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Roth

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08.07.2012
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Roth

Ein Windstoß bläht die Vorhänge. Ostsonne schneidet ins Zimmer. Rötlich. Kalt. Irgendwo im Halbdunkel sein Gesicht.
»Hör auf, mich anzustarren«, sage ich.
Roth lächelt, öffnet die Augen. »Du bist schön, wenn du schläfst.«
Ich schlage die Decke zurück, steige benommen aus dem Bett, halte inne. Auf den Dielen wieder tote Nachtfalter. Sie knistern unter meinen Füßen, als ich ins Badezimmer gehe.
Wasser, eiskalt, rinnt über meinen Körper. Ich plane den Tag, versuche, die Teile des Puzzles zusammenzusetzen.
»Heute den hier?« Roth lehnt in der Tür und hält mir den Anzug von Brioni entgegen.
Ich sage nichts.
»Der steht dir gut.« Er bleckt die Zähne, ich sehe ihn an und kann den Blick nicht abwenden.


Ich drücke die E-Taste, die Kabine sackt abwärts. Im dritten Stock gibt es einen Ruck. Ich sehe Roth lächeln, als Jasmin zusteigt. Da, in der Reflexion der Aufzugtüren, das ist sein wahres Gesicht.
»Na«, sagt Jasmin, streicht sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und schaut auf die Uhr an ihrem Handgelenk. »Spät dran, heute.«
Ich nicke. »War eine lange Nacht.«
Sie schürzt die Lippen, sagt dann aber nur: »Schicker Anzug.«
»Ja, hab nachher einen wichtigen Kunden.«
Wir treten aus dem Aufzug, und sie berührt flüchtig meinen Arm. Ich atme den Duft ihres Parfüms ein. Der Concierge eilt herbei. »Ihr Wagen wartet, Frau Erickson.«
»Die Muschi riecht gut«, sagt Roth, als Jasmin in das Taxi steigt.


Ein schiefes Lächeln, eher Ekel als Belustigung – mehr hat mein Vater nicht zu sagen, als er die Axt in meiner Hand sieht. Mit einem Knirschen fährt das Blatt des Spatens in die Erde. Mein Vater streift die Arbeitshandschuhe ab, streckt den Rücken. Ich rieche den Geruch des Waldbodens. Totholz, Farn und Moos dünsten in der feuchten Hitze des Spätsommers. Eine Weile schweigen wir.
»Diese Jagdhütte gehört unserer Familie seit vier Generationen«, sagt er irgendwann. Er steckt sich eine Zigarette an. »War mal das Land der Roten, hat mir dein Großvater erzählt.«
Er schaut mich an. »Blackfoot, Crow – was weiß ich.«
Ich gehe ein paar Schritte auf ihn zu.
»Hatten hier eine Bestattungsstätte, sagte er. Als Kind habe ich mir nachts fast in die Hosen gepisst.«
Ich hebe die Axt. »Ich weiß, dass du sie getötet hast.«
Er schüttelt den Kopf, zuckt die Schultern. »Klar, dass du mir die Schuld gibst. Du bist jung.«
»Nein«, sage ich. »Du redest dich nicht raus.«


Brendler sinkt in die Polster des Sofas und richtet seine Krawatte. Die Pflanzen des Wintergartens verströmen einen zarten Dunst.
»Ehrlich gesagt, hatte ich nie vor, dieses Bild zu verkaufen«, sagt Brendler.
Wie auf Kommando schauen wir drei hinüber zur Wand.
»Aber Ihr Angebot ist … Sie wissen, dass Sie mir dabei zu viel bezahlen.«
Ich setze das Glas an die Lippen, trinke einen Schluck. Aus den Augenwinkeln sehe ich Roth neben mir, sehe die harten Züge seines Gesichts. Sehe seine schmalen Augen.
»Nun, es ist ein Werk mit einer bewegten Geschichte«, sage ich.
»In der Tat«, erwidert Brendler und in eigenartigem Ton, wie zu sich selbst: »Aber das sieht man ihm nicht an.«
Ich bemerke, dass die Fensterscheiben des Glasanbaus beschlagen.
»Wussten Sie, dass der Vorbesitzer in Majdanek umgekommen ist?«, frage ich.
Brendler schaut mich an. Es ist, als erinnere er sich an etwas weit Zurückliegendes.
»Ich …«, beginnt Brendler, spricht aber nicht weiter. Roth erhebt sich.


Im Westen setzt der Glutball der Sonne die Frankfurter Skyline in Brand. Noch immer flimmert die Luft über der Stadt, aber hier auf der Terrasse ist es kühl. Ich drücke den Knopf unter der Armlehne und justiere die Höhe der Fußstütze. Jasmin neben mir rekelt sich und nippt an ihrem Glas.
Ich betrachte ihr Gesicht im Abendlicht, betrachte ihren Hals, ihr Dekolleté. Ich würde sie gern berühren.
»Und das ist es, was du machst?«, sagt sie. »Leute finden?«
»Bin ziemlich gut darin.«
Roth steht, die Ellenbogen auf das Geländer der Terrasse gestützt, ein paar Schritte entfernt. Sein Blick ist auf einen Punkt irgendwo in der Ferne gerichtet, aber ich weiß, dass er uns zuhört.


Im Gegenlicht der Nachmittagssonne spielt ein goldener Schimmer auf ihrem Haar. Sie beugt sich zu mir herab. Küsst mich.
»Na, mein Kleiner. Wie lief es in Mathe?«
»Hm«, sage ich, ziehe den Stuhl unter dem Küchentisch hervor.
Ich beobachte sie, während sie den Tisch deckt.
»Wir haben es doch gestern geübt«, sagt sie.
Ich spüre, wie mir der Schweiß auf die Stirn tritt. Ich sage ihr, dass heute mein Kopf wie leer war, dass mich alle angestarrt haben, dass ich dachte, ich müsste ersticken …
»Schon gut, mein Liebling.« Sie legt mir die Hände auf die Wangen. Ich rieche den Duft von Kräutern und Gewürzen. »Das macht nichts.« Sie küsst mein Haar. »Bestimmt klappt es beim nächsten Mal besser.«


Ich öffne das Fenster, schaue hinaus in die Nacht, spüre seinen Atem auf meinem Nacken.
»Ich könnte es beenden«, sage ich und deute in die konturlose Tiefe. »Sofort. Hier und jetzt.«
»Und unsere Vereinbarung?«, sagt er. Ich fahre herum.
»Fick dich«, spucke ich ihm entgegen.
Er zuckt die Schultern. »Du hattest die Wahl.« Und dann noch: »Ich habe dich nie belogen.«
So stehen wir, bis der Morgen dämmert.
»Zehn für einen«, sage ich irgendwann erschöpft. »Ist das gerecht?«
»Sind doch nur noch zwei«, sagt Roth. »Das schaffst du schon.«


Ich klappe den Laptop zu. Roth sitzt mit übergeschlagenem Bein auf dem Sofa und döst, aber ich weiß, dass er mich durch die geschlossenen Augenlider beobachtet.
»Hab ihn«, sage ich. »Wenn wir jetzt losfahren, erwischen wir ihn auf dem Weg zur Arbeit.«


Die Tür ist nur einen Spaltbreit geöffnet, aber auf diesem schmalen Streifen tobt alles Grauen meiner Kindheit.
»Geh ins Bett, John«, sagt meine Mutter und legt ihre Hände beschwichtigend auf die breite Brust meines Vaters. »Du bist betrunken.«
Er schwankt ein wenig vor und zurück, dann schlägt er zu.
Meine Mutter schreit nicht. Wegen mir.
Er packt sie an den Haaren, stößt sie gegen die Wand. Er reißt ihr das Kleid vom Leib, schlägt noch einmal. Sie sinkt zu Boden, röchelnd.
Ich schließe die Tür. Das Pochen meines Herzens übertönt das Poltern im Zimmer nebenan.


Mierlings Schritte hallen durch die Tiefgarage. Ich höre das Fiepen der Zentralverriegelung und dann das Klacken der Türschlösser.
»Peter, einen Moment bitte«, rufe ich und trete ins Licht der Neonleuchten.
Mierling bleibt stehen. Irritiert sieht er zu mir herüber.
»Was wollen Sie? Ich habe es eilig«, sagt er und wendet sich zum Weitergehen.
»Es geht um Ihre Frau.«
Mierling dreht sich wieder um. »Helena? Was ist mit ihr?«
»Nicht Helena«, sage ich. »Ich meine Ihre erste Frau.«
Mierling öffnet den Mund, doch er sagt nichts.
»Ich weiß, dass Sie sie getötet haben, Peter.«
Er starrt mich an, schließt den Mund, schluckt. Er scheint nicht zu bemerken, wie Roth sich ihm nähert. Er blickt mich nur an, fassungslos, blass, verstört. Beinahe tut er mir leid.


Jasmin seufzt, sinkt zurück in die Kissen, atmet schwer. Ich sehe, wie sich ihre Brüste heben und senken, die Haut an ihrem Bauch schimmert feucht.
»Das habe ich gebraucht«, sagt sie und lacht.
Sie steigt aus dem Bett, geht zum Fenster und öffnet die Vorhänge.
»Mein Job killt mich«, sagt sie, steckt sich eine Zigarette an. »Keine Familie, kein Privatleben, kein Sex.«
Ich betrachte ihre Silhouette vor den Lichtern der nächtlichen Stadt.
»Ich geh dann mal«, sage ich, als Roth mir ein Zeichen gibt.
Jasmin zuckt die Schultern. »Kannst ruhig bleiben«, sagt sie.
Ich schüttle den Kopf. »Muss morgen früh raus.«


Die verrostete Klinge des alten Buschmessers kratzt über den Stein. Im schmierigen Wasser des Weihers steigen Blasen an die Oberfläche, ich höre, wie sie an der Luft zerplatzen.
»So wird das nichts, mein Kleiner.«
Ich zucke zusammen, fahre herum. Sein Blick presst meine Brust zusammen und, ohne zu wissen, weshalb ich das sage, stoße ich hervor: »Ich werde nicht schreien.«
Tiefe Stille durchdringt den Wald. Kein Baum knarrt, kein Vogel singt.
Er lächelt, entspannt sich und gibt mich frei. Mit seinen langen, schmalen Fingern deutet er auf das Buschmesser. »Damit verletzt du ihn nur. Wenn du ihn nicht sofort tötest, erledigt er dich.«
»Wer sind Sie?«, frage ich, noch immer schwer atmend.
»Jemand, der dir helfen kann.«
»Und wie?«
Er lacht, und selbst im Dämmerlicht des Waldes sehe ich das Weiß seiner Eckzähne, das Rot seiner Zunge.
Ich erschrecke vom Klang seiner Stimme, als er sagt: »Ich zeige dir, wie du deinen Vater töten kannst.«


»Eine süße Muschi«, sagt Roth, nachdem ich die Tür meiner Wohnung hinter mir geschlossen habe. In meinen Schläfen hämmert es.
»Ich halte das nicht mehr aus«, sage ich, gehe in die Küche, schalte den Wasserkocher an.
»Machst du jetzt Kaffee?«, fragt Roth. »Es ist drei Uhr.«
Ich sehe ihn an, sehe die Muskeln seiner Arme, die Sehnen über Hals und Brust. Die Klauen.
»Ich will das nur noch zu Ende bringen«, sage ich. »Und dann bin ich frei.«
Roth lacht, reicht mir den Laptop. »Dann ans Werk! Ich kümmere mich um den Kaffee.«
Ich atme durch. Meine Finger fliegen über die Tastatur, ich knacke ein paar Backdoors, platziere einen Wurm, lasse Algorithmen nach Informationen schürfen.
Roth stellt mir den dampfenden Kaffee hin, ich nehme einen Schluck, kippe einen weiteren hinterher.
Dann sehe ich es. Ich starre auf den Bildschirm. Die Buchstaben flimmern vor meinen Augen. Roth lehnt in der Küchentür. Ich spüre seine Blicke auf mir.
»Nein«, sage ich wie betäubt. Ich höre die Tür des Eisschranks klappen.
Roth stellt zwei Gläser auf den Tisch, gießt Wodka ein.
»Auf die Freiheit«, sagt er.


Ich klopfe an die Tür, schaue im Gang nach links und rechts.
Jasmin öffnet. »Na, hast du es dir anders überlegt?«
Ich zucke die Schultern.
»Komm rein«, sagt sie und im Umdrehen gleitet der Morgenmantel an ihr herab.
Dann steht sie im Dämmerlicht vor mir, die Vorhänge hinter ihr bewegen sich leicht im Wind.
»Worauf wartest du?«, sagt sie und lacht. »Auf einmal schüchtern?«
»Ich weiß von dem Unfall«, sage ich.
»Hm?«
»Du hast vor drei Jahren ein Kind angefahren. In Prag.«
Sie wendet sich ab, starrt aus dem Fenster.
»Du bist einfach abgehauen. Hast die Kleine liegen lassen.«
Eine Weile spricht niemand ein Wort.
»Woher weißt du davon?«, sagt Jasmin schließlich. Sie klingt erschüttert.
»Bin gut in Mathe«, sage ich leise und zusammenhangslos. Dann lauter: »Ich verstehe was von Hacking. Ich finde Informationen.«
Roth tritt neben Jasmin, lässt die schmalen Hände über ihren nackten Rücken gleiten, leckt sich die Lippen.
»Werde dich vermissen«, sagt er zu mir.

 

Hallo Friedrichard, danke für den Nachtrag, habe es korrigiert. Gruß Achillus


Hallo Geschichtenwerker!

Ich stecke da gerade in einer Zeitkrise. Ich bin zwar noch weiter am Schreiben und mein Kopf steckt voller Ideen, aber um hier einen Text einzustellen, fehlen mir einfach die Zeit und Nerven für die Bearbeitung der anschließenden Kommentare.

Ja, das kenne ich gut. Man braucht ja auch Muße, um sich dem Schreiben zu widmen. Aber es wird sich schon mal wieder eine Gelegenheit finden. Gruß Achillus


Hallo Peeperkorn, ich habe mich sehr über Deine Gedanken zur Geschichte gefreut, vielen Dank dafür!

Starke Geschichte. Die ist auch sehr stimmig erzählt, ich hatte nicht den Eindruck, der Autor verrätsle absichtlich, um mir das Leben schwer zu machen. Man muss etwas langsamer lesen als üblich, weil du sofort mit Irritationen startest und schnell mal neue Figuren ins Spiel kommen.

Hm, die Verschachtelung der Story kam tatsächlich erst beim Schreiben, war so nicht von vorherein geplant. Aber nach und nach fügte sich alles ganz gut zusammen.

Aber mir hat sich im ersten Duchgang fast alles erschlossen. Nur den Brender, da habe ich nicht mitgekriegt, was er getan hat und was mit ihm geschieht.

Brendler besitzt ein Gemälde, dessen voriger Eigentümer im KZ umgekommen ist. Obwohl es nicht explizit gesagt wird, unterstellt der Kontext, dass Brendler irgendwie unrechtmäßig an dieses wertvolle Kunstwerk gekommen ist, vielleicht hat er den Vorbesitzer denunziert …

Diese Kreuzung von Zehn kleine Mörderlein und Mephisto-Thematik finde ich sehr erfrischend. Weil du da auf Traditionen zurückgreifst, die man kennt, musst du nur sehr sparsam andeuten.

Ja, das denke ich auch hin und wieder beim Schreiben. Ich frage mich allerdings, wann wir den Punkt erreichen, wo wir uns nur noch im Referenziellen bewegen. Ich greife ja häufig bekannte Motive auf und wandle sie meinen Vorlieben entsprechend ab. Hier ist das Teufelspaktmotiv sehr dominant.

Durch die Neuinterpretation/Mischung hat man aber dennoch nie das Gefühl, Altbekanntes zu lesen. Das ist einfach ein spannender Plot, düster und atmosphärisch aufgezogen, der auch ein paar tiefere moralische Fragen ankratzt. Ja, für mich eine der besten Storys seit langer Zeit hier im Forum.

Vielen Dank für dieses tolles Kompliment. Darüber freue ich mich sehr, wie auch über Deine Empfehlung!

Deine Ideen zur Verbesserung des Sprachflusses habe ich schon umgesetzt, vielen Dank für diese Tipps.

Eine Idee noch, weil ich selbst gerade im Lektorat stecke und mich mit solchen Dingen herumschlage: Du hast alle Dialoge in direkte Rede gesetzt. Hast du dir überlegt, bei längeren Dialogen auch mal etwas indirekt zu formulieren? Ich denke, das könnte einen Text noch etwas abwechslungsreicher machen. Wobei du ja keine ellenlangen Dialoge hast. Also nur so als Anregung.

Das ist ein guter Punkt. Werde ich in meiner nächsten sicher ausprobieren. Ich denke auch, dass man den Text dann von einer gewissen Eintönigkeit befreit. Vielen Dank, Peeperkorn!

Gruß Achillus

Wird fortgesetzt …

 

Hallo,

Ostsonne schneidet ins Zimmer. Rötlich. Kalt.

Ich weiß nicht. Kann die Sonne kalt sein? Ich glaube, was du meinst, ist das Licht der Sonne, im Sinne von kaltes Licht.

Irgendwo im Halbdunkel sein Gesicht.

Es ist ja nicht irgendwo. Es ist an einem bestimmten Ort, es wird ja gesehen und somit auch fixiert, es wird an einem bestimmten Ort wahrgenommen. Ich würde da für eine präzisere Beschreibung plädieren, denn irgendwo klingt ein wenig sloppy. Vor allen Dingen, weil der Prot das Gesicht nicht suchen muss, es ist einfach sofort da. Dann wäre das im Grunde direkt vor ihm, am Bett, neben dem Bett, nah.

Ich schlage die Decke zurück, steige benommen aus dem Bett, halte inne.

Von was ist er benommen? Vom Schlaf? Von der Anwesenheit Roths? Wenn du Roth jetzt schon erwähnt hast, würde ich das annehmen, aber Genaues weiß man nicht. Vielleicht auch von seinen Träumen. Ich würde das eventuell erwähnen. Und dann: vor was hält er inne? Innehalten, das beschreibt ja einen Vorgang, währenddessen etwas geschieht - ich halte inne, und denke nach, und schweige, und tue gar nichts, warte also ab. Hält er inne, weil er nicht über die Nachtfalter steigen will? (Wenn ja, wird das so nicht ganz klar.) Oder hält er inne, weil er darauf wartet, das Roth etwas sagt?

Auf den Dielen wieder tote Nachtfalter. Sie knistern unter meinen Füßen, als ich ins Badezimmer gehe.
Ein starkes Bild. Ich glaube, dies wäre auch mein Anfang. Hier kündigt sich in der scheinbaren Normalität eine untergründige, alptraumhafte Atmosphäre an. Das davor wirkt mir zu konstruiert.

Ich rieche den Geruch des Waldbodens. Totholz, Farn und Moos dünsten in der feuchten Hitze des Spätsommers.

Er riecht den Waldboden. Was heißt dünsten? Ich stelle mir vor, wie in meiner Pfanne Zwiebeln dünsten. So dünstet aber kein Totholz. Was meinst hier genau? Dass sich Kondenswasser als Nebel vom Holz absetzt? Dass der Boden durch den Einfluss der Hitze bestimmte Gerüche freigibt?

Mir wird der Sinn dieses Rückblicks nicht klar. Wenn die Jagdhütte seit mehreren Generationen im Besitz der Familie ist, wird der Junge wissen, wie die Hintergründe liegen. Es ist also ein Wissen, dass gemeinsam ist, das nicht erst erklärt werden muss. Der Dialog wirkt also auf mich wie ein Stellvertreterdialog, der einen Sachverhalt dem Leser erklären soll. Der Vater würde das nicht so sagen, weil der Junge das schon weiß, oder aber genügend Wissen hat, um sich seine eigene Meinung zu bilden. Er weiß ja auch, dass der Vater die Natives getötet hat, da schließt sich der Kreis. Du hast mal in einer anderen Geschichte gesagt, du magst wortkarge, gedämpfte Männer. Hier lässt du den Vater sagen:

Mann, in meiner Kindheit habe ich mir nachts fast in die Hosen gepisst.«
Das finde ich nicht sonderlich gedämpft, sondern eher ziemlich obercool. Würde er nicht auch eher sagen: Als Kind habe ich mir in die Hosen gepisst? In meiner Kindheit ... das klingt schon recht schriftdeutsch. Und dann wirft dieser Satz auch Fragen auf: War er da oft alleine, der Vater? Durfte er da überhaupt alleine hin? Warum ist das überhaupt wichtig? Der Junge bringt ihn dann am Ende um, weil sein Vater Natives getötet hat, die Roten. Das hat er erfahren, und da muss noch mehr sein, weil er sagt: Diesmal kommst du nicht davon. Ich habe den Jungen so als Zwölf, Dreizehnjährigen vor Auge, und da denke ich, der Vater wird sich nicht so einfach abschlachten lassen. Nachher erklärst du zwar, oder deutest an, Roth hat damit irgendetwas zu tun, mir wird aber nicht klar, was genau. Erstarren die alle? Was macht Roth? Hier wird mir das Rätsel einfach zu einer Methode. Ich empfinde die Chronologie der Rückblenden auch nicht gut gesetzt. Die, in der er die Mutter schlägt, müsste meinem Empfinden nach als Erstes kommen. So würdest du jedenfalls eine dramaturgisch nachvollziehbare Struktur einhalten, und die hat ja immer einen Sinn. Hier, in dieser Version, präsentierst du mir deinen Prot sofort mit diesem unfassbar großen Rucksack - er hat als Kind oder Jugendlicher getötet, und dann weiß ich, was passieren wird, nicht genau, aber es hat etwas mit Schuld, Vergebung und Erlösung zu tun. Ich kann keiner Entwicklung beiwohnen, sondern nur einem Endergebnis, das mir nachher, anhand dieser Rückblenden, erklärt werden soll. So ist das gewesen, sagt diese Geschichte.

Zu den Rückblenden an sich. Die Szene, wo der Vater die Mutter zusammenschlägt - ich empfinde das mittlerweile als einziges Klischee. Das liegt nicht an dir, sondern an der Vielzahl dieser Szenen, die man serviert bekommt. Domestic Noir, so heißt das Genre jetzt. Mann schlägt Frau. Das ist einfach zu wenig raffiniert, für den Plot, den du da aufziehen willst. Ein Junge paktiert im Grunde mit einer Art mythischer Personae, mit einem metaphysischen Prinzip - Wahrheitsfindung, Schuld, dieser Richtung - da erscheint mir dieses casual violence zu profan. Warum braucht es das auch? Der Prot sagt, er sei gut in Mathe. Roth hat ja im Grunde eine Falle aufgebaut, er sagt, er zeige ihm, helfe ihm, seinen Vater zu töten, und dann muss er diese Schuld abarbeiten. Zehn für Einen. Der Prot hat eine Gabe, die Roth für seine Zwecke benötigt, ja mißbraucht. Mir fehlt die Motivation, diesen Deal einzugehen, weil du mir nur Vater schlägt Mutter und Vater hat die Roten getötet anbietest. Das mit der Mutter betrifft ihn direkt, das mit den Roten nicht. Mir fehlt eine Historie, mir fehlt die Gravität. Er könnte auch einfach weglaufen. Wenn er den Vater töten will und muss, stelle ich mir eine andere Motivation vor, eine, die schwerer wiegt. Vatermord ist keine kleine Sache. Wenn der Vater ihn in der Jagdhütte mißbraucht hätte, und dies schon länger, es also kein Entkommen gibt, vielleicht weil der Vater diese Gabe auch hat, Informationen und Leute zu finden, dann könnte ich das eher verstehen. Dann wäre es auch so eine Art hereditäre Schuld - ich habe diese Gabe vom Vater vererbt bekommen, ich suche einen Ausweg, kann aber doch nie flüchten. Weil du weißt, man tötet nicht einfach so. Da muss schon etwas Großes, etwas emotional Verstörendes passieren, bzw passiert sein, wenn es planmäßig abläuft.

ch öffne das Fenster, schaue hinaus in die Nacht, spüre seinen Atem auf meinem Nacken.
»Ich könnte es beenden«, sage ich und deute in die konturlose Tiefe. »Sofort. Hier und jetzt.«
»Und unsere Vereinbarung?«, sagt er. Ich fahre herum.

Ja, was wäre dann? Welche Vereinbarung? Ich finde die Geschichte nicht rätselhaft, sonder nicht rätselhaft genug. Es wird dem Leser doch klar, was hier passiert. Wenn dann Roth nach der Vereinbarung fragt, denke ich mir, aha, vielleicht ist sich Achillus selbst da gar nicht so sicher, wie das gelesen wird, also müssen wir das noch benennen. Du solltest hier mal deinem Bild, deiner Narrative vertrauen.

Die Rückblende mit der Mutter und Mathe, das wird mir auch nicht klar. Wenn er doch so gut ist im Finden von Informationen, dann müsste er doch schon einen überragendes Talent besitzen. Er müsste im Grunde so eine Art Good Will Hunting Charakter sein. Und auch wenn es so gezeigt werden soll, dass er sich hinsetzt und sich durchbeißt, dass er also alles andere als ein Naturtalent ist, dann kriege ich das hier nicht mit. Ich habe einen Menschen mit spezieller Begabung vor Augen, einen Auserwählten, der etwas sehr Seltenes kann, und dieser Mensch muss/sollte/könnte das auch für den Leser sichtbar werden lassen - was er kann, was diese Gabe mit ihm macht. Es muss keine echte backstory sein, aber eine Szene, wo mir klar wird, deswegen hat Roth ihn sich ausgesucht.

Ich habe die ganze Zeit an Im Auftrag des Teufels und an Angel Heart denken müssen. In Angel Heart gibt es eine ähnliche Sequenz mit dem Aufzug, der nach unten fährt. Was soll ich sagen? Ich finde die Geschichte nicht sehr rätselhaft. Ich finde sie an manchen Stellen ist sie drüber, da sind die Dialoge zu erklärend, manchmal auch zu cool, also so betont cool, und auch der Ton passt nicht so ganz, aber das sind ja alles Stellschrauben. Die Rückblenden, ich weiß nicht, ich würde da ganz drauf verzichten. Du könntest den Sachverhalt mit dem Vatermord sicher anders darlegen, gar nicht mal auserzählen, sondern nur andeuten, den Rezipienten in eine vage Richtung lenken. Wenn du die Rückblenden drinnen lässt, ist mir das zu wenig, da fehlt es mir an Motivation. Ich finde auch nicht, dass Blackfoot, Crow und Namen wie John in das Setting passen. Ich würde mir hier sehr gerne eine deutsche Variante wünschen, die deutsche Mythenwelt und Historie hat wirklich ausreichend Inhalt dafür.

Gruss, Jimmy

 

Hallo Pantoholli, danke fürs Reinschauen und Kommentieren!

Ein Windstoß bläht die Vorhänge. "auf" denke ich und will es Dir entgegenbrüllen Er bläht die Vorhänge auf! Aber ich weiß. dass es voll ok ist, wenn du das "auf" nicht schreibst.

Ich kenne das Wort »blähen« als ein schwaches Verb, das »auf« ist nicht nötig, meine ich. Siehe hier: blähen - Google-Suche

Da wiederhole ich von den Vorkommentatoren, dass ich das auch verwirrend fand, dass der, der starrt, erst danach die Augen aufmacht. Auch wenn ich später die Sonderrolle von ihm erkenne, schließe ich nicht hierrauf zurück. Gut - vielleicht hat er auch nicht gestarrt, sondern der Prot dachte nur er starrt.

Ja, ich bin da auch immer noch hin und her gerissen. Klar, klärt sich das hinterher auf, aber wie ist das mit der Verwirrung, die beim Lesen entsteht? Bin da noch zu keinem endgültigen Schluss gekommen.

Egal was die Auflösung ist, ich finde, es ist zu viel Irritation an dieser Stelle im Text. Reicht es nicht, wenn er lächelt und dann antwortet?

Na, ich wollte ja gerade diesen Widerspruch erzeugen. Wie kann mich jemand anstarren, der die Augen geschlossen hält?

Hotel oder "reiches" Appartmenthaus?

Beides erschien mir möglich, aber ich hatte ein Hotel vor Augen.

Das läßt mich die Geschichte in Amerika ansiedeln und oben eher auf reiches Appartmenthaus schließen. OK - vielleicht schaue ich gerade auch zu oft Suits und habe vom Brioni-Anzug auch noch auf die Lokalität in Amerika geschlossen.

Ja, schon verrückt, wie unsere Wahrnehmung durch die Dinge beeinflusst wird, die wir gerade so treiben.

Frankfurt!? Ich bin enttäuscht, meine "Örtlichkeit" ist durcheinander. Auf welchem Kontinent sind wir?

Ich hatte die Eltern des Protagonisten als Amerikaner gedacht, die Hauptfigur zieht dann durch die Welt …

Soweit mein kleiner Leseeindruck gern gelesen

Danke Dir dafür, Pantoholli!

Gruß Achillus


Hallo Kiroly, danke für Deine Hinweise und Gedanken zum Text!

Eine sehr starke Geschichte - ich schließe mich den Vorkommentaren an -, die mich durch die Vieldeutigkeit, der düsteren, kühlen Atmosphäre und den Perspektivwechseln überzeugt hat.

Freut mich, dass es für Dich funktioniert hat. Die Perspektivwechsel, ja das war so ein Ding, mit dem ich zu kämpfen hatte. Ursprünglich wollte ich immer einen Absatz Jetzt-Zeit und einen Vergangenheit abrollen, aber so viel Stoff wollte ich dann gar nicht auf die Vergangenheit verwenden. Wäre das Muster 2 Absätze Jetzt - 1 Absatz Vergangenheit besser, aber wer soll das auseinanderhalten? Deshalb die etwas schwerfällige Variante mit dem Kursivtext.

Mir erschloss sich zwar der Plot (mangelnde literarische Bildung meinerseits? Bestimmt^^) nicht beim ersten Lesen, jedoch regten mich die eben angesprochenen Punkte zum Nachdenken und Interpretieren an. Ich habe deinen Text zweifach gelesen, einmal auf "Plot", einmal auf "Atmosphäre". Bereits in "Spurensuche" schätzte ich deinen atmosphärischen mutigen Schreibstil.

Freut mich, dass Du Dir so viel Mühe mit dem Text gemacht hast. Das ist nicht selbstverständlich. Im Grunde ist die Steigerung der Komplexität in Texten und Filmen eine ziemlich simple Angelegenheit, also leicht zu erreichen, indem man die zeitlichen Abläufe nicht chronologisch ordnet oder Informationen vorenthält. So kann eine im Grunde simple Geschichte komplex, verschachtelt und rätselhaft wirken. In diesem Fall wollte ich das Rätselhafte wegen der Figur von Roth erreichen, denn er ist eine geheimnisvolle Gestalt. Ich wollte die Geschichte nicht künstlich komplex machen.

Vielen Dank für Deine Verbesserungsvorschläge. Einiges davon werde ich sicher umsetzen.

ich lese deine Geschichten sehr gerne und freue mich auf weiteres, vielleicht konntest du mit dem Kommentar etwas anfangen.

Auf jeden Fall. Danke Dir dafür, Kiroly!

Gruß Achillus


Wird fortgesetzt …

 

Hallo Achillus,

ich schaue mal wieder bei den Wortkriegern rein und bin gerne der Empfehlung zu Deiner Geschichte gefolgt. Einmal gelesen, dann durch die Kommentare und beim zweiten Lesen besser genießen können. Vielen Dank für Deine Geschichte, auch als Lehrstück für mich.

Ich schließe mich anderen Kommentatoren an, Amerika und Frankfurt a. Main sind zu viele Orte und nicht nötig für die Story.

Als Kind habe mir nachts fast in die Hosen gepisst.

Da ist in der aktuellen Version ein "ich" bei den Überarbeitungen verloren gegangen?

Ich verstehe was von Hacking.

"Hacking" finde ich in dem Satz sprachlich unrund, wenn ich den Satz laut spreche. Würde er nicht eher sagen: "Ich verstehe was von Computern.", oder: "Ich bin (auch) Hacker."?

Herzliche Grüße
Oheim

 

Hallo Offshore, habe mich sehr über Deinen Kommentar gefreut, vielen Dank dafür!

Und schon stellen sich mir die Härchen auf den Unterarmen auf ...

Ich glaube, die toten Nachtfalter sind ein eindringliches Bild, wenn man dafür empfänglich ist. Freut mich, dass es für Dich funktioniert.

Dass ausgerechnet @Peeperkorn diesen Text, als „eine der besten Storys seit langer Zeit hier im Forum“ bezeichnet, überrascht mich jetzt nicht groß, Achillus.

Abgesehen davon, dass ich sein Urteil blindlings unterschreibe, ließen mich die prägnante Sprache, die packende Dramaturgie, das latent Rätselhafte deiner Geschichte hier sehr bald an „Glanzmann muss gehen“ denken, jenen brillanten, haarsträubenden Text aus Peeperkorns Totentanz-Zyklus.


Ja, der Gedanke kam mir auch. Ich habe mich beim Schreiben allerdings auch an Deine Teufelsgeschichte erinnert …

Und genauso wie Peeperkorns Geschichte lässt auch deine verschiedenen Lesarten zu: Die nächstliegende ist natürlich, dass der Protagonist schlicht ein pathologischer Irrer ist, oder, um es weniger drastisch auszudrücken, ein aufgrund schrecklicher Kindheitserlebnisse schwerst traumatisierter Mann, der mit der Schuld des Vatermordes nicht zurande kommt, sich mehr und mehr in Wahnvorstellungen verliert und letztlich zum Serienmörder wird.

Ich denke, das wäre die moderne Lesart. Begebenheiten, die in Märchen und Mythen als externe Geschehnisse beschrieben wurden, kann man (tiefen-) psychologisch lesen.

Die andere Lesart wäre, dass sich „das Böse“ tatsächlich in einer leibhaftigen Figur manifestieren kann, in deinem Fall in der Gestalt des Teufels (Satan, Beelzebub, Luzifer, Herrseibeiuns … what ever).

Wobei ich persönlich die erste Lesart vorziehe. Zum einen, weil die (realen) Abgründe der menschlichen Psyche für mich weitaus erschreckender sind als jeder noch so gut ausgedachte paranormale Hokuspokus, bzw. dass mein Nachdenken darüber, was da im Kopf des Protagonisten möglicherweise vor sich geht, mir unvergleichlich beklemmender erscheint als die Vorstellung, im Grunde lediglich eine Geistergeschichte zu lesen.


Ich habe für mich entdeckt, beide Perspektiven als gültig zu betrachten. So gesehen, wäre »das Böse« eben eine Facette des menschlichen Geistes, auch wenn es sich für bestimmte Betrachter extern manifestiert.

Zum anderen, weil ich dann nicht über Logikprobleme nachdenken muss. Logikprobleme zum Beispiel dieser Art: Angenommen, der Teufel (der Satan, der Beelzebub, der Herrseibeiuns, usw.) existiert wirklich und wahrhaftig. Angenommen, er tritt hin und wieder leibhaftig in Erscheinung, um arme Menschlein zu fragwürdigen Deals zu überreden; und weiters angenommen, er bietet ihnen etwas an (Reichtum, Schönheit, ein Königreich, what ever) und bekommt im Gegenzug etwas vom armen Menschlein. (In aller Regel dessen Seele). Also das alles angenommen: Was nun ist in deiner Geschichte der Deal?

Ich habe es als beinahe »klassischen« Deal angelegt. Die Hauptfigur muss, um mit Hilfe der dämonischen Kraft den brutalen Vater zu überwinden diesen beseitigen, also töten. Der Dämon sagt nicht: Ich zeige dir, wie du fliehen kannst. Die Figur begeht also einen Mord, wendet sich damit nicht nur gegen eine grundlegende zivilisatorische Regel, sondern begeht den als besonders abscheulich geltenden Vatermord. Damit lädt die Figur, egal wie verständlich und begründet ihr Vorgehen sein mag, Schuld auf sich.

Interessant finde ich an diesem Zusammenhang, dass diese aus ethischer Sicht fatale Entscheidung zu weiteren tragischen Konsequenzen führt, nämlich weiteren Morden, die der Dämon als Gegenleistung für die Hilfe beim Vatermord fordert bzw. begeht.

Was bekommt der Prot vom Teufel, außer dem lapidaren Tipp, wie er den Vater am besten um die Ecke bringen kann? („Vergiss das Messer. Nimm eine Axt.“) Oder ist es in Wahrheit der Teufel selber, der den Vater abmurkst? Und was verlangt er dafür?

Verschiedene Lesarten wären möglich: Der Dämon tötet den Vater, dann ware die Hilfeleistung offensichtlich. Oder aber der Dämon stattet die Hauptfigur mit der »teuflischen« Energie, Willensbereitschaft, Wut aus, die notwendig ist, um den Mord zu begehen.

Offenbar will er nicht die Seele des Prot, sondern zehn Seelen irgendwelcher anderer Menschen, die auf die eine oder andere Art Schuld auf sich geladen haben. Die aber, den Spielregeln dieser Geschichtenwelt entsprechend, ohnehin zur Hölle fahren würden. Wozu also der ganze Aufwand?

Ein elementarer Aspekt der ganzen Idee war, den Dämonen insofern als ambivalente Figur zu zeigen, als diese keine »unschuldigen« Menschen zu Opfern macht, sondern lediglich die Kraft besitzt, die zu bestrafen, die bereits verwerflich gehandelt haben. Die einzige Freiheit, die der Dämon besitzt, ist die der Verführung. Er verführt also den Jungen und »bestraft« dann mit seiner Hilfe die zehn Schuldbeladenen. Das Ganze ließe sich aber eben parallel als reine Wahnvorstellung der Hauptfigur betrachten.

Eine Idee mit dem indianischen Background war, das Ganze aus einer explizit christlichen Paradies-und-Hölle-Lesweise herauszulösen. Der Dämon ist kein christlicher Teufel.

Beziehungsweise, wozu der ganze Aufwand, wenn der Teufel doch ohnehin alles und jedes vom Leben zum Tode bringen könnte, übermächtig, wie er wohl ist? Oder geht es nur um die „Verführung zum Bösen"?

Naja, der »Clou« bei den Teufelspakten ist ja stets, dass derjenige, der den Pakt eingeht, es freiwillig tun muss. Darin widerspiegelt sich die Vorstellung von der letztendlichen Willensfreiheit, selbst in Notsituationen. Der Dämon holt nur die Verworfenen, und um diesen Job zu tun, zieht er Menschen, die auf der Kippe stehen ebenfalls in den Abgrund.

Aber egal, das sind halt einfach so Fragen, die sich mir im Grunde bei jeder Geschichte mit übernatürlichen Phänomenen stellen.

Geht mir auch oft so, dass mir die innere Logik nicht einleuchtet. Aber vielleicht beleuchten meine Ausführungen, was ich mir bei der Sache gedacht habe.

Was nichts dran ändert, dass ich diese Geschichte ganz großartig finde, Achillus, um nicht zu sagen, auch für mich ist das „eine der besten Storys seit langer Zeit hier im Forum.“

Vielen Dank für das Lob, freut mich sehr, Offshore!

Gruß Achillus

Hallo Huxley, toll, dass Du bei der Geschichte reinschaust, freut mich sehr!

nach dem ersten Absatz dachte ich nur: Bitte, lass den Plot jetzt nicht sch...e werden oder zu abgefahren! Ich lese mich gerade (mit großem Spaß) durch sämtliche Texte von Quinn und gelegnetlich fühle ich mich da wie übersättigt mit fantastischen Einfällen oder im schlimmsten Fall, absichtlich zu sehr im Unklaren gelassen. Hier stimmt die Dosis, der Ton, das Tempo, in dem Fragezeichen gesäht werden und sich das ganze Bild offenbart.

Toll, dass es für Dich funktioniert hat. Mit mir gehen auch hin und wieder die Pferde durch, und dann wird es ein großes Durcheinander. Hier hat es ganz gut geklappt, denke ich.

Ich finde es übrigens völlig legitim, wenn man einen Text erst nach dem zweiten Mal in seiner Gesamtheit erkennt. (Ich muss grad an einen Roman von Dean Koontz denken, in dem praktisch im ersten Kapitel die Pointe des ganzen Buches prästentiert wird und nach 700 Seiten, in denen du rätselst und zweifelst und umhergeworfen wirst, sitzt du dann da und denkst "Himmelherrgottnochmal!". Es ist eines meines Lieblingsbücher von ihm.)

Ja, das scheint sehr von persönlichen Vorlieben abhängig zu sein. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Auflösungen von Rätseln häufig frustrieren. Wenn z.B. eine TV-Serie stundenlang die verrücktesten Geschehnisse abrollen lässt und im letzten Teil stellt sich alles als ein Traum der Hauptfigur raus, dann fühlt man sich betrogen. Die Spannung des Ganzen wurde mit einem dämlichen Trick erkauft. Solche Sachen versuche ich zu vermeiden.

Worauf ich hinaus will: Du hast geliefert, was du im ersten Absatz versprochen hast. Danke dafür.

Es ist ein wenig spät, zum Feilen und eigentlich mag ich auch gar nicht. Das ist wie nach ner richtig guten Nummer Manöverkritik üben zu wollen. Ich steck mir lieber metaphorisch eine Zigarette an und freue mich aufs nächste Mal.


Cool, danke Dir für das Lob, Huxley!

Gruß Achillus


Wird fortgesetzt …

 

Hey @Achillus ,

zweite Runde :gelb:

hab den Text jetzt nochmal ruhig gelesen und verdaut. Die düstere Stimmung, die schnellen Erzählwechsel – das gefällt mir nach wie vor gut. Finde interessant, was Peeperkorn dazu schreibt. Das Motiv des Teufelsbündners hast du wirklich ausgewogen eingesetzt. Hier und da bleibt einiges im Dunkeln, was der Geschichte aber noch Tiefe verleiht. Hat mir gut gefallen und beim Vergleich zu manch einer Peeperkorn-Geschichte gehe ich mit. Keine Sorge, mehr Verwandtschaft als Klon ;)

Ein schiefes Lächeln, eher Ekel als Belustigung – mehr hat mein Vater nicht zu sagen

Das eine (schiefes Lächeln, Ekel) zeigt sich in Gesten – nach dem Bindestrich steht da aber was von "sagen". Ist mir einfach aufgefallen.

Ich rieche den Geruch des Waldbodens

klingt für mich nach wie vor komisch. Kommt mir redundant vor, den Geruch riechen. Mach es doch, wie Jimmy vorgeschlagen hat.

das Land der Roten

Vielleicht habe ich den Schamanen-Twist nicht ganz mitbekommen, aber diese Indianer-Geschichte scheint mir entbehrlich. Bei »den Roten« denke ich auch vornehmlich an Sowjets. Ist das deine Absicht?

Hatten hier eine Bestattungsstätte, sagte er

Bestattungsstätte ist mir auch aufgefallen. Ist ja fast schon ein Zungenbrecher. Warum nicht einfach Begräbnisstätte?

Er schüttelt den Kopf, zuckt die Schultern. »Klar, dass du mir die Schuld gibst. Du bist jung.«

Fand ich stark. In der Reaktion führst du mir den rhetorischen Verteidigungsmechanismus eines Lügners vor.

»Nun, es ist ein Werk mit einer bewegten Geschichte«, sage ich.

Fand diesen Plauderton zwischendurch ganz erfrischend.

»Ich …«, beginnt Brendler, spricht aber nicht weiter

Das "spricht aber nicht weiter" braucht es für mich nicht. Das steckt für mich in den Auslassungszeichen drin. Du könntest den Nebensatz auch nutzen, um Brendler noch irgendeine eine Geste vollführen zu lassen, die sein Innehalten transportiert, ihn dadurch zugleich sichtbar macht.

Ich drücke den Knopf unter der Armlehne und justiere die Höhe der Fußstütze.

Das hat mir als Parallele zum Aufzug gefallen. Das zeigt mir so ein luxuriöses, automatisiertes Setting. Wie Hotellobby.

mir herab. Küsst mich.
»Na, mein Kleiner.

Der Wechsel war super.

Ich schließe die Tür. Das Pochen meines Herzens übertönt das Poltern im Zimmer nebenan.

Harte Szene. Hat mich erreicht.

Jasmin seufzt, sinkt zurück in die Kissen, atmet schwer. Ich sehe, wie sich ihre Brüste heben und senken, die Haut an ihrem Bauch schimmert feucht.
»Das habe ich gebraucht«, sagt sie und lacht.

Wieder so ein schöner Wechsel von Action und ruhiger Szene.

und im Umdrehen gleitet der Morgenmantel an ihr herab.

schönes Bild; also so rein formal.

»Ich verstehe was von Hacking. Ich finde Informationen.«

Das mit dem Hacking braucht es für mich auch nicht. Das weiß ich als Leser. Musst du selbst wissen, ob du so etwas deinen Lesern nicht zutrauen willst. Wer solche Sprünge wie den von Affäre zu Abendessen mit Mama mitmacht, der checkt sowas dann auch ;)

Hat mir gut gefallen. Bis bald!
Carlo

 

Hey Jimmy, vielen Dank für Deine Hinweise zum Text. Haben mir wieder sehr geholfen.

Es ist ja nicht irgendwo. Es ist an einem bestimmten Ort, es wird ja gesehen

Werde ich ändern: Im Halbdunkel – sein Gesicht.

Und dann: vor was hält er inne? Innehalten, das beschreibt ja einen Vorgang, währenddessen etwas geschieht - ich halte inne, und denke nach, und schweige, und tue gar nichts, warte also ab. Hält er inne, weil er nicht über die Nachtfalter steigen will? (Wenn ja, wird das so nicht ganz klar.) Oder hält er inne, weil er darauf wartet, das Roth etwas sagt?

Er hält inne, weil er die Nachtfalter sieht.

Er riecht den Waldboden. Was heißt dünsten? Ich stelle mir vor, wie in meiner Pfanne Zwiebeln dünsten. So dünstet aber kein Totholz. Was meinst hier genau? Dass sich Kondenswasser als Nebel vom Holz absetzt? Dass der Boden durch den Einfluss der Hitze bestimmte Gerüche freigibt?

Dünsten beschreibt das Abgeben von Feuchtigkeit bei Wärme.

Mir wird der Sinn dieses Rückblicks nicht klar. Wenn die Jagdhütte seit mehreren Generationen im Besitz der Familie ist, wird der Junge wissen, wie die Hintergründe liegen. Es ist also ein Wissen, dass gemeinsam ist, das nicht erst erklärt werden muss.

Der Vater erwähnt die Jagdhütte, weil er damit sagen will: Sieh her, das ist unsere Familie. Da gibt es eine Kontinuität. Wir halten zusammen, im Guten wie im Schlechten. Dieser Kommentar richtet sich gegen die Drohung des Protagonisten mit der Axt. Er schwächt die Drohung auch ab, denn der Vater tut beiläufig und leutselig, obwohl das eine krasse Situation ist.

Es geht auch um Ähnlichkeit: So, wie der Großvater des Protagonisten seinem Sohn irgendwann von den Indianern erzählt hat, so macht es jetzt der Vater des Protagonisten mit ihm. Daran, dass es eben kein gemeinsames Wissen ist, darüber also bislang nie gesprochen wurde, kann man auch ablesen, wie diese Leute ticken.

Nicht zuletzt kann man spekulieren, ob das Statement nicht einfach eine Nebelkerze des Vaters ist, der sich in dieser Situation irgendetwas aus den Fingern saugt, um die Drohung runterzuspielen.

Der Vater würde das nicht so sagen, weil der Junge das schon weiß, oder aber genügend Wissen hat, um sich seine eigene Meinung zu bilden. Er weiß ja auch, dass der Vater die Natives getötet hat, da schließt sich der Kreis.

Da hast Du etwas missverstanden. Wenn der Protagonist sagt: Du hast sie getötet … Dann meint das nicht: sie = die Indianer, sondern sie = die Mutter. Der Junge weiß gar nichts von den Indianern.

Du hast mal in einer anderen Geschichte gesagt, du magst wortkarge, gedämpfte Männer … Das finde ich nicht sonderlich gedämpft, sondern eher ziemlich obercool. Würde er nicht auch eher sagen: Als Kind habe ich mir in die Hosen gepisst?

Ich habe Kindheit schon gegen Kind ausgetauscht, hast recht, klingt natürlicher. Aber zum »Coolen« - das ist ja gerade der Sinn von gedämpft = kühl, distanziert, affektflach. Der Vater schreit nicht rum, gestikuliert nicht, rollt nicht mit den Augen. Er macht keine Geste zu viel.

Nachher erklärst du zwar, oder deutest an, Roth hat damit irgendetwas zu tun, mir wird aber nicht klar, was genau. Erstarren die alle?

Die Geschichte lässt offen, ob Roth oder der Protagonist die Leute tötet. Das stimmt. Aber ich denke nicht, dass ich mich da festlegen sollte.

Was macht Roth? Hier wird mir das Rätsel einfach zu einer Methode.

Werde ich drüber nachdenken, ob es der Geschichte gut tut, das zu zeigen oder ob man es der Phantasie des Lesers überlassen sollte. Über das Alter des Protagonisten in der Vater-Sohn Szene wird nichts gesagt, aber ich hatte einen Jugendlichen vor Augen. Und der kann einen Mann sicher mit einer Axt töten. Ich hätte es mit vierzehn auf jeden Fall gekonnt.

Ich empfinde die Chronologie der Rückblenden auch nicht gut gesetzt.

Darüber habe ich auch nachgedacht. Die Rückblenden sind ja chronologisch nicht geordnet. Sie sind wie Splitter der Vergangenheit, die aufzucken. Ich wollte aber das Muster zweier parallel ablaufender Zeitlinien durchbrechen und hatte vor Augen, dass die Rückblenden eher Flashbacks des Protagonisten sind, an die er sich erinnert während er Roth hilft. Dabei ist die erste Rückblende diejenige, die die Gegenwart begründet, denn da geschieht der Vatermord und da liegt die Schuld der Figur. Die anderen Rückblenden zeigen die Gründe für diese Tat und die letzte Rückblende zeigt, wie Roth damit zusammenhängt. Das scheint mir durchaus gut zu passen.

Zu den Rückblenden an sich. Die Szene, wo der Vater die Mutter zusammenschlägt - ich empfinde das mittlerweile als einziges Klischee. Das liegt nicht an dir, sondern an der Vielzahl dieser Szenen, die man serviert bekommt. Domestic Noir, so heißt das Genre jetzt. Mann schlägt Frau. Das ist einfach zu wenig raffiniert, für den Plot, den du da aufziehen willst. Ein Junge paktiert im Grunde mit einer Art mythischer Personae, mit einem metaphysischen Prinzip - Wahrheitsfindung, Schuld, dieser Richtung - da erscheint mir dieses casual violence zu profan.

Verstehe ich durchaus und sehe es ähnlich. Ich habe die Szene deshalb auch nicht sonderlich ausgewalzt, sondern nur skizziert.

Warum braucht es das auch?

Es ist das Motiv für den Vatermord.

Der Prot hat eine Gabe, die Roth für seine Zwecke benötigt, ja mißbraucht. Mir fehlt die Motivation, diesen Deal einzugehen, weil du mir nur Vater schlägt Mutter und Vater hat die Roten getötet anbietest. Das mit der Mutter betrifft ihn direkt, das mit den Roten nicht. Mir fehlt eine Historie, mir fehlt die Gravität.

Ja, das rührt alles daher, dass Du den Hinweis des Protagonisten »Du hast sie getötet« falsch gedeutet hast.

Die Rückblende mit der Mutter und Mathe, das wird mir auch nicht klar. Wenn er doch so gut ist im Finden von Informationen, dann müsste er doch schon einen überragendes Talent besitzen.

Ich sehe es so, dass diese Leistungen eine Verbindung zwischen der Figur und der Mutter darstellen. Die Mutter hat mit ihrem Sohn geübt, hat ihn ermuntert. Es ist kein Zufall, dass er später gerade in diesem Fach seinen Beruf findet – wobei man natürlich sagen muss, dass Mathe und Informatik nicht das gleiche sind.

Ich finde auch nicht, dass Blackfoot, Crow und Namen wie John in das Setting passen. Ich würde mir hier sehr gerne eine deutsche Variante wünschen, die deutsche Mythenwelt und Historie hat wirklich ausreichend Inhalt dafür.

Das ist auf jeden Fall denkbar. Vielleicht ist das ein bisschen zu viel Hin und Her. Im Moment tendiere ich dazu, es so lassen, weil es den Protagonisten erstens als gewissermaßen heimatlos zeigt und zweitens germanische Mystik in einem hochindustrialisierten Land schwierig zu erwecken ist. In Nordamerika kann man sich so eine verlassene Jagdhütte gut vorstellen, in Deutschland, ich weiß nicht. Werde ich drüber nachdenken.

Vielen Dank, Jimmy, für Deine Hinweise!

Gruß Achillus


… der Erfolg einer Geschichte ist wahrscheinlich immer auch abhängig vom Leser, von seiner Kompetenz und von der Stimmung, in der er sich gerade befindet. Ich war auf der Suche nach einem Text, der mich schnell packt, einen Sog entwickelt und klar verständlich/ strukturiert ist.

Ja, das sehe ich auch so. Und gutes Kommentieren besteht ja eben gerade darin, über momentane Stimmungen hinaus zu gehen und die Kompetenz sprechen zu lassen. Das hilft dann dem Schreibenden dabei, sich zu verbessern. Stimmungsurteile hingegen sind meist belanglos.


Wird fortgesetzt …

 

Hallo Oheim, vielen Dank für Deine Hinweise zum Text. Ich sehe es auch so, dass die verschiedenen Locations zunächst verwirren können. Mal sehen, ob ich das noch ändere. Auch über Deinen Tipp zum Hacking denke ich nach.

Gruß Achillus


Hey Carlo, danke fürs Reinschauen.

hab den Text jetzt nochmal ruhig gelesen und verdaut. Die düstere Stimmung, die schnellen Erzählwechsel – das gefällt mir nach wie vor gut. Finde interessant, was Peeperkorn dazu schreibt. Das Motiv des Teufelsbündners hast du wirklich ausgewogen eingesetzt.

Vielen Dank.

Hier und da bleibt einiges im Dunkeln, was der Geschichte aber noch Tiefe verleiht. Hat mir gut gefallen und beim Vergleich zu manch einer Peeperkorn-Geschichte gehe ich mit.

Ich muss mich eigentlich immer zwingen, um nicht alles auszuerzählen. Andererseits mag ich rätselhafte Geschichten. Ich denke, es kommt auf die Balance an.

Das eine (schiefes Lächeln, Ekel) zeigt sich in Gesten – nach dem Bindestrich steht da aber was von "sagen". Ist mir einfach aufgefallen.

Das stimmt. Ich bin nicht sicher, ob ein Lächeln etwas »sagt«, aber ich nehme an, man kann es im übertragenen Sinn so sehen.

Bestattungsstätte ist mir auch aufgefallen. Ist ja fast schon ein Zungenbrecher. Warum nicht einfach Begräbnisstätte?

Ja, werde ich ändern.

Das mit dem Hacking braucht es für mich auch nicht. Das weiß ich als Leser.

Stimmt sicher. Ich schaue mir das noch einmal an. Vielen Dank für Deine Hinweise, Carlo!

Gruß Achillus

 

Hallo Achilus,

Respekt, das hat mir wirklich sehr gut gefallen! Anspruchsvoll und wirklich sehr fesselnd geschrieben! Auch den Namen "Roth" finde ich sehr treffend für den "Teufel auf seiner Schulter". Einzige bei einer Stelle musste ich zunächst kurz überlegen, wer es denn nun gesagt hat:

"Aber Ihr Angebot ist … Sie wissen, dass Sie mir dabei zu viel bezahlen.«

(Sorry, ich komme mit diesem Zitate einfügen nicht so klar ?)

Ansonsten wirklich eine rundum gelungene Geschichte!

Liebe Grüße
Nicky

 

Hallo Nicky, vielen Dank für Dein Feedback zur Geschichte. Freut mich, dass sie Dir gefallen hat. Das Roth als Namen für den Dämonen stammt von einer Assoziation/ Abwandlung. Im Okkultismus kennt man einen männlichen Dämonen, der Astaroth heißt.

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus,

eine ungewöhnliche Geschichte: Thematisch und strukturell, dazu noch mit einem schönen, ruhigen Klang bildhaft erzählt.
Wie vieles (zum Beispiel die Bilder, die du entwirfst „Im Westen setzt der Glutball der Sonne die Frankfurter Skyline in Brand. Noch immer flimmert die Luft über der Stadt“) ist auch das hier sehr ansprechend gemacht:

»Und das ist es, was du machst?«, sagt sie. »Leute finden?«
»Bin ziemlich gut darin.«

»Woher weißt du davon?«, sagt Jasmin schließlich. Sie klingt erschüttert.
»Bin gut in Mathe«, sage ich leise und zusammenhangslos. Dann lauter: »Ich verstehe was von Hacking. Ich finde Informationen.«

Erst wird sie über seine Tätigkeit informiert, genau die, die ihr später zum Verhängnis wird – und da denkt sie noch

»Mein Job killt mich«

obwohl der Job …

(Wäre 'vom Hacken' üblicher?).

Auch die Wiedererwähnung von „Mathe“ und das unausgesprochene ‚Ich kann eins und eins zusammenzählen‘ ist raffiniert.

„Die Tür ist nur einen Spaltbreit geöffnet, aber auf diesem schmalen Streifen tobt alles Grauen meiner Kindheit.“

Ein gelungenes Bild, endlich mal etwas für den Metaphernthread. Hey, ich hab mal nix zu kritisieren!

Weiterhin viel Erfolg,

Woltochinon

 

Hallo Achillus,

Dein Text ist für mich schwer fasslich. Er entwickelt durchaus einen Sog, so dass ich weiterlesen wollte, aber alles war zu verschachtelt, zu verrätselt, so dass der Lesegenuss deutlich getrübt war.

Auf den Dielen wieder tote Nachtfalter. Sie knistern unter meinen Füßen, als ich ins Badezimmer gehe.

>>> Das Bild hat etwas. Aber würden die Falter wirklich knistern?
Wasser, eiskalt, rinnt über meinen Körper

>>> Ich verstehe, was Du meinst. Aber der Satz klingt für mich wie ein Klischee.

»Du hast vor drei Jahren ein Kind angefahren. In Prag.«
Sie wendet sich ab, starrt aus dem Fenster.
»Du bist einfach abgehauen. Hast die Kleine liegen lassen.«
Eine Weile spricht niemand ein Wort.
»Woher weißt du davon?«, sagt Jasmin schließlich. Sie klingt erschüttert.

>>> spannend. Da hätte ich gern mehr erfahren.

Gruß, petdays

 

Hallo Woltochinon, vielen Dank für den Kommentar zu meinem Text.

eine ungewöhnliche Geschichte: Thematisch und strukturell, dazu noch mit einem schönen, ruhigen Klang bildhaft erzählt.

Ich hatte gehofft, dass diese Ruhe in der Erzählweise einen schönen Kontrast zur inhaltlichen Brisanz entwickelt. Ich denke, das funktioniert ganz gut.

Wie vieles (zum Beispiel die Bilder, die du entwirfst „Im Westen setzt der Glutball der Sonne die Frankfurter Skyline in Brand. Noch immer flimmert die Luft über der Stadt“) ist auch das hier sehr ansprechend gemacht …

Ich schaue mir gern Filme unter dieser Perspektive an, suche nach den besonderen Momenten. Dabei muss man dann schauen, dass nicht jedes Umrühren einer Kaffeetasse zum bedeutungsschweren Bild gerät.

„Die Tür ist nur einen Spaltbreit geöffnet, aber auf diesem schmalen Streifen tobt alles Grauen meiner Kindheit.“

Ein gelungenes Bild, endlich mal etwas für den Metaphernthread. Hey, ich hab mal nix zu kritisieren!


Danke, Woltochinon, freut mich sehr, dass Du reingeschaut hast.

Gruß Achillus


Hallo AWM, vielen Dank für Deine Rückmeldung zu meinem Text!

kam jetzt endlich dazu die Geschichte zu lesen und habe es nicht bereut. Ist sehr spannend und durch die vielen Absätze kurzweilig zu lesen. Mich erinnert das ein bisschen an Death Note.

Ja, ich habe früher viele Mangas gelesen, kann durchaus sein, dass meine Stilistik davon beeinflusst wurde. Schön jedenfalls, dass es Dir gefallen hat. Death Note kannte ich nicht. Schau ich mal rein.

Aus den Augenwinkeln sehe ich Roth neben mir, sehe die harten Züge seines Gesichts. Sehe seine schmalen Augen.

würde es beim ersten Sehen belassen und danach das Verb weglassen.


Guter Punkt. Mache ich wahrscheinlich so.

Ich rieche den Duft von Kräutern und Gewürzen.

Würde mich für eines entscheiden. Schwer auseinanderzuhalten, gerade für ein Kind.


Auf jeden Fall. Da hast Du recht.

Die Tür ist nur einen Spaltbreit geöffnet, aber auf diesem schmalen Streifen tobt alles Grauen meiner Kindheit.

Mir gefällt der Satz sehr gut. Aber er stimmt für mich perspektivisch nicht. Ich habe diese Einschübe als Szenen gelesen. Hier wäre der Prota also noch ein Kind. Der erste Satz ist aber aus Sicht des erwachsenen Protas, der zurückblickt und darüber reflektiert. Ich denke, es wird dir schwerfallen, den wegzulassen, weil es natürlich ein guter Satz ist. Aber vielleicht kannst du ihn ja in der Jetztzeit unterbringen und diese Einschübe dadurch konsequent szenisch belassen.


Darüber muss ich nachdenken. Mit den Perspektiven schlag ich muss ohnehin ständig herum. Danke für den Tipp.

Ich finde übrigens, dass du die Schlussszene ruhig noch etwas strecken könntest. Da fällt der Prota recht schnell mit der Tür ins Haus. Das könntest du noch spannender gestalten und ein wenig das Ringen des Protas mit sich selbst zeigen. Würde vor allem den Dialog ausdehnen.

Denke ich auch drüber nach. Es fällt mir allerdings sehr schwer, eine Geschichte, die schon so lange liegt, noch einmal anzufassen. Aber vielleicht wäre das ein guter Vorsatz fürs Jahr, mal die fast-fertigen Geschichten überarbeiten.

Vielen Dank, AWM.

Gruß Achillus


Hallo Petdays, danke für Deine Hinweise zu meinem Text.

Dein Text ist für mich schwer fasslich. Er entwickelt durchaus einen Sog, so dass ich weiterlesen wollte, aber alles war zu verschachtelt, zu verrätselt, so dass der Lesegenuss deutlich getrübt war.

Ja, das ist mir als Summe aus all den Feedbacks bisher klar geworden. Ich habe noch rätselhaftere Texte geschrieben (z.B. Der Kundschafter), bin hier also schon ein wenig zurückgerudert, aber die gesamte Methodik ist ein ziemlicher Seiltanz. Auf der einen Seite soll das Ganze nicht zu leicht zu entschlüsseln sein, denn die Wahrnehmungslust beim Lesen entsteht vor allem durch das Decodieren eines Textes. Auf der anderen Seite kann das danebengehen, wenn die Startbedingungen zu extrem sind und der Leser nicht mehr durchsieht.

Auf den Dielen wieder tote Nachtfalter. Sie knistern unter meinen Füßen, als ich ins Badezimmer gehe.

>>> Das Bild hat etwas. Aber würden die Falter wirklich knistern?


Das Knistern sollte ein Vertrocknen und damit einen Alterungseffekt andeuten.

Wasser, eiskalt, rinnt über meinen Körper

>>> Ich verstehe, was Du meinst. Aber der Satz klingt für mich wie ein Klischee.


Naja, ein Klischee ist für mich etwas anderes, aber ich verstehe, was Du meinst: Es ist ein abgegriffenes Bild, ein wenig wie aus einem TV-Spot für ein Sport-Duschgel.

Danke, Petdays, schön, dass Du Dir die Zeit für den Text genommen hat.

Gruß Achillus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Achillus,

ich bin gerade dabei, die Empfehlungen zu lesen. Suche nach Texten, von denen ich lernen kann. Und deine Geschichte hat mich gerade richtig rausgehauen. Ich bin so reingezogen worden, dass ich vergessen habe, zu analysieren. Wahnsinn, bin echt sprachlos. Lese es noch mal. So:

Ich habe in einem alten Kommentar von Quinn (@Fliege hat mich auf ihn aufmerksam gemacht, war ein guter Tipp, danke) gelesen, dass ein Text am Anfang vor allem drei Dinge leisten soll: Er soll neugierig machen durch eine Frage oder Konflikt, eine bestimmte Stimmung oder (literarische) Tonart versprechen und drittens ein Motiv einführen. Ich finde, dass dir das aus meiner Sicht exzellent gelungen ist. Ich habe mich direkt gefragt wer Roth wohl ist, er hat für mich etwas bedrohliches und schon direkt am Anfang habe ich den Eindruck, dass er etwas Gewalttätiges ausstrahlt. Ich mache das an folgender Stelle fest:

»Der steht dir gut.« Er bleckt die Zähne, ich sehe ihn an und kann den Blick nicht abwenden.
Tja, ich konnte meinen Blick auch nicht mehr von der Geschichte abwenden.

Zum zweiten Punkt möchte ich sagen, dass ich den Eindruck hatte einer messerscharfen, sprachlichen Präzision zu begegnen. Da stimmt jedes Wort und die Atmosphäre ist für mich sofort spürbar. Es beginnt mit der kalten und rötlichen Ostsonne, gefolgt von den knisternden Nachtfaltern und baut sich sukzessive im Text weiter aus. Das ist einfach stark gemacht.

Bei den Motiven bilde ich mir ein, vor allem zwei zu erkennen. Einerseits ist das der Tod, den du geschickt durch die Nachtfalter einführst. Er tritt sozusagen auf den Tod, ist mit ihm verbunden und wie sich im weiteren Verlauf herausstellt, ist er selbst jemand, der den Tod bringt. Das zweite Motiv, das ich zu erkennen meine, ist Gewalt. Du führst sie durch Roth ein, der seine Zähne bleckt und ich habe ihn als eine bedrohende Kraft angesehen. Ich bin mir bei dem Punkt der Motive allerdings noch nicht so richtig sicher, ob ich Quinn hier richtig verstanden habe. Mich würden deine Gedanken dazu interessieren?

Insgesamt trifft dieser Text absolut meinen Lesegeschmack, denn er ist so rätselhaft und ich kann als Leser nach und nach versuchen, die Teile des Puzzles zusammensetzen (genau wie dein Protagonist). Außerdem schwingt in dieser Geschichte eine bedrohliche Atmosphäre mit, die mich fasziniert hat. Ich denke, dass Roth für mich da total ausschlaggebend war. Ich mochte es, dass du mir als Leser da die Freiheit gelassen hast, ihn mir selbst näher vorzustellen. Denn das passt bei einer so mysteriösen Figur meiner Meinung nach einfach. Mal hier ein Detail zu den langen, schmalen Fingern, die Muskulatur, die Klauen - das reicht mir absolut aus.

Am Ende habe ich noch eine kleine Anmerkung, wo ich ein kurzes Fragezeichen hatte:

»Hör auf, mich anzustarren«, sage ich.
Roth lächelt, öffnet die Augen.
Er starrt ihn an und öffnet erst danach seine Augen? Das ist mir noch nicht ganz klar geworden, macht den Text aber natürlich mysteriös.


Ich finde diese Geschichte faszinierend und habe sie eben mal mit einer meiner Geschichten verglichen, die ich gerade schreibe. Habe direkt mehr als 2/3 rausgestrichen. Es gilt wirklich, den eigenen Anspruch an sich selbst zu erhöhen, wenn ich mich beim Schreiben verbessern will. Das hat deine Geschichte bei mir ausgelöst und ich wollte dir das mitteilen.


Beste Grüße
MRG

 

Hallo @Achillus

durch @MRG ist Dein Text wieder nach oben gerutscht und ich hab ihn entdeckt. Zuerst hab ich Deinen Text einmal überflogen und kaum was kapiert. Dann hab ich mir diverse Kommentare durchgelesen und nochmal begonnen. Dreimal insgesamt hab ich den Text jetzt gelesen und stehe immer noch vor diversen Rätseln. Dein Schreibstil ist toll, der Text dicht und atmosphärisch. Du erzeugst Spannung - nur dadurch, dass ich mich ständig frage: Was hat das zu bedeuten? Warum? Weshalb? - werde ich ständig aus dem Fluss gerissen. Vielleicht bin ich einfach nicht der Typ für solche "Rätseltexte", keine Ahnung.

Hier ein paar Anmerkungen:

»Hör auf, mich anzustarren«, sage ich.
Roth lächelt, öffnet die Augen. »Du bist schön, wenn du schläfst.«

Hier gings mir zuerst wie @MRG - hab mir gedacht, dass ist ein Fehler.
Dann - weiter unten schreibst Du "beobachtet mich durch geschlossene Augen" und wenn ich interpretiere, dass Roth eine Art Dämon/ Teufel ist oder eine der Schizophrenie entsprungene Figur - dann hat er wohl die Eigenschaft, den Prota durch geschlossene Augen betrachten zu können. Von demher passt es dann für mich, auch wenn es ein seltsames Bild heraufbeschwört.

Ich schlage die Decke zurück, steige benommen aus dem Bett, halte inne. Auf den Dielen wieder tote Nachtfalter. Sie knistern unter meinen Füßen, als ich ins Badezimmer gehe.

Gut beschrieben. Hab ich förmlich selbst gespürt und Gänsehaut bekommen.

Hier dachte ich zuerst, sie sind irgendwo in einem exotischen Land - weiter unten erwähnst Du die Frankfurter Skyline. Das hat mich ein wenig irrirtiert, aber das ist wohl beabsichtigt bei dem rätselhaften Text.

Ich setze das Glas an die Lippen, trinke einen Schluck. Aus den Augenwinkeln sehe ich Roth neben mir, sehe die harten Züge seines Gesichts. Sehe seine schmalen Augen.
»Nun, es ist ein Werk mit einer bewegten Geschichte«, sage ich.
»In der Tat«, erwidert Brendler und in eigenartigem Ton, wie zu sich selbst: »Aber das sieht man ihm nicht an.«

Ich persönlich mag keine Wortwiederholungen, vielleicht bist du da anderer Meinung.

Vorschlag: Aus den Augenwinkeln sehe ich Roth neben mir, die harten Züge seines Gesichts, seine schmalen Augen.

Ich spüre, wie mir der Schweiß auf die Stirn tritt. Ich sage ihr, dass heute mein Kopf wie leer war, dass mich alle angestarrt haben, dass ich dachte, ich müsste ersticken …

dass mein Kopf heute wie leer war

»Heute den hier?« Roth lehnt in der Tür und hält mir den Anzug von Brioni entgegen.
Ich sage nichts.

So, zu allererst dachte ich, der Prota ist ne Frau und Roth der Geliebte.
Dann kommt der Anzug uns Spiel und ich habe ein Bild von nem homosexuellen Pärchen im Kopf - durch die Sexszene mit der Frau dachte ich dann an bisexuell (zumindest einer der Männer) gepaart mit voyeuristischen Tendenzen.

»Die Muschi riecht gut«, sagt Roth, als Jasmin in das Taxi steigt.

Die Bemerkung hat meinen Eindruck zunächst bestätigt.

Im Westen setzt der Glutball der Sonne die Frankfurter Skyline in Brand. Noch immer flimmert die Luft über der Stadt, aber hier auf der Terrasse ist es kühl

Und hier war ich dann plötzlich in Deutschland angekommen.

Ich klappe den Laptop zu. Roth sitzt mit übergeschlagenem Bein auf dem Sofa und döst, aber ich weiß, dass er mich durch die geschlossenen Augenlider beobachtet.

Diese Bemerkung hat mich dazu gebracht, den Einstieg nicht anzumeckern.
Roth scheint andere durch geschlossene Augen beobachten zu können. Ich nehme das mal so hin.

Ich geh dann mal«, sage ich, als Roth mir ein Zeichen gibt.
Jasmin zuckt die Schultern. »Kannst ruhig bleiben«, sagt sie.

Irgendwie fand ich das beim Lesen von Absatz zu Absatz skurriler. Also die Bilder im Kopf waren einfach mega verwirrend.

Ich sehe ihn an, sehe die Muskeln seiner Arme, die Sehnen über Hals und Brust. Die Klauen.
»Ich will das nur noch zu Ende bringen«, sage ich. »Und dann bin ich frei.«
Roth lacht, reicht mir den Laptop. »Dann ans Werk! Ich kümmere mich um den Kaffee.«

Hier hab ich dann an Dämon/ Teufel entsprungen aus der Schizophrenie gedacht.
Wobei - das Bild, dass Roth Kaffee macht hat alles wieder zerstört.

Alles in allem hab ich mich gefragt, was Du mit der Geschichte vermitteln willst. Du schreibst total gut, keine Frage, sprachlich topp. Du erzeugst super Atmospäre. Aber warum das ganze Rätselraten?

LG Silvita

 

Hallo MRG, vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren meiner Geschichte.

Ich weiß nicht genau, auf welches Motiv sich Qinn in seinen Erläuterungen bezogen hat. Wenn es um die Motive der handelnden Figuren geht, ist aus meiner Sicht zu sagen, dass der Leser nachvollziehen können soll, was eine Figur antreibt. Im Fall dieser Geschichte ist das bei dem Ich-Erzähler die Bemühung, den Pakt mit dem Dämon zu erfüllen, seine Schuld zu begleichen.

Wenn es um das Motiv der Geschichte geht, in dem Sinne, welche Metaaspekte eine Story anspricht, also Rache, Schuld, Liebe usw. dann sehe ich auf jeden Fall, dass der Tod hier eine Rolle spielt. Es geht mir aber noch eher darum, eine Verbindung zu schaffen, zwischen den Verbrechen der Vergangenheit (die Rolle des Vaters und die der Menschen, die der Ich-Erzähler aufstöbert) und denen des Hier und Jetzt (die Rolle des Sohnes).

Der Sohn hilft dem Dämon dabei, Menschen die früher Verbrechen begangen haben, ausfindig zu machen und zur Strecke zu bringen. Denn das Ganze ist eine Jagd. Auf merkwürdige Weise haben die gewalttätigen Aspekte all dieser Leben eine Verbindung geschaffen, die unversöhnlich und unauflöslich andauert. So ist eben auch zu vermuten, dass der Ich-Erzähler nach Beendigung seines Pakts mit Roth nicht einfach ein friedvolles Leben führen wird. Eines Tages werden auch ihn die Taten der Vergangenheit einholen, sei es der Mord an seinem Vater (es zu vermuten, dass Roth ihn in der Ausführungen dieser Tat unterstützt hat) oder auch an Menschenjagd gemeinsam mit Roth.

Alles in allem zeigt das Ganze, dass Gewalt und insbesondere viele der ihr zugrunde liegenden emotionalen Mechanismen nicht einfach von selbst verschwindet, sondern wie ein Organismus von Generation zu Generation überlebt, häufig im verborgenen.

Um die dämonischen Fähigkeiten von Roth zu unterstreichen, habe ich ihn als einem unheimlichen Begleiter des Ich-Erzähler beschrieben, der beispielsweise dazu fähig ist, die Umgebung durch seine geschlossenen Augen zu beobachten. Das sollte andeuten, dass seine Erscheinung nur eine Maske ist.

Ich freue mich, dass meine Geschichte Dich inspiriert hat und danke Dir für Deine Rückmeldung.


Gruß Achillus

Wird fortgesetzt …

 

Hallo Silvita, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich finde es sehr nett, dass Du Dir so viel Mühe mit dem Text gegeben hast.

Du schreibst: Du erzeugst Spannung - nur dadurch, dass ich mich ständig frage: Was hat das zu bedeuten?

Hm, naja – so sollte es eigentlich nicht sein. Das Vorenthalten bzw. Dosieren von Information ist natürlich literarisches Handwerkszeug, ein Mittel um die Wahrnehmung des Lesers in gewisser Hinsicht zu lenken. Das allein sollte aber nicht der einzige Grund sein, weshalb eine Geschichte spannend ist.

Hans-Dieter Gelfert hatte dazu mal was geschrieben, das in die Richtung der Unterteilung von Längs- und Querspannung einer Geschichte ging, wenn ich mich richtig erinnere. Also die Längsspannung wird durch die Frage bestimmt, wie es weitergehen mag, was die bisherigen Ereignisse im Kontext der Gesamtentwicklung bedeuten.

Die Querspannung hingegen betrifft Konflikte, die sich quer zur Längsspannung entfalten. In meiner Geschichte könnte das das Verhältnis zwischen dem Ich-Erzähler und Roth sein, also die Frage, was zwischen diesen beiden Figuren eigentlich vor sich geht.

Du beschreibst außerdem, dass Du durch das Rätseln aus dem Lesefluss geworfen wurdest. Das ist problematisch, auch wenn ein gelegentliches Innehalten und Überdenken während des Lesens eigentlich keine schlimme Sache ist. Aber wenn Du dadurch den Kontakt zum Text verlierst, ist es nicht ideal.

Ich bin selbst gar kein Freund von übermäßig rätselhaften Texten. In diesem Fall fand ich das Ganze aber nicht zu verwickelt, wenn man einmal das Mephisto-Motiv erkannt hat, also den Teufelspakt. Grundsätzlich ist das als Autor schwierig einzuschätzen. Im eigenen Kopf ist alles ganz klar, man kann sich schwer in den Kopf des Lesers hineinversetzen. Wann ist eine Info eindeutig, wann ist sie zu subtil?

Ich danke Dir für Deine Zeit und Deine Rückmeldung, Silvita.

Gruß Achillus

 

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