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Rot
Das T-Shirt klebte an meinem Körper. Es war so unvorstellbar heiß in dieser Halle. Dann sah ich den Ring und die Menschenmenge, die sich um ihn herum versammelt hatte.
Das mussten ein paar tausend Menschen gewesen sein.
Und dann dieser unvorstellbare Lärm. Alle schrieen durcheinander und ich merkte, wie es mich juckte, als mir plötzlich wärmer wurde.
Der Ring drängte sich wieder in mein Blickfeld, als ein Mann neben mir anfing zu brüllen und grunzen. Er hob die Arme und stieß mich zur Seite, sodass ich gegen andere Menschen gepresst wurde.
Dann erkannte ich das Geschehen im Ring.
Der Kampf hatte schon begonnen, doch jetzt erst wurde alles klar. Zwei Frauen, die einen dieser Schaukämpfe vollziehen, von nicht minderem Gewicht, aber von verschiedenem Kaliber.
Eigentlich interessieren mich weder Box- noch Schaukämpfe, doch die Freikarte ablaufen lassen, wäre auch verschwenderisch gewesen. Vor allem diese Schaukämpfe langweilen mich, da es nur unnötig propagierte Gewalt ist.
Das Drehbuch sah heute vor, dass die Kleinere der Kämpferinnen verlieren sollte. So wurde sie zum Spielball der Größeren und mit ihr wurde gespielt. Wie die Katze mit einer Maus.
Nach Zehn Minuten schließlich fiel die Kleinere auf den Ringboden und hatte Blut am Mund. Doch der Kampf brach nicht ab. Sie blutete immer mehr und ihr ohnehin schon breitere Körper quoll auf.
Dann plötzlich lag sie auf dem Boden.
Regungslos.
Ihr Körper sah aus, als sei er in sich zusammengefallen.
Geschlagen.
Geschunden.
Halb tot.
Ich wurde plötzlich aus meinem Erstaunen entrissen, als ich die Monotonie bemerkte, die um mich herum herrschte. Es war wie in Zeitlupe. Die Menschen hoben ihre Arme und stießen sie nach oben in gleichem Rhythmus. Auch ihre Münder bewegten sich gleichzeitig. Die ganze Halle bebte und mir wurde schlagartig kalt, als ich vernahm, was sie riefen.
Wie kleine Kinder, die sich um eine Schlägerei auf dem Schulhof versammeln und ihrem Kandidaten zujubeln. Doch sie hatten keinen Kandidaten. Alle riefen dasselbe immer und immer wieder:
“TÖTEN, TÖTEN, TÖTEN!“
Die Größere kletterte auf einen Pfeiler des Ringes und genoss des Zurufe und den Ansporn. Dann sprang sie auf die am Boden zerklüftete, schon längst Besiegte. Es war kein Schaukampf mehr. Das grenzte an Hinrichtung.
Der Körper knackte und verformte sich und fiel immer mehr in sich zusammen.
Sie blutete nun aus allen Öffnungen ihres Kopfes.
Die gesamte Halle war im Blutrausch und sie bekamen nicht genug.
Vielleicht war es Glück, dass die Besiegte es nicht mehr mitbekam, wie sie weiterhin gedemütigt wurde, als die Siegerin auf ihr herumsprang.
Der leblose Körper platze immer mehr auf und die Haut riss. Ich wollte schreien. Gegenan. Die Veranstaltung stürzen, doch mien Mund öffnete sich nicht. Meine Beine standen still. Ich war hilflos und dem Geschehen einfach ausgeliefert. Diese Art Menschenmatsch rutschte im Ring hin- und her und der Boden wurde mit Blut gewischt, bis alles rot war.
Alles rot.
Alles rot.
Alles.
Rot.