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Sichel oder Bücher

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03.06.2023
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Sichel oder Bücher

Es war einmal ein alter Mann auf dem Land, dieser arbeitete trotz seiner müden Knochen Tag für Tag bis in die Abendstunden, bis ihm sein Rücken wehtat, die Beine schmerzten, die Füße aufgaben, der Muskelkater sich in den Armen festsetzte, die Wunden an den Händen wieder bluteten und sich die Migräne im Kopf einnistete. Keiner konnte den alten Mann vom Arbeiten abhalten, seine ganze Familie besuchte ihn nicht mehr, weil er immerzu gearbeitet hat und er sagte, dass er keine Zeit für die Familie hatte. Stunde und Stunde, Minute um Minute und Sekunde um Sekunde schwang er seine Sichel, um das Gras zu schneiden, schaufelte die erntereifen Kartoffel aus der Erde und pflückte die Kirschen vom Kirschbaum, dazu kam noch die schrecklich heiße Sommersonne die wie eine Peitsche auf den alten Mann einschlug. Doch ließ sich der Mann sich von all dem Arbeiten nicht unterkriegen, er sagte sich dauernd: „Pflanzen, hegen, ernten verarbeiten, verkaufen und niemals Pause machen, so werde ich reich! Wenn ich reich bin dann kaufe ich mir ein schöneres Haus, einen größeren Hof, mehr Erntegeräte, schönere Klamotten, ein Auto usw.“ Alleine diese Sätze, diese Wünsche und dieser Ehrgeiz ließen den Mann noch auf dem Feld stehen und seine Arbeit verrichten. Angestellte wollte er sich nicht holen, denn er war die Auffassung, dass er alles selber kann, dass er es besser, schneller und mit mehr Erfahrung als die jungen Arbeiter schaffen kann. Den ganzen Tag dachte er entweder mit einem Lächeln oder mit einem Bedauern darüber nach. Nicht dass der alte Mann die Menge seiner Arbeit bedauerte, er bedauerte wie lange er für dieses Ziel, dass immer noch unerreicht ist braucht.


Er sah auf die jüngere Generation mit einem grimmigen Gesicht, da sie nach seiner Ansicht nach ihr Geld mit ihren innovativen Jobs in der Stadt nicht mit ehrlicher Arbeit verdienen. Den ganzen restlichen Tag schüttelte der alte Mann darüber den Kopf. Am Nachmittag nahm der alte Mann alle seine geernteten Waren und trug sie alleine zu seinen kleinen Laden, der am Anfang des Hofes gelegen war. Der Laden strahlte mit sämtlichen Obst und Gemüse, aber dafür sah der alte Mann um so kaputter aus, doch dieses Aussehen änderte sich mit dem Ankommen der Kunden. Die Kunden des alten Mannes schätzten seine harte Arbeit und seine frischen Waren, doch machten sich Sorgen um die Gesundheit des alten Mannes, doch sagten sie gar nichts, da sie wussten dass der alte Mann höchst stur bleiben würde. Zwischendrin kamen immer wieder Kinder an den Laden vorbei, tuschelten über den alten Mann, dass er mit seiner Sichel wie der arbeitende Tod aussieht und klauten ihm ein paar Kirschen. Der Mann nahm bei sowas immer seinen Hausschuh, lief den Kindern hinterher um nur dann darüber zu klagen wie fies die jüngere Generation sei, wenn die Kinder ihm mal wieder entwischten. Nachdem der Abend eingebrochen war, sperrte der alte Mann den Laden zu und ging zu seinem Haus, das ebenfalls so alt und müde wie er aussah. Zuhause angekommen trank er schnell eine Hühnersuppe und ging dann in sein Schlafzimmer, dort sah er neben sein Bett seinen Bücherschrank, der so traurig in das dunkle Zimmer schaute. Früher hatte der alte Mann mit solch immenser Freude gelesen, doch seit dem er auf die Arbeit auf dem Hof konzentriert war, hatte er keine Lust mehr Bücher zu lesen, denn er dachte dass er immer noch lesen kann, wenn er reich ist und nicht mehr arbeiten müsste.


Mit einem Seufzten lag der alte Mann sich ins Bett und schlief alsbald ein. Doch später spürte der Mann ein Ziehen an seiner Brust und als er die Augen öffnete konnte er vor Dunkelheit nicht erkennen was denn genau für das Ziehen verantwortlich war. Hastig griff er zu seiner Kerze die er anzündete und was er dann sah, ließ ihn fast zu Boden fallen, in seiner Brust war ein großes Loch, sein Herz fehlte und im gleichen Moment sah er wie sich Adern auf den Boden schlängelten. Der Mann schaute wohin die Adern denn führten und sah das Unvorstellbare! Sein Herz hatte Arme und Beine bekommen und kletterte langsam auf das Bücherregal. Der alte Mann konnte keine Worte fassen, weder sich selbst fassen und schaute einfach zu wie sein Herz ein Buch aus seinem Bücherregal zog, mit dem Buch nach unten sprang und es dem alten Mann herzeigte. Der Mann sagte zittrig: „Wenn du meinst dass ich was lesen soll, dann tue ich es nicht, ich muss morgen früh aufstehen und habe viel Arbeit zu verrichten.“ Der Mann dachte dass es ein Traum wäre und legte sich wieder ins Bett zurück. Das Herz Wiederrum rüttelte solange bis der alte Mann genervt seine Augen aufmachte und sagte: Na gut, dann lese ich halt eben etwas, aber dafür arbeite ich morgen doppelt so hart!


Stumm und nur mit seinem Herzklopfen reichte das Herz dem alten Mann das Buch, es war ein Roman seines Lieblingsautor und der Mann begann zu lesen. Erst wollte er ja nur ein paar Seiten lesen und dann wieder schlafen gehen, doch konnte er sich vom Lesen nicht mehr abbringen, er lachte, er weinte, er litt, er war sauer, er war erfreut, hatte Angst, aber war einfach mal wieder ehrlich glücklich. Er hatte wieder realisiert wie sehr es ihm früher Spaß gemacht hat zu lesen. In seiner Flut an Emotionen las er sogar bis in den Morgengrauen, bemerkte garnicht, dass sein Herz schon wieder in seiner Brust verschwunden war und dort ganz normal weiterklopfte. Vom Bett aus öffnete er das Fenster, sah zur Sonne hinaus, lachte, schloss die Augen und legte sich wieder hin, in dem Wissen, dass er endlich mal wieder etwas getan hat, was ihm wirklich gut getan hat. Ab diesem Tag war der Hof von den Geräten, den Wünschen des alten Mannes, dem Ehrgeiz des alten Mannes, dem Leid des alten Mannes, der Erschöpfung des alten Mannes, der Wut des alten Mannes und letztendlich dem alten Mann selber befreit.

 

Stunde und Stunde, Minute um Minute und Sekunde um Sekunde schwang er seine Sichel, um das Gras zu schneiden, schaufelte die erntereifen Kartoffel aus der Erde und pflückte die Kirschen vom Kirschbaum, dazu kam noch die schrecklich heiße Sommersonne die wie eine Peitsche auf den alten Mann einschlug

Hallo,

scheint mir ein altertümliches Bild der Landwirschaft zu sein. Welcher Bauer arbeitet noch so? Das wirkt wie aus einem Hamsun-Roman von annodazumal. Nicht sehr glaubwürdig.

Er sah auf die jüngere Generation mit einem grimmigen Gesicht, da sie nach seiner Ansicht nach ihr Geld mit ihren innovativen Jobs in der Stadt nicht mit ehrlicher Arbeit verdienen. D
Wie äußert sich das? Warum glaubt er das? Was ist seiner Ansicht nach ehrliche Arbeit? Warum ist ein innovativer Job keine ehrliche Arbeit? Was ist seiner Ansicht nach überhaupt das Wesen ehrlicher Arbeit? Hier wirkt das wie eine platte Stadt vs Land Geschichte. Aber so einfach ist das nicht, und es wird auch erzählerisch nicht entpackt.

Der Mann nahm bei sowas immer seinen Hausschuh, lief den Kindern hinterher um nur dann darüber zu klagen wie fies die jüngere Generation sei, wenn die Kinder ihm mal wieder entwischten.
Mit einem Hausschuh? Er geht in seinen Laden mit Hausschuhen? Und dann: warum läuft er den Kindern hinterher? Wegen was genau? Weil die getuschelt haben? Haben Kids heute nicht was anderes zu tun, als vor so einem altbackenen Laden rumzuhängen? Auf tik tok oder whatsapp oder wasweißich? Ich glaube deiner Geschichte nicht. Und auch hier; da ist nichts entpackt, alles wird nur behauptet.

Früher hatte der alte Mann mit solch immenser Freude gelesen, doch seit dem er auf die Arbeit auf dem Hof konzentriert war, hatte er keine Lust mehr Bücher zu lesen, denn er dachte dass er immer noch lesen kann, wenn er reich ist und nicht mehr arbeiten müsste.
Was war denn früher? Was ist seine Geschichte? Warum entschied er sich, auf dem Hof zu arbeiten? Warum will er reich sein? Er hat keine Frau, keine Kinder, für wen schafft er da? Seine Motivation bleibt unklar.


Er hatte wieder realisiert wie sehr es ihm früher Spaß gemacht hat zu lesen
Diese surreale Sequenz davor verstehe ich nicht. Muss da erst etwas quasi-magisches passieren? Der Tenor hier im Text: Arbeit hält vom eigentlichen Spass ab. Das ist aber eine recht bürgerliche Sicht. Arbeit steht dem Vergnügen, der Bildung im Weg. Nur ist es oft so, dass die arbeitende Bevölkerung meistens überhaupt keinen Bock auf Theater, oder Literatur oder sonstwas an Bildungsbürgertum hat. Die gehen sich nach der Arbeit gepflegt besaufen oder schlafen einfach ein oder gehen in ihren Schrebergarten. Weiß ich, weil ich seit dreißig Jahren unter Lohn und Brot stehe. Und: Arbeit kann auch sehr gut tun ... Arbeit kann erfüllend sein, gibt Struktur, gibt Selbstbewusstsein, gibt dir eine Bedeutung, gibt dir Lohn. Das ist nicht nichts. Gerade Landwirtschaft. Da kann @Morphin dir mehr zu sagen.

Hier sind mehrere Stränge, die auseinanderlaufen. Stadt vs Land, Moderne vs Archaik, Bildung vs sozialem Aufstieg oder Reichtum, alles ist unklar formuliert, unmotiviert. Anfängertext. Schreiben kannst du sicherlich. Erzählen ist Handwerk. Das kann man lernen.

Konstruktiv: show, don't tell. Dialoge. Charaktere erschaffen, die glaubhaft wirken. Nichts behaupten, sondern durch die Charaktere beweisen. Szenischer schreiben, nicht einfach nur nacherzählen, in die Geschichte, in die Handlung hineingehen, klarer, präziser werden.

Gruss, Jimmy

 

Moin @Literatinheaven,

danke, dass Du Deine Geschichte hier mit uns teilst und willkommen bei den Wortkriegern.

Anfängertext.
Da stimme ich Jimmy zu. Auch ich meine zu merken, dass Du wahrscheinlich noch nicht allzu viele eigene Texte einer breiten Masse zur konstruktiven Kritik freigegeben hast?
Umso mutiger, hier damit anzufangen.

Ich gebe zu, Texte mit dem Tag ›Philosophisches‹ meide ich normalerweise, da ich mit diesem Genre nicht konnektiere, doch möchte ich Dir trotzdem gerne meine Unterstützung dalassen, in der Hoffnung, zu helfen.

Es war einmal ein alter Mann auf dem Land, dieser arbeitete trotz seiner müden Knochen Tag für Tag bis in die Abendstunden, bis ihm sein Rücken wehtat, die Beine schmerzten, die Füße aufgaben, der Muskelkater sich in den Armen festsetzte, die Wunden an den Händen wieder bluteten und sich die Migräne im Kopf einnistete.
Spätestens bei den blutenden Wunden an den Händen war es mir an Aufzählung zu viel.
Und mit ernsthafter Migräne lässt sich meiner Erfahrung nach nur sehr schwer körperlich arbeiten, da liegst Du eher unbeweglich im Dunkeln und übergibst Dich beim ersten Anzeichen von zu großer Anstrengung. Hier wäre mMn weniger definitiv mehr.

Es war einmal ein alter Mann auf dem Land
Keiner konnte den alten Mann vom Arbeiten abhalten
dazu kam noch die schrecklich heiße Sommersonne die wie eine Peitsche auf den alten Mann einschlug.
Das sind Passagen der ersten drei Sätze. Es ist nicht nötig, so oft hintereinander zu betonen, dass der Mann alt ist. Die Formulierung nutzt sich ab und der Text wirkt dadurch unkreativ. Klopf die Story nochmal auf Wiederholungen ab, es gibt im weiteren Verlauf einige davon. Die Kulmination des Ganzen findet sich im letzten Satz der Geschichte:
Ab diesem Tag war der Hof von den Geräten, den Wünschen des alten Mannes, dem Ehrgeiz des alten Mannes, dem Leid des alten Mannes, der Erschöpfung des alten Mannes, der Wut des alten Mannes und letztendlich dem alten Mann selber befreit.
Wenn Du es als Stilmittel benutzt (das ich nicht verstehe, weil vielleicht zu wenig Ahnung von philosophischen Texten, s.o.), will ich nichts gesagt haben.
Ein nützliches Tool um Variation einzubauen findest Du hier: https://www.openthesaurus.de/

Den ganzen Tag dachte er entweder mit einem Lächeln oder mit einem Bedauern darüber nach.
Er lächelt, während sein Rücken, seine Beine, die Füße, die Arme, die Wunden an den Händen und die Migräne ihm zusetzt? Unlogik, bzw. Logiklöcher lassen den Eindruck entstehen, Du hättest Dich nicht ausreichend mit dem eigenen Werk auseinandergesetzt, bzw. diese Dinge wären Dir egal. Auch hier rate ich Dir, den gesamten Text noch einmal auf etwaige Stellen abzusuchen.

Neben zahlreichen Rechtschreibfehlern wechselst Du auch hier und da die Zeitform, was einen beim Lesen straucheln lässt.

Alles, was Jimmy konstruktiv erwähnt hat, würde ich so unterschreiben, doch lass Dich bitte nicht von den ersten, evtl. harschen "weil-so-viel-Negatives-auf-einmal"-Kritiken unterkriegen.
Ich wünsche Dir viel Erfolg beim Verbessern und beim Schreiben zukünftiger Geschichten. Wenn meine Gedanken Dir weiterhelfen konnten, freue ich mich.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und mit besten Grüßen
Seth

 

Guten Morgen @Literatinheaven,

willkommen im Forum. Ich habe deinen Text gestern am späten Abend gelesen, war aber zu müde, um zu antworten. Ich denke, du hast uns hier eine Art Gleichnis präsentiert. Es gibt hier einen Thread zur Authentizität von Texten. Müssen wir Schreibende uns überall auskennen, um authentisch zu schreiben? Nein. Recherche und auch das Hineinversetzen können in Prozesse, Situationen, Lebens- und Arbeitsabläufe können uns dabei helfen, aber man muss schon sehr genau zuhören, zusehen, nachempfinden können. Ansonsten merken es Leser/Leserinnen, dass es hakt.

Auf dem Hof (mit Tieren) stünde ich jetzt schon seit sechs Uhr im Stall. Hunger ist Hunger. Egal wo. Aber von Tieren lese ich nichts in der Geschichte. Es bleiben also Feld und Feldertrag:

Pflanzen, hegen, ernten verarbeiten, verkaufen und niemals Pause machen, so werde ich reich! Wenn ich reich bin dann kaufe ich mir ein schöneres Haus, einen größeren Hof, mehr Erntegeräte, schönere Klamotten, ein Auto usw.
Das von dir Beschriebene endet mit der letzten Frucht im Spätherbst und beginnt (wenn wettertechnisch alles glattläuft), Ende Februar (je nach Region). Dazwischen ist Ruhezeit bzw. Zeit für notwendige Reparaturen an Gebäuden und Geräten. Das Verarbeiten der Ernte zu etwas, das man verkaufen kann (Samstags- oder Mittwochsmärkte), muss unmittelbar erfolgen bei vielen Erzeugnissen, denn Lagerung erfordert einen immensen Aufwand an Arbeitskraft und Technik (Kühlung). Dein Protagonist ist aber alleine. Um von - sagen wir mal Mai bis November - auf Märkte zu fahren und/oder einen Hofladen zu betreiben und davon zu leben, müsste er eine enorme Bandbreite an Produkten anbauen, hegen und ernten. Spargel, Erdbeeren, Frühkartoffeln, Rettiche, Frühsalate, Rhabarber, Spinat, Zucchini, Aprikosen, Pfirsiche, Kohl, Tomaten, Rüben, Kürbisse ... so in der Reihenfolge. Natürlich kann er im Winter auch Rosenkohl und Grünkohl ernten, aber um über das Jahr auch zu verkaufen, also Menge = Geld zu erhalten, braucht er nicht wenige Hektar (1 ha = 10.000 qm). Das ist schlicht unmöglich, egal wie hart der Protagonist ist.

Das Problem ist, dass Lesende das Unrealistische bemerken und sich dann vom Text abwenden. Das ist ja nicht das, was von dir gewollt ist. Ich empfehle, das Setting zu verändern, es anzupassen an eine weniger romantische Vorstellung von Landwirtschaft, die es wie beschrieben nicht gibt. Um die Ecke bei uns gibt es einen Hühnerbauern, der mobile Hühnerställe hat, also in Anhängern. Diese Anhänger fährt er auf gepachtete Wiesen. Das ganze Jahr. Und er verkauft die Eier an regionale Supermärkte. Oder du nimmst einen Imker, einen Fischwirt mit Forellenteichen, das sind Nischen, aber da findet sich noch enorm viel Arbeit übers Jahr. Allerdings ist da auch Recherche nötig.

Am Ende kann es aber auch ein Dozent an der Uni sein, der nach Feierabend noch an der VHS unterrichtet. Das zu vergessen, was man im Leben gerne tut oder getan hat, kann überall stattfinden.

Viele Grüße
Morphin

 

@Morphin @Seth Gecko @jimmysalaryman

Ich danke euch sehr für eure ausführliche Kritik, denn solche Kritik von erfahrenen Schreibern habe ich gebraucht. Ich muss auch zugeben, dass ich erst von der Kritik getroffen war, da ich bisher nur gute Rezensionen von teilweise auch fremden Leuten bekommen habe, aber ich werde mich eurer Kritik annehmen.

Für mich blieb aber bisher noch eine Frage offen, wie fandet ihr die Moral der Geschichte, die Botschaft, die hinter der Geschichte agiert und wofür die Geschichte ja eigentlich geschaffen wurde?

Mich interessiert das nur so ziemlich, da ihr drei eigentlich vorrangig die Logikfehler bezüglich des alten Mannes kritisiert habt.

 

Für mich blieb aber bisher noch eine Frage offen, wie fandet ihr die Moral der Geschichte, die Botschaft, die hinter der Geschichte agiert und wofür die Geschichte ja eigentlich geschaffen wurde?
Ich kann da keine wirkliche Botschaft herauslesen. Vielleicht formulierst du die mal selbst, damit du das mal für dich klar hast und teilst sie uns mit. Auf mich wirkt der Text noch zu konfus und unentschlossen. Prinzipiell empfinde ich Texte mit klaren Botschaften als übergriffig. Ich möchte nicht belehrt werden, sondern ich möchte etwas erzählt bekommen, was so offen ist, dass ich selber nachdenke. Aber das bin nur ich.

Gruss, Jimmy

 

Hallo @Literatinheaven ,
und herzlich willkommen hier. Ich habe mich gut unterhalten bei deiner Geschichte, mochte auch den eigenen etwas schrägen Tonfall. Ich glaube, ich fände sie unter den Tags "Märchen", "Seltsam" und vielleicht sogar "Humor" ganz gut aufgehoben. Bei "Philosophisches" und "Gesellschaft" greifen natürlich genau die Kritikpunkte, die schon genannt wurden.

Es war einmal ein alter Mann auf dem Land, dieser arbeitete trotz seiner müden Knochen Tag für Tag bis in die Abendstunden, bis ihm sein Rücken wehtat, die Beine schmerzten, die Füße aufgaben, der Muskelkater sich in den Armen festsetzte, die Wunden an den Händen wieder bluteten und sich die Migräne im Kopf einnistete.
Das ist tatsächlich unrealistisch, aber es zieht sich ja durch die ganze Geschichte, dass da krass übertrieben wird, dass da lange Aufzählungen sind, wo immer noch einer draufgesetzt wird und so nehme ich das als Stilmittel, welches auf mich eigen, skurril wirkt und durchaus zu einer Geschichte passt, die stark auf eine Botschaft hin geschrieben ist. Genauso übertrieben ist ja zum Beispiel auch dieser Satz:
Den ganzen restlichen Tag schüttelte der alte Mann darüber den Kopf.
Natürlich schüttelt niemand den ganzen Tag den Kopf, aber da du diese Übertreibung auch im Rest des Textes durchhältst, ist es für mich okay und recht amüsant.

Er sah auf die jüngere Generation mit einem grimmigen Gesicht, da sie nach seiner Ansicht nach ihr Geld mit ihren innovativen Jobs in der Stadt nicht mit ehrlicher Arbeit verdienen.
Das Thema mit dem Ärger über die Jugend und die innovativen Jobs ist ja nun eher so ein Nebenschauplatz. Wenn du deine Botschaft unterstützen würdest, dann würde er sich ja eher über Menschen ärgern, die es sich gut gehen lassen und das Leben genießen, oder?
Zwischendrin kamen immer wieder Kinder an den Laden vorbei, tuschelten über den alten Mann, dass er mit seiner Sichel wie der arbeitende Tod aussieht und klauten ihm ein paar Kirschen.
Gefällt mir, schönes Bild. Da sind viele grammatikalische Schnitzer, hier zum Beispiel würde man schreiben: dass er mit seiner Sichel, wie der arbeitende Tod aussehe ...
Der Mann nahm bei sowas immer seinen Hausschuh, lief den Kindern hinterher um nur dann darüber zu klagen wie fies die jüngere Generation sei, wenn die Kinder ihm mal wieder entwischten.
Auch hier, das erscheint mir sehr schnell und ungenau heruntergeschrieben.
Vorschlag: Der Mann nahm in so einem Fall immer seinen Hauschuh und lief den KIndern hinterher. Wenn sie ihm wieder einmal entwischten, klagte er darüber, wie fies die jüngere Generation sei.
Zuhause angekommen trank er schnell eine Hühnersuppe und ging dann in sein Schlafzimmer, dort sah er neben sein Bett seinen Bücherschrank, der so traurig in das dunkle Zimmer schaute.
Ich würde nach "Schlafzimmer" einen Punkt machen. Schön, wie du hier den Bücherschrank einführst.
Hastig griff er zu seiner Kerze die er anzündete und was er dann sah, ließ ihn fast zu Boden fallen, in seiner Brust war ein großes Loch, sein Herz fehlte und im gleichen Moment sah er wie sich Adern auf den Boden schlängelten. Der Mann schaute wohin die Adern denn führten und sah das Unvorstellbare! Sein Herz hatte Arme und Beine bekommen und kletterte langsam auf das Bücherregal.
Hier habe ich echt Kopfkino, bei den schlängelnden Adern. Starkes Bild und tolle Überraschung.
Stumm und nur mit seinem Herzklopfen reichte das Herz dem alten Mann das Buch, es war ein Roman seines Lieblingsautor und der Mann begann zu lesen.
"seines Lieblingsautors" und ich würde evtl. "nur mit seinem Klopfen" schreiben, denn es ist ja das Herz. Ich finde die Stelle irgendwie berührend. Schön.
In seiner Flut an Emotionen las er sogar bis in den Morgengrauen, bemerkte garnicht, dass sein Herz schon wieder in seiner Brust verschwunden war und dort ganz normal weiterklopfte.
So ein Fachausdruck wie "Emotionen" passt in einem literarischen Text oft nicht so gut. "Gefühle" fände ich besser und eigentlich kannst du den ersten Teil auch weglassen, denn das weiß man ja nun schon. Also: Er las bis in den Morgengrauen und bemerkte gar nicht, ... ("gar nicht" wird "gar nicht"zusammengeschrieben)
Vom Bett aus öffnete er das Fenster, sah zur Sonne hinaus, lachte, schloss die Augen und legte sich wieder hin, in dem Wissen, dass er endlich mal wieder etwas getan hat, was ihm wirklich gut getan hat.
Vielleicht wäre das ein guter letzter Satz.
Ab diesem Tag war der Hof von den Geräten, den Wünschen des alten Mannes, dem Ehrgeiz des alten Mannes, dem Leid des alten Mannes, der Erschöpfung des alten Mannes, der Wut des alten Mannes und letztendlich dem alten Mann selber befreit.
Denn diesen hier finde ich nicht so passend, denn es geht ja darum, dass der Mann von seinem Arbeitszwang erlöst wird und nicht der Hof.

Gern gelesen,
liebe Grüße von Chutney

 

Hallo @Literatinheaven ,
und herzlich willkommen. Deine Erzählung habe ich - so wie es vermutlich von dir gedacht war - von Anfang an als Parabel gelesen. Aus diesem Grund hat mich der unrealistische Zusammenhang nicht weiter gestört.
(Mich haben eher die vielen kleinen Schreibfehler gestört, aber das ist bereits angesprochen worden.
Nur ein Beispiel:

Nicht dass der alte Mann die Menge seiner Arbeit bedauerte, er bedauerte wie lange er für dieses Ziel, dass immer noch unerreicht ist braucht.
Hier stimmen mehrere Dinge nicht. Du kannst den Text übrigens einfach bearbeiten und direkt verbessern. :))

Im Gegensatz zu @jimmysalaryman finde ich die Botschaft ziemlich klar: Nicht zu viele Überstunden machen, um Geld zu verdienen, sondern auch mal Spaß haben und entspannen. Die entscheidende Dichotomie ist nach meiner Lesart: Arbeit vs. Freizeit. (Ob das jetzt inhaltlich eine gute Botschaft ist, und ob die Dichotomie in dieser Form realistisch ist, will ich nicht beurteilen.)

Tatsächlich ist mir der Text daher als Parabel eher zu wenig rätselhaft. Die Botschaft zu deutlich.
Hemingway hat angeblich mal gesagt, wer eine Botschaft habe, solle aufs Telegraphenamt gehen.
Dem kann man zustimmen, muss man aber nicht.

Ich würde den Text an deiner Stelle zur Übung sprachlich aufpolieren und in die Schublade packen.
Vielleicht kannst du ihn mal in irgendeiner Form in einen umfangreicheren Text einbetten. (Ich denke da gerade an die Türhüterparabel von Kafka.) Dadurch kann sich die Wirkung auf den Leser nochmal deutlich ändern.

Ich hoffe, meine Gedanken helfen dir irgendwie weiter.

Viele Grüße und einen schönen Sonntag
Tarkus

 

Für mich blieb aber bisher noch eine Frage offen, wie fandet ihr die Moral der Geschichte, die Botschaft, die hinter der Geschichte agiert und wofür die Geschichte ja eigentlich geschaffen wurde?
Puh, ich versuchs mal:
Verliere durchs notwendig Alltägliche nicht das aus den Augen, was Dich wirklich glücklich macht oder glücklich hält.
Das hab ich da gen Ende so (für mich) rausgezogen. Keine Ahnung, ob Du das so oder ähnlich intendiert hattest. Da die Geschichte im jetzigen Stadium wie bereits geschrieben insgesamt unausgereift und voller kleiner Schönheitsmakel ist, geht die Frage nach der Moral dann auch leider am Ende für mich unter.

Beste Grüße und noch einen sonnigen Sonntag,
Seth

 
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Sichel oder Bücher

ein schöner Titel, schon fast biblischen Ausmaßes, verbinden sich doch im Alten- wie im Neuen Testament Hand-, Mund- und Kopfwerk,

lieber @Literatinheaven,

aber ich hab direkt zu Anfang (aber nur'n bissken) an der Zeitenfolge zu mosern, wenn es hier heißt

Keiner konnte den alten Mann vom Arbeiten abhalten, seine ganze Familie besuchte ihn nicht mehr, weil er immerzu gearbeitet hat und er sagte, dass er keine Zeit für die Familie hatte.

Da pendelt es innerhalb des Satzes ein bissken zwischen Gegenwart und Vergangenheit

konnte abhalten … besuchte ... gearbeitet hat ... sagte, dass er ... hatte.


So viel oder doch eher wenig für heute vom

Friedel,

der mit einem herzlichen Willkommen schließt!

und hofft, dass er diese Woche nochmals vorbeischauen kann (Fronleichnam kündigt sich hierorts mit der Bastelarbeit zum „größten“ Volksfest am Niederrhein an und da herrscht dann das Vorrecht der Nachkommenschaft ...)

 

Hallo!

Zunächst mal, ich sehe deine Geschichte ein bissl positiver als der Schnitt hier. Sie hat mich interessiert, unterhalten. Ich finde meist neu geschriebene Parabeln zu einfach gestrickt und ausrechenbar. Das ist die deine nicht. Es passiert so allerhand, und das Herz, das sich selbstständig macht ist ein schönes Bild (Menschen, die sich mit somatoformen Störungen beschäftigen, benutzen ähnliche Bilder).
Und die Aussage gefällt mir, anders als in einer klassischen Kurzgeschichte, ist es vermutlich sehr schwer, jene zu verpacken in innerer und äußerer Handlung.
Vor allem jimmys Kritik zielt auf die Mängel, berechtigterweise, die dein Text als klassische KG hätte -- nur ist sie keine. Der Mann hat keinen Namen und keine konkrete Lebensgeschichte, er ist eben eine Form. Ein Platzhalter. Daher spielt es für mich auch keine Rolle ob die Landwirtschaft dort dargestellt veraltet ist oder nicht und die Darstellung der Jugend, die vor Läden lungert statt tiktok-Filme zu drehen -- es ist völlig schnurz ob die Sache heute oder vor zwanzig Jahren oder vor 100 Jahren spielt.


Ab diesem Tag war der Hof von den Geräten, den Wünschen des alten Mannes, dem Ehrgeiz des alten Mannes, dem Leid des alten Mannes, der Erschöpfung des alten Mannes, der Wut des alten Mannes und letztendlich dem alten Mann selber befreit.
Mich stört die Wiederholung des alten Mannes nicht. Sie hat Berechtigung im Sprechrhythmus. Allerdings frage ich mich, ob der Schluss deutlicher ginge. Weil das bezügliche 'von' da schon lang her ist:

und letztendlich vom alten Mann selber befreit.

Das 'letztendlich' ist letztlich überflüssig (ist ja der letzte Teilsatz der Aufzählung) und schwächt als Füller

und vom alten Mann selbst befreit.

Interessante Variante wäre:

und schließlich der alte Mann selber befreit.

denke da gerade an die Türhüterparabel von Kafka
Ja, die ist stark. Stark und zeitlos. Wie so manche Kafka-Parabeln, fast stärker als seine Romane selbst.


Gruß Flac

Kleingkeit noch, der Abend, einbricht?

 

Vor allem jimmys Kritik zielt auf die Mängel, berechtigterweise, die dein Text als klassische KG hätte -- nur ist sie keine.
Und deswegen sind meine Kritikpunkt jetzt einfach ungültig, oder wie? Ich schreibe einfach Parabel drüber und dann kann ich alles so darstellen, wie es mir gefällt, ohne Rücksicht auf Realismus oder Logik oder Kohärenz? Dir ist so etwas vielleicht egal, mir allerdings nicht. Es wäre also fair, auch anderen ihre Meinung zu lassen, und diese nicht so oberlehrerhaft beiseite zu wischen.

 

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