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Spuren im Sand
Spuren im Sand
Lisa, die seit zwei Jahren in ihrer neuen Wohnung am Strand wohnte, ging zweimal pro Tag joggen. Sie fand sich dick, was sie ganz und gar nicht war, und sie musste jeden Tag etwas an sich verändern: die Haare, Kleidung oder Schminke. Es war schon September und der Sand unter ihren Füßen war nicht mehr so heiß wie im Juli, als die Sonne noch mit voller Kraft auf den Strand schien. Barfuss am Strand entlang zu joggen war angenehm. Sie fühlte sich dabei irgendwie frei. Es war ungefähr neun Uhr, als ihre Füße sich in den Strand gruben. Ihre Haare, die am Hinterkopf zu einem Zopf gebunden waren, schwangen wie ein durchgedrehtes Pendel hin und her.
Aber als sie an diesem Abend ihren täglichen Sport betrieb, nach all der Arbeit, die sie hinter sich hatte, schien irgendwas anders zu sein, irgendwie mysteriös. Und dann da: Vertiefungen im Sand. Eine große und fünf kleine. Fußabdrücke. Sie hatte noch niemanden an diesem Abend am Strand entlang spazieren sehen. Eigentlich hätte sie die Spuren übersehen müssen, aber sie leuchteten leicht bläulich. Wie schwaches Schwarzlicht. Sie sah hinunter und da waren nicht nur die Vertiefungen im Sand, sondern eine Anweisung, die anscheinend mit phosphorizierender Farbe krakelig auf einen Stein gekritzelt wurde:
Folge den Spuren!
Lisa runzelte die Stirn und blieb stehen.
Folge den Spuren, dachte sie. Na gut, folge den Spuren!
Und sie ließ auf ihre Worte Taten folgen. Wieder setzte sie sich in Bewegung. Zuerst die Beine, dann der ganze Körper. Möwen gaben eigenartige Geräusche von sich, während Lisa den Spuren wie ein Detektiv folgte.
Finde mich, stand auf einem weiteren Stein in der gleichen leuchtenden Farbe geschrieben. Als hätte jemand ein Foto geschossen blitzte es einen Bruchteil einer Sekunde auf. Grollender Donner folgte.
Da lag etwas Schwarzes im Sand. Kein Stein. Keine Muschel, Eine Waffe.
Sie lief weiter. Sie schwitzte. Und da kam Licht aus einer Höhle zu ihrer Rechten, die sie betrat, da die Fußspuren hinein führten.
Die Höhle war vollkommen ausgeleuchtet. Das Gestein glitzerte im bläulichen Licht, einige Schatten jagden ihr zwar einen Schauder den Rücken hinunter, aber es gab genug Licht, um nicht gegen einen Stalagmiten zu laufen. So tief, wie Lise vermutet hatte, war die Höhle nicht einmal vielleicht höchstens achtzig Meter lang.
Doch dort am Ende lag etwas. Als hätte dort jemand ein Radioaktives Material abgelagert oder vielleicht zu Tage gefördert. Es sah aus wie eine riesige Glühbirne, aber keine normale, birnenförmige. Als sie näher herantrat, bemerkte sie, dass das leuchtende Ding nicht wirklich leuchtete, sondern eher nur glimmte. Es blendete sie nicht, obwoh es die gesamte Höhle ausleuchten konnte. Eine menschenförmige, glimmende Lampe.
Sie konnte die Arme, Finger, Beine und den Kopf erkennen. Aber keine Gesichtszüge, nur ansatzweise die Lippen, wenn sie richtig erkannte.
Neugierde überkam sie wieder, genau wie da, als sie die Spuren zum erstenmal gesehen hatte. Sie wollte es anfassen, spüren wie es sich anfühlte, wissen was es war, woher es kam, wer es hier abgelegt hatte und noch viel mehr.
Sie ging weiter, kam näher an es heran.
Lisa spürte, wie die nicht vorhandenen Augen sie anstarrten. Es bewegte sich nicht-
Doch! Da, wo eigentlich der Brustkorp sein müsste, hob und senkte sich das Ding. Es atmet!
Lisa ging in die Hocke. ihr Herzschlag hatte sich verdoppelt. Es raste förmlich. in ihren Augen wurde das Licht reflektiert. Sie streckte die Hand aus. Hielt die Handfläche über der Lichtquelle. Lisa konnte die minimale, aber vorhandene Wärme spüren, spürte die Macht, die diesem Ding innewohnte und spürte, wie es wollte, dass sie es berühre.
Kaum hatte sich ihr Zeigefinger auf das warme, menschenförmige Etwas gelegt, glitt eine Wärme durch ihren gesamten Körper, ihr Schambereich kribbelte, Speichel sammelte sich in ihrem Mund, ein Rauschen dröhnte in ihren Ohren, ihre Haare sträubten sich schon fast.
Mg. Ehe sie richtig wahrnehmen konnte, was gerade geschehen war, verschluckte das Ding ihren gesamten Unterarm. Dann, mit einem weiteren Mg, ihren Oberarm.
Wie Wasser durch einen Kohlefilter wurde sie in das gleißende Licht gesaugt und verschwand. Ein letzter Schrei hallte durch die Höhle und wurde vom Rauschen des Meers verschluckt.
Das Licht erlosch. Die Fußspuren blieben nun Fußspuren, kein Leuchten mehr.
Lisa wurde nie mehr gesehen.