Sex on the Beach mit Goebbels
Heute morgen haben mich die Vögel wachgezwitschert. Hätte ich einen schlechtgelaunten Butler mit Klumpfuß, hätte ich mir glatt einen frischen Orangensaft ans Bett bringen lassen. Ich habe aber keinen schlechtgelaunten Butler mit Klumpfuß. Und auch keinen frischen Orangensaft. Nur fahlen.
Zudem ist ein Butler mit Klumpfuß gar nicht so leicht zu bekommen. Goebbels hätte sich meines Erachtens sehr gut als schlechtgelaunter Butler gemacht, aber der hatte ja anderes im Sinn. Wäre er mal besser Butler mit Klumpfuß geworden. Dann würde er mir heute mit leicht wahnsinnigem Wahnsinnigenblick und geneigtem Kopfe den Orangensaft ans Bett bringen.
Oder besser gesagt den O-Saft. Der Unterschied zwischen Orangensaft und O-Saft ist ja, dass sich O-Saft gerne in Tetrapacks befindet, vermehrt in Wohngemeinschaften auftaucht und absolut scheiße schmeckt. Orangensaft hingegen wird um 14.30 Uhr zum Brunch in Villen mit weißen wehenden Vorhängen getrunken. Von schmalzlockigen Neureichen. Aus Sektgläsern. Bei Salsamusik. Auf der Terrakottaterrasse.
Bei Sektgläsern fällt mir ein: Sekt Orange (orongsch) ist fast schlimmer noch als Tetrapack-Wein. Ihn (den Sekt Orange) trinken nämlich halbstarke Yuppies auf dem Schneehasensofa, während sie sich angeregt mit der Yucca-Palme unterhalten. Eben genannter Tetrapack-Wein hingegen wird mit Vorliebe von jugendlichen Kampfalkoholikern konsumiert. Auf seiner Frontseite zeigt die Packung einen unvorteilhaft fotografierten Klischee-Franzosen mit diffusem Katerblick. Man kann den Körpergestank förmlich per Foto riechen. Mein Beileid dem drittklassigen Fotomodell, das von seinen Freunden sicher nur noch Tetrapackfranzack genannt wird.
Neben O-Saft gibt es noch A-Saft und O- oder A-Schorle (A = wahlweise Apfel- oder Ananas). Auch kommt es schon mal vor, dass man in der S-Bahn Zitronen-T über seinem H&M-T-Shirt verschüttet. Manche trinken gerne KiBa. Der wird beim Zelten auf der LuMa getrunken. Und abends gibt’s CaiPi. Da bringt der trendige Neuzeitmensch in der schicken Neonlichtszenekneipe bei einem Glas Sex on the Beach schon mal Sätze hervor wie:
„Du Hans-Peter, neulich war ich auf Malle und hab auf der LuMa CaiPi getrunken.“
Das ist fast so peinlich wie im Café zur Bedienung zu sagen:
„Ich hätte gerne einmal Sex on the Beach“
Wer hätte das nicht gerne?
Von „Ich hätte gerne eine Latte“ ganz zu schweigen.
Nu stelle man sich mal vor, man läge morgens im Bett und müsste Butler Goebbels beibringen, dass man gerne eine Latte hätte. Der würde gucken. Da ich aber leider keinen Goebbels habe musste ich mich heute morgen selbst um meine morgendliche Verköstigung kümmern. Beim Frühstücken hatte ich dann so etwas wie eine Nahtoderfahrung. Ich erspähte eine mir unbekannte Chipstüte auf dem Küchentisch. Pombär. Unsympathische, grinsende Bären aus Kartoffelsubstrat. Ich weiß bis heute nicht, wie diese Tüte auf den Küchentisch gelangte. Jedenfalls lag der Packung ein Extra bei. Ein fliegender Mega-Magnet! Spitze! Wenn man gewillt ist, Treuepunkte zu sammeln, bekommt man anderen Schund gratis dazu. Als ich folgenden Satz gelesen hatte, wurde mir allerdings anders. Meine Vogelgezwitscherlaune verflog ganz flugs: „8 Punkte = 1 tolle Sammelbox mit dem goldenen Mega-Magneten mit funkelndem Freundschafts-Motiv.“
Goebbels!!! Einen Eimer und ein Glas kaltes Wasser!