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So ist das also

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11.10.2002
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So ist das also

So ist das also.

So weit, so gut. Was jetzt? Ich wäre gerne liebestrunken und sinnentrückt in den Armen einer schönen Frau gestorben; nein, besser noch: in den Armen zweier schöner Frauen. Stattdessen trifft mich der Schlag, während ich auf dem Klo sitze und versuche, die Pizza vom Vorabend in die wohlverdiente Freiheit zu entlassen. Was für ein Pech. Merken Sie sich das: Man kann im Leben nichts erzwingen. Entweder es klappt oder es klappt nicht, entweder es kommt - oder nicht. Zu starkes Pressen ist ungesund. Rauchen tötet. Trinken auch. Alle Arten des Drogenkonsums sollten in jedem Falle vermieden werden. Schnallen Sie sich an beim Autofahren. Und vergessen Sie um Gottes Willen niemals Regel Nummer 1: Nicht zu stark pressen!
„Hi. Du musst Petrus sein.“
„Muss ich das?“
„Ja. Wer sonst würde mich wohl hier vor diesem prächtigen Himmelstor empfangen, einen viel zu großen Schlüssel in der einen und ein goldenes Büchlein in der anderen Hand?“
Petrus überdenkt das Argument. „Sehr scharfsinnig“, sagte er dann.
Schweigen.
Ich versuche, die Situation zu entkrampfen. „Tolles Wetter habt ihr hier oben.“
„Ja, ein Platz an der Sonne.“
„Riecht nur etwas komisch. Hat der große Meister gepupst?“
„Das ist der Weihrauch!“, erklärt mir Petrus geduldig, aber nicht ohne Strenge. “Dieser vertraute Duft soll Neuankömmlingen wie dir helfen, mit ihrem irdischem Leben abzuschließen und mit geläutertem Bewusstsein in den Garten Eden einzugehen.“
„Nette Idee.“
Gedehntes Schweigen. Petrus’ Finger trommeln gelangweilt auf dem Umschlag des goldenen Buchs herum; sein Blick gleitet versonnen durch die weihrauchgeschwängerte Luft.
„Was steht denn drin?“, will ich schließlich wissen.
„Wo drin?“
„Im goldenen Buch! Schandmal meiner Sünden! Dokument meiner grenzenlosen Nächstenliebe! Waagschale meiner Fehler und Vorzüge! Eintrittskarte ins Paradies oder Fahrschein zur Hölle!“ Ich schlage mir eine Hand vor die Augen, um die Dramatik des Gesagten zu unterstreichen.
„Oh“, meint Petrus. „Das Buch. Tja, das Buch... ist leer. Hat rein symbolischen Charakter, soll ein bisschen Eindruck schinden, du weißt schon.“ Er lächelt verlegen.
„Und was jetzt?“, frage ich etwas entnervt. „Darf ich rein oder nicht?“
„Oh, ich vergaß. Natürlich. Willkommen im Club.“
Das Himmelstor schwingt auf, es wackelt ein bisschen, so als wäre es aus Pappkarton (Ich wusste es!), und aus dem Garten Eden kommen fünf oder sechs Engel geflattert, fette kleine Dinger mit blonden Goldlöckchen und roten Backen. Sie schwirren um meinen Kopf, und reflexartig schlage ich nach ihnen, so wie man Fliegen verscheucht. Ich treffe einen mitten in die pummelige Visage, und mit einem klatschenden Geräusch segelt er rückwärts und prallt von der goldenen Himmelsmauer ab. Er schlägt noch leicht benommen, träge mit seinen weißgefiederten Flügelchen, dann beginnt er seinen trudelnden Sinkflug, der genau vor meinen Füßen endet.
„Geh’ und spiel auf deiner Harfe.“
Petrus ist sichtlich empört. „He!“, ruft er, „Ich meine, hey Mann - sie mögen vielleicht nicht ganz deinen Erwartungen entsprechen, und okay, sie sehen wirklich scheiße aus; aber es sind immerhin Engel! Etwas mehr Respekt, bitteschön!“
„Sorry, war ein Reflex. Aber das Problem ist: Sie entsprechen genau meinen Erwartungen!“
Die Engel ziehen wieder ab, ihre glockenhellen Stimmchen schnattern aufgeregt durcheinander.
„Was machen diese androgynen Grenzdebilen eigentlich den ganzen Tag über? Vögeln wohl kaum.“
Wie bitte?
„Vielleicht Wettsaufen?“
„Also hör mal...“
„Weitspucken? Kartenspielen? Fressorgien? Oder klimpern die tatsächlich die ganze Zeit nur dämliche Liedchen auf viel zu großen Harfen?“
„Äh ja... ich... äh... meine nein... äh...“
„Äh, äh, äh. Drei Mal, Petrus. Kommt mir irgendwie bekannt vor.“
Petrus errötet heftig. „Halt jetzt die Klappe und geh rein!“
„Moment. Wenn ich jetzt durch diese Pappkarton-Tür gehe, sehe ich dann genauso dämlich aus wie diese fleischgewordenen Phantasien eines drogenabhängigen Renaissance-Künstlers auf Entzug?“
„Äh... was?
„Werde ich mich in einen fliegenden Haufen Babyspeck verwandeln und plötzlich ungeahnte Ambitionen bezüglich des Harfespielens entwickeln?“
„Äh... ja.“ Petrus wirkt verwirrt und etwas niedergeschlagen. „Würdest du jetzt bitte reingehen?“
Ich schüttle bedauernd den Kopf. „Erst will ich deinen Vorgesetzten sprechen.“
„Wen?“
„Den großen Chef. Persönlich.“
Petrus seufzt. „Der Chef schläft.“
„Hm. Wie lange dauert denn so ein Nickerchen für gewöhnlich?“
„Nun ja, auf ein paar tausend Jahre musst du dich schon einstellen.“
„Na toll.“
„Immerhin muss er sich von der Erschaffung des Universums erholen!“
„Schon klar. Was macht er denn, wenn er gerade mal nicht pennt? Bestimmt sitzt er in seiner Zelle und bemalt die weichen Gummiwände mit Wachsmalkreiden, während er vor sich hin kichert.“
„Äh... woher weißt du...“
„Ja, ja. So habe ich mir das vorgestellt. Und was mache ich die ganze liebe Ewigkeit lang?“
Petrus denkt nach. „Zuerst mal lässt du alles Irdische hinter dir“, sagt er schließlich langsam und bedächtig. „Du bist dann ein Engel, und du wirst einfach nur... glücklich sein!“
„Einfach nur glücklich? Du meinst, ich sitze unter einem Apfelbaum und zupfe an meiner Harfe herum?“
„Zum Beispiel“, meint Petrus. Dann fällt der Groschen, er bekommt einen hochroten Kopf und brüllt: „Wir haben hier keine Apfelbäume, du Arsch!
„Also keine Äpfel, so so. Und du meinst, ich werde trotzdem einfach nur glücklich sein?“
„Ja!“ Petrus jappst nach Luft. „Nur glücklich!“
„Sonst nichts?“
„Nein.“ Er schüttelt heftig den Kopf.
„Klingt ja mächtig spannend.“
„Willst du jetzt rein oder was?“, keucht Petrus.
Ich überlege lange, bevor ich antworte. „Sei mir nicht böse, aber ich glaube, ich werde erst noch einen Blick zur Konkurrenz werfen.“
„Es gibt keine Konkurrenz! Wir haben hier oben die Monopolstellung inne.“
„Ich weiß. Deshalb werde ich auch ein oder zwei Stockwerke tiefer nachsehen.“
„Du meinst...“, stammelt Petrus erbleichend, „du gehst zu IHM? Dem Gefallenen, Gehörnten, Pferdefüßigen, dem Geist, der stets verneint, Mephisto, Luzifer, Satanas???“
„Genau zu dem.“
„Dann verpiss dich doch!“, höre ich Petrus noch rufen, bevor Scotty mich runterbeamt.
Und ich stehe vor einem Torbogen, über dem ein buntes Neon-Schild flimmert, auf dem in fetten, leuchtenden Lettern steht: „WILLKOMMEN IM CLUB! HEUTE KARAOKE-ABEND – GETRÄNKE ZUM HALBEN PREIS!“
Und ein Lächeln umspielt meine Züge.

 

lol
echt giel die story :) allein die anleitung bringt einen zum schmunzeln *g* ein recht ungewöhnlicher gedanke :)

-kris

 

hi guy,

cooler text. aber ich weiß noch nicht was ich davon halten soll. humor ist es, wenn auch sehr schwarz und teilweise "unter der gürtellinie".

Bestimmt sitzt er in seiner Zelle und bemalt die weichen Gummiwände mit Wachsmalkreiden, während er vor sich hin kichert.“

sorry bin ein bisserl zu gläubig, glaub ich :D

irgendwie hab ich aber das gefühl, dass sich der stil in der geschichte ändert, oder sind die ersten sätze so ne art vorwort??
dann will ich nix gesagt haben.

also das war´s erstmal, bin mir noch nicht so sicher bzgl. deiner Geschichte und will deshalb lieber noch nicht rumkriteln.


gruß von der ratlosen

toxi

 

die Geschichte ist super, echt.
stark humorvoll, und dann die Frage "was bedeutet ewige Glückseeligkeit eigentlich in letzter Konsequenz", einfach stark.
genau die richtige Mischung.

einziges:
ich meine der hatte Ziegenfüße, nicht Pferdefüße...

 

Hallo,
ich fand die Geschichte total gut. Besonders die Stelle wo er die Engel abwehrt fand ich sehr lustig. Wunderbar trocken geschrieben...
Zu MatrixQ: ich meine er hatte (hat? ..Urgh.) Pferdefüße..

Gruß, drea.

 

Hallo zusammen!
Erst mal natürlich danke für das Feedback!:)

@Sliver: Freut mich, dass Dir die Geschichte gefällt!

@Toxinchen: Wollte Deine religiösen Gefühle nicht verletzen...;) Aber dass man das ganze nicht ernst nehmen darf, wird doch klar ersichtlich, oder? Betrachte den Text doch einfach als eine leicht kindische Spinnerei - genau das ist er nämlich. Mit der Gürtellinie ist das so eine Sache, da Humor nunmal eine ziemlich relative Angelegenheit ist; ich mag's halt gerne pechschwarz, und tief darf's auch sein - da gibt's bei mir eigentlich keine Untergrenze (ich lass beim Schreiben solcher Texte gerne meine kindische Seite raushängen, die ich mir trotz meiner relativen Reife glücklicherweise bewahrt habe:p ) - solange dadurch niemand persönlich angegriffen wird, find ich's in Ordnung.
Bezüglich des Stilwechsels muss ich Dir zustimmen: die ersten Zeilen sind als Einleitung zu verstehen, als Vorwort zum folgenden Dialog.
Auch wenn ich Deinen Geschmack nicht so ganz getroffen habe: Danke fürs Feedback!:)

@MatrixQ: Freut mich! Mit der Zeichnung des Teufels als Ziege hast Du natürlich recht. Ich bin mir aber auch ziemlich sicher, dass es Darstellungen des Teufels in menschlicher Gestalt gibt - ein (!) Pferdefuß inklusive. Sollte ich mich irren, bitte ich um Berichtigung.
So long!

Grüße,
Matt

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi matt, nette Geschichte und teilweise wirklich lustig.
Nagut die Idee ist nicht gerade die neuste, wird z.B auch in den Simpsons aufgegriffen, aber du hast es erfrischend und lustig rüber gebracht.
Blos die Schluss Pointe gefällt mir nicht so, ich finde sie einfach nicht lustig sondern albern. Ich würde mir einen anderen Grund suchen warum die Hölle besser ist.

 

Hi Marot!
Würdest Du die Ewigkeit auf einem Karaoke-Abend verbringen wollen??? Bei dem Gedanken fangen meine Füße an, zu riechen... Das Lächeln muss nicht unbedingt heißen, dass "ich" diese Alternative bevorzuge; es könnte sich auch um Resignation handeln.
Danke fürs Feedback! Ach ja, von wegen albern: Die ganze Geschichte ist doch einfach nur albern, oder?;)

 

Nö sie ist nicht alben , sondern lustig, und absurd, das ist ein unterschied.
Das mit der Resignation ist ein Guter einfall

 

Also, dass aus einem Petrus nur noch "Äh...äh...öhm" herauskommt, dazu bedarf es schon guter Argumente, und die waren ja wohl nachvollziehbar alle da! Ich wußte garnicht, dass ich so fette "höhöhö" herausbringen kann... klasse!
Vielleicht ist die Aussicht auf einen Karaokeabend denn doch nicht so schlagend; denn wer möchte nicht lieber pausbäckig, harfespielend, wohlmöglich frischkäse essend seine ewigkeit verbringen, als ewig "modern talking" abzulesen...
Die Idee,dass es "so also ist" ist einfach ..himmlisch...
Gruß wondering

 

Hallo erstmal!

Tierisch gute Geschichte, hat mich echt zum Schmunzeln gebracht.
Und welch schlauer Zeitgenosse sagte einmal, dass man bei wirklich humorigen Geschichten besser schmunzelt als lauthals lacht?

VlG Danny

 

Hallo danny,
das freut mich aber, dass die alte Geschichte noch jemand liest! :-)

Danke für das Lob und viele Grüße,
Matt

 

Hi Matt! Ha Ha Ha Ha!

Du hast Pei Mei zum Lachen gebracht! Mögen Dir die Götter zum Dank in aller Ewigkeit Blitze in den Hintern jagen.
Schwarzer Humor ist genau mein Ding. Besonders die Stelle mit den Engeln ist köstlich. Das Thema ist zwar wirklich nicht neu, aber Deine Wortakrobatik kombiniert mit dickbestrichenem schwarzen Humor, das...
...ich will nicht zu sehr des Lobes sein: Ist es o.k., wenn ich einfach sage, dass mich Deine Geschichte leicht an Monty Phython erinnert hat? Ich glaube, dass ist ein großes Lob eines kleinen Mannes. Hi.


Mach weiter so, Matt.

 

Monty Python? Wo?

Moin Matt,

Ja, ich fand die Geschichte auch ziemlich unterhaltsam. Die Idee (Himmel fad, Hölle cool) ist zwar echt steinalt und in unzähligen Witzen Sketchen und wasweißich verwurstet worden, aber deine Version liest sich einfach lustig.

Riecht nur etwas komisch. Hat der große Meister gepupst?
Besser vielleicht: einen fahren lassen
Pupsen ist zwar ein witziger Begriff, aber zu kindlich für den Protagonisten.
Petrus? Finger trommeln gelangweilt auf dem Umschlag des goldenen Buchs herum
Warum? Macht er den Job nur aushilfsweise und weiß nicht, was er machen soll? Ich meine, der hat schon ziemlich viele Leute durch die Tür geschickt und sollte wissen, was in solchen Situationen zu sagen ist.
Das Himmelstor schwingt auf, es wackelt ein bisschen, so als wäre es aus Pappkarton (Ich wusste es!)
Was wußtest du? Daß das Tor wackelt? Daß es aus Pappe ist, ist nur eine Mutmaßung deines Protagonisten, insofern funktioniert der Gag nicht wirklich.
Wir haben hier keine Apfelbäume, du Arsch!
supi

 

Genial!
Hab mich echt gut weg geschmissen. Und der Vergleich zu Monty Python ist absolut berechtigt. Die Schlusspointe finde ich hingegen nicht so toll. Das Lächeln werte ich eher nicht auf den Hinweis einer Resignation seitens des Protagonisten.
Und das der Gag nicht funktioniert weil zwei Möglichkeiten bestehen finde ich überhaupt nicht. Bei beiden wird klar das der Himmel technisch nicht auf dem neuesten Stand ist... vollkommen egal ob dem Leser ein Tor aus Pappe oder ein wackelndes lieber ist. :)

Werde mir mal deine anderen Geschichten ansehen.

 

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