Roberts Welt
Es war drei Uhr nachts und die Straßen schienen wie ausgestorben.
„Hallo“, grüßte Robert einen Passanten, „Wo geht es denn hier zum Bahnhof?“
„Stör mich nicht!“ antwortete der Passant, und grummelte vor sich hin. Robert reichte ihm die Hand, um sich für die Info zu bedanken.
Er überquerte an einer Ampel die Straße. Die Ampel schaltete in dem Moment, als er einen Fuß auf die Straße setzte, auf Rot. Sofort hielt ihn ein Polizist, der wie aus dem Nichts gekommen zu sein schien, an.
„Sie sind bei Rot über die Straße gegangen, das kostet Bußgeld!“ wies er Robert zurecht.
Robert schaute ihn mit bedrücktem Gesicht an.
„Ach seien sie doch nicht so. Die Ampel war grün, als ich die Straße betrat.“
„Die Ampel war rot!“ schrie der Polizist.
„Aber nein, ich....“ Robert suchte ein paar entschuldigende Worte.
„Reden Sie nicht! Sie kommen jetzt mit ins Revier. Dort werde ich Ihnen eine Videoaufnahme zeigen von ihrem Verkehrsdelikt.“
Robert folgte ihm misswillig. Der Polizist führte ihm einen Film vor, in welchem Robert zu sehen war, wie er die Straße betrat.
„Sehen Sie, ich war mit dem rechten Schuh schon über der Straße“, versuchte er den Polizist zu überzeugen, „ich bin also bei grün hinübergegangen.“
„Nix da!“, widersprach der Polizist, „Sie müssen mit dem Oberkörper über der Straße sein, um nicht mehr umkehren zu brauchen, und der Schwerpunkt des Oberkörpers ist noch nicht auf der Straße“
Der Polizist lächelte siegessicher.
„60 Euro bitte!“ forderte er.
Doch Robert erzählte ihm, dass er sich auch mit dem Gesetz auskenne.
„Ein Fuß reicht aus, um nicht umkehren zu müssen,“ behauptete er, „da bin ich mir sehr sicher. Schauen Sie doch nach!“
Der Polizist holte einen Gesetzesband hervor. Tatsächlich stellte er fest, dass Robert recht hatte, und ein Fuß, der über der Straße war, ausreichte, um nicht mehr umkehren zu müssen.
„Ach, nun seien Sie doch nicht so“, flehte ihn der Polizist an. „Geben Sie mir doch bitte das Geld. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder so pingelig wäre wie Sie. Dann würden ja nur noch Rechtsstreite entstehen. So genau darf man das doch nicht nehmen.“
Robert überlegte einen Moment, blickte in das traurige Gesicht des Polizisten, der ihm sichtlich leid tat.
„Nein!“, sagte er dann jedoch hart und verließ die Polizeistation.
„Korinthenkacker!“ hörte er den Polizisten aus dem Fenster rufen, „seien Sie doch nicht so borniert.“
Er beleidigte ihn noch weiter, bis sich ein Fenster in der über der Polizeistation gelegenen Wohnetage öffnete.
„Ruhe!“ brüllte jemand hinaus.
Der Polizist bezeichnete den Ruheschreier als Arschloch und nächtlichen Störenfried. Ein heftiger Streit entbrannte. Robert machte sich indes aus dem Staub. Er überlegte, ob er etwas zu hart zu dem Polizisten gewesen sei.