze an und leere sie zur Hälfte.
„Hey, was soll ...“
Sprechen fällt anscheinend schwer, wenn sich die eigenen Mandeln auf dem Grund einer Champagnerflasche befinden.
„So, der 65er Flute für die Dame.“
Ich ziehe die Flasche mit einem Ruck wieder aus ihrem Hals und stelle zu meinem Vergnügen fest, dass ihre Lippen nicht gehalten haben.
„Das ist aber keine gute Arbeit, Gnädigste!“ Ich streife die bepinselten Silikonwürste vom Flaschenhals und sie gesellen sich freundschaftlich zu dem blutigen Zahnbruch auf dem handgewebten Perser. Sie stößt gurgelnde Laute aus, die mit Artikulation nicht mehr wirklich viel zu tun haben.
„Das sieht nicht gut aus, wirklich nicht.“
Ihre Augen haben sich anscheinend im Schreck zu plötzlich geweitet, ihre Lider sehen beschädigt aus.
„Ich denke, ich sollte sie dir abnehmen, Dolores. Das kann ja keiner mit ansehen.“ Ich suche nach der Schere, während sie benommen versucht, aus dem Sessel zu entkommen, was ihre weichen alten Knie zu verhindern wissen. Sie versucht es auf allen Vieren, kommt aber nicht weit.
„Dolores, so geht das nicht, so kann ich einfach nicht arbeiten!“ Ich trete ihr mit voller Wucht ins Gesicht, was ihren Hals eine neue Stellung lehrt. Bei dem entstandenen Anblick muss ich kichern.
„Operation geglückt, Dolores. Du kannst jetzt ohne Spiegel die Flecken auf deinem Rücken zählen!“
Sie erbricht blutigen Schleim auf ihre Schulterblätter, bevor ihre Knochen nachgeben und sie in sich zusammensackt. Der Rest ist Routine ...

Das Läuten an der Tür reißt mich aus meiner Arbeit.
„Ich komme!“
Am Tresen steht mein bester Kunde. Sein riesiger, haariger Kopf stößt fast an die Decke des Ladens, sein markanter Duft erfüllt den Raum und seine Stimme,
„Ist er fertig?“, lässt das Inventar erzittern.
„Ja, so gut wie. Es gab diesmal einige Probleme mit dem Material. Zuviel Synthetik!
Wir können aber mal eben anpassen, nur die Kapuze muss ich noch anarbeiten.“
„Ja, machen Sie schnell bitte. Ich brauche ihn, es kann jeder Zeit anfangen zu regnen!“
Ich eile in die Werkstatt, um den Mantel zu holen.
„So, hier haben wir das gute Stück, Modell Dolore. Absolut wasserdicht, saubere Verarbeitung, eine kräftige Tasche mit Lippensaum zum Schutz vor Regen, Kollagen imprägniert und nahezu faltenfrei. Lediglich im Gesäßteil wurde bei der Preproduktion ein bisschen gepfuscht, da können wir Ihnen preislich aber etwas entgegenkommen.“
„Ja, sehr schön, Rafaelle! Wie immer gute Arbeit!“ Beim Blick auf die hohle Visage hält er kurz inne.
„Die Verarbeitung der Kapuze gefällt mir allerdings nicht so sehr! Lässt sich da was machen?“
„Tut mir Leid, das ist die Zucht, da kann ich nichts dran ändern!“
Mein Lieblingskunde zögert, dann stimmt er doch zu, mir fällt ein Stein vom Herzen.
„Bon, Morgen können Sie das Stück abholen lassen. Es wird zu Ihrer vollsten Zufriedenheit sein.“
„Da bin ich mir ganz sicher, Rafaelle."
„Beehren Sie uns bald wieder, Monsieur Vison!“
Ich mache mich eilig an die Bearbeitung der Kapuze. Morgen früh steht Cherry wieder hier im Laden und sie sollte besser nichts von meinen kleinen Nebengeschäften erfahren ...

Sie fragen, ob ich denn keine Gewissensbisse habe ... Ich sage, nein.
Warum auch?


T.d.M. Juni: Geld bewegt die Welt

 

Hi Herr Bolderson!

:lol: :baddevil: Sehr schön!
Wollte erst kritisieren, dass es teilweise doch etwas kurz angebunden ist, aber bei genauem Hinsehen steht da doch einiges zwischen den Zeilen (die Nebengeschäfte, von denen Cherry nix erfahren darf, "der Rest ist Routine"). Die snoddrige Sprache im Kontrast zum Snob-Französisch passt perfekt, alle Achtung.

Insgesamt sehr unterhaltsam!

Viele Grüße,
Seaman

 

OMG! Das ist wirklich böse. Besonders gefällt mir der Verzögerungseffekt, dass Du etwas nebenbei beschreibst und mir als Leser fällt erst einen Moment später auf, was da gerade passiert ist. Großartig! Widerlich!

<ö_Ö> Naut

 
Zuletzt bearbeitet:

hey Naut,

Ah, OMG! Musste doch etwas überlegen was das heißt. Jetzt weiß ichs und es ist gut. :D
es war schon überfällig, mein Hassobjekt No1, die selbsternannte High-Society musste ihr Fett wegkriegen. scheint zumindest in seiner Fiesheit gelungen. das freut mich.

hier noch einen für Ohoven, Ludowig und den Millionär am Strand von Ibiza der mich gestern bei Explosiv nachträglich nochmal in meiner Abneigung bestärkt hat. Da! :aua:

beste grüße
=[-_-)=
krill

 

Bonjour Monsieur Bolderson!

Ich bin selber überrascht, aber deine neueste Kg hat mir wirklich gut gefallen.

Der Prot. ist ein zynischer sadistischer Schleimer, mit anderen Worten, ein typischer Angestellter in der freien Wirtschaft. Was er mit der "getunten" Kundin anstellt, ist zwar mal wieder völlig over the top, aber daür scheinst du ja ein Faible zu haben. :aua:

Die Pointe hat mich etwas an "Das Schweigen der Lämmer" erinnert, was aber in Ordnung geht. Absolut unglaubwürdig fand ich jedoch die abschließende Erklärung mit dem heimlichen Nebengeschäft. Der Prot. geht ja nicht gerade vorsichtig zu Werke und Cherie müsste davon in jedem Fall Wind bekommen haben (Blutspuren etc.).

Und der Kunde hat doch nicht wirklich vor, das "Ding " in aller Öffentlichkeit zu tragen, oder?

Gruß, Marvin

 

hey marvin,

freut mich natürlich besonders, dass ich meinen schärfsten kritiker halbwegs zufriedenstellen konnte.

Und der Kunde hat doch nicht wirklich vor, das "Ding " in aller Öffentlichkeit zu tragen, oder?
In dieser Szene ist alles möglich. :D

Over the top ist, wie du richtig erkannt hast, mein ding. leichte logische abweichungen von der realität sind da nicht auszuschließen. :)

Mal sehen, ob jemand noch etwas genauers über den kunden herausfindet.

danke dir jedenfalls fürs lesen

beste grüße
=[o_-]=
le Bolderson

 

Monsigneur Bolderson,

daß mich mal was in die Horror-Abteilung locken kann...

Ich presse sie in einen der Antiken Sessel, die unsere Kundenlounge zieren.
antiken Sessel

Ich suche nach der Schere, während sie versucht benommen aus dem Sessel zu entkommen
versucht KOMMA benommen

„Da bin ich mir ganz sicher Rafaelle, das Finanzielle regeln wir dann wie immer per Überweisung.
ist mir zu unpassend, wenn die beiden regelmäßig ihren Deal haben, brauchen dermaßen profane Dinge nicht mehr geklärt werden, ich würde einfach das "per Überweisung" unter den blutigen Teppich fallen lassen, passt gut zu den Zahnresten.

Beim Blick auf die hohle Visage, hält er kurz inne.
kein Komma

Ich sage, Nein.
entweder Doppelpunkt oder das Nein klein. Und das Komma weg.

Hat mir gefallen, diese Geschichte. Derbe Sprache und Bilder, gut überzeichnet und damit auf den Punkt platziert, das wirkt.
Besonders gut gefällt mir die versachlichte Beschreibung der Ware seitens Raffaele, das ist ein excellent beschriebenes Stück Realzynismus.
Gelungen, und wieder nix mit dem Verriss 8-)

Stößchen,
Clob Seltsem

 

ohhh kein verriss! quatsch, freut mich natürlich.

ist aber schon dein zweiter abstecher in diese abteilung monsieur Seltsem. (bringe das "Hallo" ausnahmsweise mal hier unter)

habe deine verbesserungsvorschläge allesamt verwandelt.
mit dem zahlungsverkehr hast du natürlich volkommen recht, habe ich ersatzlos gestrichen. sowas kommt ín den kreisen nicht vor.

mille gracie, merci, thank you, smörg vallöm und
grüße aus dem hexenkessel
le Bolderson

 

Hallo krilliam,

eine bitterböse Geschichte, gut geschrieben, die man einfach so weg lesen kann. Ich hoffe es beleidigt dich nicht wenn ich dir bescheinige, dass man deiner Schilderung eine gewissen Leichtigkeit anmerkt. Der schwarze Humor ist deine natürliche Umgebung - so kommt es bei mir an, beschwingt & unterhaltsam.

Die Idee ist vom Grundsatz und ihrer Umsetzung sehr originell. Die Geschichte geht unter die Haut ... hähä

Grüße von Rick

 

Moin Rick,

bescheinigte leichtigkeit war für mich noch nie ein grund beleidigt zu sein. :D

freut mich, was du schreibst!

schwarz und kräftig aber mit einem tropfen sahne und einer priese zucker.
das ist zwar nicht der kaffee wie ich ihn trinke, aber wenn ich ihn mit humor wie ich ihn schätze vergleichen müsste, dann wäre er so.

Die Geschichte geht unter die Haut
:lol:
da hab ich mir ein dickes fell zugelegt

danke dir Rick

beste grüße
=[-_-]=
le Bolderson

 

hallo krilliam

Dolore! Ich möchte bitte, dass sie es Dolore aussprechen! Ist das denn so schwer?“
sie in anreden groß

Sie werden sich jetzt fragen,
„Warum arbeitet der Raffaele denn dann für diese Leute?“
Darauf kann ich nur antworten,
„Manchmal hat man halt keine Wahl.“
: statt ,

„Ja, zeigen Sie schon her!“ Ich reiß dir deine Visage in Stücke du Drecksau!
„Ich reiß dir deine Visage in Stücke du Drecksau...!“
Ich erstarre in meiner Bewegung. Das war’s dann wohl.
Ich meine eine Regung in ihren Wurstlippenwinkeln beobachten zu können, auch leichte Zuckungen zeigen sich an den Rändern der Botox - gebügelten Stirn
nicht alle sätze mit ich anfangen bitte

„Ja, machen sie schnell bitte. Ich brauche ihn, es kann jeder Zeit anfangen zu regnen!“
sie groß. es ist nervig und macht beim schreiben keinen spaß, darauf zu achten.

das ist genau der trash, den ich erwarte. es hat hier diesmal sogar hintergrund, auch politisch, wenn man soweit gehen möchte.

gut gemacht!

besten Gruß

 

Hey Aris,

danke für die anmerkungen, hab ich soweit erledigt, hoffe ich habe alle Sies angeglichen. nervt wirklich der scheiß, aber was will man machen.

freut mich, dass du es gut fandest!!!

beste grüße
le Bolderson

 

Die Stadt der Prét à Portez und l`amour!"
also dochn Franzacke ... ;) Was heißt des?
Chez nous avec l`oeufs
Bei uns mit den Eiern? GIbt irgendwie keinen Sinn; da mein Französisch aber ein Witz is, kann ich mich irrn. Was heißts?
Lediglich im Gesäßteil wurde bei der Preproduktion ein bisschen gepfuscht
bei der was?

Hi krilliam,
hat mir eigneltich gefallen. Eigentlich. Denn ich checks net. Hat er die Frau jetz als Regnmantel verkauft? Hä? Kann net sein. Denn da steht ja, dass er bis fast an die Decke reicht, also wär er etwas zu groß dafür.

Außerdem: Wenn der Prot diese Nebengeschäfte macht, warum fragt er sich dann anfangs panisch, was er machen soll, weil Cherry net da is ... mehr, mehr, mehr systeriös ...

Ein rätselnder
Tserk

P.S: Fehlerliste kommt per PN.

 

hi Tserk,

kein franzose, eher halbdeutscher mit vagen französischkenntnissen.

prete a portez sind die laufstege, mode blah blah. l´amour ist die liebe.
der kunde ist zwar groß aber schmal, schau mal nach was vison bedeutet, dann kannst du dir seine form ungefähr vorstellen.

dein zweiter einwand passt! ich kuck mal ob ich das logischer gestalten kann.

danke fürs lesen und rätseln, die fehlerliste arbeite ich später ab.

beste grüße
krilliam Bolderson

 

hey Tserk,

ach du meintest das!

Chez nous avec l`oeufs
was das heißt, weiß ich nicht, kam mir spontan in den sinn, aber du könnteset recht haben mit bei uns mit den eiern.

habe den 1 part mit cherry gestrichen, erscheint jetzt logischer. Fehler sollten jetzt auch raus sein.

beste grüße
krilliam Bolderson

 

Bonsoir, Monsieur krilliam!

Was für eine schaurig gute Geschichte! Das Verhalten besagten Gesockses schreit förmlich nach Maßnahmen der besonderen Art. Auch mir sind Typen, wie Dolores immer wieder ein Dorn im Auge, und die Idee, solcherlei imprägnierte Hüllen anderweitig zu verwenden, hat was. :D

Schön giftig, das zweispurige "Gespräch" mit der Dame! Der Name des Kunden Vison lautet übrigens übersetzt -> Nerz (a. Pelz), was dem Ganzen eine weitere Würze verleiht.

Wo wir bei fremdsprachlichen Kleinigkeiten sind:

Prét à Portez
-> Prêt-à-porter
und (falls ich in der Schule ausnahmsweise aufgepasst habe):
Chez nous avec l`oeufs
-> Chez nous avec l´oeuf (bei uns mit dem Ei) oder Chez nous avec les oeufs (bei uns mit den Eiern)

Ach ja:

... eine kräftige Tasche mit Lippensaum ...
*looooooooool*

Gerne gelesen!


Ciao
Antonia

 

Hi Antonia,

freut mich was du schreibst!

es ist, wenn man dornen im auge hat, immer gut verbündete zu haben.:D

deine französisch tipps habe ich dankend angenommen, es ist jetzt chez nous avec l´oeuf, klingt besser in meinen ohren.
vielleicht glaubt Tserk mir ja jetzt, dass ich kein franzose bin.

100 punkte gibt es noch für das auflösen des nerz rätsels! :thumbsup:

danke dir fürs gerne gelesen haben

beste grüße
krilliam Bolderson

 

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