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Stille Momente

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24.01.2009
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Stille Momente

Die Stille hockt auf den noch warmen Pflastersteinen der Straße, die aus dem Stadtzentrum herausführt. Sie beobachtet Lars und Marve, die ihre Räder schieben, den kleinen Anstieg hinauf, wo die Stille sitzt.
Marves Schuhe klemmen im Gepäckträger. Ihre Fersen sind wund gescheuert, ebenso die kleinen Zehen. Dabei war sie so stolz gewesen, als der Verkäufer die Schuhe heute Nachmittag für sie in weiches Papier einschlug und sie ihm ihr erstes, selbstverdientes Geld reichte. Stolz, als sie zu Hause vor dem Spiegel die Füße drehte und als die Absätze über den Marmor des Stadttheaters klackerten.
Lars lässt sich ein Stück zurückfallen, um Marves Rock zu betrachten, der sich weich über die Konturen ihres Pos schmiegt und an den Knien endet. Er schaut auf ihre Waden, die sich anspannen und auf ihr Haar, um das sie ein rotes Band gebunden hat. Lars stellt sich vor, wie seine Hände ihre Schultern berühren, wie sie sacht über ihren Rücken gleiten, wie er sie an sich zieht und ihren Mund küsst. Wie seine Lippen zart mit ihrer Unterlippe spielen und seine Zähne sanft zubeißen. Wie der Duft ihres Haares ihm in die Nase steigt. Er hatte es gerochen, als sie beim Einlass zum Konzert durch die Menge ganz dicht aneinander gedrückt wurden.
Als die Beiden an der Stille vorübergehen, springt sie auf, setzt sich auf Lars' Lenkerstange, baumelt mit den Beinen und beschließt, sie ein Stück des Weges zu begleiten.
Marve schmunzelt, sie denkt an ihren ersten Kuss. Unten am Weiher, als sie mit einer Freundin die Lippen aufeinander pressten und bis zehn zählten und sich danach vor Lachen kugelten. Das ist jetzt ein paar Jahre her.
„Was ist?“, fragt Lars.
„Ach nichts. Nur so“, gibt Marve ihm zur Antwort und legt einen Schritt zu, damit er ihr Gesicht nicht sehen kann, in das die Hitze kriecht, die Scham oder Angst ihrer Unerfahrenheit.
Als sie vor Marves Haus stehen, lehnt Lars das Rad gegen den Gartenzaun und zieht Marve an sich, küsst sie auf die Wange und als ihr Protest ausbleibt, auf den Mund. Halt die Hände still, halt bloß die Hände still, zwingt er sich, um Marve keinen Vorwand zu liefern, diesen Kuss vorzeitig abzubrechen.
Die Stille klettert vom Rad und bummelt die Straße hinunter, hält den Daumen hoch, in der Hoffnung, ein einsamer Kraftfahrer würde sie ein Stück mitnehmen.

* * *​

In der Küche riecht es nach Kaffee, Brötchen und Schwefel. Das abgebrannte Zündholz liegt kopflos auf einem Glasuntersetzer. Daneben die blaue Kerze, die mit ruhiger Flamme herunterbrennt.
Die Eier, viereinhalb Minuten gekocht und in ein Leinentuch geschlagen, stehen in der Mitte des Tisches. Zu Lars Seite die Himbeermarmelade im Keramiktöpfchen mit passendem Löffel; näher zu Marves Platz das Holzbrett mit Wurst und Käse.
Beide tackern mit den Messern gegen die Eierschalen, kauen, schieben einander die Butter zu, schlucken, klirren gegen den Tassenrand, wenn sie den Kaffee rühren, atmen, zutschen mit den Zungen die Reste zwischen den Zähnen hervor. Wenn ein Auto vorbeifährt oder ein Hund bellt, schauen sie aus dem Fenster.
Nach dem Frühstück blättert Lars in der Zeitung und Marve klappert mit den Stricknadeln. Ein Enkelkind wird im Winter geboren werden, da braucht es viel Warmes zum Anziehen.
Früher, als die Mädchen ihre Freundinnen zu Besuch hatten und auch die Puppen mit ihrem Puppengeschirr mit an den Tisch mussten, war es ziemlich eng. Und als die Freundinnen von jungen Männern abgelöst wurden, kauften sie einen neuen Esstisch.
Die Stille hockt mit ihren kurzen Beinen und ergrautem Haar neben der Kerze. Abwechselnd betrachtet sie Lars oder Marve, steckt hin und wieder ihren Finger in den Marmeladentopf.
Sie hat das Ehepaar in Griechenland wiedergetroffen, nachdem das letzte Kinderzimmer zu einem weiteren Gästezimmer geworden war. Lars und Marve saßen am Strand, schauten aufs Meer, hörten den Wellen zu und füllten ihre Lungen mit salziger Luft. Die Stille setzte sich zwischen sie. Zur Abreise schlüpfte sie zwischen Marves Kleider, flog mit ihnen nach Hause und zog bei ihnen ein.
„- geh mal das Laub zusammenharken“, sagt Lars später. Marve räumt den Tisch ab, schaltet das Radio ein und beginnt Staub zu saugen.
Die Stille schläft auf dem Esstisch, bis Marve das Mittagessen aufträgt.

* * *​

Lars schmiert Himbeermarmelade aufs Brötchen und brüht sich einen Kaffee auf. Türkisch. Mit Teller und Tasse setzt er sich an den Küchentisch, blättert in der Zeitung, schaut aus dem Fenster und vermisst das Geklapper der Stricknadeln. Das Kreuzworträtsel hebt er sich für später auf, nun spült er sein Geschirr unter laufendem Wasser und geht ins Wohnzimmer. Er schaut in den Garten, sucht die ersten Krokusse, die ihr Grün an die Oberfläche schieben, kann aber keinen entdecken. Jedes Jahr werden es weniger, denkt er, sie verschwinden einfach in der Erde.
Er beginnt Staub zu wischen, auf dem Fensterbrett, in der Schrankwand, in Marves Setzkasten. Zwischen all den Steh-Rumchen, wie die Tochter sie nennt, findet er ein Auto. Das muss Ben dahingestellt haben, sein Enkel. Letztes Wochenende waren sie zu Besuch. Emma mit Paul und Ben.
Lars putzt unter dem Kupfertöpfchen, dem Kristallpapageien -, „wir könnten doch zu dir ziehen“, hat Emma vorgeschlagen - unter der Matroschka, dem Glaselch. Marve hatte all die Dinge von ihren gemeinsamen Reisen mitgebracht. Zu ihm ziehen, „das Haus ist groß genug und der Garten braucht eine kräftige Hand“. Sanft streicht er über das kleine Tonhaus, rechts unten in der Ecke.
Nervös zupfen seine Finger am Staubwedel. Dann nimmt er Bens Auto aus dem Kasten und stellt es vor sich auf den Couchtisch. Er lauscht in die Wohnung, wartet auf ein Geräusch, das die Stille durchbricht.
Diese sitzt auf dem Sofa, kratzt sich im Nacken und beäugt missmutig das Auto.
Lars erträgt die Stille nicht. Er schaltet den leeren Geschirrspüler ein, den Fernseher und die Waschmaschine. Für zwei Stunden beruhigt es ihn. Danach geht er auf den Friedhof, die Stille begleitet ihn, hockt auf seinen Schultern.
„Ich werde in eines der Kinderzimmer ziehen“, murmelt Lars zu Marves Stein hinunter. „Emma und Paul sollen das Schlafzimmer bekommen. Für Ben werden sie den Dachboden ausbauen. Deinen Setzkasten werde ich zu mir nehmen.“
Er nimmt ein Teelicht aus der Tasche, zündet es an und stellt es in die kleine Laterne bevor er geht und die Stille auf dem Friedhof zurück lässt.

 

Hallo Fliege

Das ist wirklich eine sehr schöne Geschichte. Tolle Idee die Stille zu personifizieren! Obwohl die Stille ja nur durch ihre Anwesenheit wirkt und somit passiv ist, gewann ich doch den Eindruck, dass ihre Nicht-Taten das ganze Spektrum von Gut und Böse umfassen. Mal hilft sie Lars beim Rendezvous die Hände still zu halten, mal sitzt sie teilnahmslos am Frühstückstisch, mal tyrannisiert sie einen.
Wirklich toll das alles. Glaubhaft, mystisch und auch bewegend. Konnte mich gut reinfühlen.

Die Stille traf Lars und Marve zum ersten Mal nach einem Konzert.

Guter Anfangssatz. Hat mich gleich eingenommen.

In der Küche roch es nach Kaffee, Brötchen und Schwefel. Das abgebrannte Zündholz lag kopflos auf seinem Glasuntersetzer.

Auch ein toller Satz!

Er nahm ein Teelicht aus der Tasche, zündete es an und stellte es in die kleine Laterne. Die fluchende Stille ließ er zurück.

Sehr schön! Gutes Ende.


Sehr stimmungsvoll, das alles. Hat mir außerordentlich gut gefallen.

Viele Grüße

Mothman

 

Hey Mothman,

wenn Du die Steine hören könntest, die da gerade von mir fallen. Ich war mir noch nie so unsicher, wollte ich sie doch schon kurz nach dem posten wieder rausnehmen.

Obwohl die Stille ja nur durch ihre Anwesenheit wirkt und somit passiv ist, gewann ich doch den Eindruck, dass ihre Nicht-Taten das ganze Spektrum von Gut und Böse umfassen. Mal hilft sie Lars beim Rendezvous die Hände still zu halten, mal sitzt sie teilnahmslos am Frühstückstisch, mal tyrannisiert sie einen.

Das Du genau das herausliest, das freut mich so. Wirklich.

Glaubhaft, mystisch und auch bewegend. Konnte mich gut reinfühlen.

Vielen Dank :gelb:

Jetzt geht es mir viel besser. Auch wenn ich ahne, dass viele die Geschichte nicht mögen werden. Wenn es nur einzelne wenige tun, dann bin ich es schon zufrieden.

Viele Grüße
Fliege

 

Hey Fliege,

ja, die ist schön! Die Idee ist außerdem ungewöhnlich, und ungewöhnliche Geschichten mag ich fast immer. Wenn vielleicht zwanzig Prozent der Leserschaft sie nicht mögen, ist das kein Grund zu heulen. ;) Da wird das Geschehen mal von der anderen Seite her bedacht: von dem, was fehlt und den Zwischenräumen. Immer noch verstehe ich nicht, warum auch die Stille mit den beiden altert. Ist es eine spezielle Stille, die nur den beiden gehört?

Das hier mochte ich am liebsten:

Die Stille kletterte vom Rad und bummelte die Straße hinunter, hielt den Daumen hoch, in der Hoffnung, ein einsamer Kraftfahrer würde sie ein Stück mitnehmen.

Was mir an Deinen Geschichten gefällt, sind solche Beschreibungen:
In der Küche roch es nach Kaffee, Brötchen und Schwefel. Das abgebrannte Zündholz lag kopflos auf seinem Glasuntersetzer.

Da fehlt was:
Alt und träge schaute sie abwechselnd zu Lars oder Marve und steckte hin und wieder einen Finger in den Marmeladentopf.

Gutes Ende! Die Stille, die unerträglich wird.
Lars ertrug sie nicht. Er schaltete den leeren Geschirrspüler ein, den Fernseher und die Waschmaschine. Für zwei Stunden beruhigte es ihn. Danach ging er auf den Friedhof, die Stille hockte auf seinen Schultern.

Momentan finden hundert Prozent der Leser die Geschichte gut. :)

Liebe Grüße,

Berg

 
Zuletzt bearbeitet:

Nee, bin kein Fan von. Die Stille ist zwar personifiziert, aber was macht sie? Welche Rolle spielt sie? Es sind 3 Situationen, in denen die Stille eine Rolle spielt. Der erste Kuss, das blinde Verstehen und die Einsamkeit des Zurückgebliebenen, okay, aber die Stille als personifiziertes Ding ist ja keine Figur in dem Sinne, sondern einfach nur das Wort genommen und ein Artikel davor gesetzt. Also das ist ja etwas ganz häufiges im magischen Realismus – auch früher schon in Fabeln und Märchen – die Personifikation von Emotionen oder Wesensarten, das allein reicht noch nicht aus, da muss dann schon mehr mit gemacht werden.
Und mir ist das auch zu sehr mit der Nase drauf gestoßen, zu erklärend alles. Grade am Anfang des dritten Absatzes, da ist dieser Gegensatz, dass Lars jetzt alleine isst – und statt das wirken zu lassen, kommt dann sofort: Frau ist tot.
Und das geschäftige Familienleben mit den Kindern wird über 2 Absätze lang behauptet, aber nie gezeigt, das hat mich auch gestört.
Ansonsten sprachlich komische Formen. Haufen Konjunktive ausgelassen und einmal gab’s sogar die seltene Gelegenheit für ein Futur II und es wurde verpasst.

Im einzelnen:

Das junge Paar schob die Räder mitten auf der Straße
„Das junge Paar“ – ist schon so erklärend. Das ist auch eine etwas altväterliche, biedere Formulierung, ich hab da so einen ganz seltsamen Ton im Ohr. Es ist so ein Vorstellen wie bei „Medical Detectives“. Genau, das ist es. Da wird auch immer irgendjemand gezeigt, wie er irgendetwas tut und im Hintergrund ist eine sonore Stimme, die das kommentiert: „Die junge Frau studierte Medizin im achten Semester, hatte einen Kanarienvogel, lebte bei ihrer Großmutter, um die sie sich rührend kümmerte, und war das vierte Opfer des Highway-Killers.“ Das ist so nicht-involviert. Das junge Paar …

in ihren Köpfen das Echo des russisch-orthodoxen Männerchores und die Bilder, die sie sich zu der Musik ausgemalt hatten.
Es sind in dem Text zu viele Personalpronomen. Die sich beide – zu der Musik ausgemalt hatten. Wobei das die Frage aufwirft: Ja, wohl jeder verschiedene. Wieso überhaupt beide? Vielleicht nur einer? Das ist weil hier das russisch-orthodox so den Anschein macht, es werde genau beobachtet und dann im Gegensatz so was allgemeines „Bilder ausgemalt“.

und sie heute für den Abend gekauft.
Das klingt doch nicht. Hörst du das nicht? Heute – für den Abend. Ist zu angespannt alles, zu sonor. Und zu viele Partikel, zu viel Angst vor Wiederholung.
Guck:

Lange hatte sie diese in der Auslage des Kaufhauses bestaunt und sie heute für den Abend gekauft. Sie schmunzelte, als sie daran dachte,
4mal sie. 3mal meint es Marve, und das zweite Mal aber die Bluse. Und die Bluse ist noch einmal ein „diese“. Marve hatte die Bluse lange (seit Wochen! Seit Monaten! Das will man lesen, nicht lange) in der Auslage des Kaufhauses bestaunt. Und heute war sie mit ihr aus dem Laden spaziert.

als sie daran dachte, wie Lars ihr gestern die Karten über den Tresen der Bäckerei schob und wie er rot wurde
Nee, das braucht Plusquamperfekt. Die Geschichte wird im erzählerischen Präteritum erzählt, geht in die Vorzeitigkeit zurück und da braucht es das Plusquamperfekt.
Geschoben hatte rot geworden war

Zu Lars Seite die Himbeermarmelade im Keramiktöpfchen mit passendem Löffel; näher zu Marves, das Holzbrett mit Wurst und Käse.
Was „zu“? Zugewandt? Ich versteh das „Zu“ nicht.

Sie tackerten mit den Messern gegen die Eierschalen, kauten, schoben einander die Butter zu, schluckten, klapperten gegen den Tassenrand, wenn sie den Kaffee umrührten, atmeten, zutschten mit den Zungen die Reste zwischen den Zähnen hervor.
Rührten, Das „umrührten“ killt den Satz, bin ich der einzige, der so was hört? Bin ich verrückt, oder was? Alliteration im letzten Teil ist gut.
Es wirkt halt nicht so richtig, weil hier der lebendige Teil etwas aus der Geschichte fällt.

Marve überlegte, ob es am Wochenende Schweinebraten oder Kassler geben soll. Emma, die jüngere Tochter würde kommen. Mit Babybauch und Schwiegersohn. Lars dachte an die Regenrinne, die gereinigt werden muss, Paul wird ihm sicher zur Hand gehen.
Hier fehlt der Konjunktiv. Ob es … geben solle (oder sollte, das kann man halten wie man will, glaub ich) … Paul würde ihm sicher zur Hand gehen.

Alt und träge schaute abwechselnd zu Lars
Da fehlt ein Komma, die Satzkonstruktionen sind auch bisschen wirr in dem Text, oder?

kam sie ab und an zu
So was sollte man vermeiden: ab und an zu, das sind zu viele Partikel die aufeinanderprallen.

Nach deren Auszug fand sie das Ehepaar in Griechenland.
Stille wiederholen. Wenn man zwischendurch Objekte verwendet, die auch als „sie“ taugen könnten, muss man deutlicher machen, wer mit diesen Personalpronomen gemeint ist. Der Leser darf sich nie, zu keiner Zeit fragen: Wer ist denn jetzt das „sie“? Wer ist denn das „Er“? Wen meint er denn jetzt mit „ihr“?

Das Enkelkind wird im Winter geboren
Ist gar kein Futur II. Schade. Wird im Winter geboren werden; (oder noch schöner: wird im Winter geboren worden sein … nee quatsch, das ist nicht schöner).

Der Frühling nahte, schrieben sie in der Zeitung, dass mehr Menschen auf Bioprodukte umstiegen und sich der Innenminister beim Skifahren ein Bein gebrochen hatte.
Der Inhaltssatz hat nichts an dem er hängen könnte. Weil „schrieben sie in der Zeitung“ sich auf den ersten Teil bezieht.

Stehrumchen
Steh-Rumchen, oder? Irgendwas, was das Wort leichter zu erfassen macht.

„sie könnten doch zu ihm ziehen“, hatte Emma ihm vorgeschlagen
Nee, sie hat vorgeschlagen: Wir könnten doch zu dir ziehen, oder nicht?

Gruß
Quinn

 

Hey Berg,

und Danke für die schönen Worte.

Wenn vielleicht zwanzig Prozent der Leserschaft sie nicht mögen, ...

Irgendwie gehe ich vom umgekehrten Verhältnis aus :) Aber um so mehr freuen mich die Verbleibenden.

Immer noch verstehe ich nicht, warum auch die Stille mit den beiden altert. Ist es eine spezielle Stille, die nur den beiden gehört?

Ja, so habe ich es mir gedacht. Aber die Frage ist berechtigt und vielleicht sollte ich es mal ohne alternde Stille probieren. Quinn hat ja eh ne Liste zum Nachdenken geschrieben, da packe ich das dann oben drauf.

Freue mich auch sehr über die Liste von "hat gefallen" und "mochte ich".


Hey Quinn,

Nee, bin kein Fan von.

Hab ich befürchtet. Muss ich mit leben.

Und mir ist das auch zu sehr mit der Nase drauf gestoßen, zu erklärend alles.

Das ist nicht schön! Nein gar nicht.

Und das geschäftige Familienleben mit den Kindern wird über 2 Absätze lang behauptet, aber nie gezeigt, das hat mich auch gestört.

Stimmt. Da brauch ich etwas Zeit. Ist aber notiert.

Im einzelnen:

Das war ja mal eine komplette Grammatikstunde.

Das klingt doch nicht. Hörst du das nicht? ... Ist zu angespannt alles, zu sonor. Und zu viele Partikel, zu viel Angst vor Wiederholung.

Ja, definitiv Angst vor Wiederholungen. Und das mit dem Hören - ich brauche da echt die Tritte. Vielleicht mal irgendwann. Hoffentlich.

Die kleineren Listenpunkte hab ich, über die anderen mache ich mir Gedanken. Aber auf jeden Fall - Danke - für die Negativliste.

Liebe Grüße an Euch
Fliege

 

Hallo Fliege

Die Stille traf Lars und Marve zum ersten Mal nach einem Konzert.
Diese Eröffnung erinnert mich ein bisschen an die Bücherdiebin. Nur hat der Tod sie dreimal getroffen ;)

Also mich hast du eingefangen. Hast ja wirklich nur diese Leere rausgefischt und das gelingt dir richtig gut, geht stellenweise sehr unter die Haut. Dass die Stille nichts tut, finde ich eigentlich eine gelungene Sache. Was soll sie auch groß tun? Mehr Raum sollte sie auch nicht bekommen. Zumindest nicht aus dieser Perspektive. Wäre vielleicht spannend, wenn du aus ihrer Perspektive schreiben würdest. ABer dann wärst du noch näher an der Bücherdiebin dran.

Was ich unelegent finde, sind die drei Momente, wo du plötzlich so erklärend wirst. Zum einen als du sagst, dass Marve gestorben ist. Dann als du berichtest, wie alt der Spross ist und dann kommt da noch so ein Dingen. Das sollte unbedingt die Arbeit des Lesers bleiben, also das zu spüren. Die eigentliche Arbeit liegt natürlich bei dir. Schreib es so, dass der Leser es ohne Holzhammer spüren kann ;) Vorher hat das sowas schön ... losgelöstes, aber hier wird es holprig. #

Mja und dann ist da der Titel. Den finde ich auch scheußlich. Das ist so melodramatisch und wird der sehr ruhigen Geschichte nicht gerecht. Außerdem - was passiert, als die Stille brüllte? Sehe da den Sinn nicht. Zudem ist da so ein angekehnter sprachlicher Gleichklang Sille - brüllte, der wirkt unbeholfen.

Da findest du bestimmt noch was besseres :)

grüßlichst
weltenläufer

 

hallo Fliege,

leider kann ich nicht davon lassen, die anderen Kommentare auch zu lesen - man will ja auch nichts wiederholen. Nun muß ich nur nicht vergessen, das zu schreiben, was mir als erstes einfiel: schöne Geschichte, nahe gehend. Vieles sachte andeutend, was man ausführen könnte, aber besser der Phantasie überläßt: waren sie sich nun fremd geworden, vor Marves Tod? Warum? Wie? Das darf gern offen bleiben.
Das Ende entspricht so sehr meinen Erfahrungen, daß die Geschichte richtig tief wirkt. Soweit zum Inhalt.
Zum Stil: fühle mich nicht so kompetent wie mein Vorkritiker, aber kann alles bestätigen. Es ist nicht das erste, woran ich beim lesen denke, auch nicht das zweite, aber mit etwas mehr Stringenz, weniger Erzählton, mehr Nähe, mehr show als tell, könnte die Geschichte an Intensität gewinnen.
Aber wenn die Substanz da ist, vergißt man schnell die Verpackung.

Gruß Set

 

Hallo Fliege,

So wie ich die Geschichte gelesen habe, geht es um das „Leben“ einer Stille. Für mich musste sie unbedingt eine Stille sein, nicht die Stille, nicht nur, weil sie mit den zwei Leuten altert, sondern auch, weil sie eine Eigenschaft (oder was auch immer) der Zweisamkeit der Beiden zu sein Scheint. Sie kommt zu ihnen, als sie noch frisch verliebt sind und wird zurückgelassen, als einer der beiden stirbt, und zwar auf dem Friedhof, was für den Tod dieser Stille spricht. Ich persönlich fände es sehr schade, wenn sie zu der Stille würde. Das verträgt sich auch nicht mit dem Schluss, denke ich.

Zwei Sachen habe ich gefunden, die in den übrigen Kritiken noch nicht genannt wurden:

Ein Rechtschreibfehler:

Wenn ein Auto vorbeifuhr
Und hier stimmt die Wörtliche Rede wieder nicht:
„das Haus sei groß genug und den Garten wieder zum Leben erwecken“
Mir hat die Stille als lebendige Eigenschaft dieser Beziehung gefallen, vielleicht wie eine Gewohnheit der Beiden, oder ein gemeinsamer Bekannter. Das ist es auch, was die Geschichte für mich inhaltlich ausmacht.

Fand die Geschichte gelungen, sie hat mich in ihren Bann gezogen,

Gruß, Streifenkaninchen!

 

Hallo weltenläufer,

Diese Eröffnung erinnert mich ein bisschen an die Bücherdiebin. Nur hat der Tod sie dreimal getroffen ;)

Ich bekenne mich dieses Buch zu lieben. Aber wenn ich an das Buch denke, dann immer an die rostenden Augen, den Anfang hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm. Jedenfalls nicht bewusst.

Also mich hast du eingefangen. Hast ja wirklich nur diese Leere rausgefischt und das gelingt dir richtig gut, geht stellenweise sehr unter die Haut.

Das ist doch auch so ein Satz, den man einrahmen möchte und übers Bett hängen :).

Was ich unelegent finde, sind die drei Momente, wo du plötzlich so erklärend wirst.

Wie oft habe ich das eigentlich schon unter anderer Leute Geschichten geschrieben und bei mir selbst: :bonk:
Erzählerdominaz wird unterstrichen und soll verdammt werden. Allerdings brauch ich ein wenig Zeit. Sonntag hab ich frei ;). Das antiquierte "junge Paar" und so, will ja auch noch in den Müll.

Die eigentliche Arbeit liegt natürlich bei dir.

Ja, Kaffee kochen und Kopf qualmen lassen.

Mja und dann ist da der Titel ... Da findest du bestimmt noch was besseres

Ich und die Titel! Dein Optimismus schmeichelt mir zwar, aber ich ...

Danke für Gut und Böse. Habe mich sehr gefreut.


Hallo Setnemides,

Nun muß ich nur nicht vergessen, das zu schreiben, was mir als erstes einfiel:

Das kenne ich gut ;).

Das Ende entspricht so sehr meinen Erfahrungen, daß die Geschichte richtig tief wirkt.

Auch wenn es traurig ist, aber es freut mich zu hören, dass ich was einfangen konnte.

... aber mit etwas mehr Stringenz, weniger Erzählton, mehr Nähe, mehr show als tell, könnte die Geschichte an Intensität gewinnen.

Ich werde es versuchen. Ich will das doch auch ;).

Aber wenn die Substanz da ist, vergißt man schnell die Verpackung.

:)


Hallo Streifenkaninchen,

Für mich musste sie unbedingt eine Stille sein, nicht die Stille, nicht nur, weil sie mit den zwei Leuten altert, sondern auch, weil sie eine Eigenschaft (oder was auch immer) der Zweisamkeit der Beiden zu sein Scheint.

Überzeugt. Sie bleibt wie sie ist, weil das auch irgendwie so in meinem Kopf drin war.

Zwei Sachen habe ich gefunden, die in den übrigen Kritiken noch nicht genannt wurden:

gekauft

Mir hat die Stille als lebendige Eigenschaft dieser Beziehung gefallen, vielleicht wie eine Gewohnheit der Beiden, oder ein gemeinsamer Bekannter. Das ist es auch, was die Geschichte für mich inhaltlich ausmacht.

Vielen Dank, das hat mich gefreut zu lesen.

Bleibt nur noch mich bei Euch zu bedanken und zu be...

Beste Grüße Fliege

 

guten morgen fliege,

um es vorweg zu sagen: auch ich gehöre zu der fraktion, die diese geschichte mag.

warum? mir gefällt deine "traditionelle" erzählweise. viele details, die im kopf bilder erzeugen. zum beispiel:

Die Eier, viereinhalb Minuten gekocht und in ein Leinentuch geschlagen, standen in der Mitte des Tisches.
hier ist klar gesagt, dass es kein "Fastfood-Frühstück" ist, sondern dass es sich um ein liebevoll zubereitetes frühstück handelt.


dein stil kommt ohne "knalleffekte" aus.

es gibt allerdings satzkonstruktionen, die den lesefluss (bewusst?) bremsen. zum beispiel:

Zur Abreise hatte sie sich zwischen Marves Kleider gequetscht und zog bei ihnen ein.
natürlich hast du nicht gemeint, dass die zeit in die kleider von marve einzog. es steht zwar nicht so im text - jeder versteht es aber richtig. was mich stolpern ließ war die tatsache, dass du in diesem kurzen satz den großen bogen von griechenland nach norddeutschland gezogen hast.

herzliche grüße
ernst

 

Hallo Ernst,

schön von Dir zu lesen.

um es vorweg zu sagen: auch ich gehöre zu der fraktion, die diese geschichte mag.

Es werden doch mehr, als ich je zu hoffen gewagt habe.

warum? mir gefällt deine "traditionelle" erzählweise. viele details, die im kopf bilder erzeugen.

Danke! Liest man doch gern ;).

es gibt allerdings satzkonstruktionen, die den lesefluss (bewusst?) bremsen.

Ich bleib dran, heute habe ich mir den ersten Absatz vorgeknöpft, zweiter und dritter sollen folgen.


Liebe Maria,

ich kann mir nicht helfen, ich sehe vor mir immer noch so ein Märchenbuch, dessen Seiten mit Ölfarben gemalt wurden und in der ein kleines, fieses, schwarzes Monster mit roter Zipfelmütze herumtrollt.

:) und ich dachte schon, jetzt kommt, dass Dir hier die Action fehlt - aber nein, ich war tatsächlich überrascht.

Aber es erinnert mich total daran und diese Nostalgie macht deine Geschichte so wunderbar.

Das ist ja mal ein ganz anderer Ansatz, warum man die Geschichte mögen kann. Freut mich.

Deshalb suche ich ja so oft deinen Rat und lasse mich von dir belehren,

:lol: - Du fragst mich nach Kommata - mich! Außerdem hast Du einen ganz eigenen Stil, den Du hätscheln und tätscheln solltest, weil er wunderbar ist.

Somit gehöre ich zu der Fraktion deiner Fans und finde die Geschichte in dieser Schlichtheit einfach grandiös.

Aber das nehme ich gern mit ;).

Die Geschichte passt mMn in die Märchenrubrik

Meinst Du nicht auch, dass die Leser dort zu Recht etwas mehr erwarten, als ein gemeinsames Frühstück alter Leute?

Aber naja, hier kann es auch bleiben =D

Ja :D

Lieben Dank Euch Zweien und herzliche Grüße
Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Moi liebe Fliege,

also ich gehöre zu der Fraktion, die zwiegespalten ist ... :D gibt es die? Bin zwiegespalten.

Zweifellos hast Du ein Händchen für Details, (obwohl Du es nicht überstrapazieren solltest, s.u.). Aber ich habe den Eindruck, Du hast entweder keinen Griff an Deine Figur bekommen, oder Du hast zu schnell aus einer geckigen Idee eine kurze story gestrickt, und nicht geschaut, ob es eine echte wird. Worum genau geht es hier?

Also, es sind drei Szenen, die vage verknüpft sind. Ich sehe keinen besonderen Sinn in diesen Ausrissen. Bis auf ihren seltsamen Namen sind Marve und Lars ein durchschnittliches Heteropaar ohne große Probleme oder Konflikte (ich sage nur hetero, weil alles so irre normal ist, sogar die Stille ist schrecklich normal, ansonsten ist mir sowas piepeschnurz). Ob die jetzt im Konzert waren, frühstücken, putzen, reiten, Handstand machen ... ist egal. Warum wird es dann erzählt? Sag mal nicht, weil es Alltag ist, das ist doch etwas für Seltsam. ;)

Die Stille ist für mich schlecht ausgeführt - die einzige "Besonderheit" (die keine ist): Sie macht halt Sachen, die sonst Menschen machen. Hm, wo ist hier der Clou? Die Figur ist nicht komplex genug, um den ganzen Text zu tragen, zumal weder konsequent aus ihrer Sicht erzählt wird, noch ist sie die Hauptfigur (trotz Titel).
Das ist jetzt Geschmacksache aber: Es gibt Begriffe, die sich nicht gut zum Banalisieren eignen. Angst, das Nichts, die Unendlichkeit, und halt die Stille. Das sind Konzepte, aus denen sich schlecht ein Kind oder eine Hausfrau machen läßt. Ich finde, das alles hat mit Erhabenheit zu tun. Und sollte - wenn auch ironisch verwendet - mindestens zwiespältig / ambivalent wirken dürfen.


Gemixte Perspektiven, weil:

Die Stille hockte auf den noch warmen Pflastersteinen der Straße, die aus dem Stadtzentrum herausführte. Marve und Lars schoben ihre Räder und als Marves Vorderrad der Stille gefährlich nahe kam, sprang sie auf, musterte die beiden und beschloss, sie ein Stück des Weges zu begleiten.
Warum gefährlich? Hier ist sie wie eine Erwachsene. Etwas scheue Person. Meidet Berührung.
Die Stille saß auf Lars' Lenker und baumelte mit den Beinen.
Kindlich, eher: kindisch. Also nicht älter als 8 Jahre. Wo ist das "gefährlich nahe", wo ist ihre Scheu?
Das Deutsche kennt kein Apostroph an dieser Stelle, by the way.
Die Stille kletterte vom Rad und bummelte die Straße hinunter, hielt den Daumen hoch, in der Hoffnung, ein einsamer Kraftfahrer würde sie ein Stück mitnehmen.
Entweder, in der Logik der Geschichte ist sie nur für Lastwagenfahrer sichtbar, oder sie hat nen kleinen Knall. Für einen internen Witz fluppt das nicht. Wenn sie denkt, daß sie sichtbar sei, würde sie wohl nicht auf dem Tisch schlafen.
Die Stille hockte mit ihren kurzen Beinen neben der Kerze. Alt und träge schaute sie abwechselnd zu Lars oder Marve und steckte hin und wieder einen Finger in den Marmeladentopf.
Aha, alt. Ist sie die Zeit, und nicht die Stille? Wieso kann sie ihr Alter wechseln? Was soll der Leser mit den Widersprüchlichkeiten, die innerhalb der Handlung keinen Sinn ergeben?
Die Stille schlief auf dem Esstisch, bis Marve das Mittagessen auftrug.
Fliege äh ... das ist doch krampfhaft skurril. Schlimmer: Es trägt alles überhaupt nichts zur Charakterisierung bei, und bei so einer ungewöhnlichen Protagonistin wäre as dringend nötig gewesen, selbst wenn Du noch etwas Geheimnis wahren willst.
Diese hatte sich vor ihm aufgeplustert, stand mit in die Hüften gestemmten Armen, dickem Bauch und kurzen Beinen vor ihm und brüllte.
Ist die Stille schwanger wie Emma? Daß sie kurze Beine hat, wissen wir schon von oben. Hier ist sie ein keifendes Eheweib. Paßt nicht zum Kind auf dem Lenker und erst recht nicht zum Schlafen auf dem Tisch.

Worüber regt sie sich auf? Warum bleibt sie nicht bei einem netten Lastwagenfahrer? Wieso hängt sie da bei Lars rum? Und sori "kein Konflikt": Marve stirbt, das wär mir fast durchgerutscht. Was hat das mit der Stille zu tun? Das leere Haus nach dem Tod? Welche Funktion hat sie im Rest des plots?

OK, soweit sehe ich keinen roten Faden, und - bitte sei mir nicht böse - eigentlich nur drei Szenen ohne Geschichte (und das sag ich!). Die Stille schreit, wenn es 'still' ist und schweigt, wenn es andere Geräusche gibt - ok, aber da sie eine Protagonistin ist, fehlt mir der Hinweis auf eine Intention. Es ist für Dich als Autorin ein Vertausch-Spiel, aber was bedeutet es für die Prot, die in einer Geschichte agieren soll?

Anderes Problem:
Ich bin keine Expertin für Erzählperspektiven, aber es scheint mir vier zu geben, und das sind selbst mir zwei zu viel:

Die Stille hockte auf den noch warmen Pflastersteinen der Straße, die aus dem Stadtzentrum herausführte. Marve und Lars schoben ihre Räder und als Marves Vorderrad der Stille gefährlich nahe kam, sprang sie auf, musterte die beiden und beschloss, sie ein Stück des Weges zu begleiten.
Zwei Sätze, drei Protagonisten, hollahopp. Wenn ich was Interessantes wie die Stille habe, möchte ich nix von Lars und Marve lesen, und von einem Vorderrad unterbrochen werden. Wie wäre es mit: Stille > fast Rad überfahren > wem gehört es > Lars & Marve eingeführt? Die Perspektive springt hier so viel rum, daß mir ganz schwindelig wird (es gibt ja noch den Blick auf das Pflaster die Straße und das Stadtzentrum ... haaaalt, Schleudertrauma.)

Es gibt offenbar einen 'allwissenden Erzähler', der abwechselnd mit den drei Prots zusammenfällt und auch noch selbst beobachten darf.
Er beschreibt, wie die Stille sitzt.
Die Pflastersteine verweisen auf ihre Sicht, ebenso das "gefährlich nahe"
Straße / Stadt / Raus aus Stadt: Erzähler (die Details, wo die Straße hinführt oder zu welcher Straße die Steine ghören, haben an dieser frühen Stelle doch nix verloren, und könnten überhaupt raus.)
Innensicht Marve: Konzert & Assoziationen.
Innensicht Lars: Konzert & Assoziationen Landschaft.

ließ er sich mit seinem Rad ein Stück zurückfallen, um Marves Rock im Takt ihrer Schritte hüpfen zu sehen. Seidig umspielte er die Konturen ihres Pos und ab den Knien gab er den Blick auf ihre kräftigen Waden frei,
Lars Persp.
Die Stille saß auf Lars' Lenker und baumelte mit den Beinen. Ihr Blick huschte von einem zum anderen und manchmal schloss sie die Augen.
A-Erzähler und/oder Innenp. Stille
Marve fröstelte in ihrer dünnen Bluse. Seit Wochen hatte Marve diese in der Auslage des Kaufhauses bestaunt und heute entschieden, sie zu kaufen, für diesen Abend. Sie schmunzelte,
Erzähler und Marve.

Das ist mir zu chaotisch, macht irgendwie keinen Spaß. Zumal die interessanteste (nein, die einzig interessante) Figur immer nur so wie ein exotisches Gewürz eingestreut wird.

Was überhaupt soll der lange Einstieg mit dem Konzert aus drei Perspektiven? Inwiefern hängt das mit der Geschichte zusammen?

Porzellanmatroschka
:susp: Ich kenne die nur aus Holz. Mag die Luxusedition sein ... naja, nicht wichtig, und ich mag mich irren.
Kristallelch
Das Wort ist nicht so ideal, ich hab erst den Bruch nicht gefunden, dachte dann Du hättest Dich bei Kristallkelch vertippt. Nimm doch was mit nem Konsonanten dazwischen: Kristallhirsch oder Kristallkatze.


Fazit: Eigentlich gefällt mir der Text doch nicht so. Die tollen Details (Streichholz ... die ja schon zitiert wurden) lenken ein bißchen von der Konfusion ab.

Zu Lars Seite die Himbeermarmelade im Keramiktöpfchen mit passendem Löffel; näher zu Marves Patz, das Holzbrett mit Wurst und Käse.
Vor den Stühlen der Kinder blieb der Platz, seit deren Auszug, leer; gleich so, als könnte Marve jeden Moment ein weiteres Gedeck auftragen.
Sie tackerten mit den Messern gegen die Eierschalen, kauten, schoben einander die Butter zu, schluckten, klapperten gegen den Tassenrand, wenn sie den Kaffee rührten, atmeten, zutschten mit den Zungen die Reste zwischen den Zähnen hervor. Wenn ein Auto vorbei fuhr oder ein Hund bellte oder sonst irgendetwas vor ihrem Haus geschah, schauten beide aus dem Fenster.
Find ich zu viel, ehrlich. Ja, Du verstehst es, eine Situation lebendig zu machen, aber nutze das nicht, um dem Leser das zu penetrant aufzudrängen. Das ist ja Frühstück in bullet-time. Interessiert jetzt nicht so sehr, und läßt den wunderschönen Einstieg dieses Absatzes wieder verblassen. Zu viel, zu intim, zu irrelevant, zu nichtssagend, was die Figuren angeht (in ihrer Konzeption vs. ihrer Lebendigkeit).

Im Grunde ja, es ist doch ein Alltagstext, weil Du keine (stilistischen/motivischen) Merkmale des Surrealismus oder Magischen Realismus hier verwendest: dort bricht etwas Absonderliches in die Realität ein, wodurch diese aus den Fugen gerät, der Eindruck des Irrealen entsteht. Selbst das Banale wirkt plötzlich absurd und bedrohlich. Bei Dir wird ein Symbol banalisiert (im neutralen Sinn des Wortes!) und auch die Welt selbst bleibt ganz alltäglich. Hast quasi das Prinzip umgekehrt.
Und das Symbol Stille alleine reißt es nicht raus - da nicht deutlich wird (mir jedenfalls) was das Bild der Stille mit den Prots zu tun hat, wo die Verbindung ist, sei es auch die symbolische.
Ich denke mal an einen Text des klassischen Surrealismus, Leonora Carringtons KG "Das Haus der Angst". Die Angst ist ein Pferd, das gleichzeitig eine Frau, und auch der Winter ist. Die menschliche Protagonistin wird in ihr Haus eingeladen, und die gesamte Geschichte verwebt die (symbolisierten) Emotionen mit unerklärtem Drama und echten Konflikten. Obwohl eigentlich plotmäßig kaum etwas passiert. Aber es besteht eine Verbindung zw all diesen Figuren und Bildern, die sehr eng gestrickt ist, die eine ordnende Hand der Autorin zeigt. Und genau sowas fehlt mir hier.

Wär schön, wenn Du hier etwas rausarbeiten könntest, was Du eigentlich erzählen möchtest, und wie Du eigentlich die Protagonistin Stille gedacht hast.

Es ist ein Text, den ich gern mögen würde, aber der sich irgendwie durch zu viel Wischiwaschi entzieht.

Hoffe, Du kannst was damit anfangen, sori, daß ich soviel nöle. :schiel:
Katla

P.S.
Dein neuer Titel bricht jetzt mit dem Konzept - wäre wäre es mit Momente der Stille?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Frau Fliege,

also, mir hat das mit der Stille gut gefallen. Wieder mal ein ganz ruhiger, leiser Text von Dir. Ich finde, er hat viel Tiefgang, viel Atmosphäre, allerdings auch kaum Konflikt. Darin besteht für mich persönlich noch ein wenig Nachholbedarf.

Ich finde, Du könntest die Stille, da sie schon Titelfigur und eigentlich Hauptprotagonistin ist, etwas deutlicher hervortreten lassen, etwas mehr Persönlichkeit von ihr zeigen. Ich finde es schade, dass sie in den drei Szenen im Leben von Lars und Marve nur eine Randfigur bleibt. Sie könnte - denke ich - mehr in deren Leben eindringen, eine größere Rolle spielen. Vielleicht auch mehr zum Konflikt zwischen beiden werden. Vielleicht dergestalt, dass sie dagegen ankämpfen, dass die Stille ihr Leben bestimmt. Das kommt höchstens am Ende bei Lars durch, wo er sie nicht mehr erträgt, sie verjagen will. Mir gefallen die Szenen, wo er den Geschirrspüler leer laufen lässt und die Waschmaschine, nur um Geräusche zu hören und die Stille zu verdrängen. Da fühle ich mit.
Auch ganz zum Schluß, als die Stille sich wütend davon macht, weil Lars Kinder und Enkelkind und damit Leben ins Haus zurückholen will.

Trotzdem finde ich die Idee, die Stille als Protagonistin zu thematisieren, wirklich schön. Das hat mir gut gefallen und Deine vielen liebevollen Details finde ich sowieso immer gelungen.

Tausend Grüße
Giraffe :)

P.S. Auch die Titeländerung gefällt mir gut. Mit dem Anfangstitel konnte ich mich nicht so richtig anfreunden. Der passt jetzt viel besser zur Geschichte und zum Thema.

 

Hi Fliege,

mir gefällt die Sprache sehr gut und die subtile Art Bilder zu erzeugen ebenfalls.Was mir nicht so gut gefällt ist die Geschichte bzw. ihre Handlung, weil mir das irgendwie zu wenig Text ist, um mit den verschiedenen Abschnitten gefühlsmäßig eine Wirkung auf mich zu erzielen. Also die Wirkung war schon da, keine Frage, aber sie wäre wohl noch viel stärker geworden, wenn die einzelnen Abschnitte länger gewesenn wären. So hab ich mich gerade auf den neuen Lebensabschnitt eingestellt und schon kommt der dritte. Zusammenfassung: Schöne Sprache, gute Idee, etwas zu wenig Text für das Thema.

Liebe Grüße

Jan

 

Hallo Fliege,

also hier geht es doch um die Stille, als Subjekt? Warum dann im Titel als Adjektiv? Um Momente geht es, dachte ich, gerade nicht. Eher um einen jahrelang andauernden Moment.
Du siehst, man kann es nie allen recht machen...sollte man auch nicht versuchen.

Gruß Set

 
Zuletzt bearbeitet:

Boah Katla,

meine Herren ... ich bewundere ja, wie viel Zeit Du Dir ans Bein bindest, für einen Text den Du eigentlich nicht magst. Ohne Scheiß - meinen Respekt hast Du.

Worum genau geht es hier?
Also, es sind drei Szenen, die vage verknüpft sind.

Die Antwort ist so furchtbar banal, es geht um drei Arten von Stille, die Schöne, wenn man feststellt, dass man zusammen schweigen kann und es Wohlbefinden auslöst, etwas, dass man nicht mit vielen Menschen teilen kann - sie also Nähe vermittelt, dann die Stille der Gewohnheit und am Ende eine schmerzende Stille.
Klar, ich hätte da jetzt zwei Mädchen an den Tisch setzen können, oder einen Massenmörder mit seiner ahnungslosen Frau (oder umgekehrte Rollen); zwei, die auf schwarze Messen stehen, aber all das, wäre zwar für manche Leser spannender, aber es würde nichts an dem ändern, was ich versucht habe, hier auszudrücken und würde meines Erachtens auch nur vom Thema ablenken.
Drei Szenen Alltag die eine Art der Stille transportieren. Ich weiß, dass die Lehrbücher was anderes predigen: Konflikt, eine Frage nach deren Antwort der Leser sucht und so weiter, in all diesen Punkten enttäuscht der Text natürlich die Erwartungen und deshalb war ich ja auch mehr auf Verrisse eingestellt.
Das der Text trotzdem seine Leser findet, freut mich dafür um so mehr.

Entweder, in der Logik der Geschichte ist sie nur für Lastwagenfahrer sichtbar, oder sie hat nen kleinen Knall.

Sie ist sicher nicht sichtbar, weder für die beiden, noch für den Lastwagenfahrer.

Ist sie die Zeit, und nicht die Stille? Wieso kann sie ihr Alter wechseln?

Wieso soll sie nicht mit den beiden altern? Ich finde das legitim. Die Stille ist ja ein Teil der Beziehung zwischen den Beiden und die Beziehung reift ja auch.

Das leere Haus nach dem Tod? Welche Funktion hat sie im Rest des plots?

Kennst Du das nicht, wenn Stille etwas furchtbar grausames an sich hat? Wenn die Stille im Haus, das fehlen von Nebengeräuschen einen verdeutlicht, wie sehr der andere fehlt?

Danke für Deine Mängelliste. Wenn ich mich in den nächsten Tagen weiter dran mache, werde ich sicher immer wieder drauf schauen.

Hoffe, Du kannst was damit anfangen, sori, daß ich soviel nöle.

Nöle mal ruhig. Ist ja Deine Meinung und entschuldigen musst Du Dich dafür auch nicht. Und das Dir der Text nicht gefällt und Du Dinge darin suchst, die ich nicht liefern kann oder liefern mag - was soll ich sagen ...

Und ich steh auf Mängellisten ;).


Hey Giraffe,

also, mir hat das mit der Stille gut gefallen.

:)

Ich finde es schade, dass sie in den drei Szenen im Leben von Lars und Marve nur eine Randfigur bleibt. Sie könnte - denke ich - mehr in deren Leben eindringen, eine größere Rolle spielen.

Du meinst, dass sie da so richtig agiert und die beiden erst zusammenschiebt und dann auseinanderreißt? So als aktiven Part? Nee, das geht doch nicht.

Vielleicht dergestalt, dass sie dagegen ankämpfen, dass die Stille ihr Leben bestimmt.

Ach so, weiß nicht. Die Stille in der Mitte, hat ja etwas sehr "gewohntes" an sich, was ich nicht mal negativ belegen wollte. Deshalb auch der liebevoll gedeckte Tisch dagegen. Wenn die beiden dagegen was tun würden, dann verändert das ja alles. Das würde ja das Bild kaputt machen.

Mir gefallen die Szenen, wo er den Geschirrspüler leer laufen lässt und die Waschmaschine, nur um Geräusche zu hören und die Stille zu verdrängen. Da fühle ich mit.
Auch ganz zum Schluß, als die Stille sich wütend davon macht, weil Lars Kinder und Enkelkind und damit Leben ins Haus zurückholen will.

Danke!


Hallo Ernst,

viel besser, der neue titel!

;)


Hallo herrlollek,

das freut mich ja, Dich hier zu lesen. Ich will Dich immer mit Sie ansprechen, wegen dem "Herr" :).

Was mir nicht so gut gefällt ist die Geschichte bzw. ihre Handlung, weil mir das irgendwie zu wenig Text ist, um mit den verschiedenen Abschnitten gefühlsmäßig eine Wirkung auf mich zu erzielen.

Da hatte ich echt Schiss, den Leser mit noch mehr Informationen zu langweilen. Gebe ich gern zu.

So hab ich mich gerade auf den neuen Lebensabschnitt eingestellt und schon kommt der dritte.

Das wiederum kann ich gut nachvollziehen. So, nun hab ich ein Dilemma. Das klingt irgendwie sehr plausibel, aber noch mehr Text, der am Ende auch nicht mehr aussagt? Ich weiß nicht. Ich schlaf drüber.

Lieben Dank Euch allen. Für Gut und Schlecht.

Da ist ja eine Menge zusammengekommen.
Beste Grüße Fliege

Huch, Set ist dazugekommen:

Du siehst, man kann es nie allen recht machen...sollte man auch nicht versuchen.

Nee, auf irre werden hab ich keinen Bock ;).

 

Salü Fliege,

auch mich kannst du zu den Fans dieser leisen Geschichte zählen, obwohl sie mir vor der Überarbeitung fast noch ein wenig besser gefiel: Leider habe ich mir die erste Form nicht kopiert. So aus der Erinnerung las sie sich nach meinem Geschmack frischer, unmittelbarer und näher am Leben dran. Das ist halt so das Manko von schnellen Überarbeitungen, da geht dann oft der Schmelz flöten, auch wenn alles 'richtig' ist … Trotzdem, die Gegenwart der Stille im Leben von Marve und Lars, hast du sehr plastisch, mit vielen nachvollziehbaren Details beschrieben und was da alles so im Hintergrund mitklingt, kann ruhig dem Leser überlassen werden. Wer diese Stille kennt, liebt sie und kann sie zu einer anderen Zeit doch fürchten. Das hast du nach meiner Lesart ganz wunderbar eingefangen!

An diesem Satz hab ich noch ein bisschen ‚gezutzelt‘:

Marve fröstelte in ihrer dünnen Bluse. Seit Wochen hatte Marve diese in der Auslage des Kaufhauses bestaunt und heute entschieden, sie zu kaufen, für diesen Abend.
Marve fröstelte in ihrer dünnen Bluse. In der Auslage des Kaufhauses hatte Marve sie seit Wochen bestaunt und sich heute entschieden, sie zu kaufen, für diesen Abend.

In der Küche roch es nach Kaffee, Brötchen und Schwefel. Das abgebrannte Zündholz lag kopflos auf seinem Glasuntersetzer. Die Eier, viereinhalb Minuten gekocht und in ein Leinentuch geschlagen, standen in der Mitte des Tisches. Daneben brannte die blaue Kerze mit ruhiger Flamme herunter.
Da würde ich umstellen, damit das Zündholz bei der Kerze ist:
In der Küche roch es nach Kaffee, Brötchen und Schwefel. Das abgebrannte Zündholz lag kopflos auf seinem Glasuntersetzer. Daneben brannte die blaue Kerze mit ruhiger Flamme herunter. Die Eier, viereinhalb Minuten gekocht und in ein Leinentuch geschlagen, standen in der Mitte des Tisches.
Meinst du auf einem Glasuntersetzer?
Steh-Rumchen,
liest sich seltsam, warum nicht Rum-Stehchen? Oder Rumstehchen, wie du es zuerst hattest, der Leser darf doch darüber stolpern und dann lächelnd 'ach so' denken … Es ist ein sehr treffender Ausdruck für Krimskrams. Mir gefällt er.

Ob ich zum Schluss die Stille fluchen lassen würde, weiss ich nicht, soll sie doch einfach zurückbleiben und Jan in sein neues Leben ziehen lassen. Sie wird ihn inwendig noch oft, oft, oft besuchen, denke ich.

Sehr, sehr gern gelesen.

Lieben Gruss,
Gisanne

 

gefällt mir gut, vor allem das :

Die Stille kletterte vom Rad und bummelte die Straße hinunter, hielt den Daumen hoch, in der Hoffnung, ein einsamer Kraftfahrer würde sie ein Stück mitnehmen.

Ein toll eingefangener Moment, sprachlich geglückt.
sehr gerrn gelesen, nicht auszusetzen!

 

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