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Sein Abgang mein Auftritt

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20.03.2006
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Sein Abgang mein Auftritt

Der Schweiß rann mir in die Augen und brannte wie Feuer. Im Innern des Leichenwagens war es ungefähr so heiß wie im Vorhof zur Hölle.
Ich bog von der Straße ab und rumpelte zusammen mit meinem schweigsamen Fahrgast über die groben Pflastersteine zur Kirche. Vor dem Gotteshaus stand die Trauergemeinschaft schon versammelt. Der Pfarrer trippelte aufgeregt zwischen den Wartenden herum. Ein Mann kam auf den Wagen zugestürmt, nachdem ich angehalten hatte und ausgestiegen war. Er musste der Sohn der Leiche sein oder so. „Wo bleiben sie denn? Der Sarg sollte längst vor dem Altar stehen, sie verdammter Diletant.“ Fuhr er mich an. „Entschuldigen sie bitte die Verspätung Mister.“ Zugegeben, es war geschmacklos von mir die Gesellschaft warten zu lassen, aber beleidigen brauchte mich der Typ trotzdem nicht. Bei Beerdigungen sollte immer alles perfekt sein und am Ende warf man den Toten dann doch in ein Schlammloch und verscharrte ihn.
Wir luden den Sarg aus. Einige übermotivierte Gäste schlugen sich förmlich darum, ihn zu tragen. Einem von ihnen wäre der Kasten fast aus der Hand gerutscht. Das hätte eine schöne Sauerei gegeben.
In der Kirche war es herrlich kühl. Die Zeremonie war das Übliche. Der Name des Leichnams wurde ein paar Mal falsch ausgesprochen, worauf die Angehörigen mit Empörung reagierten. Dann wurde noch gesagt was für ein prächtiger Kerl er gewesen sei und dass er nie unanständige Sachen gemacht hätte.
Ich machte den Job jetzt erst seit ein paar Wochen, aber über Beerdigungen wusste ich bereits alles. Sie waren das Langweiligste, was es gab. Schlimmer als Hochzeiten oder so. Sie waren alle gleich. Es gab keine Experimente.
Anschließend auf dem Gottesacker brachen auch die Letzten in Tränen aus. Manche wegen des Schweißes in den Augen, die anderen aus Trauer. Ich fragte mich immer, warum die Leute weinten. Bedauerten sie die Leiche? Bedauerten sie sich selbst? Der Abgang gehörte doch zum Auftritt, wie die Schminke ins Theater. Warum konnten sie den bittersüßen Schmerz des Vermissens nicht mit Würde tragen? Wie dem auch sei, wenigstens bekam man selbst nichts davon mit, wie elendig das Publikum auf den Schlussakkord reagierte.
Als die Zeremonie vorüber war kam der Mann auf mich zu, der vorher gemotzt hatte. „Tut mir Leid wegen vorhin junger Mann. Zum Glück ist alles noch mal gut gegangen und er war ja auch schon alt.“ „Da haben sie wohl Recht Mister.“ „Kommen sie noch mit zum Leichenschmaus?“ Mir fiel wieder ein, dass schon der nächste Tote auf mich wartete. Oh selige Macht des Vergessens ... und des Erinnerns! „So gern ich würde, leider nein. Sie wissen schon, die Arbeit.“

 

Hallo azdak,

und erstmal herzlich Willkommen hier.

Mir hat deine Geschichte nicht sonderlich gefallen, aus unterschiedlichen Gründen. Zum einen habe ich an unterschiedlichen Stellen Zweifel gehabt, ob das Ereignis wirklich realistisch ist - das Ankommen des Sarges als die Trauergemeinde schon da ist, das Tragen des Sarges durch die Gäste etc. Da kam mir einiges komisch vor, möglicherweise hast Du das auch so gewollt. Dann allerdings hättest du es fast noch mehr überzeichnen und zu einer Satire machen können, die Respektlosigkeit noch mehr ausbauen können usw.
Dass dein Prot den falschen Beruf hat, weil ihm genau der Respekt fehlt, ist offensichtlich. Aber sowas soll´s geben.

Inhaltlich war mir deine Geschichte zu dünn. Sie hat mir zu wenig Handlung und zu wenig Details über das Geschehen. Und letztendlich weiß ich auch nicht, warum du sie uns erzählst, was du ausdrücken willst. Dass ein und dieselbe Angelegenheit für den einen nur Routine, für die anderen ein wichtiges Ritual zur Trauerbewältigung ist? Na ja.

Eins noch:

Der Sarg sollte längst vor dem Altar stehen, sie verdammter Dilettant“, fuhr er mich an.
Außerdem würde ich mit der wörtlichen Rede jeweils eine neue Zeile beginnen.

Liebe Grüße
Juschi

 

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