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Ruhe im Hexenhäuschen

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07.04.2008
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Ruhe im Hexenhäuschen

Die kleine Krähe Fricka hatte Angewohnheiten, mit denen sie die alte Hexe Hedda in den Wahnsinn treiben konnte. Sie hüpfte gerade über einen wurmstichigen Tisch, und krächzte dabei, wie sie noch nie zuvor gekrächzt hatte. Hedda wippte unterdessen in ihrem roten Schaukelstuhl hin und her, blätterte fahrig in einem dicken Zauberbuch herum, und warf der Krähe immer wieder missmutige Blicke zu.

Dem schweren Unwetter, das an dem Häuschen rüttelte, schenkten die beiden keine Beachtung. Fricka nicht, weil sie in ihr Krächzen und Hüpfen vertieft war, dass sie für liebreizenden Gesang und anmutigen Tanz hielt. Und Hedda, die so gerne lesen wollte, konnte wegen des Lärms weder dem Zauberbuch, noch sonstigen Dingen ihre Aufmerksamkeit schenken.

Gesang, lieblicher Gesang, lästerte sie in Gedanken über den Vogel. Das ich nicht lache. Das hört sich an, als zersäge jemand einen Kontrabass. Und tanzen? Pah! Zu solchen Verrenkungen kann man doch nicht tanzen sagen. Das sieht eher nach taumeln aus. Als wäre sie von einer Kutsche angefahren worden.

Sie kratzte nervös an der Warze auf ihrem Kinn, die so groß war, dass man eine Brezel daran hätte aufhängen können.

„Was machst du nichtsnutziger schwarzer Federballen wieder für ein Lärm?", platzte es plötzlich aus ihr heraus. "Wie soll ich denn da lesen? Sei sofort still!“

Doch Fricka wollte singen. „Rrraaahhh! Rrrraaaahhhh! Rrrrraaaahhhhh! Rrrraaahhh!“, krächzte sie den neuesten Hit der Waldelfe Gundula, und versuchte vergeblich den traurigen Klang ihrer Stimme zu imitieren, mit der sie ihrem goldenen Kamm nachtrauerte, der auf den Grund eines tiefen Waldsees hinabsank.

Na warte, dachte Hedda, und überlegte, wie sie die Krähe zum schweigen bringen konnte. So erhob sie sich aus ihrem Schaukelstuhl, ging zu einem Regal, und sah mit schiefgehaltenem Kopf die darauf stehende Bücherreihe durch. Einen Augenblick später zog sie ein kleines graues Buch heraus und blätterte darin herum. Fricka, die sich weiterhin den schönen Künsten hingab, hielt inne, als Hedda plötzlich laut aus dem Büchlein vorlas.

„Krähenragout mit Salat. Klingt nicht schlecht. Krähe in Aspik. Hört sich lecker an. Oh! Krähe am Spieß mit Weisweinsoße. Das hatte ich schon lange nicht mehr.“

Fricka konnte zuerst gar nicht glauben, was die Hexe da von sich gab. Doch die heißhungrigen Blicke, die sie ihr zuwarf, und wie sie sich dabei mit der Zunge die runzligen Lippen leckte, offenbarten eindeutig ihre Absicht. Die Alte wollte sie fressen.

Wie von der Tarantel gestochen, flatterte sie mit einem mal in der Stube umher. Warf eine Tasse vom Tisch, landete auf dem Schrank, sprang von Fensterbrett zu Fensterbrett, und klopfte dabei verzweifelt mit ihrem Schnabel gegen die schmutzigen Scheiben.

Als die Hexe sah was sie angerichtet hatte, hielt sie sich erschrocken die Hände vor den Mund. Wäre sie doch nicht den Anweisungen des Kapitels Nur eine ängstliche Krähe ist eine ruhige Krähe in dem Buch gefolgt.

„Entschuldigung!“, rief sie immer wieder. „Ich hab es doch nicht so gemeint!“ Aber es dauerte eine Weile, bis Fricka sich wieder beruhigt hatte.

Anschließend servierte sie der Krähe ihre Lieblingsspeise. Heuschreckensuppe mit extra viel frittierten Rosinenkuchenwürfel. Während die Krähe aß, erzählte ihr die Hexe, dass sie früher eine begeisterter Fan der Hinkenden Tannensänger war, und stimmte den Refrain über den tollpatschigen Ritter Kuniberts an, der gegen einen Drachen auszog.

„Feuer, das war sein Letztes Wort,
da trugen ihn die Englein fort.“

Fricka kannte das Lied, krächzte mit vollem Mund mit, und versuchte sich anschließen an dem Song Ich habe ein Schloss, und du hast nichts, der Hochmütigen Prinzessinnen. So ging es eine Weile ausgelassen hin und her.

Dann spielten sie Mühle bis spät in die Nacht hinein, so lange, bis Fricka schließlich müde auf dem Tisch einschlief. Vorsichtig hob die Hexe sie mit beiden Händen auf, und setzte sie in einen Korb mit frischem Heu. Und das Büchlein Ruhe im Hexenhäuschen! Aber wie? warf Hedda, bevor sie sich selbst schlafen legte, ins prasselnde Kaminfeuer.

 

Hallo Benji,

Ein nettes kleines Märchen. Vom Schreibstil her und wegen der Moral am Ende passt die Geschichte vielleicht besser in die Rubrik "Kinder". Dafür würde auch sprechen, dass du die Hexenhütte und ihre beiden Bewohner sehr anschaulich beschreibst.

Hat mir trotz der Kürze gut gefallen.

LG Kaipi

 

Hallo Kaipi

Da hast du recht. Da ich neu bin, muss ich mich ersteinmal damit vertraut machen, wie das geht.

Grüße Benne

 

Aloha!

Erneut sage ich frei heraus, dass ich die kleine Erzählung von der Idee und ersten Umsetzung schon als sehr gelungen betrachte und ich schließe mich Kaipi an, „Ruhe im Hexenhäuschen“ doch im Forum für Kinder anzubieten. Nicht, weil sie grundsätzlich nicht hierher passen würde, sondern weil sie gerade dorthin passt. Jedenfalls soweit ich das als Nicht-Pädagoge beurteilen kann. ;)

Im Gegensatz zum „hässlichen Wildschwein“ besteht m.E. kein Anlass beim inhaltlichen Nachfassen, es tauchen dennoch Problemchen auf, die einfach auszumerzen sind. Hervorheben möchte ich, dass Inhalt, Länge, Präsenz der Charaktere und auch die schlussendliche Logik als sehr ausgewogen erscheinen. Mit anderen Worten: Hat mir in der Zusammenstellung gut gefallen, habe die Erzählung gerne gelesen.


Dinge, die mir auffielen:

Die Krähe Fricka hatte Angewohnheiten, mit denen sie Hedda, eine alte Hexe, in den Wahnsinn treiben konnte.
-> Wenn Du es wirklich für Kinder aufbereiten möchtest – was ich empfehle -, dann muss an dieser Stelle bereits zwingend die Beziehung zwischen den beiden deutlich werden. Uns Verwachsenen erschließt sich dies durch den Text, je nach Alter der Konsumenten muss aber deutlich werden, dass die beiden zusammen leben.

Ganz merkwürdig hüpfte sie gerade über einen wurmstichigen Tisch, und krächzte dabei, wie sie noch nie zuvor gekrächzt hatte. Während Hedda in ihrem roten Schaukelstuhl saß, und ungehalten ein Zauberbuch durchblätterte.
-> Das „merkwürdig“ ist beliebig und nichtssagend. Hier kann bereits erklärt werden, dass Hedda sich – für einen Vogel – seltsam verrenkt etc.
-> Wiederholung: krächzte/gekrächzt
-> hatte, während (Es besteht in der Formulierung ein kausaler Zusammenhang zwischen den Sätzen, der offenkundig auch gewollt ist. Die Hexe ist ungehalten, weil die Krähe so einen Radau macht ... – Andere Variante: ... gekrächzt hatte. Hedda wippte unterdessen in ihrem flammroten Schaukelstuhl hin und her, blätterte ungehalten in einem unfassbar dicken Zauberbuch und warf der Krähe immer wieder einen missmutigen Blick zu.)

Dem schweren Unwetter das an dem Häuschen rüttelte, schenkten die beiden keine Beachtung.
-> Unwetter, das

„Gesang, lieblicher Gesang“, lästerte sie in Gedanken über den Vogel. „Das ich nicht lache. Das hört sich an, als zersäge jemand einen Kontrabass. Und tanzen? Pah! Zu solchen Verrenkungen kann man doch nicht tanzen sagen. Das sieht eher nach taumeln aus. Als wäre sie von einer Kutsche angefahren worden.“ Sie kratzte nervös an der Warze auf ihrem Kinn, die so groß war, dass man eine Brezel daran hätte aufhängen können: „Was machst du nichtsnutziger schwarzer Federballen wieder für ein Lärm", platzte es plötzlich aus ihr heraus? "Wie soll ich denn da lesen? Sei sofort still!“
-> Nichtwörtliche Rede macht sich wesentlich besser und liest sich um vieles einfacher ohne Anführungszeichen und dafür kursiv.
-> Der gesamte Absatz ist wie aus einem Guss und kein Augenschmaus ... Zeilenumbruch! Bitte!
-> Taumeln
-> können. (Der Satz ist hier abgeschlossen. Zeilenumbruch.)
-> nichtsnutziger, schwarzer
-> platzte es endlich aus (Das ist nicht plötzlich, denn sie ist schon die ganze Zeit von dem Vogel genervt.)
-> wieder für einen Lärm?“, platzte es endlich aus ihr heraus. (Das Fragezeichen steht am Ende der wörtlichen Rede und der Beisatz wird zusätzlich mit Beistrich abgetrennt.)

Insgesamt kann das dann so aussehen:
Gesang, lieblicher Gesang, lästerte sie in Gedanken über den Vogel. Das ich nicht lache. Das hört sich an, als zersäge jemand einen Kontrabass. Und tanzen? Pah! Zu solchen Verrenkungen kann man doch nicht tanzen sagen. Das sieht eher nach Taumeln aus. Als wäre sie von einer Kutsche angefahren worden.

Sie kratzte nervös an der Warze auf ihrem Kinn, die so groß war, dass man eine Brezel daran hätte aufhängen können.

„Was machst du nichtsnutziger, schwarzer Federballen wieder für ein Lärm?", platzte es endlich aus ihr heraus. "Wie soll ich denn da lesen? Sei sofort still!“

Doch Fricka wollte singen und tanzen: „Rrraaahhh..., rrraaaahhhh..., rrraaaahhhhh...“, krächzte sie, und hüpfte auf und ab.
-> tanzen.
-> Der dreifache Punkt ist ein Auslassungszeichen und steht nur am vorangehenden Wort, wenn Teile eines Wortes ausgelassen werden. Generelle Auslassung anderer Wörter wird durch Leerzeichen vom vorangehenden, eigenständig stehenden Wort getrennt. Nun ist ja das Gekrächze kaum als Wort zu bezeichnen, hier nimmt es aber diese Position ein. ich schlage vor, auf die Auslassungszeichen zu verzichten und an deren Stelle jeweils ein Ausrufezeichen (ohne Komma dazwischen und jeweils groß weiter.) zu setzen, um zu unterstreichen, dass es sich um lautstarkes Gekrächze handelt. Obendrein würde ich die Zeichenfolge in den drei Ausrufen ändern, um zu unterstreichen, dass die Krähe „singt“, also jeweils andere Laute verwendet. Kümmelspalterei? Nein. ;)

„Na warte“, dachte Hedda, ...
-> Na warte, dachte Hedda (bei sich), ...

So erhob sie sich aus ihrem Schaukelstuhl, ging zu einem Regal, und sah mit schiefgehaltenem Kopf die darauf stehende Bücherreihe durch.
-> Sie erhob sich aus (Besser ist es, dass sie nur einfach aufsteht, da „sich erheben“ bereits gehobener Sprachgebrauch ist, der sich Kindern möglicherweise nicht erschließt.)

Einen Augenblick später, zog sie ein kleines graues Buch heraus, und blätterte darin herum.
-> Kommas weg.

Landete auf dem Schrank, warf eine Tasse vom Tisch, sprang von Fensterbrett zu Fensterbrett, und klopfte dabei verzweifelt mit ihrem Schnabel gegen die schmutzigen Scheiben.
-> Logik: Reihenfolge beachten! Erst die Tasse auf dem Tisch umwerfen, dann auf den Schrank ...

Wäre sie doch nicht den Anweisungen des Kapitels; Nur eine ängstliche Krähe ist eine ruhige Krähe, in dem Buch gefolgt:
-> Kapitels Nur ... (Was macht der Strichpunkt da?)
-> ... ruhige Krähe in dem Buch gefolgt. (Kein Komma, kein Doppelpunkt.)

„Entschuldigung“, rief sie immer wieder! Und: „Ich hab es doch nicht so gemeint!“
-> Das Ausrufezeichen steht am Ende der wörtlichen Rede, nicht am Ende des Beisatzes – und die wörtl. Rede wird vom Beisatz zudem durch den Beistrich abgetrennt. Also: „Entschuldigung!“, rief sie immer wieder.
-> Auf das „Und:“ kannst Du verzichten, da uns allen klar ist, wer hier weiter spricht. Also nach dem Ende des Beisatzes mit wörtlicher Rede weiter.

Heuschreckensuppe mit extra viel frittierten Rosinenkuchenwürfel.
-> Äh ja ... ;) Lecker!!!

Und dann spielten sie Mühle bis spät in die Nacht hinein. Solange, bis Fricka schließlich müde auf dem Tisch einschlief. Vorsichtig hob die Hexe sie mit beiden Händen auf, und setzte sie in einen Korb mit frischem Heu.
-> Weg mit dem „Und“.
-> Dann spielten sie Mühle bis spät in die Nacht hinein, so lange, bis ...
-> auf und (Ohne Beistrich.)

Und das Büchlein; Ruhe im Hexenhäuschen! Aber wie?, warf Hedda, bevor sie sich selbst schlafen legte, ins prasselnde Kaminfeuer.
-> Strichpunkt überflüssig, erster Beistrich überflüssig.

shade & sweet water
>x<

 

Vielen Dank Xadhoom für deine ausführliche Kritik. Dass ist genau was ich brauche. Sobald ich mit der Überarbeitung fertig bin, melde ich mich wieder.

Benji

 

Hallo Leute

hier die neueste Version von Ruhe im Hexenhäuschen. Doch der Anfang macht mir immer noch zu schaffen. Wieso hat die Krähe überhaupt Angst vor der Hexe?
Weil sie sie noch nicht solange kennt!
Daher arbeite ich gerade an einer Geschichte, in der ihr erstes Zusammentreffen beschrieben wird.

Grüße Benne

 

Hallo Benji,

ein wenig Textkram hab ich noch gefunden:

Das ich nicht lache.
--> Dass ich nicht lache.

mit der sie ihrem goldenen Kamm nachtrauerte, der auf den Grund eines tiefen Waldsees hinabsank.
Besser wäre: hinabgesunken war.

dass sie früher eine begeisterter Fan der Hinkenden Tannensänger war
gewesen war

Krähe am Spieß mit Weisweinsoße.
Weißweinsoße

Ansonsten kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen. Eine rundum niedliche Geschichte (und das meine ich positiv), die ich mit einigem Schmunzeln gelesen habe. Vor allem die von dir eingeführten Sängerformationen und Liedertitel sind große Klasse. Und ich mag das Ende, wo Hedda behutsam die schlafende Krähe in ihr Körbchen bettet.

Wenn du gerade an einer Geschichte über das erste Zusammentreffen der zwei schreibst, wird das hoffentlich eine Serie. Ich jedenfalls würde gerne mehr über dieses herrliche Paar lesen.

Für den ersten Satz könntest du dir ja etwas überlegen wie:
Die Krähe Fricka wohnte noch nicht lange bei der alten Hexe Hedda. Doch schon jetzt merkte Hedda, dass Fricka Angewohnheiten hatte, mit denen sie ...

Gerne gelesen, schöne leichte Kost für zwischendurch.

Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 

Hallo Benji,
als ich den Titel sah, wollte ich unbedingt wissen, was im Hexenhäuschen geschieht - ich liebe Geschichten mit den klassischen Hexenmotiven.
Und ich finde, dass Du sehr gelungen die Balance hältst zwischen den Klischees (so dass die Szenen gut vorstellbar ist) und originellen Ideen, die die eigentliche Geschichte ausmachen.
Deine KG hat mir ein entspanntes Feierabendlächeln ins Gesicht gezaubert, und ich würde gerne noch mehr von Fricka und Hedda lesen!
Herzliche Grüße von anzim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Benji,
ich muss mich in einigen Punkte meinen Vorgängern anschließen, vor allem was die Rubrik angeht.
Mir hat diese kleine Geschichte sehr gut gefallen. Die beiden Gesellen(innen) hast du sehr anschaulich beschrieben und mir gefiel die Beschreibung recht gut, vor allem die der Hexe (erinnert mich an die Hexe von Martinez).
Der Anfang hört sich allerdings etwas seltsam an. Im Laufe der Geschichte ist ein Wandel in deinem Schreibstil zu erkennen (zumindestens für mich). Gegen Ende wirst du besser, flüssiger. Dieser schon fast märchenhafte Stil, der am Anfang durchscheint, verliert sich relativ schnell. dennoch hier mal als Tipp erwähnt.
Sonst, wie gesagt, gefiel es mir sehr gut.

Tar Calion

 

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