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Schlechtes Timing

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29.05.2006
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Schlechtes Timing

Zärtlichkeit, einfach nur Zärtlichkeit. Das war es, was er empfand. Er lag neben ihr und ließ soeben Geschehenes in Zeitlupe passieren. Ihr wunderschöner Körper. Perfectly in shape. Besser hätte er es nicht treffen können. Da war alles, was ihn anturnte, in Vollendung versammelt. Wunderschöne Brüste, zarte Haut und festes Bindegewebe. Idealgewicht plus maximal drei Kilo im Beckenbereich, eine wunderbar duftende Muschi. Eigentlich schon unverschämt geil. So ein Körper ist genehmigungspflichtig. So etwas darf nicht frei rumlaufen. Das ist eine Waffe, scharf geladen, bereit zu vernichten.

Zärtlich, einfach nur zärtlich wollte er sein. Diesen Körper anbeten, ihn liebkosen, schmecken, riechen, fühlen und sehen. Sehen wie seine Hände berühren, wie sein Mund küsst, seine Zunge auf der Haut entlangfährt, sein Schwanz in ihr versinkt. Ein sexuelles Drei-Sterne-Menü. Besser konnte Mann sich nicht fühlen. Immer wieder überkam ihn die Lust, das Verlangen nach ihr. Sie war ein Geschenk und er empfand Dankbarkeit, tiefe Dankbarkeit.

Dieses Gefühl musste raus. Er war so übervoll davon, dass er zu platzen drohte. Es musste raus, er musste es ihr sagen. Jetzt sofort, egal was passiert. "ICH LIEBE DICH!"

Stille, lähmende Stille erfüllte den Raum. Auch vorher war es ruhig gewesen, keiner hatte etwas gesagt, jeder seinen Gedanken nachgehangen. Aber was vorher Ruhe, war jetzt Stille - Totenstille. Kein Laut, nicht mal das Rascheln der Bettwäsche drang an sein Ohr. Mit dem Aussprechen dieses Satzes hat sein Gehör auf Hyperempfang geschaltet. Kommt es? Sagt sie es auch? Höre ich da etwas? Sammelt sie sich? Wagt sie es nicht? Will sie, aber kann nicht? Warum sagt sie nichts?

Er schaut sie an. Sie spürt seinen Blick, wendet den Kopf und blickt ihm lächelnd in die Augen. "Du bist süß." Dabei streichelt sie ihm zärtlich über den Kopf und ergänzt: "Ich hab Dich gern."

Hammerhart, mit voller Wucht trifft es ihn ins Herz. Ein Stich, gut platziert und tief. Sofort blutet es warm aus der Wunde. Ein gräulicher Mix an Gefühlen durchströmt seinen Körper: Verzweiflung, Reue, Scham. Er ist es im Moment nicht nur, nein, er fühlt sich auch so: nackt. Entblößt, schutzlos ausgeliefert. Warum hat er das gesagt, warum konnte er nicht warten?

Er kannte doch die Frauen, war schon lange nicht mehr grün hinter den Ohren. Ein dummer Anfängerfehler. Und so was ihm. Kannte er nicht die feinen Abstufungen? Hatte er nicht schon zur Genüge die Hierarchie der weiblichen Zuneigung kennengelernt? Erst ist man sympathisch, lecker und vielleicht auch interessant. Später süß und jemand, den man gern haben kann. Dann dauert es eine ganze Weile zum Liebhaben und sich bei einem wohl fühlen. Und wenn es dann auch noch im Bett stimmt, Mann nicht zu früh kommt und keinen schlechten Atem hat, dann, ja dann fängt eine Frau irgendwann an zu lieben.

Er wusste es, kannte es nur zu gut. In hunderten von Romanen schon gelesen, immer wieder am eigenen Leib erfahren und von Freunden erzählt bekommen. Das weibliche Timing durfte nicht gestört werden. Lieber es nie eingestehen, als zu früh damit rauskommen. Das war nicht nur unverzeihlich, das war einfach uncool. Und trotzdem passierte ihm das immer wieder. Denn für ihn gab es da keinen Unterschied. Lust, Verlangen, Ästhetik, toller Sex, sich danach auch noch wohlfühlen: das war für ihn Liebe. Flache Hierarchien prägten seine Gefühlswelt. No title, no ranks. Sich nach dem Sex wohlfühlen, nicht weg wollen, immer aufs neue Verlangen empfinden, das war für ihn Liebe. Punkt aus, nicht mehr und nicht weniger. Und wenn sich das irgendwann mal änderte, er anders empfand, dann war es halt keine Liebe mehr. Binär codiert, Ein oder Aus, entweder Liebe oder keine Liebe, so einfach war das bei ihm.

Und jetzt? Er hatte es mal wieder gesagt, unüberlegt und falsch getimed, aus einer Laune heraus. Und das bedeutete: er hatte sie verloren. Er würde es nicht mehr schaffen, die nächste Stufe der emotionalen Karriereleiter zu erklimmen. Anziehen und verschwinden. Das in Erinnerung bewahren, was man geniessen durfte und weg. Es hatte keinen Zweck mehr.

Genau das tat er und sie schaute ihn verwundert an.
"Was ist denn los, warum gehst Du jetzt?"
"Ich glaube, es ist besser so"
"Besser so? Warum?"
"Lass mich einfach. Es tut mir leid."

Sie hört die Tür ins Schloss fallen, seine Schritte im Treppenhaus. Hammerhart, mit voller Wucht trifft es sie ins Herz. Ein Stich, gut platziert und tief. Sofort blutet es warm aus der Wunde.

 

Hi Henry_L

Ihr wunderschöner Körper. Perfectly in shape. Besser hätte er es nicht treffen können. Da war alles, was ihn anturnte, in Vollendung versammelt. Wunderschöne Brüste, zarte Haut und festes Bindegewebe. Idealgewicht plus maximal drei Kilo im Beckenbereich, eine wunderbar duftende Muschi.
Aber was vorher Ruhe, war jetzt Stille - Totenstille.
Fehlt hier ein "war"?

Hammerhart, mit voller Wucht trifft es ihn ins Herz. Ein Stich, gut platziert und tief. Sofort blutet es warm aus der Wunde. Ein gräulicher Mix an Gefühlen durchströmt seinen Körper: Verzweiflung, Reue, Scham. Er ist es im Moment nicht nur, nein, er fühlt sich auch so: nackt. Entblößt, schutzlos ausgeliefert. Warum hat er das gesagt, warum konnte er nicht warten?
Ich schätze mal das Präsens soll hier sein.

Ansonsten kann ich nicht viel dazu sagen. Das Ende hat mir eigentlich gefallen.
Der Protagonist und seine Auffassung von Liebe können mir nur leid tun.

Sei gegrüßt, R.-

 

Hallo Henry,

nun ja, so richtig meines ist es nicht.
Zum Teil schon deswegen, weil ich mich mit den Gedanken deines Prot. überhapt nicht identifizieren kann, ihn nicht verstehen. Die Beschreibung der Frau beruht nur auf Äußerlichkeiten und wenn er das für Liebe hält, kann er einem sowieso nur Leid tun.
Kein Wunder, dass die Frau so zurückhaltend auf sein Geständnis reagiert. Das Ende hat mir nicht so gut gefallen, ehrlich gesagt.

So ein Körper ist genehmigungspflichtig. So etwas darf nicht frei rumlaufen. Das ist eine Waffe, scharf geladen, bereit zu vernichten.

Bis dahin fand ich die Beschreibung der Frau ja noch ganz nett, aber hier driftet es einfach nur noch ins Klischee ab.

Stille, lähmende Stille erfüllte den Raum.

Du magst diese Wiederholungen, nicht wahr? Hast du erst ein oder zwei Sätze vorher gemacht mit der Dankbarkeit, der tiefen Dankbarkeit. Nun ja, man kann so etwas als Stilmittel durchaus einsetzen, allerdings sollte man damit sparsam umgehen, sonst wirkt es nicht mehr.

Liebe Grüße, Bella

 

Liebe Bella,

vielleicht hast du die Geschichte nicht richtig verstanden. Vielleicht ist es ja auch mehr ein Männer-Text. Es geht in dieser Geschichte nicht nur um das unterschiedliche Liebes-Verständnis der Geschlechter, sondern auch um den Machtkampf in einer Beziehung.

Ein unerwidertes Liebesgeständnis ist immer eine Niederlage. Mann und Frau wissen das. Der Zeitpunkt, wann und von wem die magischen drei Worte ausgesprochen werden, entscheidet oftmals, wer in einer Beziehung den stärkeren Part spielt.

Damit spielt dieser Text. Denn beide empfinden eigentlich gleich, doch sie können nicht aus ihrer Rolle und so siegt der Kampf der Geschlechter über die Liebe.

 

Hallo Henry,

also, ich hätte es nicht unbedingt als Geschlechterkampf gesehen, aber mir war schon klar, dass es im Grunde darum geht, wer es als erster wagt, die magischen drei Worte auszusprechen.
Und klar, wenn die Worte nicht erwidert werden, dann ist das immer so etwas wie eine Niederlage. Allerdings ist dein Prot. doch selbst schuld, wenn er die Worte ausspricht, wenn er sie doch offensichtlich kaum kennt?

Na ja...

Liebe Gruße, Bella

 
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Eins noch liebe Bella,

schon mal was von "Liebe auf den ersten Blick" gehört? Und jetzt sag nicht, das ist ein von den Männern erfundener Mythos.

Ich liebe zum Beispiel mein Auto, obwohl ich noch nicht mal weiß, wie man eine Glühbirne beim Rücklicht austauscht, ich liebe den Whopper von Burger King und will gar nicht wissen, wie und von wem er zubereitet wird, ich liebe Murakami, obwohl ich noch nie ein Foto von ihm gesehen habe.

 

Ich dachte eher, die "Liebe auf den ersten Blick" haben die Frauen erfunden. Nun ja, ich glaube nicht daran. Und selbst wenn es sie geben sollte, glaube ich nicht, dass sie sich rein über Äußerlichkeiten definieren lässt.
Solltest du noch weiter über dieses Thema diskutieren wollen, so bitte via PN.

 

hallo leute

ich finde den text ganz gut, bella. weil er leider war ist und es oft so funktioniert.
jeder hat schon mal den hier beschriebenen fehler gemacht. und oft ist es tatsächlich besser, einfach zu gehen, wenn die liebe nicht zurückgegeben wird.
sicherlich hat der prot auch jetzt noch chancen, bei ihr zu landen. es ist ja noch lange nicht alles verloren. nur hat er erst mal einen herben rückschlag erlitten.

Die Liebe, liebe Bella, ist Politik. Vermarktungssache. leider ist das oft so.

es gibt aber auch liebe auf den ersten Blick. und das hat nicht nur bei männern was mit geilfinden zu tun. es ist sicherlich ein entscheidender faktor,
aber es existiert auch Ausstahlung. und die ist sehr wichtig.

ich habe meine aktuelle freundin seit dem ersten moment an so geliebt, wie ich es jetzt immer noch tuhe. und sie auch. ich habe ihr am ersten tag gesagt, dass ich sie liebe, und sie hat es erwiedert.
drauf geschissen habe wir nämlich, auf den ganzen Geneologie quatsch.
liebe fängt in Momenten an und baut sich bis in die ewigkeit aus.

dieser text trifft, abgesehen davon, den punkt, die politik der Liebe.

zwar hat der text zu wenig reale handlung, es passiert zu wenig, wird mehr erklärt als eine geschichte erzählt.

das mädchen bleibt sicherlich etwas blass, aber es sollte ja auch die mänliche, oder besser gesagt: eine männliche sichtweise erzählt werden.

gruß

 
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ich scheiss jetzt mal auf die rechtschreibung
ich find die geschichte einfach genial.
und leuts..was soll dieses ganze geschlechter dings bums.in der liebe wird ein jeder schwach.
ich finde die gedankengänge sehr gut beschrieben...
von wegen der protagonist tut euch leid.warum das denn?

henry,deine themen und dein stil gefallen mir richtig gut.ich hätt schon vor 2 stunden mit meinem haushalt fertig sein sollen und noch etliches erledigen.:Pfeif: stattdessen kleb ich wie noch nie zuvor an dem computer...
na ja ..ich bin im schreiben nicht besonders talentiert ..viel lieber würd ich mich mit dir persönlich unterhalten.
wer weiss..vielleicht bis du ja beim gathering dabei.
es tät mich freuen.

p.s.lass den ganzen lob dir nicht zu kopfe steigen ;)

 

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