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Stiller Ozean

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20.09.2007
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Stiller Ozean

Alles war kalt und nass, die Wände, das Bettzeug. Das ganze verfluchte Haus stand inmitten einer Wolke und hier oben wurde nichts trocken. Tomas fror und fand schon seit Stunden keinen Schlaf.
„Alter, ihr müsst doch alle ne chronische Lungenentzündung haben.“
„Hm?“ Jan drehte sich um und schaute Tomas aus müden Augen an.
„Wie haltet ihr das aus? Die ganze Feuchtigkeit hier oben.“
„Man gewöhnt sich dran.“
„Dein Vater, ey.“ Ein Bergfreak. Tomas' Onkel hatte vor fünf Jahren ein Ferienhaus in den Alpen gekauft, das er, sooft es die Zeit erlaubte, bezog. Vier Wochen in den Sommerferien, Tomas und seine Mutter waren jedes Jahr eingeladen.

*​

„Ich schwörs dir, das ist mein letzter Familienurlaub“, hatte Tomas geflucht, als seine Mutter mit der Einladung hereinspaziert war. „Ich krieg da Zustände.“
Immerhin war es ihm gelungen, den Besuch auf zwei Wochen herunterzuhandeln. Seine Mutter war aus demselben Teig gebacken wie sein Onkel, Berge fand sie super. Damit standen die beiden aber ziemlich allein da.
„Ach komm, Jan ist doch auch da.“
„Ich will lieber ans Meer, verdammt. Da oben werd ich doch nie richtig trocken, da sind Würmer in den Tapeten und -“
„So ein Quatsch. Da sind keine Würmer.“
„Wenn ich's dir sage!“

*​

Tomas setzte sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Der Holzrahmen drückte in seinen Kniekehlen; er schob die klumpige Bettdecke beiseite.
„Ich kann hier nicht pennen. Konnte ich noch nie.“
„Dann viel Spaß beim zwei Wochen nicht Pennen“, murmelte Jan. Er hatte sich schon wieder zur Wand gedreht und war halb eingeschlafen.
„Kommst du mit raus?“, fragte Tomas, stand auf, schlurfte zu seinem Koffer und kramte Pullover und Jeans heraus.
„Mmm.“ Klares nein.
„Na denn. Träum schön, ich muss mal raus aus der Hütte.“
„Hmmm.“
Tomas durchquerte das längliche Zimmer und musste dabei den Kopf einziehen, wegen der Dachschräge. Das Beste an diesem Zimmer war der Balkon, zu dem man von hier aus Zutritt hatte. Er öffnete die Tür und eine eigenartige Luft schlug ihm entgegen. Sie durchdrang seine Poren und jede Zelle seines Körpers und vertrieb die Müdigkeit auf einen Schlag. Und auch die Wolke, die das Haus den ganzen Tag über eingehüllt hatte, war nun verschwunden. Tomas blinzelte.
Das erste, was er sah, war die Mondsichel. So hell, dass die Nacht noch schwärzer erschien, und Tomas sah nichts, nur den Mond. Zunehmend oder abnehmend, das hatte er sich nie merken können. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Gegen die Schwärze der Nacht konnte er jetzt auch die umliegenden Berggipfel vage ausmachen. Und dann war da ein Funkeln, das nicht von den Sternen kam. Ein eigenartiges Glitzern, direkt unter ihm.
„Jan?“ Der hörte nichts, wie auch. Tomas öffnete die Balkontür ein Stück, steckte den Kopf ins Zimmer und versuchte es nochmal: „Jan!“
„Was.“ Ein ersticktes Murmeln, gedämpft durch ein Kissen.
„Scheiße, Jan, komm mal.“
Genervtes Stöhnen. „Mann, Tomas, ich will pennen.“
„Nee, echt, da draußen ist was.“
„Ja, Berge, Wolken, Gras und so, was soll sein.“
„Jetzt komm halt.“
Tomas starrte wieder angestrengt auf das Funkeln keine sechs Meter unter ihm, er beugte sich tief über die Balustrade und kniff die Augen zusammen. Er hörte kaum die schlurfenden Schritte seines Cousins hinter ihm.
„Das ist Wasser, Alter.“
„Hä?“
„Wasser! Da, guck!“
Und Jan rieb sich die Augen, blinzelte und schwieg eine Weile. „Mann.“
„Wie kommt das hier her? Gibt’s hier Hochwasser?“
„Nee, woher denn. Die Schneeschmelze landet doch im Tal, und jetzt gibt’s keinen Schnee.“
Tomas sah ihn an, blickte in das zwischen Ungläubigkeit und Faszination hin- und hergerissene Gesicht seines Cousins und grinste. „Lass mal runter gehen.“

Barfuß liefen die beiden durch die Nacht und das nasse Gras, den Hang hinab und kamen dann vor dem Wasser zum Stehen, das beinahe völlig ruhig dalag. Nur hin und wieder war ein Plätschern oder ein Glucksen zu hören; die Oberfläche kräuselte sich leicht, aber kein Rauschen, kein Wind, keine Wellen. Hier und da ragten die Spitzen einiger Berge aus dem Wasser; innerhalb weniger Stunden waren die Alpen in einen mittleren Gebirgszug verwandelt.
Drei Mal hatte er mit seinem Vater allein den Sommer an Stränden verbracht. Ohne seine Mutter: Urlaub am Meer und dann noch mit Tomas' Vater, nein, das ging nicht. Lanzarote, Rügen, Westerland. Drei verschiedene Inseln, drei verschiedene Meere, aber das hier hatte nichts mit ihnen gemein, außer, dass es salzig schmeckte.
„Das ist doch total bescheuert“, brachte Jan hervor, nachdem er vom Wasser gekostet hatte. „Total!“
„Geil, oder?“
„Keine Ahnung.“
„Habt ihr nicht ein Boot? Wildwasser Rafting?“
Ziemlich genau erinnerte sich Tomas an das gelbe Schlauchboot, das sein Onkel vor fünf Jahren seinem Sohn geschenkt hatte, um ihm die Berge etwas schmackhafter zu machen. Großzügig hatte er fünf Personen in das Boot eingeplant: sich selbst, Jan, Tomas, dessen Mutter und Vater. Zu diesem Zeitpunkt existierte die Ehe aber nur noch auf dem Papier, Tomas konnte nur den Kopf schütteln über diesen Versuch.
Ein einziges Mal waren sie raften gewesen, der fünfte Platz blieb unbesetzt.
„Hm.“
„Das muss doch hier noch sein, das Boot.“
„Ich weiß nicht genau. Wenn, dann im Schuppen.“

Es war noch da. Nach vier Jahren ohne Nutzung ziemlich verstaubt, aber noch voll funktionstüchtig. Tomas befühlte das robuste Material und prüfte den Luftdruck. „Noch ein bisschen.“ Jan ließ Luft nach. „Gut.“
„Okay. Und jetzt?“

„Du spinnst doch.“
„Nein, wieso?“
„Willst du da echt raus?“
Tomas blieb stehen und sah seinen Cousin ungläubig an. „Nur mal kurz da rüber.“ Er deutete auf das nächste Gebilde, das aus dem Wasser ragte wie ein Eisberg. „Was hast du denn vor? Ins Bett gehen?“
Darauf wusste er nichts, stand einfach nur da, und Tomas drückte ihm ein Ruder in die Hand. „Jetzt komm. Wir machen nur ne kleine Spritztour.“
Tomas schob das Boot ins Wasser und stieg ein; Jan stand noch immer am Hang, den Körper dem kleinen Häuschen zugewandt, aber den Blick aufs Wasser gerichtet. Das Ruder in seiner Hand baumelte sinnlos herum. Tomas schwieg, sah ihn erwartungsvoll an; endlich entspannten sich Jans Gesichtszüge und er lief mit hängenden Schultern den Hang hinab und kletterte ins Boot. Irgendwas grummelte er und Tomas lachte, während er sein Ruder in das friedliche Wasser stieß.

„Ich glaub das immer noch nicht.“
Schweigen.
„Wie hoch ist das hier eigentlich?“, fragte Tomas.
„Was?“
„Euer Haus. Wieviel Meter über dem Meeresspiegel?“
„Im Moment vielleicht zwei.“
Tomas grinste. „Jaa, aber ich meine normalerweise.“
„Tausendfünfhundert.“
Anerkennend pfiff Tomas und nickte. „Das sind ein paar Liter.“ Woher kam das ganze Wasser? Es konnte schlecht vom Himmel gefallen sein, aber eine andere Erklärung wollte ihm nicht einfallen. Tausendfünfhundert Meter. Und das in wenigen Stunden.
Sie schwiegen, nur das Geräusch des Wassers war zu hören, Jans Schnaufen und Tomas' gelegentliches Murmeln. Dann plötzlich hörte Jan auf zu rudern.
„Pause. Ich kann nicht mehr“, keuchte er und Tomas drehte sich zu ihm um.
„Jetzt schon? Bis zu dem Gipfel da ist es noch ein Stückchen. Wir haben doch kaum was gemacht. “
„Ja“, Jan stützte die Unterarme auf die Knie und sah seinen Cousin an, „du hast kaum was gemacht. Ich ruder hier wie blöd.“
„Hey, ich ruder auch!“
Jan antwortete nicht, im Dunkeln konnte Tomas nicht sehen, wie er die Augen verdrehte, ahnte es nur. Jan lehnte sich gegen die Bootswand und hielt den rechten Arm ins Wasser. „Das ist scheiße kalt.“
Tomas tat es ihm nach und nickte. „Willst du baden?“ Er grinste.
„Nee, aber tu dir keinen Zwang an.“ Jan verschnaufte und beobachtete Tomas, wie der tatsächlich die Hosenbeine hochkrempelte und sich umständlich auf die Seitenkammer des Bootes setzen wollte, es dann aber ließ und nur mit der Hand im Wasser herumplantschte. Schließlich wandte er sich ab und warf einen Blick hinter sich.
„Tomas.“
„Hm?“
„Wo sind wir eigentlich?“

Das Meer war schwarz und der Mond schien hell. Seit Stunden, so schien es, ruderten Jan und Tomas durch die Gegend. Tomas hätte schwören können, dass sie lediglich geradeaus gepaddelt waren, direkt auf den nächsten Berggipfel zu. Das Ferienhaus musste direkt hinter ihnen sein. Aber der Berg, auf dem es stand, mit der charakteristischen Spitze, die aussah wie abgebrochen, war dort nicht mehr. Er war nirgends zu sehen. Stattdessen ein Wald aus Gipfeln, die allesamt identisch schienen, und sich nur durch ihre Höhe unterschieden. Das Wasser, so still es auch war, hatte jetzt nichts Friedliches mehr.
„Hey, waren wir hier nicht schonmal?“, gluckste Tomas zum hundertsten Mal und biss sich nervös auf die Lippe. Sie fuhren seit geraumer Zeit um den angesteuerten Gipfel herum, trauten sich nicht, einen nächsten anzufahren.
„Halt doch mal die Klappe, Mann. Das ist nicht mehr witzig. Wie lange sind wir schon unterwegs? Und Scheiße, es muss doch auch mal wieder hell werden!“
„Warts ab. Vielleicht sind wir ja erst seit einer halben Stunde hier draußen.“

Stillschweigend und auf dem Neoprenboden des Bootes zusammengekauert saßen beide da. Das Rudern hatten sie eingestellt. Die Nacht war sternenklar und verdammt kalt. Gegen die Kälte half paddeln, aber weder Jan noch Tomas hatten jetzt Kraft dafür.
„Wessen verfickte Idee war das eigentlich?“, zischte Jan zwischen seinen Knien hervor und funkelte Tomas an.
Die Zeit verstrich, inzwischen war sich Tomas sicher, dass sie schon seit Stunden hier draußen waren, aber es wurde kein Bisschen heller. Weiter leuchtete der Mond in die schwarze Nacht, fast höhnisch, und die Sterne blinkten, als wäre nichts passiert. Und überall nur Wasser.
Ein leises Schnarchen kündigte an, dass Jan eingeschlafen war. Tomas war müde, er hatte Durst, er hatte Hunger. Und Angst außerdem. Jetzt, da Jan schlief, traute auch Tomas sich auf dem Boden zusammenzurollen und den Schlaf zuzulassen.

Es war etwas heller, als Tomas erwachte, der Himmel war nun von einem dunklen Blau. Jan war schon wach. Er hockte am anderen Ende des Schlauchbootes, so weit von Tomas entfernt, wie nur möglich. Dieser streckte sich, sein Rücken tat weh, und Jan drehte sich zu ihm um. Sein Gesicht war wutverzerrt.
„Kann hier nicht mal irgendein scheiß Wind gehen? Was ist das eigentlich für ein beschissenes Meer?“
„Keine Ahnung“, murmelte Tomas.
Als wäre alles seine Schuld. Klar, von ihm kam die Idee, das Schlauchboot zu nehmen und einfach loszufahren, aber Jan war mitgekommen. Er hatte ihn zu nichts gezwungen. Und was hätten sie gemacht, wenn sie nicht gefahren wären? Einfach wieder pennen gegangen?
„Ich hab so Durst, Mann.“
„Verdammt, ich auch Jan. Jetzt bleib mal ruhig hier und geh mir nicht auf die Nerven, davon wird’s auch nicht besser.“
„Vergiss nicht, dass du uns die Scheiße hier eingebrockt hast!“
„Nee, Mann, das war nicht ich. Meinst du, ich hab mal eben meinen Zauberstab ausgepackt und zack, war das Meer da?“
Jan funkelte ihn eine Weile an, dann, ruhiger: „Lass mal rudern, ich friere wie ein Schwein.“

Tomas wusste nicht, ob die Zeit einfach langsamer verging oder ob ihm alles nur so ewig erschien. Endlich verschwanden die Sterne, die Sonne erschien am Horizont und tauchte die Umgebung in ein gleißendes Orange.
„Wenigstens wissen wir jetzt, wo Osten ist“, sagte Tomas mit einem flüchtigen Blick auf Jan.
Der hing mit dem Oberkörper halb über der Bootswand, ließ die Arme ins Wasser baumeln und stierte stumpf vor sich hin. „Ich hab Durst.“
„Ich auch.“
„Mein Mund ist ne Wüste, kannste mir glauben.“
„Meiner erst.“
„Ich trink jetzt das Wasser.“
„Alter, das ist Salzwasser, davon wird’s nur schlimmer.“
„Mir egal. Hauptsache, irgendwas Nasses im Mund.“ Und mit der Linken schöpfte er Wasser, trank es, verzog das Gesicht, aber trank erneut.
„Du Idiot.“

Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich schwarzen Strand. Das war vor sieben Jahren auf Lanzarote. Der erste Urlaub, den ich allein mit meinem Vater verbrachte. Ich hatte eine Einwegkamera gekauft, und den Film habe ich innerhalb eines Tages mit Fotos von schwarzem Sand und schwarzen Steinen gefüllt; meine Mutter war enttäuscht, aber mein Vater lachte.

Die Sonne stand jetzt im Zenit, ihr zufolge war also gerade ein halber Tag vergangen. Tomas war sich sicher, dass es mehr war. Mehr sein musste. Seine Bedürfnisse stiegen völlig unproportional zur Zeit, die dem Sonnenstand zufolge verstrichen war. Er hatte Hunger, als hätte er seit drei Tagen nichts gegessen, Durst, dass ihm der Kopf zerbersten wollte und er war müde, unendlich müde. So kalt es in der Nacht gewesen war, so heiß war es jetzt, die Sonne brannte erbarmungslos. Und auch im Licht sahen die Berge alle gleich aus. Als hätte sie jemand durch Schablonen eingetauscht.
Jan schlief. Sein Mund stand weit offen. Tomas dachte daran, dass er davon nur noch mehr austrocknete und er wollte zu seinem Cousin kriechen, um ihm den Mund zuzuklappen, aber er konnte nicht. Seine Muskeln gehorchten ihm nicht. Und so hing er einfach da, gegen die Seitenkammer gelehnt, träge, zu träge schon, um Angst zu empfinden.

Ich saß am Strand und sah meinem Vater dabei zu, wie er eine Sandburg baute. Nicht so ein mickriges Kleckerding, eine richtige Burg, mit fünf Türmen, einem Burggraben, jeder Menge Tunnel und Muscheln als Fassade.
Eine Möwe setzte sich auf den mittleren Turm und hackte dort herum.
„He!“, rief mein Vater, verscheuchte sie und ich lachte. Er warf mit Sand nach mir.

Da war eine Melodie. Jemand pfiff. Tomas öffnete mühsam die verklebten Augen, die Sonne blendete ihn. Wer pfiff da?
„Jan. Jan.“ Er rollte den Kopf nach links, nach rechts, dann wieder nach links. „Jan. Hör auf.“
Jan gab keine Antwort.
Tomas' Sichtfeld war verschwommen, er machte nur die Gestalt seines Cousins aus, der am Boden lag und sich nicht regte. Sein Mund stand noch immer offen.
„Kann ja gar nicht pfeifen.“ Das Blut pochte in seinen Schläfen. Mit einem Ruck drehte er sich um und sah hinaus aufs Meer. Blinzelte einmal. Blinzelte zweimal. Da war jemand.

Und dann waren seine Sinne frei. Ohne nachzudenken schaufelte Tomas sich Salzwasser in den Mund, würgte, kotzte, trank weiter. Hauptsache, was Nasses im Mund, dachte er, Hauptsache. Er gurgelte, wegen der belegten Stimmbänder, dann stand er auf. Kurz wurde ihm schwarz vor Augen, er ließ sich nicht beirren. Winkte, schrie. „Hey! Hier!“ Immer wieder, schrie alles, was ihm einfiel, winkte, hüpfte, brüllte, bis er erschöpft zusammenbrach.

Und die Sonne brannte und blendete seine Augen. Er konnte sie nicht öffnen. Jemand hatte ihm Wasser gegeben. Er drehte den Kopf, um nicht direkt der Sonne zugewandt zu sein, aber es wurde nicht besser.
„So hell.“
„Gewöhnungssache, Tomas.“
Und er riss die Augen auf, es schmerzte und er hob die Hand, um sein Gesicht abzuschirmen. Gegen das gleißende Licht sah er eine Gestalt, einen Mann, der ein Steuer hielt. Die Gestalt pfiff vor sich hin, drehte sich kurz zu Tomas um und lachte. Ein hallendes Lachen, wie von sehr weit weg. Er kannte es.
Tomas war erschöpft, schloss die Augen wieder. Der Mann hatte die Stimme seines Vaters. Er wollte etwas sagen, konnte aber nicht, und stattdessen wünschte er sich die Nacht und den hellen Mond zurück.

 

Meeresluft
Ich habs jetzt endlich geschafft, die Geschichte nochmal völlig neu zu schreiben. Bis auf die Idee haben sie jetzt eigentlich nichts mehr gemeinsam, naja, vielleicht bis auf die Tatsache, dass der Titel bisschen langweilig ist. Ich hoffe, das ist jetzt irgendwie besser.

 

Hallo,

und hurra, seh ich das richtig, meine Sticheleien haben eine Geschichte produziert? :D Muss ich öfter machen, muahaha.

er schob die klumpige Bettdecke beiseite
Gefällt mir, solche Decken kenn ich. Feuchtkalt und klumpig und kein bisschen gemütlich, im Krankenhaus haben die nur solche.

Ein eigenartiges Glitzern, das nicht von den Sternen kam.
Ehm, also indirekt ja schon. Wasser glitzert doch im Dunkeln, weil sich irgendwelche Lichter drin spiegeln, oder? Mondlicht, die Sterne, ...

„Ich weiß nicht genau. Wenn dann im Schuppen.“
Komma nach Wenn.

Irgendwas grummelte er und Tomas lachte, während er sein Ruder in das friedliche Wasser stieß.
Der Satzanfang klingt schräg. Vielleicht "Jan grummelte irgendwas, aber Tomas lachte, ..." Oder "Irgendetwas grummelnd stieg Jan ins Boot ..."

„Euer Haus. Wieviel Meter über dem Meeresspiegel?“
„Im Moment vielleicht zwei.“
:thumbsup: Meine Lieblingsstelle.

„Ja“, Paul stützte die Unterarme auf die Knie und sah seinen Cousin an,
Hui, sie sind zu dritt im Boot. Mir ist hier im Forum aufgefallen, wie viele Leute in Geschichten Paul heißen, ich hab ja selber eine Geschichte mit Paul. Dabei kenne ich in der Wirklichkeit keinen einzigen. Und auch in Geschichten, in denen niemand Paul heißt, taucht Paul auf. Paul ist allgegenwärtig. Ein tolles Phänomen, der Paul. Das paulische Ausschlussprinzip gilt wirklich nur in der Quantenmechanik.

Jan antwortete nicht, im Dunkeln konnte Tomas nicht sehen, wie er die Augen verdrehte, spürte es nur.
Da hatte ich ein recht perverses Bild vor Augen, bei denen Jans Augäpfel auf Tomas' Haut gepresst waren, so dass Tomas die Bewegung der Augen spüren konnte.

„Hey, waren wir hier nicht schonmal?“
Okay, also das überzeugt mich nicht, dass die sich da auf dem Meer verirren konnten. Wenn das Meer da unterhalb der Hütte rumliegt, dann müssten eigentlich alle umliegenden Berggipfel aus dem Wasser ragen. Das müsste den Jungs erlauben, sich ein bisschen zu orientieren. Oder du musst eine Beschreibung einflechten, warum plötzlich gar nichts mehr zu sehen war außer Wasser.

Der Mond spiegelte sich in Jans Augen. „Wessen verfickte Idee war das eigentlich?“
Da prallt eine höchst romantische Mondspiegelung auf eine verfickte Idee, gefällt mir nicht so. Ich glaube, Mond und Sterne spiegeln sich sowieso nie in irgendwelchen Augen, das liest man immer nur. Als sich für die Verfilmung vom Herrn der Ringe der Sternenhimmel in den königlichen Elbenaugen spiegeln sollte, mussten die stundenlang mit Weihnachtslichterketten rumtricksen.

zischte er zwischen seinen Knien hervor und starrte Tomas an.
„Verdammt“, murmelte dieser und schlang seine Arme um die Knie.
Zu viele Knie.

Durst, dass ihm der Kopf davon zerbarst
Dann ist ihm wirklich gerade der Kopf zerplatzt, oder? Müsste das nicht sowas sein "dass ihm der Kopf zerbersten wollte / zu bersten schien / fast zerbarst" -obwohl, klingt auch komisch.

Und dann waren seine Sinne frei.
Hä? Sie waren was?

Und die Sonne brannte und blendete seine Augen. Er konnte sie nicht öffnen.
Der Bezug ist hier nicht ganz klar, "sie" könnte auch die Sonne sein. Und wenn er die Augen die ganze Zeit geschlossen hat, kann die Sonne ihn eigentlich nicht blenden. Wenn die Sonne ihn erst geblendet hat, und dann kann er die Augen nicht mehr öffnen, dann würd ich da entsprechende Zeitwörter einfügen, damit die Reihenfolge klar wird.

Gegen das gleißende Licht sah er eine Gestalt, einen Mann, der ein Steuer hielt.
Ein Steuer wovon? So hab ich mir eine Art Engel vorgestellt, der keine Harfe in der Hand hat, sondern ein Lenkrad :D Aber ich bin heute auch irgendwie albern.

Die Gestalt pfiff vor sich hin, kurz drehte sie sich um zu Tomas und lachte.
drehte sich kurz zu Tomas um

Ein hallendes Lachen, wie von sehr weit weg. Er kannte es.
Tomas war erschöpft, schloss die Augen wieder. Der Mann hatte die Stimme seines Vaters.
Sein Vater hat immer so hallend gelacht, wie von sehr weit weg?

Gut geschrieben, aber am Ende wusst ich nicht so richtig, was jetzt passiert war. Die beiden verdursten und Tomas halluziniert von seinem Vater?
Tomas vermisst seinen Vater ja öfter in der Geschichte, ich dachte, es kommt noch irgendwann, dass sein Vater inzwischen gestorben ist. Dann könnte der Vater gut als diese Lichtgestalt auftauchen und seinen Sohn abholen.
Aber eigentlich find ich ja, die Geschichte verdient einen glücklichen Ausgang.

Bis aufs Ende gefiel's mir jedenfalls gut. :)

 

Hey Apfel

Mir gefällt der Anfang und das Ende - der Mittelteil ist ein bisschen zu lang geraten. Dazu muss man aber sagen, dass gerade diese Länge den Inhalt unterstreicht. Den Jungs kommt das ganze ja auch etwas langatmig vor und es scheint, als würde sich die Zeit dehnen. Ja, das geht dann so weiter und irgendwann ist man am Ende angelangt und ist froh, dass die Geschichte zu Ende ist - das ist nicht negativ gemeint. Du hast davor wirklich gut diese aussichtslose Situation beschrieben, dass ich am Ende froh war, die zwei Jungs da verlassen zu können.
Es hat mich ein bisschen an "Narnia" erinnert. Ich hab diesen Kinderfilm nie gesehen, nur den Trailer. :D
Da gehen die doch in einen Schrank und entdecken eine neue Welt. Für die hier ist es nur das Meer und durch das offene Ende scheint es, als würden sie für immer und ewig im stillen Ozean dahin zu vegetieren.
Am Ende gab es dann paar Absätze, in denen du in Tomas Seelenleben reinschlüpfst, was ich weniger gut fand. Entweder ziehst du das alles konsequent aus Tomas' Sicht oder es bleibt bei diesem personellen Erzähler. Und ich weiß nicht, wieso du da die Ich-Perspektive gewählt hast. Das kann auch ruhig der Erzähler übernehmen.
Was noch zu bemängeln ist, sind die "verfickten", "beschissenen" "verfluchten" Wörter. Die passen überhaupt nicht zu dieser Fantasy-artigen Geschichte. Okay, es sind Jungs, da ist es ihnen egal, wo und wann sie fluchen, aber nee, das hat mich gestört.

Ja, ansonsten, weiß ich nicht, ob es mir gefällt, ich merke gerade, dass mir das Ende wirklich gut gefällt, dass du sie da einfach stehen lassen hast. :)
Titel, ja, langweilig. Ist aber nicht so schlimm.

JoBlack

P.S: Meeresluft habe ich nicht gelesen, wollte ich nur mal so anmerken.

 

Hey Möchtegern!

seh ich das richtig, meine Sticheleien haben eine Geschichte produziert?
Ja, das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Aber du bist nicht allein Schuld, keine Sorge.

Zu den Details:

Ehm, also indirekt ja schon. Wasser glitzert doch im Dunkeln, weil sich irgendwelche Lichter drin spiegeln, oder? Mondlicht, die Sterne, ...
Hm, ja, es war so gemeint, dass er nicht das Funkeln der Sterne sieht, aber sonst hast du natürlich recht. Ich hab jetzt einfach die Reihenfolge verändert, dann müsste das klar sein.
Der Satzanfang klingt schräg. Vielleicht "Jan grummelte irgendwas, aber Tomas lachte, ..." Oder "Irgendetwas grummelnd stieg Jan ins Boot ..."
Ich find meins aber besser.
Hui, sie sind zu dritt im Boot. Mir ist hier im Forum aufgefallen, wie viele Leute in Geschichten Paul heißen, ich hab ja selber eine Geschichte mit Paul. Dabei kenne ich in der Wirklichkeit keinen einzigen. Und auch in Geschichten, in denen niemand Paul heißt, taucht Paul auf. Paul ist allgegenwärtig. Ein tolles Phänomen, der Paul. Das paulische Ausschlussprinzip gilt wirklich nur in der Quantenmechanik.
:schiel: Das ist Paul, der Bademeister, der gekommen ist, um die beiden zu retten. Äh, nein, das ist echt peinlich. Hab ich sofort geändert! Und hör mir bloß auf mit Quantenmechanik.
Da hatte ich ein recht perverses Bild vor Augen, bei denen Jans Augäpfel auf Tomas' Haut gepresst waren, so dass Tomas die Bewegung der Augen spüren konnte.
Hehe. Okay, ich hab ein "ahnte" daraus gemacht.
Okay, also das überzeugt mich nicht, dass die sich da auf dem Meer verirren konnten. Wenn das Meer da unterhalb der Hütte rumliegt, dann müssten eigentlich alle umliegenden Berggipfel aus dem Wasser ragen. Das müsste den Jungs erlauben, sich ein bisschen zu orientieren. Oder du musst eine Beschreibung einflechten, warum plötzlich gar nichts mehr zu sehen war außer Wasser.
Aahh, klingt nach Arbeit. Ich wollte erst ein paar Berggipfel da reinbringen, aber dass die bei der Orientierung helfen ist natürlich blöd. :D Muss ich mir was überlegen.
Da prallt eine höchst romantische Mondspiegelung auf eine verfickte Idee, gefällt mir nicht so. Ich glaube, Mond und Sterne spiegeln sich sowieso nie in irgendwelchen Augen, das liest man immer nur. Als sich für die Verfilmung vom Herrn der Ringe der Sternenhimmel in den königlichen Elbenaugen spiegeln sollte, mussten die stundenlang mit Weihnachtslichterketten rumtricksen.
Die romantische Mondspiegelung fliegt!
Zu viele Knie.
Zwei Knie sind amputiert.
Der Bezug ist hier nicht ganz klar, "sie" könnte auch die Sonne sein. Und wenn er die Augen die ganze Zeit geschlossen hat, kann die Sonne ihn eigentlich nicht blenden. Wenn die Sonne ihn erst geblendet hat, und dann kann er die Augen nicht mehr öffnen, dann würd ich da entsprechende Zeitwörter einfügen, damit die Reihenfolge klar wird.
Nee. Der Bezug ist sonnenklar, es wird ja wohl jedem einleuchten, dass er die Augen öffnen will und nicht die Sonne, also beim besten Willen. Und: Mach mal die Augen zu und lass dir mit ner richtig starken Lampe ins Gesicht leuchten. Oder am Strand funktioniert das auch. Das blendet sehr wohl, auch wenn du die Augen geschlossen hast.

Was das Ende betrifft, legst du den Finger in eine Wunde, damit war ich auch ziemlich unsicher, aber ich weiß ganz einfach kein anderes. Und ich will kein Happy-End oder so, hach, so ein Glück, da kommt wer und rettet uns oder juhu, wir haben das Ufer doch noch erreicht! Weil: Was machen sie dann? Klar, ist ne Kurzgeschichte, aber immerhin ist da alles unter Wasser, so richtig toll ist das auch nicht, wenn sie dann wieder an Land kommen, oder?
Also, schön dass es dir ansonsten gut gefallen hat, das hör ich gern. Danke für den Kommentar und fürs Sticheln! :p

Hey Jo!

Mir gefällt der Anfang und das Ende - der Mittelteil ist ein bisschen zu lang geraten.
Ahh, sowas lieb ich, der eine hasst das Ende, dem nächsten gefällts, da muss man nix ändern. :D Dass der Mittelteil zu lang wird hab ich befürchtet, aber ich hab keinen Schimmer, wo ich da noch kürzen kann. Wirklich gar nicht. Ich habs versucht, aber es scheint mir alles so wichtig.

Narnia, soso...

Ich hab diesen Kinderfilm nie gesehen,
Ich auch nicht. :D Ich hab keine Ahnung, was da passiert. Ich weiß nur das mit dem Schrank, und dass da irgendso sprechende Tiere sind. Was das Rumgefluche betrifft: Naja, ich habs nicht aus dem Gesichtspunkt geschrieben, dass das Fantasy ist oder so. Klar ist das alles unrealistisch, selbst wenn alles Eis dieser Welt schmilzt, wird der Meeresspiegel nie um 1500 Meter ansteigen. Die Jungs sind schon in der Realität und prallen auf sowas eigentlich Unmögliches, für mich hat das wenig mit Fantasy zu tun. Und sie werden ja nicht Teil dieser unmöglichen Welt, eigentlich sind sie ja Fremdkörper. Die Zeit vergeht langsamer, aber Hunger und Durst bekommen sie trotzdem in den gewohnten Abständen, nehmen also ihre Realität mit. Deshalb müssen die auch genauso sprechen. (Ich bin wahnsinnig stolz auf diese Ausrede. :D)
Am Ende gab es dann paar Absätze, in denen du in Tomas Seelenleben reinschlüpfst, was ich weniger gut fand. Entweder ziehst du das alles konsequent aus Tomas' Sicht oder es bleibt bei diesem personellen Erzähler. Und ich weiß nicht, wieso du da die Ich-Perspektive gewählt hast. Das kann auch ruhig der Erzähler übernehmen.
Ich steh aber auf so Perspektivwechsel. Das werden mir sicher noch mehr ankreiden, aber das möchte ich eigentlich drin lassen, weil sonst wird das so ein Einheitsbrei auch.
Danke auch dir fürs Lesen und Kommentieren und das Ende Gutfinden.

Liebe Grüße an euch,
strudel

 

Hallo apfelstrudel,

hab die Geschichte gerne gelesen. Mit der Unendlichkeit des Meeres kann man Geschichten immer gut füllen, mit Atmosphäre und dem Abgeschottetsein.

Zwei Jungen brechen auf. Zugegeben, dass das Meer eine Haltestelle, einen Zwischenstopp in den Bergen einlegt, ist schon aus Gründen der Gravitation und Topographie realitätsfern, trotzdem sich die Idee gut anlässt. Das Boot wird aus dem Schuppen gezerrt, und dann geht es auf das Meer. Proviant vergessen. Beide finden nicht mehr den Ausgang, sind schon zu weit drin. Da wird einem die Dummheit beziehungsweise bewusst, dass es nach Entscheidungen keine Flucht und kein Zurück mehr gibt. Es hat sich fest gesetzt. Das Salzwasser wird getrunken. Halluzinationen erschaffen den Vater. Es wird einen schwarz vor Augen. Und dann das Ende.

Gern gelesen.

MfG Mantox

 

Hallo Strudel,

Gleich der Einstieg gefällt mir... oder eben auch doch nicht:

Alles war kalt und nass hier oben, die Wände, das Bettzeug. Das ganze verfluchte Haus stand mitten in einer Wolke und hier oben wurde nie nichts trocken. Tomas fror und fand schon seit Stunden keinen Schlaf.
Die Dopplung von "hier oben" empfand ich als arg störend. Da steht zwar noch eine Menge Kram zwischen, trotzdem fällt's unangenehm auf.
Dass "nie nichts" eine unsinnige doppelte Verneinung ist, hast du, nehm' ich mal an, selbst bereits gemerkt, sodass mein Protest hier vermutlich nicht viel nützt, aber: Ich finde das so schrecklich! ;) Außerdem passt's nicht zur sonstigen Erzählstimme.

„Wenn ich's dir sage!“
Hm, ansonsten hast du dem Jungen ja eine eher... "moderne" Ausdrucksweise verliehen. Da passt das Zitierte für mich nicht so recht rein.

„Dann viel Spaß beim zwei Wochen nicht pennen
Ich weiß zwar nicht, wie ich es machen würde, aber das scheint mir nicht richtig zu sein.
Vielleicht "zwei Wochen Nicht-Pennen"? Nein, das sieht auch falsch aus... Ach, was weiß ich.

murmelte Jan, er hatte sich schon wieder zur Wand gedreht und war halb eingeschlafen.
Nach "Jan" würde ich den Satz beenden und einen neuen beginnen.

Das Ruder in seiner Hand baumelte sinnlos herum.
"herumbaumeln" find ich ungut. "hin und her" klänge besser.

Entspann dich mal, Jan. Wie oft kannst du in den Alpen das Meer sehen?“
Okay, es ist Kurzgeschichten-Realität, aber trotzdem: Der Spruch scheint mir, in Anbetracht der Tatsache, dass sich da gerade aus dem Nichts ein Meer materialisiert hat, unangebracht. ;)

Weiter leuchtete der Mond in die schwarze Nacht, fast hohnvoll, und die Sterne blinkten, als wäre nichts passiert.
Statt "hohnvoll" würde ich das geläufigere "höhnisch" verwenden. Und irgendwie will mir diese Zusammenstellung des Verhaltens des Mondes und der Sterne nicht gefallen, da sie im Grunde so gegensätzlich sind.
Dem Mond wird etwas Absichtsvolles unterstellt, mit seinem hohnvollen Leuchten, bei den Sternen aber ihre Teilnahmslosigkeit unterstrichen. Sie blinken, als wäre nichts passiert - was Sterne halt immer so zu tun pflegen.
Beides sind beliebte und nützliche Stilmittel, sie aber so nebeneinander zu stellen ist ungünstig.

Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich schwarzen Strand, das war vor sieben Jahren auf Lanzarote. Der erste Urlaub, den ich allein mit meinem Vater verbrachte. Ich hatte eine Einwegkamera gekauft, und den Film füllte ich innerhalb eines Tages mit Fotos von schwarzem Sand und schwarzen Steinen; meine Mutter war enttäuscht, aber mein Vater lachte.
Die Stelle gefällt mir. Dennoch würde ich den ersten Satz nach "Strand" teilen.


Eine anständige Geschichte, auch wenn es mich nicht vom Hocker gehauen hat. Gut gefiel mir, wie zumeist bei deinen Geschichten, wie es dir gelingt, dem Leser die Figuren nahe zu bringen, ohne dass dafür besonders viele Zeichen verbraten werden oder die Handlung stehen bleibt. So quasi en passant, das hast du drauf.
Die Geschichte schwächelt für mich ein wenig, was die Glaubwürdigkeit des phantastischen Elements anbetrifft. Natürlich muss dieses nicht immer erklärt werden. Dennoch ist es, meines Erachtens nach, wichtig, dem Leser das Gefühl zu geben "dass das schon irgendwie stimmt" - auch wenn etwas Unmögliches passiert und sich keine Erklärung dafür findet, muss der Eindruck vermittelt werden, es sei richtig, dass es passiert, auf eine Art, die sich herkömmlicher Logik entzieht. Dies kann, wie in deinem Text, über einen persönlichen Bezug des Protagonisten zum phantastischen Element geschehen.
Dadurch entwickelt das Ganze aber auch immer eine gewisse Eigendynamik und eigene gefühlte Gesetzmäßigkeiten. Und eben da liegt der Tomas im Pfeffer: Es will mir einfach nicht mehr folgerichtig erscheinen, dass die beiden am Ende verdursten, da frag ich mich: "Warum?" Es scheint sinnlos.
Ich hoffe, du verstehst was ich meine.


Gruß,
Abdul

 
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Hallo Mantox!

Zugegeben, dass das Meer eine Haltestelle, einen Zwischenstopp in den Bergen einlegt, ist schon aus Gründen der Gravitation und Topographie realitätsfern,
Natürlich. ;)
Schön, dass du die Geschichte gelesen hast und sie dir gefallen hat, das freut mich ehrlich. Danke für deinen Kommentar!

Hey Abdul!

Die Dopplung von "hier oben" empfand ich als arg störend. Da steht zwar noch eine Menge Kram zwischen, trotzdem fällt's unangenehm auf.
Dass "nie nichts" eine unsinnige doppelte Verneinung ist, hast du, nehm' ich mal an, selbst bereits gemerkt, sodass mein Protest hier vermutlich nicht viel nützt, aber: Ich finde das so schrecklich! Außerdem passt's nicht zur sonstigen Erzählstimme.
Ja, hast mich überzeugt. Das liest sich nicht gut. Für manche Sachen brauchts halt jemanden, der mit dem Finger draufzeigt, ich hätte das wahrscheinlich noch weitere 100 Mal gelesen und mir wär nix aufgefallen.
"herumbaumeln" find ich ungut. "hin und her" klänge besser.
Hm, das triffts aber nicht ganz, es baumelt ja nicht hin und her wie ne Schaukel oder so. ;) Wird erstmal so gelassen.
Okay, es ist Kurzgeschichten-Realität, aber trotzdem: Der Spruch scheint mir, in Anbetracht der Tatsache, dass sich da gerade aus dem Nichts ein Meer materialisiert hat, unangebracht.
Najaaa, also, ja. Nein. Äh. :D Soll ja nicht heißen, dass Thomas total entspannt ist und das alles ganz locker sieht, er ist ja auch ziemlich nervös, aber er versucht es nicht zu zeigen, weil er das ja wirklich irgendwie verbockt hat. Und ihm geht Jan auf den Geist. Ich hab die Beobachtung gemacht, dass wenn zwei Leute wütend, nervös, aufgeregt was auch immer sind, dann trägts immer nur einer nach außen. So ist das hier auch. Ich werd mal versuchen das deutlicher zu machen. Edit: Vergiss mein Gequatsche, du hast recht. Ich hab mich an der Stelle grad vertan und dachte, es wäre später im Text. :shy:
Statt "hohnvoll" würde ich das geläufigere "höhnisch" verwenden.
Also, es ist amtlich, ich bin bescheuert. Ich hab beim Schreiben noch nachgedacht, wie ich hohnvoll besser schreiben kann und mir ist tatsächlich höhnisch eingefallen, keine Ahnung wieso ichs nicht geschrieben hab. :D
Beides sind beliebte und nützliche Stilmittel, sie aber so nebeneinander zu stellen ist ungünstig.
Das fand ich gerade reizvoll.

Dass du die Geschichte wenigstens anständig fandest, ist doch schonmal was, auch wenns eher wie nett klingt, aber da kann ich jetzt auch nix machen. Das Lob zu den Figuren hab ich rausgefiltert, danke.

Dadurch entwickelt das Ganze aber auch immer eine gewisse Eigendynamik und eigene gefühlte Gesetzmäßigkeiten. Und eben da liegt der Tomas im Pfeffer: Es will mir einfach nicht mehr folgerichtig erscheinen, dass die beiden am Ende verdursten, da frag ich mich: "Warum?" Es scheint sinnlos.
Ich hoffe, du verstehst was ich meine.
Ehrlich gesagt, nein. Ich fand es das natürlichste, was mit den beiden geschehen kann. Ich verstehe, was du meinst mit dem Gefühl, dass alles schon seine Richtigkeit hat, auch wenn es eigentlich abwegig ist. Dass das nicht funktioniert ist blöd. Aber am Ende kann ich nichts Unglaubwürdiges finden. Ich glaube aber, ich werd tatsächlich noch ein paar Berggipfel einbauen, wie Möchtegern angemerkt hat und deutlicher machen, wie sie sich da verlaufen usw. Vielleicht erledigt sich dadurch ja das Problem. Ansonsten kann ich nur rätseln.

Vielen Dank auch dir für die Kritik!

Liebe Grüße,
strudel

 

Hallo apfelstrudel,

Die ganze Feuchte hier oben
Feuchte, öhm, ist das ein gebräuchliches Wort? Feuchtigkeit. Ich hab bestimmt noch nie Feuchte gesagt oder es wen sagen hören. Außer als Imperativ: Feuchte das Paper nicht so stark an! Na gut, das hat auch nie einer gesagt.

Ich will lieber ans Meer, verdammt.
Vorgriff wie aus dem Lehrbuch, sehr schön.

„Euer Haus. Wieviel Meter über dem Meeresspiegel?“
„Im Moment vielleicht zwei.“
Tomas grinste. „Jaa, aber ich meine normalerweise.“
„Tausendfünfhundert.“
Beste Stelle im Dialog.

Jan verschnaufte und beobachtete Tomas, wie der tatsächlich die Hosenbeine hochkrempelte und sich umständlich auf die Seitenkammer des Bootes setzen wollte, es dann aber ließ und nur mit der Hand im Wasser herumplantschte.
Perspektivfehler: Jans Perspektive.

Das Meer war schwarz und der Mond schien hell. Seit Stunden, so schien es, ruderten Jan und Tomas durch die Gegend, ob im Kreis, ob geradeaus, das konnte keiner von beiden sagen.
Perspektivfehler: auktorialer Erzähler.

und den Film füllte ich innerhalb eines Tages mit Fotos von schwarzem Sand und schwarzen Steinen
Statt „Füllte“: „Machte voll“. Ich-Erzähler.

„Gewöhnungssache, Tomas.“
Jau, das ist mir während dem Text aufgefallen, das ist so nen Schreiber-Ding, man findet die inquit-Formel uncool (, sagte jemand), will möglichst ohne auskommen und puren Dialog liefern und dann merkt man: „Hey, da weiß ja keiner, wer da spricht“ und lässt die Leute sich mit dem Namen anreden. Tut man im echten Leben nicht. Da machen das nur Verkäufer, um deutlich zu machen, dass sie den Namen des anderen kennen (so persönliche Bindung) oder wenn man aus einer größeren Masse wen ansprechen möchte oder um die Aufmerksamkeit von wem zu kriegen. Du würdest nicht mitten in einem Gespräch sagen: „Ja, Ingeborg, ich stimme dir zu, Orlando Bloom ist wirklich viel cooler als Johnny Depp mit seinem Witz von einem Oberlippenbart. Und außerdem hasse ich Hugh Jackmann, Ingeborg, ja das tue ich wohl.“

Ehm, ich mag die Geschichte. Ich mochte auch schon die erste. Ganz klare, archaische Bilder. Meer, Berge, Luft. Dann das verbunden mit dem Trauma und man weiß am Ende nicht, hat das Meer sie dann zusammengeführt und es gibt eine zweite Chance oder ist das das Delirium. Zum phantastischen Aspekt würde das erste passen, das literarische.
Jau, was soll ich sagen, mich hat dein Thema so beschäftigt, dass ich selbst was drüber geschrieben hab. ;) Also sagt schon viel aus. Tolles Thema einfach, tolle Motive, meinetwegen kannst du davon noch zwanzig Varianten schreiben. Die hier find ich jetzt … gut, nicht wahnsinnig mindblasting-fantastisch, sondern okay. Angenehm, spannend, dezent, mit einem schönen Ausklang.

Gruß
Quinn

 

Tag Quinn!

Feuchte, öhm, ist das ein gebräuchliches Wort? Feuchtigkeit. Ich hab bestimmt noch nie Feuchte gesagt oder es wen sagen hören. Außer als Imperativ: Feuchte das Paper nicht so stark an! Na gut, das hat auch nie einer gesagt.
Klar, der Duden kennts. Und ich finds jetzt auch nicht weiter ungewöhnlich, sonst hätte ichs ja nicht geschrieben. Aber okay, für dich Feuchtigkeit, klingt wirklich besser. ;)
Perspektivfehler: Jans Perspektive.
Perspektivfehler: auktorialer Erzähler.
Ja gut, abgesehen davon, dass ich so kleine Perspektivausflüchte nicht weiter schlimm finde (außer bei der Ich-Perspektive), wüsste ich auch nicht, wie ich das jetzt wegmachen soll. Außerdem ist es (fast) die ganze Zeit ein auktorialer Erzähler. :p
Statt „Füllte“: „Machte voll“. Ich-Erzähler.
Ich hab ein habe gefüllt draus gemacht, ich hab mit dem Wort kein Problem.
Jau, das ist mir während dem Text aufgefallen, das ist so nen Schreiber-Ding, man findet die inquit-Formel uncool (, sagte jemand), will möglichst ohne auskommen und puren Dialog liefern und dann merkt man: „Hey, da weiß ja keiner, wer da spricht“ und lässt die Leute sich mit dem Namen anreden.
Nee. Also echt nicht. Ich finde die inquit-Formel gar nicht uncool, manchmal hab ich sie doch drin, ich weiß gar nicht was du hast. Ich find es nicht störend beim Lesen (es sei denn, es häuft sich), ich finds störend beim Schreiben. Ich will da schreiben und nicht immer hinklacksen, wer was gesagt hat. Klar, kann ich hinterher machen, aber so unübersichtlich ist es doch gar nicht. Und ich hab jetzt mal überlegt, ob ich Leute manchmal mit Namen anspreche. Ja, mach ich, aber ich fühl mich jetzt auch nicht unnormal oder so. :p Und die zitierte Stelle: Okay, da hast du recht, aber soll halt deutlich werden, dass er seinen Namen kennt.
Du würdest nicht mitten in einem Gespräch sagen: „Ja, Ingeborg, ich stimme dir zu, Orlando Bloom ist wirklich viel cooler als Johnny Depp mit seinem Witz von einem Oberlippenbart.
Das würd ich tatsächlich nicht sagen. :D

Dass du die Geschichte magst, freut mich, mindblasting-fantastische Reaktionen hab ich auch nicht erwartet, dann wär ich gar nicht hier. Danke für deinen Kommentar und deine Gedanken.

Liebe Grüße,
strudel

 

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