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Sie
Tränen liefen über ihr Gesicht. Traurig dachte sie an den Abend. Was war eigentlich passiert? Eigentlich war es doch wie immer. Und dann diese plötzliche Wendung. Habe ich denn von all dem vorher nichts mitbekommen? Warum traf es mich wie ein Schlag. Wir waren doch glücklich. Oder dachte ich das nur?
Der Tag hatte wie jeder andere angefangen. Sie war pünktlich zur Arbeit gefahren. Als sie am Nachmittag nach Hause kam, hatte sie sich etwas zu essen gemacht und war anschließend in die Dusche gegangen. Dann wollte sie zu ihrem Freund fahren, der sicher schon wartete. Sie hatte wieder mal ein wenig Verspätung, aber das kannte er ja schon von ihr. Das war er gewöhnt. Ja Gewohnheit ist sicher das richtige Wort. War denn schon alles zur Gewohnheit geworden und hatte somit seinen Reiz verloren? Wusste man den anderen nicht mehr zu schätzen? Irgendwie war er ja schon komisch als sie ankam. Aber sie merkte es nicht. Sie begrüßten sich mit einem Kuss, wie sie es immer taten. Obwohl, war da noch Leidenschaft bei ihm? Nein, wenn sie es jetzt noch mal vor ihrem geistigen Auge betrachtete. Was war denn eigentlich der Auslöser für den Streit? Sie wusste es nicht mehr. Es war wieder eine der Kleinigkeiten, die ihn oft zur Weißglut trieben. Statt mit ihr darüber zu reden, hat er immer alles in sich hinein gefressen.
Und dann waren sie gefallen. Diese bösen bedrohlichen Worte. Sollte das jetzt gewesen sein? Warum? Er wollte seine Zeit nicht mehr mit ihr verbringen. Er wollte einen Schluss-Strich ziehen. Aber warum nur. Hat er eine andere gefunden, die besser zu ihm passt? Sicher so muss es doch sein. Er hat sicher eine neue. Ihn hat doch schon immer das Neue gereizt. Aber gesagt hat er das nicht.
Ich rufe ihn noch mal an und versuche mit ihm zu sprechen. Oder besser noch ich fahre zu ihm. Ob er mir denn wohl die Tür öffnet. Wohl eher nicht. Er möchte doch jetzt seine Ruhe haben. Ob er denn ans Telefon geht. Wahrscheinlich auch nicht, wenn er sieht das ich anrufe. Was habe ich denn falsch gemacht? Was hätte ich anders machen können? Wie kann ich ihn denn nur zurückgewinnen? Will ich das überhaupt? Ich sollte was essen. Aber ich habe keinen Hunger und auch überhaupt keinen Appetit. Nein, nicht schon wieder. Nein ich will nicht schon wieder weinen. Warum tut es denn nur so weh? Warum bin ich denn so enttäuscht? Ich hätte es doch kommen sehen müssen.
Wie war er denn die Tage zuvor? War er da anders. Nein, nicht das ich etwas bemerkt hätte.
Schließlich schlief sie über ihre Gedanken ein. Es war ein kurzer unruhiger Schlaf. Begleitet von Träumen. Träumen von ihm. Schöne Träume und plötzlich dachte sie, alles sei wieder in Ordnung. Umso härter traf sie die Einsicht, als sie aufwachte. Wieder stellte sie sich tausende von Fragen, auf die sie keine Antwort wusste. Sie fühlte sich so leer. Wieder begann sie zu weinen. Tränen aus Enttäuschung. Tränen der Verletztheit. Tränen der Einsamkeit.
Mit wem kann ich denn reden. Gibt es da überhaupt jemanden? Sie sind doch ohnehin alle nur mit ihm befreundet. Es war ja auch sein Freundeskreis. Wer steht denn wohl zu mir? Keiner steht zu mir. Ich habe doch an aller Schuld was passiert ist. Er ist doch so wunderbar.
Statt zur Arbeit fuhr sie heute zum Arzt und ließ sich erstmal für ein paar Tage krankschreiben. Dann fuhr sie wieder nach Hause. Sie wollte sich aber nicht länger in Selbstmitleid wälzen.
Und wer sagt überhaupt, dass es meine Schuld ist? Nein, seine ist es. Er hat mich verlassen. Er weiß doch gar nicht was er sich damit antut. Hah...er verlässt mich? Na dann soll er mal zusehen wie er klar kommt. Der kommt schon wieder, von ganz alleine. Ich heule dem doch keine einzige Träne mehr nach. Das wäre ja noch schöner. Soll er doch sehen, was er davon hat. Ich komme auch ganz gut ohne dem zurecht. Mit mir macht der das nicht. Jetzt soll er mal sehen, was für eine tolle Frau ich doch bin. Und vor allem, was er alles verpasst.
Mit diesen und ähnlichen Gedanken ging sie ins Bett. Es wurde eine traumlose Nacht für sie.
Mehrere Tage vergingen. Sie lernte ihren Schmerz zu besiegen. Sie versuchte nicht mehr an ihn zu denken. Sie versuchte ihren gewohnten Alltag zu leben. Ohne ihn. Neue nette Menschen begleiteten sie auf ihren neuen Weg. Sie hatte die Freude am Leben wieder gefunden.
Viele Wochen brauchte sie nicht an ihn zu denken. Sie hatte ihn einfach verdrängt. Kein Gedanke war mehr für ihn übrig. Bis der Tag kam an dem sie sich gegenüber standen. Sie sah ihn. Er wollte mit ihr sprechen. Wollte sie das auch? Sie hatte doch so viel durchgemacht. Sie sprachen miteinander. Dann ging er wieder. Nicht ohne ihr vorher noch gesagt zu haben, das er sie liebt.
Sie liebte ihn auch noch. Das wusste sie. Und das machte alles ja auch so schwer. Wieder eine Nacht in der sie nicht schlafen konnte. Wieder eine Nacht in der sie die Gedanken quälten. Und dann fasste sie noch einen Entschluss, bevor sie in einen unruhigen Schlaf sank.
Ein paar Tage später, trafen sie sich bei ihr. Sie war nervös, aber sie freute sich. Die Krise hat sie stark gemacht. Sie hatte ihren eigenen Freundeskreis. Sie wollte ihn auch auf jeden Fall behalten.
Wieder sprachen sie miteinander. Ja sie sprachen richtig miteinander. So was soll es auch noch geben. Und dann fielen sie sich in die Arme.