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Sog

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16.03.2015
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Sog

Meinen Schnapsvorrat hat Papá nicht gefunden, sein Geld hingegen habe ich entdeckt. Der Umschlag ist ausgebeult, viel zu groß für das, was noch drin steckt. Papá muss viele Tausender ausgegeben haben.
Die ganze Nacht habe ich wachgelegen, überlegt. Ich könnte einfach mit den Scheinen abhauen. Doch das wäre nicht gerecht. Wenn er heute Abend vom Feld zurückkommt, habe ich etwas anderes mit ihm vor.

Drei Jahre ist es her, als sie mich in unserer Straße auf einen Pritschenwagen verladen haben. Zu den anderen Freiwilligen. Ich konnte mich nicht verabschieden, musste alles zurücklassen.
In einem Flusstal angekommen, nahmen sie mir die Augenbinde ab, schüchterten mich ein, bedrohten und misshandelten mich. Ich musste hungern, wurde krank. Man gab mir Schnaps und Kathstrauch.
Ich lebte in ständiger Angst, verletzt oder getötet zu werden.
Bis ich selbst Gewalt anwenden musste. Grausamkeiten begangen habe.
Wieder und wieder.
Ich wollte fliehen. Doch die Gefahr, erwischt und getötet zu werden, war groß.

Bis es vorbei war und ich dachte frei zu sein.
Ich lebte auf der Straße. Vor den Markthallen prügelte ich mich um Fleisch, um süßes und fettiges Brot, um vergorenen Hafer- oder Maisssaft, den ich bis zum Umfallen trank. Der mir half, meine Schmerzen zu vergessen. Ich schlief auf kalten Böden in verlassenen Gebäuden. Dachte, die schlimmen Bilder vertreiben zu können, die Alpträume, die Angst.
Bis ich erneut auf einen Pritschenwagen geladen wurde. Sie trugen andere Uniformen, sprachen Englisch.
Sie brachten mich in eine Stadt aus Zelten. Sie gaben mir Fleisch, Gemüse, Obst, klares Wasser in zerkratzten Plastikflaschen. Behandelten meine Wunden.

Als mich Papá holen kam, dachte ich, alles würde wie früher sein. Doch dann senkte er die Stimme und erzählte mit feuchten Augen irgendetwas von Geschwister schützen. Ich wurde damals nicht zufällig auf dem Schulweg aufgegriffen, meine Eltern dachten, dass mich die Soldaten gut behandeln, und dachten, dass das Geld, für das sie mich verkauft haben, zum Überleben reicht, und hofften, dass ich unversehrt heimkehre.
Mama wurde getötet, meine Geschwister verschleppt.

Die dünne Drahtseilschlinge habe ich von einem LKW geklaut. Ich weiß damit umzugehen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @GoMusic,

etwas an deinem Text gefällt mir. Vielleicht die Sprache oder überhaupt das Thema Jugend (hier unter extremen Bedingungen). Ich habe mich durch die Kommentare gelesen. Es geht mir wie Bernadette und Co., die ein historisches Setting mitgedacht haben. Ich teile auch, dass das sehr summarisch erzählt wird. Dadurch wirkt der Text retrospektiv und irgendwie kühl aufarbeitend, schon auch mit der nötigen Prise Hass. Mir wäre es allerdings szenisch lieber gewesen.
Wie Jimmy fehlt mir eine passende Sprache; habe da weiter unten ein Beispiel. Mit bestimmten, milieuspezifischen Bezeichnungen und einer Sprache, die das zum Ausdruck bringt, wäre ich besser durch den Text gekommen. Der Protagonist ist nicht völlig abgebrüht, sonst würde er nicht so reden; hassend, enttäuscht. Aber warum hat er noch so viel Leidenschaft? Vielleicht muss er wie viele Kindersoldaten als Reifeprüfung seine Eltern (oder einen Freund) töten. Allerdings geschieht das oft unter Einfluss starker Drogen und durch Beeinflussung der neuen Vater- oder Elternfigur. Der General/Offizier oder wer auch immer ihm solche Aufträge erteilt. Ich sehe das ähnlich wie Jimmy; der Text wirkt zwar auf mich nicht ,kopflastig‘, aber ,gewollt‘, auf dem Reißbrett entworfen und planmäßig zusammengebaut. Dabei ist der Stoff interessant und ich traue dir vielleicht gerade wegen der Zeilen, die da stehen, zu, dass du das erzählen könntest. Viele Kindersoldaten werden nicht nur von Alk, sondern ganz anderen Drogen abhängig gemacht. Es gab vor vielleicht zehn Jahren einen Berlinale-Gewinner über eine Kindersoltat(in?) aus irgendwo in Afrika. Den würde ich empfehlen, der war gut. Ich würde deinen Protagonisten gerne mal im Dialog erleben. Ich weiß auch nicht genau, wie jemand spricht, der sowas erlebt hat, aber Abkürzungen (von Waffen, Panzern, Edelmetallen), spezielle Bezeichnungen (Getränke, Essen, Autos; Geschäftsformen, Läden, Restaurants, die im jeweiligen Land eine spezielle Bezeichnung haben, Anreden, Nennung von Hierarchien) soetwas würde oder müsste er einfach ganz beiläufig miterwähnen. Als ob er, nur weil er das mir (oder einem Psychologen) erzählt, so viel Rücksicht auf mein Unverständnis nimmt und all diese Dinge simultan vereinfacht oder in mir bekannten Begriffen formuliert. Das höchste der Gefühle wäre, diese Begriffe zu verwenden und im Nebensatz zu sagen, was das ist. Beispiel: „Wir liefen durch die Souks, die Markthallen Nairobies.“ - ist natürlich fiktiv, „souk“ ist arabischer Raum, glaub ich. Aber so etwas meine ich.
Noch ein paar einzelne Stellen:

Vater hat meinen Schnapsvorrat nicht gefunden, den ich in der roten Erde verbuddelt habe.

Der Schnaps als weiteres Beispiel. Das wäre leicht rauszufinden. In jedem Kaff auf der Welt, wo es keine Supermärkte gibt oder die Leute kein Geld haben, brennen sie irgendeinen Fusel aus Früchten, Getreide, sogar Milch und anderem.

Der Satz ist zu lang und zu tellig. Ich spüre den Hinweisfinger bei „roter Sand“. Würde einfach zwei Sätze draus machen.

die lausigen Schillinge versteckt hat

„lausige Schillinge“ hat bei mich auch ins historische Setting versetzt. Offensichtlich muss vorher oder durch was anderes Afrika deutlich werden.

Vater muss viele

Das „Vater“ ging für mich auch ins Historische :D finde das eigentlich einen guten Aufhänger. Kann man jemanden, der einen an Mörder verkauft hat, noch Vater nennen?

ob ich mit den Scheinen einfach verschwinden soll, mit dem Sühnegeld. Dem Blutgeld,

Entweder Sühnegeld oder Blutgeld. Finde Blutgeld weniger aufgeregt und daher besser.

ich prügelte mich. Um Nahrung, um Alkohol.

Die Stelle meinte ich als Beispiel. Wenn du hier schreibst „um Fleisch und Palmwein“ ist da mehr Setting.

Also die Schreibe, was da an Stil und Fähigkeit mitschwingt, gefällt mir und überredet mich zum Lesen. Aber Schwierigkeiten hat der Text für mich.

Liebe Grüße
Carlo

 

Hey @GoMusic ,

Vater hat meinen Schnapsvorrat nicht gefunden, den ich in der roten Erde verbuddelt habe.

Also ob das noch als Challenge zählt ...

Dafür weiß ich seit gestern, wo er die lausigen Schillinge versteckt hat.

Vielleicht nur versteckt, ohne hat? Der erste Satz endet schon auf dem Verb, fände ich runder.

Ich konnte mich nicht verabschieden, musste alles zurücklassen.

Naja, eigentlich sagen beide Sätze dasselbe aus.

Inhaltlich weiß ich gar nicht, was ich dazu sagen soll. Du hast dir bewusst alles offen gelassen. Schauplatz, Fraktionen, Kulturen. Deutlich ist nur, dass es sich beim Prot. um einen Kindersoldaten handelt. Ich würde mich in vielen Punkten Achillus anschließen. Es ist sehr an der Oberfläche, vielleicht passend zu einem Text dieser Kürze. Ich lese es weniger als richtige Geschichte, sondern eher als eine Vorstellung davon. Krieg aus Kinderaugen ist für mich eines der Themen, die nie jemand wird passend schreiben können, der es nicht selbst erlebt hat. Auf die Kürze passt das. Ob mich das aber für eine längere KG fesseln könnte, glaube ich nicht. Dafür brauche ich einfach zu sehr Setting und Charaktere.

Liebe Grüße
Meuvind

 

@GoMusic,

Ich habe den Text direkt nach Einstellen gelesen und die Kommentare verfolgt. Ich kann die Kritik an der Prämisse und der Glaubwürdigkeit nachvollziehen und würde dir raten, diese Klippen zu umschiffen. Das könntest du, wenn du den Text tatsächlich in ein historisches Setting verpflanzt, was sich, wie Friedel schon aufzeigte, aufgrund unserer Geschichte anbietet.
Du könntest auch hier eine bäuerliche Umgebung wählen, verkaufte Kinder gab es vor der Moderne genug. Das Terrain wäre beherrschbar und du könntest die Fallstricke der speziellen Problematik der Kindersoldaten umgehen. Nur so als Idee.

Peace, linktofink

 

Ich noch mal, wenn ich darf,

hab vorige Tage (80. Jahrestag des Überfalls auf Polen) "Die Brücke" zum weiß-wievielten-Male gesehn (war wohl auf Arte, wird in der Mediathek sein), und Grimmelshausen fängt ja ganz konkret im Ländlichen an ... und der unbedarfte Parzival gar im Wald

Schönes Wochenende aus'm Pott

Friedel

 

Hi @GoMusic,

eher nicht mein Beuteschema, aber nach deinen Kommentaren zu meinen Texten fühle ich mich doch mal ermuntert, den Gefallen zu erwidern.;)

Erst nach zweimaligem Lesen ist mir die Info-Box oben aufgefallen, in welcher du darauf hinweist, dass es sich um einen Beitrag zu einer Challenge handelt, die sich den Namen nach auf sehr kurze Texte bezieht.

Kurz gesagt: Dein Text hat etwas, ist mir an einigen Stellen jedoch auch einen Tick zu abstrakt. Ich bin jedes Mal gepackt, wenn du spezifische Details einbaust, die knapp formuliert sind, aber sehr prägnant das Geschehen auf den Punkt bringen. Insofern sind gerade Einstieg und Ende sehr stimmig. Auch gefällt mir, wie eine anfangs harmlos erscheinende Situation (Papa findet meinen Schnaps nicht) plötzlich eine derart schreckliche Dimension offenbart. Dadurch kreiert er tatsächlich eine "Sog"-Wirkung. Find ich gut.

Die anderen Kommentare habe ich jetzt nur überflogen, insofern kann es sein, dass vieles, was ich anspreche, sich wiederholt.

Vater hat meinen Schnapsvorrat nicht gefunden, den ich in der roten Erde verbuddelt habe. Dafür weiß ich seit gestern, wo er die lausigen Schillinge versteckt hat. Der Umschlag ist ausgebeult, viel zu groß für das, was noch drin steckt. Vater muss viele Tausender ausgegeben haben.

Wie gesagt, in Anbetracht der Kürze deines Textes finde ich diesen Einstieg super. Insbesondere das Detail mit der roten Erde gefällt mir, weil es die 'blutige Vergangenheit' suggeriert. Spezifische kleine Wörter, die einem das Setting und Geschehen etwas näher bringen.

Die ganze Nacht habe ich wachgelegen, überlegt, ob ich mit den Scheinen einfach verschwinden soll, mit dem Sühnegeld.

Hm, hat er nicht gerade noch von "lausigen Schillingen" gesprochen? Das klang nach eher wenig. Aber jetzt sind es Scheine, und sogar so viele, dass er überlegt, damit abzuhauen.

Abgesehen davon: "Die ganze Nacht wachgelegen" ist erneut so ein spezifisches Detail, dass mir die Situation näher bringt, ohne auszuschweifen und super konkret zu werden. Auch das gefällt mir.

Ich konnte mich nicht verabschieden, musste alles zurücklassen.
Angekommen, nahmen sie mir die Augenbinde ab, schüchterten mich ein, bedrohten und misshandelten mich. Ich musste hungern, wurde krank. Man gab mir Alkohol. Ich lebte in ständiger Angst, verletzt oder getötet zu werden.
Bis ich selbst Gewalt anwenden musste. Grausamkeiten begangen habe.

Ab hier verliert die Erzählung für mich an Farbe. Das einzige Detail, das mir die Geschichte näherbringt, ist die Augenbinde. Ansonsten besteht die Passage eher aus Aussagen, die man vermittelt haben möchte. Zumindest bis zu einem gewissen Grad.

Beispiele:

"Man gab mir Alkohol"

Was für Alkohol? Eine spezifische Marke, die es in deinem Setting gibt? Oder, etwas genereller, Bier, Wein, oder Schnaps? Vielleicht sogar ein Slang-Wort? Ein genaueres Wort wäre in meinen Augen an dieser Stelle passender.

"schüchterten mich ein, bedrohten und misshandelten mich"

Wie genau? Schrien sie ihn an? Hielten sie ihm ein Messer oder Bajonett an die Kehle? Schlugen sie ihn mit einer Gerte, einem Schlagstock oder einem Gewehrkolben?

"Ich lebte in ständiger Angst, verletzt oder getötet zu werden."

Eine Alternative könnte so aussehen:

"Anfangs wehrte ich mich. Sie erschossen einen der Freiwilligen, der dasselbe tat, und ich hörte damit auf."

So zumindest würde ich es versuchen, wenn ich diese Geschichte so kurz wie möglich halten müsste.

Ich wollte fliehen. Doch die Gefahr erwischt und getötet zu werden, war groß. Auch wusste ich nicht, wo ich war. Oder wie ich hätte nach Hause gelangen sollen.

Die ersten beiden Sätze gefallen mir. Sie sind zwar ebenfalls generell gefasst, passen aber zu der Art, wie deine Figur erzählt.

Die dick angestrichene Passage braucht es da gar nicht. Spielt es eine Rolle, ob er weiß, wo sein Zuhause ist? Hätte er den Wunsch verfolgt, wegzulaufen, hätte er im nächsten Ort jemanden fragen können. Wahrscheinlich würde erst einmal für ihn gelten: Raus hier!

Allerdings:
Wenn du diesen zweiten Teil nicht streichen willst, so würde ich erneut versuchen, ihn etwas spezifischer zu gestalten.

Ein Beispiel:

"Auch wusste ich nicht, wo ich war. In der Kantine hing eine Karte, doch ich konnte nicht lesen und die Orte darauf sagten mir nichts."

Ich lebte auf der Straße. Ich hungerte, ich prügelte mich. Um Nahrung, um Alkohol. Ich schlief auf kalten Böden in verlassenen Gebäuden. Dachte, die schlimmen Bilder vertreiben zu können, die Alpträume, die Angst.

Ab hier wird es wieder stärker. Das "Schlafen auf kalten Böden in verlassenen Gebäuden" gefällt mir. Nur das Wort Nahrung klingt in meinen Ohren sehr abstrakt. Du könntest es mit "Essen" oder "etwas zu essen" ersetzen. "Alkohol" passt hier besser als oben, aber du könntest an dieser Stelle auch "Schnaps" schreiben.

Oder die einzelnen Eindrücke sogar miteinander verbinden:

"Ich lebte auf der Straße. Ich hungerte. Ich prügelte mich, meistens um Essen. Wenn ich Alkohol fand, spürte ich die blauen Flecken weniger."

Bis ich erfuhr, dass ich nicht zufällig auf dem Schulweg aufgegriffen wurde, dass meine Eltern meine jüngeren Geschwister schützen wollten, und dachten, dass mich die Soldaten gut behandeln würden, und dachten, dass ich Geld für die Familie verdienen könnte, und hofften, dass ich unversehrt heimkehren würde.

Bis ich erfuhr, dass es meine Mutter und meine Geschwister nicht geschafft hatten.

Den langen Satz mit den Offenbarungen finde ich klasse. Er passt sehr gut in den Erzählstil, gerade weil er mit den sonst knappen Sätzen bricht und voller schockierender Wahrheiten ist.

Ich bin aber nicht sicher in Bezug auf das Wort "Geschwister". Kann er sich nicht an ihre Namen erinnern? Ich verstehe, dass seine Eltern für ihn "Mutter" und "Vater" sind, aber Brüder und Schwestern kennt man ja mit Namen. Es kann natürlich sein, dass Familie etwas ist, das für ihn in diesem Moment weit, weit weg ist, und das Wort eben gerade diese Distanz zum Ausdruck bringt. Das würde gehen. Und es wäre schwierig, die Namen der Geschwister in einen so schön dahinfließenden Satz einzuarbeiten. Das kommt auch hinzu.

Bei dem zweiten Zitat hätte ich jedoch gerne gewusst, was passiert ist. Wurden sie erschossen, im Krieg? Sind sie verhungert? Anstatt "nicht geschafft hatten" wäre mir da ein anderes Verb lieber, dass die Hintergründe seiner Familie mehr beleuchtet.

Die dünne Drahtseilschlinge habe ich von einem LKW geklaut. Ich weiß damit umzugehen.

Das Ende ist wieder klasse. Da steckt genau das nötige Etwas drin, um mir die Situation vor Augen zu rufen.


Alles in allem, in seiner Kürze, eine gute Geschichte. Hat mir gefallen. Sehr prägnant und auf den Punkt gebracht. Doch, wie bereits gezeigt, hätte ich mir gerade im Mittelteil ein paar Beschreibungen gewünscht, die Handlung und Setting genauer charakterisieren. Dabei ist es gar nicht nötig, der Geschichte ihre Kürze zu nehmen.

Naja, das sind meine 3 cents (oder Schillinge). Hat Spaß gemacht, durch deinen Text zu gehen. Ich glaube, meine Beuteschema wurde gerade aktualisiert.;)

Liebe Grüße,

Robot Fireman

 

Hi, @GoMusic,

jetzt auch von mir ein kurzer Leseeindruck zu deiner Geschichte, obwohl es dir hier an Feedback gar nicht mangelt ;).
Ich habe nicht alle Kommentare gelesen und vielleicht wird sich manches doppeln. Ich finde gut, wie kurz die Geschichte ist, obwohl sie einem aufgrund ihres Inhalts viel länger erscheint. Das liegt natürlich an dem zusammenfassenden, etwas telligen Stil, und ich könnte mir vorstellen, mit ein paar kleinen, wohldosierten Details könntest du bei fast gleicher Länge noch mehr Wirkung und Authentizität erreichen. Ich könnte mir hier auch sehr gut einen personalen Erzähler vorstellen, dann wäre da ein wenig mehr Distanz zum Prot, der ja sowieso nicht viel von sich preisgeben will, aber trotzdem noch genug Nähe, um dicht an ihm dran zu sein. Aber ist natürlich deine Story und ich denke nur mal vor mich hin.

Vater hat meinen Schnapsvorrat nicht gefunden, den ich in der roten Erde verbuddelt habe. Dafür weiß ich seit gestern, wo er die lausigen Schillinge versteckt hat.
Ich denke mir, von dir ist das gar nicht so gedacht, aber das Dafür klingt für mich nach Ätschibätsch, und das passt ja nun gar nicht. Vllt. Seit gestern weiß ich … Die lausigen Schillinge mag ich gar nicht, aus verschiedenen Gründen: Bei Schillingen denke ich nicht unbedingt an Afrika (weil ich keine Ahnung habe), sondern lande gedanklich erstmal in Österreich vor dem Euro oder noch früher, wo die Leute Schillinge und Silberlinge in Ledersäckchen unter ihrem Wams trugen. Mich führt das in die Irre, und da du es an dieser Stelle auch noch nicht auflöst, könntest du den Namen der Währung eventuell auch gleich weglassen. Ich denke mir natürlich, du möchtest nicht immer Geld schreiben, klar. Aber da findet sich was. Aber auch das lausig klingt in meinen Ohren zu flapsig für das, was es ist und wie du es später ja auch nennst: Blutgeld. Vllt. könntest du währungsneutral und in einem eher verbittertem Ton sowas schreiben wie: … wo er seine dreckigen Moneten lagert.
überlegt, ob ich mit den Scheinen einfach verschwinden soll, mit dem Sühnegeld. Dem Blutgeld, das sie ihm in die Hand gedrückt haben.
Hier passt etwas inhaltlich nicht ganz: Er überlegt, ob er verschwinden soll, aber:
Wenn er heute Abend zurück vom Feld kommt, habe ich etwas anderes mit ihm vor.
Er hat etwas anderes mit ihm vor, als verschwunden zu sein? Das Fette vllt einfach weg?
Ich musste hungern, wurde krank. Man gab mir Alkohol.
Ich finde ja generell auch: kurz und knapp passt gut in dieser Geschichte, aber an einigen Stellen könnte ich mir mehr ein wenig mehr Miterleben trotzdem gut vorstellen., z.B. Wenigstens bekam ich Alkohol.
Bis ich selbst Gewalt anwenden musste. Grausamkeiten begangen habe.
Eine Grausamkeit andeuten, vielleicht? Bsp: Messer in Körper stieß … auf Köpfe zielte … Drahtschlingen festzog ...
Ich hungerte, ich prügelte mich. Um Nahrung, um Alkohol.
Hier auch - irgendwie ein bissel konkreter? Um Brot und um Schnaps ...
Bis ich erfuhr, dass ich nicht zufällig auf dem Schulweg aufgegriffen wurde
Hier fände ich ein damals ganz hilfreich, weil es sich ja auf das erste Mal bezieht, dass er aufgegriffen wurde, dann ist der Bezug klarer.

Na, auf jeden Fall eine besondere Geschichte, GoMusic, bei der man natürlich nicht von gern gelesen, aber auf jeden Fall von mit Interesse gelesen sprechen kann (und von meinen nur angedeuteten Gewaltvorschlägen ist es mir jetzt noch schlecht … :sad:)

Viele Grüße von Raindog

 

Hallo @GoMusic ,
ich hatte deinen Text vor einiger Zeit schon einmal gelesen, aber unkommentiert wieder versacken lassen. Heute Abend wollte ich mal schauen, was sich getan hat, es gab ja einiges zu besprechen, wie ich den Kommentaren entnehme.

Ich finde auf jeden Fall, dass sie besser geworden ist. Interessant ist, das der Text recht gut funktioniert, obwohl er so viel nur erzählt, ohne zu zeigen. Beim ersten Lesen war das noch unangenehmer, jetzt würde ich dem Text dadurch eine gewisse Poesie attestieren.
Ein paar allgemeine Sachen würde ich trotzdem noch durch konkrete Details ersetzen.

Ein, zwei Gedanken hatte ich noch beim Lesen, die ich mitteilen möchte:

Dem Blutgeld, das sie ihm in die Hand gedrückt haben.
Ich fände es wirkungsvoller, wenn ich vom Blutgeld erst gegen Ende erfahren hätte. Der Junge kann gern das Geld finden und es negativ bewerten, aber die emotionale Wucht am Ende wäre noch mal größer, wenn ich erst da verstehe "Woot?! Der Vater hat ihn verkauft!"

Dann hast du hier ja diese Doppelung: der Pritschenwagen, als er zum Soldaten wird und der Wagen, als er "gerettet" wird.

Drei Jahre ist es her, als sie mich in unserer Straße auf einen Pritschenwagen verladen haben.
Bis ich erneut auf einen Pritschenwagen geladen wurde.
In Ansätzen hast du es schon gemacht, aber ich hätte die Gegenüberstellung der beiden Phasen seines Lebens noch ähnlicher gestaltet.
(Erstes plattes Beispiel, das mir einfiel)
Erst "Sie gaben mir Alkohol, der in der Kehle brannte und der in den dreckig grünen Flaschen wie Öl aussah."
Dann "Dieses Mal waren die Flaschen aus zerkratztem Plaste, aber das Wasser darin war klar."
Bis ich erfuhr,
Und hier dann die Enthüllung über das Blutgeld. Wham!

Spannend, spannend bei deiner Textarbeit dabeizusein. Und Danke für einige Denkanstöße.

man liest sich
huxley

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Uhdrapur,

so, zurück aus der Ferne, jetzt gehts ans Überarbeiten.

Ganz kurz, die Anderen haben ja schon alles geschrieben.
Mir gefällts.
Punkt :-)
Vielen Dank dafür. Freut mich sehr.


Hi, Jimmy

danke fürs erneute Reinschauen.

Ich bin da bei bernadette, die zuerst gar nicht auf die Idee kommt, dass dies ein Kindersoldat ist, der da spricht und erzählt.
Ja, das habe ich nun schon drei- oder viermal gehört.

Mir persönlich fehlt auch ein Ort, ein sense of place. Mir fehlt ein Name, mir fehlen Details, mir fehlt Atmosphäre. Zuerst dachte ich, es handelt sich um einen historischen Text aus der K und K Zeit. Sicherlich ist das, was im Text verhandelt werden soll, universal, aber dieses universelle Motiv in eine verwurzelte Region zu setzen, in eine den Menschen vertraute Umgebung, die dann eben keine Sicherheit, keine Heimat mehr bedeutet.
Die Begriffe Kinderarbeit und K&K-Zeit sind öfter gefallen. Habe als erstes die "Schillinge" gestrichen ... ;) Kommt ja kein Mensch darauf, dass Somalia gemeint ist.
Ort und Details: habe ich schon mal einiges überarbeitet.
Schaue mir auch noch alle anderen Kommentare entsprechend an.
Gibt ja noch viele weitere gute Hinweise und Tipps.


Lieber Friedel,

Zwo Flusen wären m. E. aufzulesen
Danke für deinen Kommentar und die Flusen.
Sind beseitigt.


Liebes NGK,

der erste Satz ist ja weg. Gibts denn da noch ne neue Geschichte von dir? ;)
Hehe. Nee, neue Geschichte zur Challenge gibts von mir nicht.
Aber: Ohne die Idee zur Challenge hätte ich diesen Text sicher nie gepostet. Von daher hat mir die Challenge viel gebracht. Danke nochmals für die Inspiration.

Ich glaube, du packst einfach zu viel auf einen Raum. Dadurch wird der Text oberflächlich. Wirkt wie eine Zusammenfassung einer größeren Geschichte.
Ich schaue mal, wo ich etwas kürzen und anderes detaillieren kann. Die Story ist noch in Bearbeitung.

Oder du bleibst bei der Kürze und fokussierst schärfer. Warum dieser lange Rückblick? Reichen nicht ein paar Andeutungen? Du könntest den Moment beschreiben, wie er begreift, dass seine Familie Geld für ihn bekommen hat, ihn dann die Schlinge holen lassen. Dann wäre man näher dran, könnte eher mitfühlen, auch wenn man die Hintergrundgeschichte nicht kennt. Könnte ich mir vorstellen.
Gute Idee, das Begreifen ans Ende zu stellen. Ich denke drüber nach.

Hallo Achillus,

danke für das Auseinandersetzen mit meiner Story.

Es ist aber auch extrem schwierig, das Vielschichtige, Fremde und Komplexe des Phänomens von Kindersoldaten (in Afrika) literarisch zu bewältigen.
Ja, das habe ich gemerkt. So richtig gelungen ist es mir nicht. Hoffe, ich komme durch die Überarbeitungen dem ein wenig näher.

Verständlichkeit – Ich hätte ohne das Lesen der Kommentare nicht verstanden, worum es in diesem Text konkret geht. Ich bezweifle auch, dass das einer Mehrheit der Leser überhaupt möglich wäre, denn es finden sich nur sehr wenige Hinweise in dem Text, die das erschließen. Einerseits macht eine gewisse Rätselhaftigkeit Texte attraktiv und zwingt zu aufmerksamem Lesen. Wenn sich dann aber trotzdem nicht auflöst, worum es geht, ist das ein Problem, außer der konkrete Inhalt spielt keine Rolle.
Habe nun ein wenig mehr konkretisiert, versucht, dass der Leser auf Kindersoldat kommt.

Wenn es Dir nur darum geht, eine Anmutung von Verfolgung, Angst, sozialer Unsicherheit, zerrissenen Familien usw. zu schaffen, kannst Du es so schreiben. Wenn Du das Phänomen konkret abhandeln willst, dann sicher nicht. Du müsstest dann deutlichere Hinweise auf das Szenario bringen.
Ja, Verfolgung, Angst, Unsicherheit und zerrissene Familien waren mein Hauptanliegen. Für eine Konkretisierung müsste ich viel mehr ins Detail gehen, einzelne Dinge in Szenen zeigen. Das war nicht geplant. Das wäre eine andere Geschichte, die ich vielleicht mal schreiben werde.
Dennoch habe ich hier einige wenige Details eingebaut, damit man überhaupt auf Afrika und Kindersoldat kommt. Einige Kommentatoren vermuteten ja die K&K-Zeit.

Du wählst die Perspektive des Kindersoldaten. Damit wird die ursprüngliche Wahl des Themas noch einmal verschärft, jetzt wird es noch schwieriger, einen guten Text zu schreiben, denn zur allgemeinen Komplexität des Szenarios kommt die Problematik, authentisch aus der Sicht eines Kindes zu berichten. Es wäre wesentlich erfolgversprechender, aus der Außensicht zu schreiben, denn dann umgehst Du die Schwierigkeit, die emotionale Reflexion von Ereignissen illustrieren zu müssen, die Du nie erlebt hast.
Ich finde es schwieriger, eine andere Perspektive zu wählen. Ich denke, ich hätte dann die Abgeklärtheit des Kindes, die Gefahr, die er weiterhin ausstrahlt, nicht so rüberbringen können wie jetzt. Die kurzen Sätze, die vielen Wiederholungen - all die Stilmittel, die den Jungen personifizieren sollen.

Bezeichnenderweise fand ich den Text besser, bevor ich gelesen hatte, welches Thema er konkret behandeln will. Solange ich nicht wusste, worum es Dir ging, konnte ich den Worten der Figur eher folgen. Jetzt scheint mir die Figur ziemlich abgeklärt für das, was sie durchgemacht hat.
Interessant zu hören, das ohne konkretes Thema.
Das Problem ist, dass es ein Text zum Vorlesen für eine Veranstaltung zum Thema Frieden ist. Somit ist das Thema zumindest dafür "vorgegeben", bzw erkennbar. Würde es hier ein Stichwort Krieg / Frieden geben, hatte ich es gewählt.

Ein weiteres Problem des Textes sind meiner Ansicht nach Zusammenfassungen:

Angekommen, nahmen sie mir die Augenbinde ab, schüchterten mich ein, bedrohten und misshandelten mich. Ich musste hungern, wurde krank. Man gab mir Alkohol. Ich lebte in ständiger Angst, verletzt oder getötet zu werden. Bis ich selbst Gewalt anwenden musste. Grausamkeiten begangen habe. Wieder und wieder.

Ich denke beim Schreiben häufig an den Grundsatz: Zeige das Allgemeine im Konkreten! Du formulierst da eine recht allgemeine Liste von Leidenserfahrungen – hungern, bedroht werden, Angst empfinden usw. Klar, als Bericht geht das durch, aber es wäre wesentlich packender, wenn Du konkrete Situationen zeigen würdest, in denen Deine Figur hungert, bedroht wird usw. Gerade bei kurzen Texten sind Zusammenfassungen in der Regel pures Gift.

Denke ich auf jeden Fall über nach. Text soll einerseits kurz bleiben und zum anderen möchte der Erzähler auch nicht so sehr ins Detail gehen, da er vieles verdrängen möchte und nur das Nötigste erzählt.

Nimmt man das Ende, könnte man daraus folgern, der Junge wird weiterhin als Killer durch die Welt ziehen. So deute ich die Bemerkung mit der Schlinge. Ist das die Aussage des Textes? Willst Du, dass es so gelesen wird?
Du bist der erste, der das so daut bzw. fragt.
Ja, der Text soll so gelesen/verstanden werden.

GoMusic, ich habe Deinen Text mit Interesse gelesen und freu mich auf Deine nächste Geschichte.
Vielen Dank für das Gehirnfutter.

Danke euch allen für die Anregungen. Haben mir sehr geholfen.

Schönen Sonntag noch und liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo Carlo Zwei,

Danke für deine Zeit und deinen Kommentar.

etwas an deinem Text gefällt mir. Vielleicht die Sprache oder überhaupt das Thema Jugend (hier unter extremen Bedingungen).
:thumbsup:

Ich teile auch, dass das sehr summarisch erzählt wird. Dadurch wirkt der Text retrospektiv und irgendwie kühl aufarbeitend, schon auch mit der nötigen Prise Hass. Mir wäre es allerdings szenisch lieber gewesen.
Ja, wurde öfter gesagt.
Text soll auch kühl, der Erzähler fast schon abgeklärt wirken.
Vielleicht schreibe ich später noch eine szenische Geschichte zum Thema.

Wie Jimmy fehlt mir eine passende Sprache; habe da weiter unten ein Beispiel. Mit bestimmten, milieuspezifischen Bezeichnungen und einer Sprache, die das zum Ausdruck bringt, wäre ich besser durch den Text gekommen. Der Protagonist ist nicht völlig abgebrüht, sonst würde er nicht so reden; hassend, enttäuscht.
Ja, ein paar milieuspezifische Begriffe könnten tatsächlich noch rein. Habe ein paar Begriffe nun aufs Land bezogen angepasst. Milieu schau ich noch ...

Vielleicht muss er wie viele Kindersoldaten als Reifeprüfung seine Eltern (oder einen Freund) töten. Allerdings geschieht das oft unter Einfluss starker Drogen
Danke für den Hinweis auf die Drogen. Ist nun eingebaut.
Eine Reifeprüfung musste der Prota allerdings nicht absolvieren.

der Text wirkt zwar auf mich nicht ,kopflastig‘, aber ,gewollt‘, auf dem Reißbrett entworfen und planmäßig zusammengebaut. Dabei ist der Stoff interessant und ich traue dir vielleicht gerade wegen der Zeilen, die da stehen, zu, dass du das erzählen könntest.
Danke, ich versuche, kämpfe, arbeite noch ...

Viele Kindersoldaten werden nicht nur von Alk, sondern ganz anderen Drogen abhängig gemacht.
Wie gesagt habe ich das eingebaut.

Ich würde deinen Protagonisten gerne mal im Dialog erleben. Ich weiß auch nicht genau, wie jemand spricht, der sowas erlebt hat, aber Abkürzungen (von Waffen, Panzern, Edelmetallen), spezielle Bezeichnungen (Getränke, Essen, Autos; Geschäftsformen, Läden, Restaurants, die im jeweiligen Land eine spezielle Bezeichnung haben, Anreden, Nennung von Hierarchien) soetwas würde oder müsste er einfach ganz beiläufig miterwähnen.
Dialog: Prima Inspiration für eine andere Geschichte.
Einiges habe ich jetzt schon eingebaut. Wie Drogen, Schnaps, Nahrung.

Wir liefen durch die Souks, die Markthallen Nairobies.“ - ist natürlich fiktiv, „souk“ ist arabischer Raum, glaub ich. Aber so etwas meine ich.
Markthallen sind gekauft!

Der Satz ist zu lang und zu tellig. Ich spüre den Hinweisfinger bei „roter Sand“.
Ja, roter Sand für Afrika. Um sofort einigermaßen verorten zu können :Pfeif:

„lausige Schillinge“ hat bei mich auch ins historische Setting versetzt. Offensichtlich muss vorher oder durch was anderes Afrika deutlich werden.
Schillinge sind schon raus.
Ist die rote Erde für dich keine gute/ausreichende/alternative Verdeutlichung?

Kann man jemanden, der einen an Mörder verkauft hat, noch Vater nennen?
Gute Frage. Der Prota kann es beim Erzählen zumindest. Ob er auch "Vater" denkt, ist eine andere Frage. Eher nicht.

Entweder Sühnegeld oder Blutgeld. Finde Blutgeld weniger aufgeregt und daher besser.
Gekauft!

Die Stelle meinte ich als Beispiel. Wenn du hier schreibst „um Fleisch und Palmwein“ ist da mehr Setting.
Yepp, angepasst.

Also die Schreibe, was da an Stil und Fähigkeit mitschwingt, gefällt mir und überredet mich zum Lesen. Aber Schwierigkeiten hat der Text für mich.
Danke dafür. An den Schwierigkeiten arbeite ich noch.
Hoffe, ich kam wieder einen Schritt weiter.
Deine Tipps haben mir auf jeden Fall sehr geholfen.

Danke dir und schönen Sonntag noch.

Liebe Grüße, GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @GoMusic ,

mache mich nochmal über den ersten Absatz her.

Wieder zu dem Begriff »Vater«, mit dem ich mich immer noch nicht anfreunden kann. Im Deutschen klingt Vater gehoben für mich. Das stammt aus einer Zeit, als man seine Eltern noch siezte. Oder eben: (sehr) gutbürgerliche bis altadelige Deutsche heute, die Begriffe »Vater« und »Mutter« aus Dünkel/Standesethos verwenden. Das mag fürs Setting im Großen ja passen, doch hier ist es mir definitiv zu früh, transportiert mir zu viel deutsches 19tes bzw. frühes 20tes Jahrhundert, leistet falsche Expostition.
Habe mal etwas gegooglet: Gehen wir mal vom Kongo aus, wo es ein echtes Problem mit Kindersoldaten gibt. Hauptsprache im Kongo ist Französisch. Sonst gibt's da diverse Sprachen und Dialekte, verbreitet ist zum Beispiel Kituba, ein vereinfachtes Kikongo (im Westen übliches Kongolesisch). Tata ist Kituba und bedeutet Vater. Papa wäre Französisch und wäre wahrscheinlich auch nicht verkehrt – Gerade durch die liebevolle Konotation von »Papa« wird der Bruch, das Vorhaben deines Prot, kontrastreicher, stärker, abscheulicher, eben weil er ihn kindlich Papa nennt. Im Kikongo sagt man übrigens auch Tata bzw. Tatá und auch Papá. Letzteres finde ich auch nicht schlecht. Kannst ja nochmal drüber nachdenken ...

Vater hat meinen Schnapsvorrat nicht gefunden, den ich in der roten Erde verbuddelt habe. Dafür weiß ich seit gestern, wo er das Geld versteckt hat.

Hier lohnt es sich genau hinzuschauen. Beim ersten Lesen kaufe ich diese zwei Sätze, weil ich nicht weiß, welche Rolle sie noch spielen.
Jetzt beim dritten Lesen kommen mir die Infos unzusammenhängend, sogar unvollständig vor. Im ersten Satz ist »Vater« das Subjekt. Leuchtet mir nicht ein. Ich würde auf »Schnapsvorrat« gehen. Eben weil der Schnapsvorrat das Zentrale in diesem Satz ist: Meinen Schnapsvorrat, den ich in der roten Erde verbuddelt habe, hat Vater (Papá; Tatá) nicht gefunden. Oder knackiger: Meinen Schnapsvorrat hat Vater (Papá; Tatá) nicht gefunden.

(übrigens kannst du dir nach Tatá oder dergleichen auch die "rote Erde" sparen. Die stiftet m. E. eh nur Verwirrung. Dünen in Namibia mögen rot sein, aber nicht der braune Dreck vor irgendeiner Hütte im Kongo)

Jetzt das Problem mit »Dafür«. Mit »Dafür« deutest du an, dass die beiden Sätze voneinander abhängig sind. Doch worin die Abhängigkeit besteht, ist nicht ersichtlich. So wie der Satz momentan steht, würde »dafür« für mich nur in so einem Zusammenhang Sinn machen: ... Schnapsvorrat hat Vater nicht gefunden. Dafür hat er etwas anderes gefunden. ... Wenn du aber den zynischen Vergleich von »Vater findet nicht« – »Sohn hingegen findet schon« ausdrücken willst, muss das m. E. deutlicher sein: Meinen Schnapsvorrat hat Tatá nicht gefunden. Dafür habe ich das Geld entdeckt. --> in diesem Fall klarer, weil kürzer. Es gibt aber zig Varianten in denen es auch deutlicher wird. Z. B. stärkeres Vergleichswort (Jedoch, hingegen etc.)

Mit dem Blutgeld, das sie ihm in die Hand gedrückt haben.

Habe dir ja zur Entscheidung zwischen einem von beiden geraten, was du auch umgesetzt hast – finde es auch grundsätzlich besser so. Trotzdem stoße ich mich noch am Wort »Blutgeld«. Das bringt es einfach nicht auf den Punkt. Blutgeld ist analytisch, ist Außenperspektive. Das kaufe ich deinem Protagonisten nicht ab. Im Kongo, wo ich mit meinen Beispielen bleibe, gibt es übrigens Kongo-Franc, kurz Franc (die blauen Tausender sind am wertvollsten, soweit ich das überblicke). Hier könntest du m. E. mehr noch die Perversion und Absurdität des Menschenhandels auf den Punkt bringen.

...abzuhauen. Mit dem Geld, für das ich verkauft wurde.
...abzuhauen. Mit den blauen Scheinen, für die mein Vater mich verkauft hatte.
...abzuhauen. Mit den blauen Scheinen, für die mein Vater seinen Sohn verkauft hatte.

Wenn er heute Abend zurück vom Feld kommt

nur kleine Stilsache: würde das Verb zurückkommen nicht unnötig auseinanderzerren: Wenn er heute Abend vom Feld zurückkommt.

LG

 

Hi Meuvind,

danke für deine Zeit und deinen Kommentar.

Vater hat meinen Schnapsvorrat nicht gefunden, den ich in der roten Erde verbuddelt habe.
Also ob das noch als Challenge zählt ...
Natürlich nicht (mehr). Vielleicht schreibe ich noch eine "Ich wache auf und bin breit"-Geschichte ;)

Dafür weiß ich seit gestern, wo er die lausigen Schillinge versteckt hat.
Vielleicht nur versteckt, ohne hat? Der erste Satz endet schon auf dem Verb, fände ich runder.
Gute Idee. "Hat" ist nun raus. Habe den Anfang komplett geändert. (Danke schon mal im Voraus an @Carlo Zwei )

Ich konnte mich nicht verabschieden, musste alles zurücklassen.
Naja, eigentlich sagen beide Sätze dasselbe aus.
Ich denke, nicht. Man kann doch alles mitnehmen, sich aber dennoch nicht mehr verabschieden können und umgekehrt.

Ich lese es weniger als richtige Geschichte, sondern eher als eine Vorstellung davon.
Ja, verstehe, was du meinst.
Ursprünglich war es auch keine Kurzgeschichte. Dann bekam ich aber den Ansporn, eine KG daraus zu machen. Ich hoffe, dass ich mich dem mehr und mehr nähere.

Auf die Kürze passt das. Ob mich das aber für eine längere KG fesseln könnte, glaube ich nicht. Dafür brauche ich einfach zu sehr Setting und Charaktere.
Schön, dass das in der Kürze für dich passt.
An anderer Stelle hatte ich schon erwähnt, dass ich vielleicht später eine mehr szenische Geschichte zum Thema schreibe.


Hi linktofink,

danke für deinen Kommentar.

Ich kann die Kritik an der Prämisse und der Glaubwürdigkeit nachvollziehen und würde dir raten, diese Klippen zu umschiffen. Das könntest du, wenn du den Text tatsächlich in ein historisches Setting verpflanzt, was sich, wie Friedel schon aufzeigte, aufgrund unserer Geschichte anbietet.
Das Setting soll nicht historisch sein, sondern an die aktuellen Kindersoldaten erinnern.
Ich hoffe, durch die mittlerweile durchgeführten Änderungen der Glaubwürdigkeit nährgekommen zu sein.

Du könntest auch hier eine bäuerliche Umgebung wählen, verkaufte Kinder gab es vor der Moderne genug. Das Terrain wäre beherrschbar und du könntest die Fallstricke der speziellen Problematik der Kindersoldaten umgehen. Nur so als Idee.
Ja, verkaufte Kinder gab es immer schon.
Mein Hauptthema wir aber Krieg/Frieden, daher die Entscheidung fürs aktuelle Setting. (Im November trage ich u.a. diesen Text zum "Friedenstag" in meiner Heimatstadt vor.)

Vielen Dank für deine Gedanken.

Hallo Friedel,

Ich noch mal, wenn ich darf,
Gerne doch, immer wieder.
Danke für den Hinweis.


Hallo Robot Fireman,

danke für deinen Besuch und die tollen Anmerkungen und Tipps.

Dein Text hat etwas, ist mir an einigen Stellen jedoch auch einen Tick zu abstrakt. Ich bin jedes Mal gepackt, wenn du spezifische Details einbaust, die knapp formuliert sind, aber sehr prägnant das Geschehen auf den Punkt bringen. Insofern sind gerade Einstieg und Ende sehr stimmig.
Freut ich sehr, dass dich einzelne Stellen packen konnten.
Das Abstrakte habe ich versucht, zu spezifizieren. Da halfen mir auch deine Anmerkungen.

Auch gefällt mir, wie eine anfangs harmlos erscheinende Situation (Papa findet meinen Schnaps nicht) plötzlich eine derart schreckliche Dimension offenbart. Dadurch kreiert er tatsächlich eine "Sog"-Wirkung. Find ich gut.
Danke dafür. Der Sog ist zu stark, dass der Prota dem entkommen könnte.

Wie gesagt, in Anbetracht der Kürze deines Textes finde ich diesen Einstieg super. Insbesondere das Detail mit der roten Erde gefällt mir, weil es die 'blutige Vergangenheit' suggeriert. Spezifische kleine Wörter, die einem das Setting und Geschehen etwas näher bringen.
"Rote Erde" = "Blutige Vergangenheit" ist schon passend. Guter Hinweis.
Die rote Erde sollte jedoch als "Erklärung" dienen, wo die Geschichte spielt. Dies wurde jedoch durch andere Details ersetzt.
In Wahrheit ist der Ort/das Dorf/die Hütte vom blutigen Kampf ja verschont geblieben. Die Kämpfe finden an anderen Orten statt.
ich lasse mir das aber nochmal durch den Kopf gehen ...

Die ganze Nacht wachgelegen" ist erneut so ein spezifisches Detail, dass mir die Situation näher bringt, ohne auszuschweifen und super konkret zu werden. Auch das gefällt mir.
Prima!

Ab hier verliert die Erzählung für mich an Farbe. Das einzige Detail, das mir die Geschichte näherbringt, ist die Augenbinde. Ansonsten besteht die Passage eher aus Aussagen, die man vermittelt haben möchte. Zumindest bis zu einem gewissen Grad.

Beispiele:

"Man gab mir Alkohol"

Hier habe ich mittlerweile konkretisiert.
Vielleicht hast du ja Lust, dir das mal anzuschauen.

"schüchterten mich ein, bedrohten und misshandelten mich"

Wie genau? Schrien sie ihn an? Hielten sie ihm ein Messer oder Bajonett an die Kehle? Schlugen sie ihn mit einer Gerte, einem Schlagstock oder einem Gewehrkolben?

Kann ich verstehen. Aber der Prota möchte nicht darüber reden, was sie ihm genau angetan haben.

Ich wollte fliehen. Doch die Gefahr erwischt und getötet zu werden, war groß. Auch wusste ich nicht, wo ich war. Oder wie ich hätte nach Hause gelangen sollen.
Die ersten beiden Sätze gefallen mir. Sie sind zwar ebenfalls generell gefasst, passen aber zu der Art, wie deine Figur erzählt.

Die dick angestrichene Passage braucht es da gar nicht. Spielt es eine Rolle, ob er weiß, wo sein Zuhause ist?

Hast Recht. Ist raus.

Ab hier wird es wieder stärker. Das "Schlafen auf kalten Böden in verlassenen Gebäuden" gefällt mir. Nur das Wort Nahrung klingt in meinen Ohren sehr abstrakt. Du könntest es mit "Essen" oder "etwas zu essen" ersetzen. "Alkohol" passt hier besser als oben, aber du könntest an dieser Stelle auch "Schnaps" schreiben.
Auch hier habe ich geändert.

Den langen Satz mit den Offenbarungen finde ich klasse. Er passt sehr gut in den Erzählstil, gerade weil er mit den sonst knappen Sätzen bricht und voller schockierender Wahrheiten ist.
Danke.

Ich bin aber nicht sicher in Bezug auf das Wort "Geschwister". Kann er sich nicht an ihre Namen erinnern? Ich verstehe, dass seine Eltern für ihn "Mutter" und "Vater" sind, aber Brüder und Schwestern kennt man ja mit Namen. Es kann natürlich sein, dass Familie etwas ist, das für ihn in diesem Moment weit, weit weg ist, und das Wort eben gerade diese Distanz zum Ausdruck bringt. Das würde gehen. Und es wäre schwierig, die Namen der Geschwister in einen so schön dahinfließenden Satz einzuarbeiten. Das kommt auch hinzu.
"Es kann natürlich sein, dass Familie etwas ist, das für ihn in diesem Moment weit, weit weg ist, und das Wort eben gerade diese Distanz zum Ausdruck bringt." --> Du sagst es. Genau so soll es klingen!

Bei dem zweiten Zitat hätte ich jedoch gerne gewusst, was passiert ist. Wurden sie erschossen, im Krieg? Sind sie verhungert? Anstatt "nicht geschafft hatten" wäre mir da ein anderes Verb lieber, dass die Hintergründe seiner Familie mehr beleuchtet.
Stimmt. Ist angepasst. Durch das, was jetzt in der überarbeiteten Version mit seinen Geschwistern geschehen ist, könnte das Ende/seine Entscheidung nochmal eine Stufe härter werden.

Die dünne Drahtseilschlinge habe ich von einem LKW geklaut. Ich weiß damit umzugehen.
Das Ende ist wieder klasse. Da steckt genau das nötige Etwas drin, um mir die Situation vor Augen zu rufen.
Nochmals vielen Dank.

Hat mir gefallen. Sehr prägnant und auf den Punkt gebracht. Doch, wie bereits gezeigt, hätte ich mir gerade im Mittelteil ein paar Beschreibungen gewünscht, die Handlung und Setting genauer charakterisieren.
Beschreibungen sind nun drin.
Du hast mir sehr weitergeholfen.

Ich glaube, meine Beuteschema wurde gerade aktualisiert.;)
Wunderbar!

Wünsche euch einen tollen Wochenstart.
Liebe Grüße, GoMusic

 

Hallo @GoMusic!

Viele haben deinen Text ausführlich kommentiert und ehrlich gesagt empfand ich die Diskussion über Deinen Text ebenso interessant. Der Text hat mir gut gefallen, natürlich ist er Teil einer Challenge und deswegen so kurz. Aber irgendwie habe ich "mehr" erwartet und mit "mehr" meine ich das quantitative "mehr": Dass die Geschichte weitergeht. Du hast ja einen hübschen Cliffhanger mit deinem letzten Satz eingebaut.

Mich erinnert die Textsprache an Erinnerungen von Menschen, die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs erlebt haben: "Dann bin ich verschüttet worden, aber die haben viele aus dem Haus geholt, auch meinen Onkel, na, dann bin ich mit der Straßenbahn heim zu meiner Mutter gefahren, die sprach mit der Nachbarin am Gartenzaun und sagte: 'Da bist du ja endlich.'" Dieses seltsam lapidare; vielleicht ein Versuch, mit Sprache die Todesangst zu besänftigen, eine Form von Selbsttherapie und ein unbewusstes Akzeptieren, dass Sprache Realität konstruiert.

Ich hätte deinen Text niemals in Somalia verortet oder Afrika, der einzige Hinweis auf ein Gebiet außerhalb Mitteleuropas sah ich in dem "Papà". Und nur die "Scheine" wiesen mir grob Orientierung auf die Neuzeit.

Lg
kiroly

 

Liebe Raindog,

schön, dass du vorbeigeschaut hast.

Ich finde gut, wie kurz die Geschichte ist, obwohl sie einem aufgrund ihres Inhalts viel länger erscheint. Das liegt natürlich an dem zusammenfassenden, etwas telligen Stil, und ich könnte mir vorstellen, mit ein paar kleinen, wohldosierten Details könntest du bei fast gleicher Länge noch mehr Wirkung und Authentizität erreichen.
Dass der Text länger erscheint, hatte @Katla auch schon gesagt.
Sinn war, dass da viele Bilder im Kopf des Lesers entstehen sollen.

Kleine, wohldosierte Details habe ich mittlerweile eingebaut.
Danke auch für deine entsprechenden Hinweise.

Ich könnte mir hier auch sehr gut einen personalen Erzähler vorstellen, dann wäre da ein wenig mehr Distanz zum Prot, der ja sowieso nicht viel von sich preisgeben will, aber trotzdem noch genug Nähe, um dicht an ihm dran zu sein.
Ja, das würde wahrscheinlich auch gut klappen. Nun habe ich mich aber für den Ich-Erzähler entschieden und mal eben ändern wäre jetzt zu kompliziert.

Vater hat meinen Schnapsvorrat nicht gefunden, den ich in der roten Erde verbuddelt habe. Dafür weiß ich seit gestern, wo er die lausigen Schillinge versteckt hat.
Ich denke mir, von dir ist das gar nicht so gedacht, aber das Dafür klingt für mich nach Ätschibätsch, und das passt ja nun gar nicht.
Das "dafür" ist weg. "lausig" auch.

Die lausigen Schillinge mag ich gar nicht, aus verschiedenen Gründen: Bei Schillingen denke ich nicht unbedingt an Afrika (weil ich keine Ahnung habe), sondern lande gedanklich erstmal in Österreich vor dem Euro oder noch früher, wo die Leute Schillinge und Silberlinge in Ledersäckchen unter ihrem Wams trugen. Mich führt das in die Irre, und da du es an dieser Stelle auch noch nicht auflöst, könntest du den Namen der Währung eventuell auch gleich weglassen.
Ja, mit der Währung habe ich mir keinen Gefallen getan. habe ich sofort geändert, als Vermutungen auf Österreich, K&K-Zeit etc. aufkamen.

überlegt, ob ich mit den Scheinen einfach verschwinden soll, mit dem Sühnegeld. Dem Blutgeld, das sie ihm in die Hand gedrückt haben.
Hier passt etwas inhaltlich nicht ganz: Er überlegt, ob er verschwinden soll, aber:
Wenn er heute Abend zurück vom Feld kommt, habe ich etwas anderes mit ihm vor.
Er hat etwas anderes mit ihm vor, als verschwunden zu sein? Das Fette vllt einfach weg?
Super Hinweis. Fiel mir gar nicht auf. Habe ich geändert:
"Ich könnte einfach mit den Scheinen abzuhauen."
So kann das "etwas" auch bleiben.

Bis ich selbst Gewalt anwenden musste. Grausamkeiten begangen habe.
Eine Grausamkeit andeuten, vielleicht? Bsp: Messer in Körper stieß … auf Köpfe zielte … Drahtschlingen festzog ...
Andere Kommentatoren haben das auch schon angemerkt.
Aber bei den Dingen, die ihm passiert sind, bleibt er beim Erzählen ganz oberflächlich, knapp. So versucht er vielleicht, diese Grausamkeiten zu verdrängen.

Ich hungerte, ich prügelte mich. Um Nahrung, um Alkohol.
Hier auch - irgendwie ein bissel konkreter? Um Brot und um Schnaps ...
Habe ich erweitert. Ist nun:
"prügelte ich mich um Fleisch, um süßes und fettiges Brot, um vergorenen Hafer- oder Maissaft, den ich bis zum Umfallen trank. Der mit half, meine Schmerzen zu vergessen."

Bis ich erfuhr, dass ich nicht zufällig auf dem Schulweg aufgegriffen wurde
Hier fände ich ein damals ganz hilfreich, weil es sich ja auf das erste Mal bezieht, dass er aufgegriffen wurde, dann ist der Bezug klarer.
Gekauft!

Hast mir sehr geholfen, Vielen Dank.


Hi Huxley,

freue mich sehr über deinen Kommentar.

Interessant ist, das der Text recht gut funktioniert, obwohl er so viel nur erzählt, ohne zu zeigen. Beim ersten Lesen war das noch unangenehmer, jetzt würde ich dem Text dadurch eine gewisse Poesie attestieren.
Oh, Poesie. Interessant. Da schimmert vielleicht noch die Ursprungsversion durch, als der Text noch nicht gepostet und keine Kurzgeschichte war, sondern tatsächlich so etwas wie Lyrisches, Poetisches ...

Ich fände es wirkungsvoller, wenn ich vom Blutgeld erst gegen Ende erfahren hätte. Der Junge kann gern das Geld finden und es negativ bewerten, aber die emotionale Wucht am Ende wäre noch mal größer, wenn ich erst da verstehe "Woot?! Der Vater hat ihn verkauft!"
Ja, kann man machen.
Edit: Jetzt, nach längerem Nachdenken, gefällt mir diese Idee sehr gut. Ich habe das nun so geändert, dass erst am Schluß herauskommt, dass es das Geld ist, das sein Vater für ihn bekommen hat. Danke!

Dann hast du hier ja diese Doppelung: der Pritschenwagen, als er zum Soldaten wird und der Wagen, als er "gerettet" wird.
Gut, dass du das ansprichst.
Es sind wahrscheinlich in den Augen des Protas ganz ähnliche Pritschenwagen, nur dass die Leute unterschiedliche Uniformen tragen. Vielleicht war ihm zuerst gar nicht bewusst, dass das zweite "die Guten" waren.

"Dieses Mal waren die Flaschen aus zerkratztem Plaste, aber das Wasser darin war klar."
Das habe ich so ähnlich übernommen. Danke!

Spannend, spannend bei deiner Textarbeit dabeizusein.
Ich finde es auch sehr interessant und spannend. Das macht die WK-Seite u.a. auch aus ;)

Und Danke für einige Denkanstöße.
Freut mich, dass der Text etwas bei dir bewirken konnte.

Vielen Dank euch beiden und einen tollen Tag.

Liebe Grüße, GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Carlo Zwei,

du Unermüdlicher.

Vielen Dank für dein erneutes Kommentieren, die Recherche und guten Vorschläge.

Vielleicht hast du schon bemerkt, dass ich viele deiner Ideen umgesetzt habe.
Im Einzelnen:

Wieder zu dem Begriff »Vater«, mit dem ich mich immer noch nicht anfreunden kann.
Papa wäre Französisch und wäre wahrscheinlich auch nicht verkehrt – Gerade durch die liebevolle Konotation von »Papa« wird der Bruch, das Vorhaben deines Prot, kontrastreicher, stärker, abscheulicher, eben weil er ihn kindlich Papa nennt.
"Papá" ist ideal. Das Kindliche, der Bruch ... passt sehr gut

Im ersten Satz ist »Vater« das Subjekt. Leuchtet mir nicht ein. Ich würde auf »Schnapsvorrat« gehen. Eben weil der Schnapsvorrat das Zentrale in diesem Satz ist
Hast Recht. Perfekt.

übrigens kannst du dir nach Tatá oder dergleichen auch die "rote Erde" sparen. Die stiftet m. E. eh nur Verwirrung. Dünen in Namibia mögen rot sein, aber nicht der braune Dreck vor irgendeiner Hütte im Kongo
Ja, rote Erde ist raus.

Mit »Dafür« deutest du an, dass die beiden Sätze voneinander abhängig sind. Doch worin die Abhängigkeit besteht, ist nicht ersichtlich.
Auch hier: weg.

Trotzdem stoße ich mich noch am Wort »Blutgeld«. Das bringt es einfach nicht auf den Punkt. Blutgeld ist analytisch, ist Außenperspektive. Das kaufe ich deinem Protagonisten nicht ab.
Das habe ich mittlerweile geändert. Zudem den tollen Tipp von @Huxley umgesetzt, das mit dem Grund für das Geld erst ans Ende zu bringen.

nur kleine Stilsache: würde das Verb zurückkommen nicht unnötig auseinanderzerren: Wenn er heute Abend vom Feld zurückkommt.
Gekauft.

Großen Dank, Carlo. Mit deiner Hilfe habe ich die Geschichte in meinen Augen an vielen Stellen verbessern können. :)

Hallo Kiroly,

danke für deinen Besuch und deinen Kommentar.

ehrlich gesagt empfand ich die Diskussion über Deinen Text ebenso interessant.
Geht mir genauso.

Der Text hat mir gut gefallen,
Das freut mich sehr.

Aber irgendwie habe ich "mehr" erwartet und mit "mehr" meine ich das quantitative "mehr": Dass die Geschichte weitergeht. Du hast ja einen hübschen Cliffhanger mit deinem letzten Satz eingebaut.
Wenn es eine längere Geschichte oder ein Kapitel eines Romanes wäre, hielte ich es auch für einen guten Cliffhanger.
Aber ich denke, das es bei der Kürze der Geschichte auch klappt. Es dürfte klar sein, was an dem Abend noch passiert. "Offene Enden" machen Kurzgeschichten ja auch gerade aus.

Mich erinnert die Textsprache an Erinnerungen von Menschen, die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs erlebt haben
Dieses seltsam lapidare; vielleicht ein Versuch, mit Sprache die Todesangst zu besänftigen, eine Form von Selbsttherapie und ein unbewusstes Akzeptieren, dass Sprache Realität konstruiert.
Vielen Dank. Mit der Sprache kamen einige nicht zurecht. Schön, jetzt mal einen solchen tollen Vergleich zu hören.
Als Autor stimme dir natürlich völlig zu. :)

Ich hätte deinen Text niemals in Somalia verortet oder Afrika, der einzige Hinweis auf ein Gebiet außerhalb Mitteleuropas sah ich in dem "Papà". Und nur die "Scheine" wiesen mir grob Orientierung auf die Neuzeit.
So richtig festlegen bzgl. des Landes soll sich der Text eigentlich nicht unbedingt. Es gibt derzeit 19 Länder, in denen es Kindersoldaten gibt.

Danke für deine Worte.

Wünsche euch noch einen schönen Abend.
Liebe Grüße, GoMusic

 

Lieber @GoMusic ,

interessanter Text. Im ersten Moment kam mir der Gedanke, dass man schon ziemlich tief drinstecken müsste, in dem Thema, um darüber glaubhaft schreiben zu können. Ich habe mir ein paar Interviews mit ehemaligen Kindersoldaten angeschaut. Da ist auch dieses Nüchterne, Berichtende, wenig emotional. Die sprechen zu einem Interviewer, in eine Kamera. Ich weiß nicht genau woher das kommt, dass ich mich ausgerechnet bei deinem Text frage, zu wem dein Prot. spricht, ob er zu jemandem spricht.

Ich dachte, alles würde wie früher sein, als mich Papá holen kam. Bis ich erfuhr, dass ich nicht zufällig auf dem Schulweg aufgegriffen wurde, dass meine Eltern meine jüngeren Geschwister schützen wollten, und dachten, dass mich die Soldaten gut behandeln würden, dass das Geld, für das sie mich verkauf haben, zum Überleben reichen würde, und hofften, dass ich unversehrt heimkehren würde.
Und hier frage ich mich, woher er das erfahren hat. Von einem Fremden oder von seinem Vater? Denn es gibt da ja Aspekte, die die Eltern durchaus entlasten. Z.B. dass sie hofften, dass er gut behandelt wird. Und auch die Notlage, in der sich die Familie befand, ist ja Thema. Hat der Vater das gesagt? Hat da ein Gepräch zwischen Vater und Sohn stattgefunden? Oder von jemandem, der trotzdem bei ihm Verständnis für seine Eltern wecken wollte? Glaubt er das? Interessant wäre eine Geschichte, in der es darum geht, wie die beiden danach zusammen leben. Dass der Sohn den Vater umbringt, finde ich die langweiligste Lösung, und auch nicht ganz glaubhaft, aber alles andere wäre natürlich auch ein dickes Brett.

Es ist wirklich eine bittere Geschichte, in der die eigentlichen Täter ganz woanders sitzen. Diesen Zusammenhang herzustellen, das ist dir gut gelungen.

dass das Geld, für das sie mich verkauf haben,
fehlt jetzt ein t.

Liebe Grüße von Chutney

 

Liebe Chutney,

schön, dass du vorbeigeschaut hast.

interessanter Text.
Schon mal gut.

Ich habe mir ein paar Interviews mit ehemaligen Kindersoldaten angeschaut. Da ist auch dieses Nüchterne, Berichtende, wenig emotional.
Ja, so in etwas sollte mein Prota hier auch rüberkommen.

Die sprechen zu einem Interviewer, in eine Kamera. Ich weiß nicht genau woher das kommt, dass ich mich ausgerechnet bei deinem Text frage, zu wem dein Prot. spricht, ob er zu jemandem spricht.
Andere haben auch schon Dokus über Kindersoldaten angesprochen. Und spätestens ab da habe ich mich auch gefragt, ob es so wichtig/elementar ist, wem der Prota das erzählt, wer da zuhört. Vorstellen könnte ich mir einen anderen Jungen/Kindersoldaten, dem er das erzählt.

Und hier frage ich mich, woher er das erfahren hat. Von einem Fremden oder von seinem Vater? Denn es gibt da ja Aspekte, die die Eltern durchaus entlasten. Z.B. dass sie hofften, dass er gut behandelt wird. Und auch die Notlage, in der sich die Familie befand, ist ja Thema. Hat der Vater das gesagt? Hat da ein Gepräch zwischen Vater und Sohn stattgefunden? Oder von jemandem, der trotzdem bei ihm Verständnis für seine Eltern wecken wollte?
Teils, teils, so meine Vorstellung.
Verlust der Mutter und der Geschwister hat ihm sein Vater gesagt. Das mit dem gut behandeln hat ihm auch sein Vater gesagt, ohne das Geld anzusprechen.
Dass er verkauft wurde, hat er von anderen (Betroffenen) - im Dorf oder schon vorher auf seinem Weg zurück - erfahren.

Interessant wäre eine Geschichte, in der es darum geht, wie die beiden danach zusammen leben.
Da wäre sicherlich genug Stoff vorhanden für eine andere Geschichte, in der die Aufbereitung (die Gründe) und der Besuch des weiteren Zusammenlebens gezeugt wird.
Vielleicht mach ich mich da mal ran.

Dass der Sohn den Vater umbringt, finde ich die langweiligste Lösung, und auch nicht ganz glaubhaft, aber alles andere wäre natürlich auch ein dickes Brett.
Ob er ihn tatsächlich umbringt, wird ja nicht gesagt. Das Ende lässt darauf schließen.
Ich persönlich finde es schon glaubhaft. Der Junge, er mag jetzt wohl um die 17 oder 18 Jahre alt sein, hat nichts mehr zu verlieren.
Er wird sicherlich denken, auch alleine klarzukommen. Immerhin hat er schlimmste Dinge erlebt und überlebt. Der einzig Schuldige ist in seinen Augen sein Vater. Vielleicht denkt der Junge auch, dass seine Mutter und Geschwister nicht hätten von ihnen gehen müssen, wenn er zuhause geblieben wäre.

Es ist wirklich eine bittere Geschichte, in der die eigentlichen Täter ganz woanders sitzen. Diesen Zusammenhang herzustellen, das ist dir gut gelungen.
Danke dafür.

Habe mich sehr über deinen tollen Kommentar gefreut.

Schönen Tag noch und liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic

Als erstes gleich ein Komliment für die Überarbeitung, die Geschichte wirkt nun viel authentischer und weniger distanziert.
Du legst ja am Anfang eine falsche Fährte mit diesem "das wäre nicht gerecht", klingt nach einem Rest Sympathie des Erzählers für jemanden. Zum Ende hin wird aber deutlich, dass hier Gerechtigkeit für den Erzähler eingefordert wird.

Allerdings, und da bin ich mit Chutney einer Meinung, fehlt mir auch der Link zu seinem Wissen über den wahren Hintergrund seiner Verschleppung.
Meiner Meinung nach kann es nur der Vater sein, der ihm - in Selbstmitleid versinkend - erzählt, dass alles anders gekommen sei, als wie sie es sich vorgestellt hätten.

Ist nur so eine Idee - stelle mir das in etwa so vor:
"Ich dachte, alles würde wie früher sein, als mich Papá holen kam. Doch dann senkte er die Stimme und erzählte mit feuchten Augen irgendwas von Geschwister schützen, ..."

Der Vater rechtfertigt seine Schuld, was wiederum den Nährboden für des Erzählers tödlichen Hass auf seinen Papá bildet.
Ja, das würde mir gefallen, dann wäre der letzte dramatische Satz viel besser eingebettet.

Aber auch so fand ich deinen Text sehr gut zu lesen, konnte mich in deinen Erzähler hineinversetzen.
Je kürzer der Text, desto schwieriger ist es ja, die richtigen Worte zu finden, um einen Protagonisten dem Leser näher zu bringen.
Meiner Meinung nach ist dir die Verdichtung der tragischen Begebenheit ganz gut gelungen.

Kleinkram:

Ich dachte, alles würde wie früher sein, als mich Papá holen kam. Bis ich erfuhr, dass ich nicht zufällig auf dem Schulweg aufgegriffen wurde, dass meine Eltern meine jüngeren Geschwister schützen wollten, und dachten, dass mich die Soldaten gut behandeln würden, dass das Geld, für das sie mich verkauft haben, zum Überleben reichen würde, und hofften, dass ich unversehrt heimkehren würde.
Bis ich erfuhr, dass meine Mutter getötet und meine Geschwister verschleppt wurden.
Für meinen Geschmack etwas viel "Würde" ;)

Gruss dot

 

Hi dot,

schön, dass du vorbeigeschaut und die Anmerkungen von Chutney aufgegriffen hast.

Als erstes gleich ein Komliment für die Überarbeitung, die Geschichte wirkt nun viel authentischer und weniger distanziert.
Danke dafür.

Du legst ja am Anfang eine falsche Fährte mit diesem "das wäre nicht gerecht", klingt nach einem Rest Sympathie des Erzählers für jemanden. Zum Ende hin wird aber deutlich, dass hier Gerechtigkeit für den Erzähler eingefordert wird.
Genau. Nicht fair, nicht gerecht bezieht ich gar nicht auf Vater. So soll es sein.

Allerdings, und da bin ich mit Chutney einer Meinung, fehlt mir auch der Link zu seinem Wissen über den wahren Hintergrund seiner Verschleppung.
@Chutney hatte ja Ähnliches gesagt. ich stelle aber fest, dass meine Gedanken (meine Antwort an Chutney), woher der Prota das alles weiß, nicht aus dem Text herausgehen, dass es besser wäre, dies zu konkretisieren bzw. in eine Richtung zu lenken.

Meiner Meinung nach kann es nur der Vater sein, der ihm - in Selbstmitleid versinkend - erzählt, dass alles anders gekommen sei, als wie sie es sich vorgestellt hätten.
Ja. Genau.

Der Vater rechtfertigt seine Schuld, was wiederum den Nährboden für des Erzählers tödlichen Hass auf seinen Papá bildet.
Ja, das würde mir gefallen, dann wäre der letzte dramatische Satz viel besser eingebettet.
Stimmt.Mir gefällt es auch besser, es direkt auch so darzustellen.
Ich habe vieles aus deinem Vorschlag übernommen.
Mal sehen, ob es noch weitere Kommentare dazu gibt, es so nun besser zu verstehen ist.

Aber auch so fand ich deinen Text sehr gut zu lesen, konnte mich in deinen Erzähler hineinversetzen.
Prima.

Meiner Meinung nach ist dir die Verdichtung der tragischen Begebenheit ganz gut gelungen.
Das freut mich sehr.

Ich sehe, die Überarbeitungen haben sich gelohnt. Gut, dass es die Wortkrieger gibt.

Schönen Samstag noch und liebe Grüße,
GoMusic

 

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