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So einfach ist das mit Herrn Peter

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02.11.2001
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So einfach ist das mit Herrn Peter

Wenn der Abend dem Gebirge seine Schwärze gegen den Fels flüstert, hat Herr Peter längst seine Vorkehrungen getroffen. Wenn das bunte Volk von den Pisten steigt und aus den klammen Schuhen, müde schon und hungrig auch, dann kramt Herr Peter sein Lächeln hervor, für das ihn alle mögen. Wenn das Buntvolk also gewaschen und gekämmt durch den Speisesaal stöckelt, dann ist Herr Peter zur Stelle. Herr Peter geleitet die Paare zu den Tischen und sorgt sich gemeinsam mit den Herren, die richtige Weinbegleitung zu finden. Herr Peter dient, bückelt, lächelt, findet Worte hie und da, und verhilft dem Abend so zu seinen Reizen. Herr Peter trägt ein Trachtensakko, welches zu den neunzehnhundert Höhenmetern draußen schon sehr passt und die Damen schenken ihm so manchen tiefen Blick dafür. Und für sein tiefschwarzes Haar.
Dafür auch, ja. Denn: Herr Peter ist ein schöner Mann. Aufrecht im Gang und schnell und gewandt ist er, wenn er in Demut zwischen den Tischreihen eilt. Zwischendurch atmet Herr Peter und bestreicht sein Haar wie einen Helm. Ein Ritter der Berge ist Herr Peter dann und ritterlich ist seine Gestik, wenn im Haarschwarz die Golduhr blitzt und das Saallicht auf den manikürten Fingernägeln eine Alpenpolka tanzt.
Wohl hat Herr Peter da und dort schon nachgeholfen und seine graue Natur damit auf falsche Fährten geführt und überlistet, doch sein Zähneweiß und sein Hautbraun machen allemal was her. Wenn sein Lächeln sich in den Rieslinggläsern spiegelt und er mit braunen Händen, die aus blütenweißen Hemdsärmeln ragen, die Vorspeisenteller reicht, dann ist der Abend schon gewonnen. Das Hotel hat vier Sterne, der Koch noch nicht lange eine Haube neben der, die er in der Küche trägt, und allesamt haben sie Herrn Peter, den Oberkellner. Was wäre das Haus ohne ihn. Was wären die Gäste ohne Herrn Peter. Was wären für Manche hierorts die Stunden hin zum Morgen. Für Manche, die vielleicht schlecht schlafen, weil sie einer Aufmerksamkeit bedürfen, die sie Liebe nennen. Was wären diese Stunden ohne Herrn Peter?

Es ist mit mir durchgegangen, hatte Herr Peter geantwortet, als sie ihm die Frage nach dem Warum gestellt hatten. Als er die Bilder des Mädchens vor sich liegen sah, hatte er zu schluchzen begonnen und sich wie ein Tier gefühlt. Wenn sie das nicht überlebt, kommen Sie nicht mehr raus, hatte der Anwalt zu ihm gesagt. Der Anwalt spuckte feine Speicheltröpfchen beim Reden, wurde während der Einvernahme mit Herrn Peter zweimal von seiner Geliebten am Handy angerufen, trug einen Siegelring am linken kleinen Finger und machte kein Hehl daraus, dass ihn dieser Fall zur Gänze anwiderte.
Sie hatte überlebt.
Es wurden sechs Jahre und nur deshalb, weil Alkohol mit im Spiel war und Herr Peter aus diesem Umstand verminderte Zurechnungsfähigkeit zugestanden bekam. Sie geht jetzt wieder zur Schule und ist Bettnässerin mit dreizehn Jahren. Manchmal schaut sie in eine Leere, in der sie ganz alleine wandert. Wenn ihr am Weg zur Schule ein Mann entgegen kommt, wechselt sie die Straßenseite. Wenn sie später einen Mann findet, dem sie nicht ausweichen wird, weil sie glaubt, so etwas wie Liebe zu spüren, wird dieser niemals Vater werden können. Ihr erster und einziger Mann war Herr Peter. Der hat alles kaputt gemacht bei ihr. Wegen ihrem weißen Kleid, hat Herr Peter oft danach gedacht. Deshalb ist es durchgegangen mit mir.

Herr Peter kommt vom anderen Tal, sagt er, wenn ihn jemand danach fragt, ob er auch von hier wäre, weil sein Dialekt so anders klingt. Er arbeitet gerne hier, sagt Herr Peter auch und die Golduhr streicht dabei über seinen schwarzen Helm am Kopf. Oft hat er Fragen zu beantworten und Herr Peter ist beliebt für seine spontanen und geradezu witzig zu nennenden Antworten. Herr Peter macht keine Unterschiede, ist nur bei den Damen eine Spur galanter in der Stimme. Bei den Herren punktet er mit der burschikosen Art des Naturburschen und die Herren klopfen ihm dafür jovial auf die gepolsterte Schulter. Weil sie sich zu ihm hingezogen fühlen und weil sie ihn mögen, jeder auf seine Art.

Herr Peter kann mit jedem, sagt der Chef des Hauses.
Herr Peter hat es geschafft, hat sich unentbehrlich gemacht hier im Betrieb.
Nicht nur dort.
Dann und wann fragt ihn wer, von welchem Ufer denn Herr Peter käme. Dann lacht der, der fragt und Herr Peter sagt, dass es darauf ankäme, er aber beide Ufer gut kenne. Ist ja prächtig, gibt der, der fragt, zur Antwort, oder auch nur ,Wie viel, Herr Peter?’ gleich als Frage zurück. Dann holt Herr Peter ein kleines Heftchen aus der Brusttasche seines Sakkos und trägt darin Zahlen ein. Zum Beispiel eine Uhrzeit, oder auch die Nummer eines Zimmers. Bei Herrn Peter hat alles seine Ordnung, nicht nur die Reihen seiner weißen Zähne.
Eines weiß Herr Peter: In das Tal, von dem er kommt, will er nicht zurück.
In ein Tal mit hallenden Gängen und Schreien, die aus verschlossenen Räumen kamen und unter Schlägen keuchend verstummten. Dort war er lange genug. Als man ihm endlich sagte, dass er nun lange genug in diesem Tal gewesen sei und er nach dem Jahr fragte, in das man ihn blass, aber therapiert entließ, war Herr Peter überzeugt, ein besserer Mensch geworden zu sein. Er wollte raus aus der Stadt, das weiße Kleid und das Mädchen darin dort zurücklassen und seine Erinnerung an Vieles vergessen.

So wartete Herr Peter damals auf den Zug in den Süden.
Als ihn jemand in der öffentlichen Toilette des Bahnhofs ansprach, und er eine halbe Stunde später verwundert ein paar Geldscheine in den Fingern hielt, vergaß Herr Peter augenblicklich den säuerlichen Geschmack des Spermas auf den Lippen.
In diesem Moment hatte Herr Peter die große Idee geboren.
Nein, ungewollte Gewalt sollte es nicht mehr sein, nicht jetzt, nie mehr. Diese Art von Gewalt brachte kein Geld und die Schreie waren laut und hässlich gewesen hinter dem über den Mund geschobenen weißen Kleid. Obwohl....Nein, keine Hässlichkeiten mehr. Es würde anders gehen und gewollt von denen, die dafür bezahlen.
Egal auch, was die wollen.
Väter und Mütter sollen es sein. Ehekrüppel, vom Leben und vom Partner Enttäuschte, die ihre ehemals zugestandene Liebe mit Ekel in sich herumtragen. Die, die wegen der Kinder, wegen der Nachbarn, wegen den Schulden bei der Bank diese Liebe nie würden ausspeien können, sondern irgendwann daran ersticken. So müsste es gehen, dachte Herr Peter damals und das Glück war ihm hold gewesen, als er die Stelle als Hilfskraft auf neunzehnhundert Höhenmetern in diesem Skiort an der italienischen Grenze fand. So begann er an sich und vor dem Spiegel zu arbeiten, erfand sein strahlendes Lächeln und befand, dass ihm schwarzes Haar gut stünde. Irgendwann hatte er es geschafft. Herr Peter, der Oberkellner, so steht es jetzt auf einem silbernen Schild, das er auf der linken Seite des Trachtensakkos angesteckt hat.


Und wie schon der Chef des Hauses erkannt hat, kann Herr Peter mit jedem. Und jeder.
Herr Peter kennt die Dramen, die in den Suiten und Appartements des Hauses Nacht für Nacht aufs Neue erbrochen werden. Herr Peter weiß von den Tränen der Damen und den Flüchen der Herren, wenn sie ihm das Leid einer marode gewordenen Ehe klagen. Auch kennt er deren gurrendes Keuchen, das bettelnde Stöhnen, wenn er tief in ihren hingereckten welken Ärschen kommt. Wenn er ihre hängenden Brüste, weiß wie Brotteig, mit kräftigen Händen knetet, daran zerrt und die steifen Warzen blutig beisst. Wenn er an schlaffen Hodensäcken leckt und mit der Zunge in ihre geweiteten, verwucherten, zerfurchten Löcher stößt. Wenn er ihre trockenen Schamlippen mit Fäusten bearbeiten darf, weil nur dann ein bisschen Nässe darauf glitzern will. Wenn dabei die Nebel auf den Fensterbänken draußen auch den Weg in den Kopf von Herrn Peter finden, haben die das Weiß des Kleides von damals und Herr Peter arbeitet sich noch verbissener zwischen die gespreizten Beine der Damen und Herren.
Ja, Herr Peter, ja, flehen sie ihn dann an und er denkt an noch leere Blätter in seinem Notizbüchlein. Oder er starrt dabei die Wände an und hat das andere Tal vor Augen.
Der Waschraum.
Die Tätowierung des Einen, der ihn an die Anderen verliehen hatte wie eine Hure.
Die Schläge, die Hände der Anderen an seinem Glied, an seinen Arschbacken und dazwischen. Das Atmen des Einen über ihm, der brennende Schmerz dabei, während ihn die Anderen hielten und zu Boden drückten. Der säuerliche Geschmack, der ihn zum Würgen brachte, wenn sie ihm in die Mundhöhle urinierten.
Das leise Knacken, als sein rechtes Handgelenk am Fliesenboden brach.
Der Hals der Bierflasche, der zersplitterte, als sie versuchten, sie ihm in den Arsch zu rammen.
Der Geruch nach der eigenen Scheiße.
Sein Blut am Boden.
Das Lachen und Grölen der Männer.
Der Klang einer Trillerpfeife.
Warnrufe. Kommandos.
Das unbeteiligte Wegblicken der Anderen, als ihn die Beamten aus dem Waschraum zerrten.
Geschrieene Befehle und wieder Schläge und Tritte.
Das Wort Kinderficker, eingebrannt für immer.
Alle wussten von der Sache mit dem Mädchen.
Das andere Tal war die Hölle für ihn gewesen.
Er dachte keinen Moment an das Mädchen, an deren nasses Bett, in dem sie jede Nacht lag, schlaflos vor Angst, von jemandem berührt zu werden. Auch nicht daran, dass er das Mädchen damals in ein anderes Tal entführt hatte. In eines, in das, so früh noch und in der Art und Weise, wie es geschah, sie nicht bereit gewesen war, hineinzugehen.

Wenn die Saison gut läuft, hat Herr Peter in den Nächten alle Hände voll zu tun.
Natürlich, sagt Herr Peter zu den rot geschwitzten Damen und Herren, wenn sie ihn beschwören, die stattgefundene Angelegenheit vertraulich zu behandeln und ihn gleichzeitig um einen neuen Termin bitten, weil der Mann, die Frau, gerade morgen beim Nachtschifahren zugegen sein wird.
Sie liegen danach an seine Schulter gelehnt, rauchen eine Zigarette, sprechen von Scheidung, reden laut über ihre unerfüllten Träume. Sie haben die Decke über ihre Beine gezogen, über ihre Hüften, über ihr aufgewühltes, violett geschwollenes Geschlecht, weil die Scham über das eben Stattgefundene im Bauch pocht. Sie riechen nach Schweiß, nach der Angst, entdeckt zu werden, manchmal nach Anderem auch.
In diesen Nächten hasst Herr Peter das Buntvolk, das er besteigen muss, von dem er bestiegen wird. Es ist das Geld. Deshalb eben. Nur nicht weinen, sagt er sich dann und heult trotzdem, wenn er endlich in seiner Dachkammer die Puppe mit dem weißen Kleid umarmen kann. Er sagt Liebe zu ihr und weiß, dass dies ein seltener Name ist.
Herr Peter hört das Kettenklirren der Pistenraupen, die sich aufmachen, die Hänge herzurichten. Für einen neuen Tag, der nur ein weiterer Gaukler ist in dieser großen Komödie hier heroben zwischen den Schneekanonen und dem Kiefernwald. Es ist nicht so, dass Herr Peter das, was ihn damals in das andere Tal gebracht hatte, ganz vergessen konnte.
Das Warum ist einfach erklärt. Wenn Herr Peter in den Nächten, in denen für ihn in anderen Zimmern nichts zu tun ist, in sein Kissen weint, dann weint er um das Gefühl der Liebe, das er einmal kosten durfte. Nicht um die Zeit weint er, mit der er diese Liebe danach zu bezahlen hatte.

Wenn die Saison hier heroben dem Ende zugeht, wird Herr Peter das Trachtensakko für eine Weile an den Nagel hängen und mit seinem Mercedes ins Tal fahren. Dann ist der Schnee weg und die warme Adrialuft lockt zu Spaziergängen. Herr Peter wird seinen Wagen auf Hochglanz polieren, ihn am Bordstein vor dem Gastgarten abstellen und sich einen Tisch in der Sonne sichern. Manche werden sich nach seinem schwarzen Haarhelm umdrehen, ihm Blicke und damit vielleicht ein stummes Wollen auf den Weg schicken. Doch Herr Peter hat alle Zeit der Welt hier unten im Tal und der Stress der neunzehnhundert Höhenmeter ist weit weg. Herr Peter wird sein Lächeln hervorkramen und wie ein blanker Ritter in der Sonne des Frühlings sitzen.
Herr Peter ist ein schöner Mann und steht am Beginn seines Kreuzzuges und in den Straßen werden die ersten weißen Kleider zu sehen sein. Darauf wird Herr Peter warten, weil hinter einem davon die ungläubige Liebe spazieren geführt wird. Die, die nicht will, entdeckt zu werden. Die, die seiner Gewalt bedarf. Der sorglosen Gewalt eines Ritters, der weiß, dass er das Richtige tut, weil er daran glaubt, wenn die Nebel den Weg in seinen Kopf finden.
Diese scheue Liebe zu seiner Wahrheit zu bekehren, ist alles, was Herr Peter möchte.
So einfach ist das mit Herrn Peter.

 
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puuhhh, die Geschichte ist ganz schön hart.

Mich beeindruckt die Liebe zum Protagonisten, mit der du diese Geschichte erzählst, obwohl du gegen ihn Position beziehst.
Ich finde es schön, dass Täterschaft und Opferschaft bei dir so nah beieinanderliegen, auch wenn sich der nette Herr Peter in seinem Realitätsverlust fast ausschließlich als Opfer sieht, und wenn er sich in seiner Verblendung als Missionar der freien und wahren Liebe empfindet.
Du findest schöne Formulierungen für das Abstoßende, du findest rührende Formulierungen für das Mädchen im weißen Kleid, und immer wenn man gerade anfängt, den Herrn Peter ein kleines bisschen zu mögen findest du eine Wendung.
Geschichten brauchen, wie gute Schauspieler machmal auch Timing. Das Timing deiner Geschichte hätte besser nicht sein können.

Wenn diese Geschichte Fehler beinhaltet habe ich sie gebannt vom Text überlesen.

Mich erninnerte sie spontan an ein Lied von Ludwig Hirsch, der dir bestimmt was sagt.

Lieben Gruß, sim

 
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Einen schönen Abend, sim,

du meinst den Herrn Haslinger. Hab' ich recht?
Obwohl...Herr Peter hat es schlimmer drauf.

Danke für das Lesen meines Textes und deine gar nicht so schlechten critics.

Liebe Grüße - Aqua

 

Hallo Aqua,
wow, ich weiss gar nicht so richtig, was ich sagen soll. Ich bin auf jeden Fall total beeindruckt, was für Formulierungen! Obwohl Herr Peters ein Mega-Obera..loch ist, empfindet man trotzdem so etwas wie Mitleid mit ihm, weil er in diesem furchtbaren Teufelskreis drinsteckt.
Eine kleine Sache ist mir aufgefallen:
Am Ende des ersten Abschnitts schreibst du:
Was wären diese Stunden ohne dem Herrn Peters?
Es muss ohne den heissen.

Tolle Geschichte, die mich sehr berührt hat.
Liebe Grüsse
Blanca

 

Hallo Aqualung!

schon wieder ein Prota, den ich nicht leiden kann. Was Du super herausstellst, ist der Gegensatz von Schein und Sein. Nach außen ein ansehnlicher, fleißiger, freundlicher Mann, und innerlich so häßlich, dass es mir ganz schecht wird.
sim hat schon recht, das schlimmst an dem Mann ist, dass er keinerlei Einsicht zeigt in seinem Wahn. Er sucht noch immer,immer wieder nach einm Mädchen im weißen Kleid, nahc der Unschuld.
Gut wie Du alles verknüpfst, die Ziet im Gefängnis oder der Anstalt, die Prostitution jetzt.

Die, die nicht will, entdeckt zu werden. Die, die seiner Gewalt bedarf. Der sorglosen Gewalt eines Ritters, der weiß, dass er das Richtige tut, weil er daran glaubt, wenn die Nebel den Weg in seinen Kopf finden.
da schüttelts mich richtig. Immer wieder stellen sich die gleichen Fragen bei mir: wie kann man einen Menschen sorglos als therapiert entlassen... man kann nie in seinen Kopf blicken. Immer wieder passier das.
sehr guter Text wieder einmal, Aqua...

liebe Grüße
Anne

 

Hallo Blanca, hallo Mäuschen,

Protagonisten wollen nicht geleidet werden. Sie sollen irgendwie Schweine sein, denn nur dann ist Reflexion des Lesers/der Leserin angesagt. Ich sage euch ein herzliches Dankeschön fürs Lesen und fürs darauf was Wissen. Es tut gut, Echo zu bekommen, wenn die Wand, vor der man steht, steil und unbezwingbar aussieht.

Liebe Grüße - Aqua

 

Ich kann mich nur anschließen.
Eigentlich hatte ich vor, nur noch eine kleine Geschichte zu lesen. Und jetzt habe ich doch wie gebannt immer weiter gelesen und auch nach dem Lesen lässt sie mich nicht mehr los. Deine Geschichte.
Ich finde eigentlich alles beeindruckend. Der Stil, die Formulierungen, das Thema.. Alles.
Man hat Mitleid mit dem Protagonisten, obwohl man nicht will. Wie schon gesagt, das Timing stimmt bei deiner Geschichte einfach.
Während man sich Gedanken darüber macht, wie sehr Herr Peter doch auch leiden muss, kommt der nächste Abschnitt, den man vor lauter Hass auf denselben Herrn nicht lesen mag und es doch tut.
Großes Lob.
Fehler entdecke ich keine. Aber ich habe auch nicht darauf geachtet. Man kann nicht richtig auf Zeichensätzung und Rechtschreibung achten, bei einer solchen Geschichte.

 

Geschrieben von Aqualung
Einen schönen Abend, sim,

du meinst den Herrn Haslinger. Hab' ich recht?
Obwohl...Herr Peter hat es schlimmer drauf.

Liebe Grüße - Aqua


Ja, ich meinte den Herrn Haslinger genau, mir war nur der Name entfallen.
Der Herr Peter hat es eindeutig schlimmer drauf, auch wenn bei ihm keine kleinen roten Schuhe im Fluss schwimmen.

Gerade das ist dir an deiner Geschichte ja so gut gelungen, darzustellen, hinter welch vertrauenserweckenden Fassaden das Grauen schlummert. Und dass es nicht aus dem Nichts geboren wird, auch wenn der Herr Peter ein Überzeugungstäter ist, der daran glaubt, die Seelen zu lieben, die er verstümmelt und massakriert.

Deine Geschichte hat mich ehrlich sehr bewegt.

 

Hallo Fliegenbein,

es freut mich, dass es dem Text gelungen ist, dich weiterlesen zu lassen. Und dass er dich auch inhaltlich beeindruckt hat. Er soll ein kleiner Blick hinter Fassaden sein, die es leider gibt.

Hallo sim,

ich wusste, dass du den Herrn Haslinger meintest.
Du hast recht, sim. Herr Peter verstümmelt die Seelen, die er liebt. Er ist davon überzeugt und gegen diese Überzeugung hilft keine Theraphie. Das ist das Schlimme daran.

Liebe Grüße an euch Beide - Aqua

 

hallo aqualung - gott sei dank gibt es Häferl, denn ohne ihre empfehlung wäre ich nicht auf diese klasse-gschichte gestossen! ich bin echt beeindruckt, wie du diesen zwiespalt im leben eines menschen dargestellt hast. gratuliere!
beste grüße
ernst

 

Hallo Ernst,

ich freue mich sehr über deine schöne Kritik zu einer Geschichte, die schon vor längerer Zeit geschrieben wurde. Bei Herrn Peter ist der genannte Zwiespalt leider eine unüberbrückbare Schlucht geworden. Ich will nicht wissen, was er in seiner Jugend erlebt hat oder von wem und wie er erzogen wurde. Grundsätzlich hat ihm die Gesellschaft irgendwann wehgetan. Jetzt kann er nicht anders.

Liebe Grüße an dich - Aqua

 

gott sei dank gibt es Häferl
Möchte da nur betonen, daß die Empfehlung nicht, wie offenbar angenommen, von mir stammt, sondern von sim.

 

sorry häferl....hast natürlich vollkommen recht. trotzdem nehme ich mein "gott sei dank gibt es Häferl" NICHT zurück - und behaupte auch NICHT das gegenteil! denn - so oder so - die geschichte von aqualung hat es verdient, empfohlen zu werden.
lieben gruß
ernst

 

Hallo Aqualung,

der Text klappt, vor allem wegen deiner Sprache.

Perspektive
Du schreibst aus auktorialer, recht distanzierter Sicht über einen Kinderschänder. Ist dir das bewusst? Den Erzähler lässt du nicht auftauchen, der Leser hört nur seine lyrisch gefärbte Sprache. "Wenn der Abend dem Gebirge seine Schwärze gegen den Fels flüstert": So lyrisch redet ja doch nicht Herr Peter, oder? "Er dachte keinen Moment an das Mädchen..." Hier redet der Erzähler über Herrn Peter, oder?

Plot
Du schreibst eine Biografie, die von Herrn Peter. Das ist natürlich schwer in eine Kurzgeschichte zu pressen. Das meiste passiert in den Rückblenden, in der Präsens-Gegenwart geschieht nicht viel. Das alles - inklusive der Perspektive - hätte die meisten Geschichten ruiniert. Du rettest es durch deine Sprache. Diese Prosa neigt mehr zur Lyrik als zur Dramatik, finde ich. Das ist nicht als Kritik gemeint, ich denk nur laut nach. Es ist gelungen, wegen deiner Sprache (oder der des Erzählers).

Sprache
Ein paar Haare in der Suppe hab ich gefunden, vielleicht hilft es dir:
- "Der Anwalt wurde während der Einvernahme mit Herrn Peter"
Einvernahme ist Österreichisch, ist dir das bewusst? "Vernehmung" wäre das BRD-deutsche Wort (aber es muss ja nicht alles keimfrei sein).

- "Wenn das Buntvolk ... durch den Speisesaal stöckelt"
Da seh ich nur Damen in Stöckelschuhen. Wenn Frauen und Männer gemeint sind, wäre klappern oder klackern vielleicht passender?

- bestreicht sein Haar wie einen Helm
Helm ist ein gutes Bild, man sieht das gegelte Haar. Aber wer "bestreicht" seinen Helm? Und mit was? Wär nicht "betastet seinen Helm" besser?

- "wenn im Haarschwarz die Golduhr blitzt ... doch sein Zähneweiß und sein Hautbraun"
Golduhr find ich okay, aber Haarschwarz, Zähneweiß und Hautbraun - das ist mir zu lyrisch, klingt manieriert.

- "die ungläubige Liebe .. Die, die nicht will, entdeckt zu werden. Die, die seiner Gewalt bedarf."
Das ist wohl die Schlüsselstelle. Interessanter Gedanke, aber muss es nicht heißen: "Die, die nicht entdeckt werden will"?

Rhythmus
Aufgefallen ist mir noch der gute Rhythmus des ersten Satzes (bis Schwärze): "Wenn der Abend dem Gebirge seine Schwärze" und auch sonst manchmal der Rhythmus. "müde schon und hungrig auch", "findet Worte hie und da". Ich schätze, du schreibst auch Lyrik.

Grüße,
dein Stefan

 

Also, jetzt will ich etwas Ordnung in meine Antworten bringen.

arminius,
ich bin mir nicht sicher, was ich schreiben soll. Was ich auch zu schreiben versuchen würde, es wäre deinen Worten nicht gerecht. Ich sage dir einfach, dass ich mich über dein zynisch-pfiffig-positives posting sehr gefreut habe.

maxy,
schön, dass du hinter dieser Geschichte eine traurige, provozierende und seltsame Stimmung findest, die für dich schockierend, aber gelungen ist. Wenn ich Reaktionen hervorrufen wollte, dann scheint es mir bei dir gelungen.

leixoletti,
danke für deine sehr detaillierte Auseinandersetzung mit dem Text. Lyrisch gefärbt ist die Sprache des Erzählers. Herr Peter hat wahrscheinlich eine derbe, die er gut versteckt. Ich freue mich, wenn du die Lyrik der Sprache hier so positiv hervorhebst.
Die Nudeln habe ich allesamt in der Suppe belassen. Nicht, weil ich meine, dass der Text ohne Fehler ist. Aber ich will einen Text, der in seiner Fassung schon so lange im Forum steht, nicht mehr ändern. Er hat mitsamt seinen Nudeln Charakter, vielleicht auch gerade deshalb. Einverstanden?

Liebe Grüße an euch drei und danke nochmal - Aqua

 

Ich wollte nicht einfach nur schreiben, das die Geschichte unheimlich packend ist, all das viele Lob eindeutig verdient hat, sprachlich möglicherweise vollendet, auf jeden fall aber atmosphärisch und furchtbar dicht ist, auch (Gedanken-)fruchtbar stickig ist von all der niedrigsten und doch gleich menschlichsten Existenz, die hier auf die innersten Zusammenhänge der Seele seziert wird...

Also, ich wollte nicht nur sagen, toll. deshalb habe ich noch ein bisschen grübeln und muss jetzt anmerken, dass ich das Gefängnisstrauma des Herrn Peter ein wenig zu typisch, zu häufig verwendet, fast schon ein ein Klischee nennen würde. Da gibt es doch Millionen Filme, die das so begründen, die gleichen Bilder zeichnen (Sleepers, American History X habe ich zb gekuckt).
Das finde ich auch einfach schon fast ein wenig schwarz-weiß gezeichnet. Das hat etwas Holywoodiges.

Man mag das natürlich anders empfinden; die Geschichte an sich ist sicherlich auch in ihrer derzeitigen Form ziemlich verdammt gut.
Zeichnet eben einen Menschen plastisch und aufwühlend, zwingt dadurch zur Reflektion, zum Sinnen über die Sache, auch über die Bosheit im selbst.

 

Guten Morgen, all-apologies,

mit dem Gefängnistrauma hast du wahrscheinlich recht. Häftling wird im Gefängnis misshandelt, vergewaltigt und verlässt traumatisiert diesen Ort des Bösen. Es steckt ein Klischee dahinter, welches in einigen Filmen genauso verarbeitet wurde. Ich habe das Klischee hier auch benutzt, um den Bogen der Geschichte weiterspannen zu können.
Zu deiner Kritik und den Reflexionen zum Text sage ich ganz einfach danke. Du hast dich damit ziemlich beschäftigt.

Liebe Grüße - Aqua

 

Hi Auqualung,

deine Geschichte weiß trotz Unoriginellität (falls es dieses Wort nicht gibt, betrachte es als Neologismus meinersieits. Patentanmeldung läuft schon) des Themas zu berühren.

Du verstehst es, mir den Herrn Peter so zu beschreiben, dass ich ihn mir genau vorstellen kann, ohne jedoch dabei zu viele Worte zu machen. Selten so was, sehr selten. :thumbsup:

Das Warum habe ich irgendwo trotzdem nicht verstanden, ebensowenig, warum er nach weiteren solcher Personen in weißen Kleidern auf der Straße sucht :Pfeif:

Je nun, wie auch immer ... klasse Geschichte :thumbsup:

Yeahboyyy!

Fehlerliste:

Was wären für Manche hierorts die Stunden hin zum Morgen. Für Manche, die vielleicht schlecht schlafen, weil sie einer Aufmerksamkeit bedürfen, die sie Liebe nennen.
manche
Eines weiß Herr Peter: In das Tal, von dem er kommt, will er nicht zurück.
aus
Er wollte raus aus der Stadt, das weiße Kleid und das Mädchen darin dort zurücklassen und seine Erinnerung an Vieles vergessen.
vieles
Diese Art von Gewalt brachte kein Geld und die Schreie waren laut und hässlich gewesen hinter dem über den Mund geschobenen weißen Kleid. Obwohl....Nein, keine Hässlichkeiten mehr.
Obwohl ... Nein
Wenn er ihre hängenden Brüste, weiß wie Brotteig, mit kräftigen Händen knetet, daran zerrt und die steifen Warzen blutig beisst.
beißt
Die Tätowierung des Einen, der ihn an die Anderen verliehen hatte wie eine Hure.
anderen
Die Schläge, die Hände der Anderen an seinem Glied, an seinen Arschbacken und dazwischen.
anderen
Geschrieene Befehle und wieder Schläge und Tritte.
Das Wort Kinderficker, eingebrannt für immer.
Geschriene

 

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