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Stratelma - Für Erwachsene
„Ding-Dong“
Zwölf Stunden, ich hatte zwölf verdammte Stunden gearbeitet und stand anschließend noch eine Stunde im Stau. Jetzt wollte ich nur noch eins: Stumpf vor dem Fernseher sitzen und mir möglichst gar keine sinnvollen Gedanken mehr durch den Kopf gehen lassen.
„Ding-Dong“ noch mal.
Unter enormen Geseufze und mit schlecht sitzendem Schritt vom gemütlichen Eierkraueln in meinem Sessel wuchtete ich mich in Richtung meiner Haustür.
Wer immer es sein mochte, er konnte was erleben.
Bevor ein drittes „Ding-Dong“ mich erfreuen konnte, riss ich die Tür auf. Wenn Augen Beine hätten, so wären sie mir in diesem Moment weggelaufen und wenn sie über einen Mund verfügt hätten, so hätten sie dabei bis zur Besinnungslosigkeit geschrieen. Vor mir stand eine Art Rentner in einem unfassbar hässlichen, in Regenbogenfarben schillernden Nachthemd. Welches leider zu kurz war und nur mit Mühe den Bauchnabel bedeckte. Weitere Kleidungsstücke trug mein Besucher zu meinem Bedauern nicht.
Ich neige nicht zur Sprachlosigkeit, doch in diesem Moment war meine Zunge unbrauchbar geworden. Der ältere Herr grinste mich an, sagte aber ebenfalls nichts.
Die Möglichkeiten rasten durch mein Hirn: Was sollte ich tun? Die Tür kommentarlos zuschmeißen? Ihn am Kragen packen und eine ordentliche Ohrfeige verpassen? Ebenfalls die Hose ausziehen und ihm freundlich zurücklächeln? Noch bevor ich eine möglicherweise völlig fatale Entscheidung fällen konnte, drückte das bunte Männchen mir einen Zettel in die Hände. Ich konnte nicht erkennen, wo er diese Notiz auf einmal hergezaubert hatte und ich wollte es nicht einmal ansatzweise wissen.
Gerade als meine Zunge aus ihrer Betäubtheit erwachen wollte, und ich zu einer launigen, kleinen Bemerkung ansetzte, begann das Nachthemd des Rentners ihn, wie soll ich sagen, aufzusaugen. Und weg war er.
Ich schmiss die Tür zu, nahm mir ein Bier aus dem Kühlschrank und schaltete einen Fernsehsender an, auf dem eine billig aussehende Frau zwanzig Wörter von mir hören wollte, in denen das Wort „Fussball“ vorkam. Dann schlief ich ein.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich ein grässlich buntes Nachthemd an und stand vor der Haustür meines Nachbarn. In der Hand hielt ich immer noch diesen Zettel. Zum ersten Mal spähte ich darauf und las:
“Stratelma für Erwachsene. Die Regeln: Wenn die Person, die dir die Tür öffnet, von deinem Anblick so erstaunt ist, dass sie kein Wort herausbringt bevor du ihr den Zettel in die Hand gedrückt hast, so wirst du erlöst und kannst in dein bisheriges Leben zurückkehren. Wenn nicht, musst du in diieser Erscheinung so lange weitermachen, bis es dir bei einer Person gelingt. Viel Spaß! P.S. : Du darfst keine Leute über 30 ansprechen...“