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Schönes Wochenende

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21.11.2008
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Schönes Wochenende

Vorsichtig drücke ich die schwere Klinke hinunter und öffne die Tür. Nachmittagssonne fällt durch die großen Fenster in das Zimmer; die Terrassentür ist weit geöffnet. Ich lausche. Nichts, nur das Ticken der Wanduhr durchbricht die Stille. Was hatte das laute Poltern eben zu bedeuten? Langsam betrete ich das Zimmer. Einbrecher? Mein Herz rast. Mein Blick geht suchend umher – ich muss mich mit irgend etwas bewaffnen.

Plötzlich höre ich ein Röcheln. Panisch schaue ich in die Richtung, aus der das Geräusch kommt. Oh je, er liegt dort hinten auf dem Boden! Schnell bin ich bei meinem Mann, beuge mich zu ihm hinab. Er ist bleich und hat Schweißperlen auf der Stirn. „Hilf mir“, stößt er kraftlos hervor, „...Schmerzen - in der Brust...“ Sein Atem geht pfeifend. Ein Herzinfarkt, schießt es mir durch den Kopf. Zitternd kniee ich mich neben ihn, nehme seine Hand in meine. So hilflos habe ich Gerhard noch nie gesehen. Tränen schießen mir in die Augen.

„Keine Luft“, röchelt mein Mann. Was soll ich tun? Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Mein letzter Erste-Hilfe-Kurs liegt Jahre zurück. Wiederbelebungsversuche macht man ja wohl erst bei einem Atemstillstand, aber noch atmet er. Mit fahrigen Fingern öffne ich die Knöpfe seines Oberhemds, um ihm das Luftholen zu erleichtern. Müssen die Beine hoch gelagert werden? Sein Atem wird flacher. Ich bin total kopflos. Wenn er jetzt stirbt ... Bitte, Gerhard, lass mich nicht allein.

Gerhard ....
Kennengelernt habe ich ihn über eine Kontaktanzeige. Finanziell ging es mir gut, ich hatte einen interessanten Beruf, lebte in einem großen Haus, fuhr ein teures Auto, doch es gab viele einsame Stunden, in denen ich mich nach Liebe, Zärtlichkeit und einer Schulter zum Anlehnen sehnte. Ich kann nicht behaupten, dass mir die Männer zu Füßen lagen, sonderlich attraktiv war ich nie, und auch die vielen Diäten, die ich ausprobierte, führten zu keinem wirklichen Erfolg.

Doch dann kam er! Seine blauen Augen haben mich sofort in ihren Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Er war unglaublich charmant und umgarnte mich nach allen Regeln der Kunst. Ich war hin und weg. Mein Traummann, die Liebe meines Lebens, ich schwebte auf Wolke sieben. Er hat mir gezeigt, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Als wir heirateten, war ich der glücklichste Mensch der Erde. Ach, Gerhard ...

Bald darauf zeigte er jedoch sein wahres Gesicht, war unausgeglichen und streitsüchtig. Zärtlichkeiten hatte er kaum noch für mich übrig, dabei sehnte ich mich so nach seiner Liebe. Er zeigte mir deutlich, dass er keine Gefühle für mich hegte, sondern mich einzig und allein wegen meines Geldes geheiratet hatte. Seine Seitensprünge hat er anfangs noch vor mir verheimlicht, später war es ihm egal, ob ich etwas merkte oder nicht. Wie habe ich gelitten! Ich saß brav zu Hause und wartete auf seine Rückkehr – wie ein Hund. Mehr als einmal warf ich ihn aus dem Haus, aber wenn er dann wieder vor mir stand, brauchte er mir nur tief in die Augen zu blicken und mit der Hand über meinen Rücken zu streicheln, schon schmolz ich dahin und war wie Wachs in seinen Händen. Ich ließ mich von ihm demütigen, immer und immer wieder!

Lautes Röcheln unterbricht die Gedanken, die wie wild in meinem Kopf herumrasen. Gerhard! Auf seiner Stirn haben sich dicke Schweißtropfen gebildet, ein Stöhnen entfährt seinen Lippen. Aus stahlblauen Augen sieht er mich durchdringend an. Ich muss etwas tun! „Sei ganz ruhig, ich rufe jetzt die Feuerwehr“, flüstere ich. „Du schaffst es!“ Ich hebe meine Hand, um ihm über das Gesicht zu streichen, lasse sie dann aber wieder sinken und stehe hastig auf.

Meine Beine zittern. Wo liegt bloß das Telefon? Da, auf dem Tisch!
Fahrig greife ich zum Apparat, tippe die Nummer ein. Ruhig, ganz ruhig. Ich hole tief Luft, atme ein und aus, ein und aus, schaue dabei auf meinen Mann hinunter. Die Augen sind jetzt geschlossen, sein Gesicht ist kalkweiß, aber der Brustkorb hebt und senkt sich. Ein Freizeichen ertönt, einmal, zweimal, dreimal, viermal. Panik macht sich in mir breit, lässt meine Finger feucht werden. Verdammt, warum nimmt niemand ab? Fünfmal, sechsmal - endlich !

„Hallo, ich bin’s. Steht deine Wochenendeinladung noch? Ich habe mir nämlich gerade überlegt, dass mir etwas Abwechslung ganz gut täte. Wenn es dir passt, fahre ich gleich los und bin dann in 3 Stunden bei dir in Hamburg.“

So, jetzt muss ich schnell ein paar Sachen für das Wochenende packen, dann mache ich mich auf den Weg zu meiner Schwester. Energisch schließe ich die Terrassentür, ziehe die Gardine davor, werfe einen letzten Blick auf Gerhard. Er röchelt immer noch. Vielleicht bleibe ich auch ein oder zwei Tage länger.

 

Zu allererst: Dies ist die Kritik einer Anfängerin :)

Meiner Meinung nach ist die Geschichte inhaltlich sehr gelungen. Das Ende erinnert mich an eine Geschichte von Roald Dahl...trotzdem passt er hier sehr gut rein und gibt der Geschichte ihre "Einzigartigkeit"...

An deiner Stelle würde ich das ganze vom sprachlichen her noch einmal überarbeiten... Ich würde am Anfang deutlicher machen, dass gar kein Einbrecher im Haus ist, ich habe erst beim zweiten Durchlesen realisiert dass "dein" Ehemann gar kein angeschossenes Opfer eines Einbrechers ist sondern einen Herzinfarkt erleidet.

"Natürlich, ich muss 112 anrufen, damit er ins Krankenhaus gebracht wird." Diesen Teil würde ich weglassen, der passt überhaupt nicht zum Ende.
Schließlich ist deine Heldin zu keinem Zeitpunkt 100% entschlossen dem Mann zu helfen, oder?

Ich hoffe du verstehst was ich ausdrücken wollte :)

 

Hallo goldblond,
spätestens ab dem Satz: 'Vor zehn Jahren habe ich Gerhard...' ist vollkommen klar, dass sie ihn sterben lassen wird. Die Geschichte ist einfach überhaupt nicht spannend, sie zählt eine klischeehafte Anhäufung bekannter Bausteine solcher Paargeschichten auf, und alles ist vorhersehbar. Roald Dahl wäre sicher ein guter Lesestoff, doch ich finde nicht, dass Deine Geschichte Ähnlichkeit mit seinen hat.
LG,
Jutta

 

Hallo goldblond!

Sorry, aber für eine Spannungsgeschichte bzw. einen Krimi ist mir das zu wenig. Die Grundsituation, also dass sie ihren Mann einmal geliebt hat, sich das aber bis zum heutigen Tag dermaßen geändert hat, dass sie ihn verrecken lässt, wird viel zu kurz abgehandelt, daher ist das für den Leser auch kaum nachvollziehbar. Da muss mehr Butter bei die Fische. Lass den Leser erst die Liebe, dann den aufkommenden Hass spüren, so dass er mitfiebern kann. Zeig uns Gerhards "wahres Gesicht" (am besten in einer Szene, live in der Rückblende), behaupte nicht nur, dass er eines gehabt hätte.

Grüße
Chris

 

Hallo Chris,
vielen Dank für deine konstruktive Kritik. Du hast Recht! Bei Gelegenheit werde ich die KG umschreiben, vielleicht wird dann was draus.....
Gruß,
goldblond

 

Hi. Immerhin ist deine Geschichte kurz und absolut nicht ausufernd. Das kann man hier nicht von allen sagen. Außerdem ist jedem klar ersichtlich, was die Geschichte ist, die du erzählen willst. Noch ein nicht selbstverständlicher Pluspunkt. Ich sage das alles, weil ich selbst dazu neige, auszuufern und meine Geschichte nicht zu kennen.

Trotzdem ist etwas Wahres an den Kritiken meiner Vorgänger. Die Geschichte ist etwas lieblos erzählt. Die Kürze sollte als Eigenschaft erhalten bleiben, jedoch fände ich es besser, die gesamte Geschichte live passieren zu lassen. Die Erzählerin, die scheinbar rückwirkend alles vorträgt, lässt die Personen nicht lebendig werden. Schreibe aus einer personalen Sicht. Mache die Rückblenden über Gerhard vielleicht als Gedankenströme oder Innere Monologe. Versuche deine Erzählstimme stark zurückzuschrauben und Die Geschichte durch die Tätigkeit deiner Figuren passieren zu lassen.

Das sind meine Ratschläge.

 

Hallo goldblond,

einfach einige Absätze umsortieren, und schon wird deine Geschichte spannender!
Meine Vorschläge:
Absatz 1 OK
Abs. 2 OK
jetzt Abs. 4 anschließen
dann Abs. 5
dann Abs. 7
dann den Satz aus Abs. 9: Wo ist bloß das Telefon? Da, auf dem Tisch! Jetzt muss ich handeln!
Und nun kommt die Wende. Während sie das Telefon in der Hand hält, wirft sie einen Blick zurück auf das röchelde Etwas und auch in die Vergangenheit.
Diesen Rückblick kannst du aus den Absätzen 3+8 bilden. Aber schön langsam, lass sie zwischendurch zaudern.
Absatz 6 würde ich ganz streichen.
Der Rest von Abs. 9+Abs.10 bilden das Ende.

Noch ein Tipp für die Frau in deiner Geschichte: Bleib nicht länger als 2 Tage in Hamburg, sonst stinkt er zu sehr, wenn du zurück kommst!

Viel Spaß beim Jonglieren

Asterix

 

Hallo Asterix, ich habe erst vor kurzem deinen Kommentar gelesen und mich an die Änderung gewagt......

 

Die frühere Version der Geschichte kenne ich nicht, aber diese gefällt mir. Natürlich ist sie, was Hintergründe betrifft, mehr tell denn show, aber für eine Anfängerin :) schon ganz ordentlich. Wenn man etwas ändern müsste, dann der Einbau einer echte Begebenheit, die zeigen würde, wie dieser Gerhard wirklich war. Ich könnte mir Folgendes vorstellen: er kommt gerade nach Hause von einem dieser Abenteuer (wo er sich vielleicht völlig verausgabt hatte), erzählt das auch seelenruhig seiner Frau, es kommt zum Streit mit anschließendem Herzinfarkt – der Rest der Geschichte könnte dann bleiben.

Natürlich kann die Geschichte auch so bleiben, denn sie lebt weiter von der Tatsache, dass unterlassene Hilfeleistung auch Mord sein kann – ich möchte nicht wissen, wie viele Frauen sich so ihrer Männer und anderer unliebsamen Personen erledigt haben und :sealed:

Man müsste die Tatsache, dass wesentlich mehr Männer als Frauen an Herzinfarkten sterben, mal näher untersuchen, z.B. die Frage, wie oft nur ihre Ehefrauen als Zeugen dabei waren … :D

 

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