Was ist neu

Submodus

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14.08.2012
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Submodus

„Herrgott, nicht den Neunzehner. Den Siebzehner! Ich hab M10 gesagt, verdammt noch mal.“
„Sorry, Gloria, mein Fehler.“
Sie könnte ihn erwürgen. Nicht genug damit, dass sie kopfüber und elend verrenkt in dem engen Lüftungsschacht hängt, ihr der Schweiß in den Augen brennt und der Ölgestank sie beinahe kotzen lässt, nein, dieser Fettwanst ist auch noch zu dämlich, ihr das richtige Werkzeug zu geben. Als wäre das weiß Gott was für Wissenschaft. Was Kurt im Install-Team verloren hat, ist Gloria ein Rätsel.
Endlich erscheint er wieder in der Öffnung über ihr und sie hört ihn schnaufen, als er den Oberkörper hindurchzwängt. Er beugt sich so weit es geht runter, streckt den Arm aus und sie spannt die Bauchmuskeln und reckt sich ihm entgegen. Er nimmt ihr den falschen Schraubenschlüssel ab und reicht ihr den passenden. Doch bevor sie ihn richtig zu fassen bekommt, lässt Kurt ihn schon los und das Ding scheppert in die Tiefe.
„Mann, ich dreh noch durch mit dir, echt!“, brüllt Gloria. „Verfluchte Scheiße, Kurt! Und jetzt? Soll ich die Schraube abbeißen oder was?“
„Äh, eine Rohrzange haben wir noch. Soll ich sie dir geben?“
„Hast du eine bessere Idee? … Und binde sie um Himmels Willen wo fest. Oh Gott, oh Gott, lang halt ich‘s da nicht mehr aus.“
„Äh … ich hab keine Schnur.“
„Dann nimm deine Scheißschnürsenkel oder reiß dein Scheißhemd in Streifen, Herrgottnochmal! Benutz bitte einmal deinen Verstand. Einmal nur, Kurt, bitte!“
Gloria spürt, dass sie knapp dran ist, schlappzumachen. Sie kann einfach nicht mehr, sie ist am Ende. Es hat doch sowieso keinen Sinn. Was können sie denn gewinnen? Eine Stunde? Zwei? Und wozu? … Oh Gott, es wäre so einfach. Sie bräuchte nur ihren linken Fuß ein wenig zu drehen und unter dem Rohr hervorzuziehen, hinter dem sie ihn verklemmt hat, und dann die abgewinkelten Beine zu strecken. Auf einen Schlag wäre dieser Alptraum vorbei … sie würde den Schacht hinunterschlittern wie als Kind die Wasserrutsche im Schwimmbad, kichernd, jauchzend, vor Angst und Spaß kreischend, schneller und immer schneller, und schließlich … ja, und schließlich von den riesigen Rotorblättern zerfetzt werden. In Sekundenbruchteilen. Zuerst der Kopf, dann alles andere. Alles. Ihr Körper, ihr Geist, ihr Ich. Ihr ganzes Wesen. Ausgelöscht und weg. Sie braucht sich nur fallen zu lassen, wäre das nicht das Allereinfachste? Sich fallen lassen in einen barmherzigen Tod, in einen tiefen, traumlosen Schlaf und dieser Wahnsinn hätte ein Ende, keine Schmerzen mehr, keine Angst, kein grauenvolles Ding, einfach nichts …
Aber was wäre mit Kurt? Kann sie den einfach so zurücklassen? Er ist ihr keine große Hilfe, das nicht, aber immerhin ein lebendiger, fühlender Mensch, und ja, irgendwie mag sie ihn, diesen stets freundlichen Tollpatsch. Der arme Hund könnte ihr das nicht einmal nachmachen, der bliebe vermutlich in der Röhre stecken und säße dann in der Falle wie ein Karnickel, könnte nicht mehr tun, als zu warten, hilflos zu warten auf das Ding …
Nein, noch ist sie nicht so weit, noch klammert sie sich ans Leben, schon Kurt zuliebe. Nicht, dass sie auf Ebene 7 in Sicherheit wären, aber zumindest würden sie Zeit gewinnen. Ein bisschen Zeit zum Durchschnaufen, zum Atemholen, zum Nachdenken. Und wer weiß, vielleicht funktioniert ja die Com-Unit da unten tatsächlich noch. Theoretisch sollten die Notstromaggregate gut achtundvierzig Stunden durchhalten. Bitte, Mädchen, reiß dich zusammen, du schaffst das, nur die eine Schraube und die Luke ist offen … sie muss bloß diesen einen Bolzen aufkriegen, ein Witz in Wahrheit. Hat sie nicht schon mit fünfzehn die Honday ihres Bruders zum heißesten Bike der Stadt gemacht? Nur um sich jetzt von einem lächerlichen M10-Gewinde in die Knie zwingen zu lassen? Von einer mickrigen Schraube? Ist sie eine Heulsuse oder eine Mechanikerin?
„Wird das jetzt noch was mit der Zange?“, brüllt sie.


„Gib ihr noch ein bisschen vom Puertiamin. Nicht viel, so circa … pff, was weiß ich, so nullzwei, nullzweifünf. Und am Neurozwei-Tuner gehst du auf achtzehnvier.“
„Lass es gut sein, Herbie, bitte. Die Kleine dreht uns gleich durch.“
„Komm, mach schon. Die packt das, da bin ich mir sicher. Die hat’s echt drauf.“
„Du spinnst, Herbie, echt. Erinnere dich, wie’s den Hormayer damals auf Level zwölf zerbröselt hat … Mann, ich darf gar nicht dran denken.“
„Jetzt mach schon.“
„Okay, du bist der Chef. Aber sag nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“


„Kommt gleich. Hab sie an meinen Gürtel gehängt.“
„Du bist ja doch ein Genie, Kurt, ich wusste es.“ Gloria verdreht die Augen.
Dann lässt ihr das Genie die Rohrzange runter … und prompt löst sie sich von der Gürtelschnalle. Bevor Gloria die Hände hochreißen kann, knallt ihr das Ding ins Gesicht, genau aufs Jochbein, und schlägt ihr die Lippen auf, aber mit einem irrwitzigen Reflex gelingt es ihr, die Zange mit dem Unterarm an die Schachtwand zu pressen. Sie schnappt nach Luft. Das letzte Werkzeug, ihre allerletzte Chance! Blut rinnt ihr über die Wangen in die Augen und weiter über die Stirn und sie wimmert vor Schmerz. Werd jetzt ja nicht ohnmächtig, Mädchen, bitte, und pass auf die Zange auf. Oh Gott oh Gott, ich seh nichts mehr. Jetzt schluchzt und weint Gloria wirklich. Sie wischt mit der freien Hand Blut von den Augen und heult auf, als sie dabei den zertrümmerten Wangenknochen berührt. Das war’s, denkt sie, jetzt sind wir hin. Oh Gott, ich kann nicht mehr ... sie schließt die Augen und stellt sich vor, wie Blut und Tränen sich mischen, über ihre Stirn fließen und von den Haarspitzen ins Leere fallen, glitzernde Tropfen, die der Luftzug der Ventilatoren zerstäubt und in den stählernen Eingeweiden der Luna verteilt. Sie stellt sich den feinen, roten Sprühnebel vor, wie er durch die Lüftungsgitter in die verwüsteten Decks strömt, rosafarbene Wolken, die alles umhüllen und die Wände färben, so rosa wie die Wände ihres Kinderzimmers ... rosa Wände und darauf rosagerahmte Fotos von Ponys und Katzen. Und darunter das Bett mit der Überdecke, die ihr die Oma aus Seidenflicken genäht hat, rot, lila und golden, und die sie sich morgens immer übers Gesicht zieht, wenn die ersten Sonnenstrahlen ihre Augen treffen. Durch den dünnen Stoff betrachtet sie die Sonne und die ist nicht mehr als ein Lichtfleckchen, nur ein sanftes Glimmen, mal rot, mal blau.
Sie hüpft aus dem Bett und schlingt sich das Seidentuch um die Schultern. Ich bin eine Prinzessin, singt sie, und wo ist mein schöner Prinz? Charlie, mein Liebling, wo bist du? Sie tänzelt auf den Balkon hinaus.
Charlie, Charlie, ruft sie in den Garten und dann sieht sie den Kater auf sich zukommen, zögerlich stakst er durchs taunasse Gras.
Meine Güte, Charlie, was bist du wasserscheu ich komm gleich runter zu dir, mein Süßer, und dann gibt's Frühstück.
Sie lässt sich fallen.


„Mist. Ich glaub, wir verlieren sie. Runter mit dem Neurozwei, schnell. Mindestens auf zehn. Und dann abbrechen.“
„Wenn’s die so arg wie den Hormayer erwischt hat, bring ich dich eigenhändig um, Herbie, ich schwör’s dir.“
„Jessas, Lou, jetzt scheiß dich nicht gleich an. Ein paar Stunden im RehaModus und sie ist so gut wie neu. Die Kleine ist ein Wahnsinn, die steckt so was weg wie nix, glaub mir.“


Charlie springt auf die Gartenbank und leckt sich das Fell.
Komm her, Charlie … miez miez miez … jetzt komm schon, du Angsthase. Die paar Wassertröpfchen wirst du überleben.
Der Kater maunzt kläglich. Kurzerhand läuft Gloria zu ihm und hebt ihn hoch.
Bist du etwa aus Zucker, ha?
Seine Schnurrhaare kitzeln ihre Nase.
Ich hasse nasses Fell, das weißt du, knurrt Charlie und haut ihr die Krallen in den Unterarm.
„Spinnst du?“, schreit Gloria und reißt die Augen auf.
„Ganz ruhig, Gloria … alles okay, du bist wieder raus. Alles okay, Mädchen, ganz ruhig.“
Gehetzt blickt Gloria um sich. „Lou? … Mann, bin ich froh … diesmal dachte ich echt … pff.“
„Ganz ruhig … entspann dich, Gloria … alles ist gut.“
Sie sieht ihm zu, wie er mit Leukoplast die Kanüle an ihrem Unterarm fixiert, dann schließt sie wieder die Augen.
„Oh Gott oh Gott, diesmal hat’s mich aber ordentlich erwischt. Scheiß Level zwölf. Nie schaff ich den.“
„Verdammt, Gloria, du warst echt gut, ehrlich. So weit wie du ist noch niemand gekommen. Na ja, und das mit der Rohrzange … jessas, das war richtig fies. Hat Herbie erst vorgestern reingeschrieben.“
„Mann, was für’n Arsch. Wahrscheinlich findet der das noch lustig.“ Mit den Fingerspitzen tastet sie über ihr Gesicht. „Ich hab wirklich geglaubt, das war’s jetzt … aber weißt du, Lou, was mich am meisten fertiggemacht hat?“
„Na ja, die Schmerzen, nehm ich an.“
„Nein, die gar nicht so … aber wie mir das Ding in die Fresse fliegt, da spür ich plötzlich mit der Zunge, dass zwei Zähne ausgeschlagen sind … ich mit einer Zahnlücke, stell dir das mal vor. Also da musste ich echt heulen. Da war’s vorbei irgendwie. Da konnte ich nicht mehr.“
„Ja, um dein hübsches Lächeln wär’s jammerschade.“ Lou grinst sie an, dann dreht er sich um und hantiert am Infusionsbeutel. „So, meine Kleine, jetzt schläfst du dich erstmal aus. Hast es dir verdient.“
„Was anderes noch, Lou. Was hatte denn das Scheißviech da drin verloren?“
„Hehe, das war Ripley.“
„Ripley?“
„Genau, Ripley. So nennt Herbie sein jüngstes Baby. Wie diese Tussi aus Alien. Du weißt ja, er hat‘s mit diesen alten Filmen.“
„Ja, okay, aber ich mein, was hat denn so ein schleimiges Kriechtier mit unserem Training zu tun? Fliegen wir zum Mars oder nach Hollywood?“
„Na ja, Herbie fand‘s halt witzig. Kennst ihn ja. Und er meint, dass es ja eigentlich egal ist, womit wir euch da drin den Stress machen, oder? Hauptsache, ihr scheißt euch vor Angst in die Hose. Und da hat er ja irgendwie recht.“
„Mann, ihr spinnt doch. Und was sollte der Scheiß mit Ebene 7? Die gibt’s auf der Luna doch gar nicht. Findet ihr das auch witzig? Was hat denn das mit Evakuierungstraining zu tun? Echt jetzt.“
„Schau, Gloria, es geht doch ums Improvisieren. Jeder Situation gewachsen sein und so. Sich nicht einfach sagen können: Okay, kenn ich eh alles, da vorn muss ich zweimal links, und dann über den Laufsteg rüber und dort ist die nächste Com-Unit und dort der Feuerlöscher, nullo Problemo ... ihr müsst flexibel sein, verstehst du? Sonst könntet ihr ja gleich durch die echte Luna rennen und Fangenspielen.“
„Na ja, ihr müsst es ja wissen … und was wäre hinter der Luke gewesen?“
„Ebene 7.“
„Ja, Lou, schon klar. Aber was ist auf Ebene 7?“
„Keine Ahnung, Gloria, ehrlich, ich weiß es selber nicht. Herbie hat‘s mir noch nicht verraten. Er nennt es seinen Joker. Sein As im Ärmel. Damit hat er mich an den Eiern, sagt er.“
„Was heißt, er hat dich an den Eiern?“
„Na ja, momentan lieg ich nämlich noch in Führung. In der letzten Sequenz hat er ja keine Credits gekriegt, das war quasi ein Streichresultat. Die Regeln sind ein bisschen kompliziert, musst du wissen. Fast so arg wie beim Baseball irgendwie.“
„Verarscht du mich, Lou? Ihr spielt?“
„Also spielen würd ich’s nicht unbedingt nennen. Steckt schon verdammt viel Arbeit drin.“
„Ihr seid verrückt. Ich glaub‘s nicht.“
„Na komm, Gloria, was meinst du wie langweilig uns hier unten ist ... ich mein, ihr anderen haut euch alle zwei Wochen für ein paar Tage in den SubMod, aber seit der Hormayer ausgefallen ist, machen wir zwei Idioten hier fast rund um die Uhr Dienst.“
„Was redest du da für Scheiß? Ihr seid doch zu sechst hier beim Simulator. Was ist mit Team 2? Mit Milo und Theo und Jorge?“
„Äh ... na ja, die sind krank ... sozusagen.“
„So ein Blödsinn. Das wüssten wir doch alle. Und erst recht die zu Hause. Die drei können sich ja nicht einfach aus dem MedData ausgeloggt haben.“
Lou grinst sie an. „Wer überwacht denn das MedData, Gloria, ha?“
„Na das MetaB.“
„Richtig. Und das MetaB?“
„Blöde Frage. Das MainMasterSystem natürlich.“
„Kluges Mädchen. Und wer, meinst du, ist seit sechs Wochen im MainMaster drin?“
„Mein Gott … das ist nicht euer Ernst.“
„Doch, hehe … war Herbies Idee. Der Hund hat’s tatsächlich geschafft, den BetaCode zu knacken. Noch vor dem Abflug, wie wir uns da wochenlang auf der Mondbasis den Arsch wund gesessen haben. Keine Ahnung, wie er das hingekriegt hat. Mit irgendwelchen Ableitungen aus den Messiere-Rosenzweig-Gleichungen, glaub ich. Er hat‘s mir mal erklärt, aber wirklich kapiert hab ich‘s nicht.“
„Lou, bitte. Sag mir, dass du dir das alles gerade ausdenkst.“
„Nö. Stimmt hundertpro.“
„Aber das muss doch wer merken.“
„Wer denn?“
„Na alle. Die MBasis, Henniger, das ganze Team halt.“
„Wieso? Die Statusmeldungen sind ganz normal, vollkommen unauffällig. Immer alles bestens. Nix Houston, wir haben ein Problem. Nein, nein, das hat Herbie voll im Griff. Hehe, der Typ ist echt ein Genie.“
„Aber zumindest Henniger muss doch was checken.“
„Das hörst du jetzt vielleicht nicht gern, Gloria, aber … tja, der Alte pennt seit drei Wochen im SubMod … also in Wahrheit pennt eigentlich nicht nur der Käpt’n, sondern die ganze Besatzung.“
„Was? Ich hab doch noch gestern mit Henniger gesprochen.“
„Du meinst gestern vor drei Wochen, Liebes. Du warst jetzt nämlich drei Wochen in der Sim. Also in der Sim im SubMod. Im SimSubMod quasi. Oder sagt man SubModSim? … ach scheiß drauf, du weißt schon was ich meine.“
„Heißt das … oh mein Gott! Lou … ihr habt die Luna gekapert?“
„Kann man so sagen.“
„Lou, bitte, warum macht ihr das?“
„Na ja, wir finden‘s witzig irgendwie. Und Herbie meint, dass es eine Schande wäre, wenn man so eine megageile Kiste nicht voll am Limit fährt … komm, Gloria, schlaf jetzt ein bisschen. Ich muss noch nach Kurt schauen. Träum was Schönes, mein Engel.“

 
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harrytherobot und Novak

harrytherobot unter Cassandroid schrieb:
Ich warte immer noch auf deine erste SF-Story … Auch in Utopia ist reichlich Platz für Romantik und Melancholie ...

Nun denn, Harry. Da ist sie und ich schenk sie dir. :D

(Ein Stückchen davon musst du allerdings Novak abgeben. Als mein kleines Dankeschön für die Gartenhäcksler-Inspiration.)

 

Hallo Offshore,

recht schönen Dank für diese kleine Geschichte, Ernst. Bin baff! Wenngleich die Story nicht wirklich utopisch zu sein scheint (ich habe vorerst einen sachverständigen Droiden-Lektor damit beauftragt, sie daraufhin abzuklopfen), freu ich mich doch sehr. Man kriegt schließlich nicht jeden Tag eine Story geschenkt.
Irgendwie kommt der Bergsteiger in Dir wieder mal durch. Lüftungs- oder andere Schächte gleichen ja hier sehr engen Kletterspalten irgendwo in den Alpen. Ich werde sie der Einfachheit halber einer Forschungsstation auf Alpha Centauri oder irgendwo im Pferdekopfnebel zuordnen …
Blutnebel in Schwerelosigkeit, arme Gloria. Und natürlich armer Hormayer, den wollen wir ja nicht vergessen. Ebene 7 unerreichbar ... Ich hoffe übrigens, der Balkon liegt im Erdgeschoss.
Bleibt die Frage, ob Glorias Halluzinationen einem Unfall, dem Weltraumkoller, dem Puertiamin, oder einer Fehlfunktion des Neurozwei-Tuners geschuldet sind?

Charlie, Charlie, ruft sie und dann sieht sie den Kater auf sich zulaufen, in großen Sprüngen durchquert er den taunassen Garten. Meine Güte, Charlie, was bist du wasserscheu … ich komm gleich runter zu dir, mein Kleiner, und dann gibt's Frühstück.
Der Kater Charlie kommt mir irgendwie bekannt vor …
Also: Science Fiction? Mmmh … Seltsam? Auf jeden Fall. Und da die Geschichte mir gehört, kann ich nicht anders, ich muss sie nun erst recht loben und überlasse Novak natürlich nicht nur ein Stückchen, sondern die Hälfte.
Herzliche Grüße
Harry

 

Hallo ernst

Meinetwegen dürftest du ruhig tiefer in das Genre eintauchen - also ich finde das eine tolle Szene, spannend und man ist als Leser gleich mittendrin. Gleichzeitig war das aber auch einer der Texte, wo ich dann beim Runterscrollen (auf dem Smartphone im Zug) plötzlich dachte: Wie, das wars schon?

Mir fehlt da so ein bisschen der Kontext drumherum. Klar, du deutest ein paar Dinge an - aber so richtig zufrieden hat es mich nicht gestellt, und das darfst du in diesem Fall als Kompliment betrachten, weil ich da sehr gern mehr gelesen hätte. Es ist lebendig und authentisch geschrieben, wenngleich du hier

„Mann, ich dreh noch durch mit dir, echt!“, brüllt Gloria. „Verfluchte Scheiße, Kurt! Und jetzt? Soll ich die verfickte Schraube abknabbern oder was?“
„Äh, eine Rohrzange haben wir noch. Soll ich sie dir geben?“
„Hast du eine bessere Idee? … Und binde sie um Himmels Willen wo fest. Oh Gott, oh Gott, lang halt ich‘s da nicht mehr aus.“
„Äh … ich hab keine Schnur.“
„Dann nimm deine Scheißschnürsenkel oder reiß dein Scheißhemd in Streifen, Herrgottnochmal! Benutz bitte einmal deinen Verstand. Einmal nur, Kurt, bitte!“

vielleicht ein bisschen übers Ziel hinausschießt mit den ganzen Flüchen. Aber gut, sie hängt da und ist kurz vorm Abstürzen, ihr Kompagnon sehr unfähig, vielleicht rechtfertigt das dann auch die etwas übertriebene Sprache.

Die Stelle hier:

Sie reibt sich mit der freien Hand die Augen und stellt sich vor, wie Tränen und Blut sich mischen, über ihre Stirn fließen, von den Haaren ins Leere trudeln, glitzernde Perlen, die schließlich vom Luftzug der Ventilatoren in den stählernen Eingeweiden der Station verteilt werden. Sie stellt sich den feinen, roten Sprühnebel vor, wie er aus den Lüftungsgittern in die verwüsteten Decks strömt, rosafarbene Wolken, die alles umhüllen und die Wände färben

ist wirklich toll geschrieben, diese Flucht vor der (realen) Verzweiflung hin zu einer schönen Erinnerung in der Kindheit, die wie ein Rettungsboot wirkt, aber so trügerisch ist - nur um dann in der Wirklichkeit doch wieder zu fallen - das ist schon sehr gut und war für mich das Highlight in dem Text.

Die Dialoge dazwischen lassen mich etwas ratlos zurück. Puertiamin? Neurozwei-Tuner? Level zwölf? Da kann man jetzt alles mögliche reininterpretieren, ich finde das insgesamt zu vage und zu knapp.

„Mist. Ich glaub, wir verlieren sie.“
„Wenn’s die so arg erwischt hat wie den Hormayer, bring ich dich eigenhändig um, Herbie, ich schwör’s dir.“

Tja - wie gesagt, da dachte ich, das wars schon?

Gerne mehr davon, ernst. Finde das spannend und unterhaltsam.

Grüsse,
Schwups

 

Hallo ernst offshore,

ich habs so verstanden, dass die Prot von zwei "Wissenschaftlern" auf eine virtuelle Reise geschickt wird. Warum? Nach dem Setting des ersten Abschnitts soll sie getestet werden, ob sie in der Lage ist, in einer aussichtslosen Situation zu überleben und damit Rettung und Hilfe zu bringen (wem auch immer).

Und dann entgleitet sie. Ihr Gehirn schaltet auf eine andere Phantasie um, in der ihr Überlebenswille so schwach ausgeprägt ist, dass sie sich, ohne weitere Gedanken zu verschwenden, fallen lässt.

Und wieder einmal zeigt sich: Die Wissenschaftler können ihre Mäuse - Affen - Menschen immer weiter, immer schneller, immer härter antreiben, aber Entschleunigung gibt es hier nicht. Wer nicht besteht, ist eben verloren.

Eine Geschichte, in der sich die Leser viel dazu denken können und wohl auch müssen. Vielleicht sind wir Versuchsobjekte der Geschichte.

Genug phantasiert.

Liebe Grüße

Jobär

 
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SF- ist das dein ernst, offshore?

Utopisch ist höchstens dein Wunsch, dass es in die Rubrik passt.

Ein Vogel macht noch keinen Frühling und ein paar eigene Wortkreationen noch keine SF-Story.
Aber ich will mal nicht so streng sein: Wahrscheinlich sind alle im Urlaub und offshore hat keinen, mit dem er ein Bier trinken gehen kann. Dann schreibt man halt mal schnell eine Geschichte :D.
Denn dass das Teil mit heißen Nadeln gestrickt ist, merkt man ja nur schon an der Kürze, irgendwann musstest du es fallenlassen - wortwörtlich. (Kennen wir ja auch schon sehr gut geschrieben aus einer anderen Geschichte).

Was mir außerordentlich gut gefällt ist der Wechsel vom verzweifelten Überlebenskampf hin zur Traumwelt ... zum Nirgendwo. Dieser Übergang ist klasse.

Auch wenn es wieder mal offshoreschön geschrieben ist, fehlt mir einfach zuviel drumrum. Du hast natürlich tief in deine Werkzeugkiste gegriffen, das macht die Sache auch authentisch. Aber bis ich in der Geschichte drin war, war sie schon rum.

Nun gut, manchmal ess' ich auch eine Kugel Eis und denke, dass zwei oder drei besser gewesen wären, bestellt habe ich aber nur eine. Leg' halt mal nach oder lass' es als kleines "Zwischendurch" stehen. Es sei dir gegönnt nach den vielen Geburtswehen von deinem Copywrite :).


Passend dazu:
http://www.aufzugsturm-rottweil.de/


Liebe Grüße
bernadette

 
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bernadette schrieb:
SF- ist das dein ernst, offshore?
Na ja, eigentlich schon.*)

Tja, Harry, Jobär, Schwups, bernadette,

ich weiß natürlich, es ist nicht gerade seriös, binnen zweier Stunden eine Story aus dem Handgelenk zu schütteln und sie dann gleich zu posten.
Aber unsere liebe Chefin hat offenbar die kathartische Wirkung, die das Schreiben dieser Geschichte auf mich hatte, ganz richtig erkannt und gibt mir quasi ihren Sanktus:

bernadette schrieb:
… lass' es als kleines "Zwischendurch" stehen. Es sei dir gegönnt nach den vielen Geburtswehen von deinem Copywrite
Nach dem wochenlangen Ringen mit der Copywrite-Geschichte hab ich es nämlich wirklich genossen, einfach so drauf los schreiben zu können, wie von selber ist das gegangen. Ja, ganz selten gelingt mir das, und das muss ich dann einfach ausnützen, ähnlich wie damals mit „Pflichterfüllung“, die Story hab ich ja auch an einem Wochenende hingefetzt. Ohne großartige Ansprüche, einfach aus Freude am Schreiben.
Und diesmal ist es mir noch leichter gefallen. Nachdem ich Harrys Antwort unter „Cassandroid“ gelesen habe, war sofort eine Idee da. Und mit der Erwähnung des Wortes Utopia gab er mir auch gleich den Titel vor.

Na ja, und zum Plot:

Schwups schrieb:
Mir fehlt da so ein bisschen der Kontext drumherum. Klar, du deutest ein paar Dinge an
[…] Die Dialoge dazwischen lassen mich etwas ratlos zurück. Puertiamin? Neurozwei-Tuner? Level zwölf? Da kann man jetzt alles mögliche reininterpretieren, ich finde das insgesamt zu vage und zu knapp.
Schwups hat natürlich recht, es bleibt wirklich viel ungesagt und der Plot ist allemal ausbaufähig. Aber ich hab mir wieder einmal - wie beim „Witwer“ - eine 1000 Wörter-Grenze gesetzt. (Warum auch immer.)
Aber obwohl das Ding sehr fragmentarisch ist, liegt z.B. Jobär mit seiner Interpretation schon haarscharf an dem, was ich im Kopf hatte:

Jobär schrieb:
ich habs so verstanden, dass die Prot von zwei "Wissenschaftlern" auf eine virtuelle Reise geschickt wird. Warum? Nach dem Setting des ersten Abschnitts soll sie getestet werden, ob sie in der Lage ist, in einer aussichtslosen Situation zu überleben und damit Rettung und Hilfe zu bringen (wem auch immer).
Und dann entgleitet sie. Ihr Gehirn schaltet auf eine andere Phantasie um, in der ihr Überlebenswille so schwach ausgeprägt ist, dass sie sich, ohne weitere Gedanken zu verschwenden, fallen lässt.
Genau. Die Idee war, dass die einzigen realen Szenen die Gespräche zwischen den beiden Wissenschaftlern sind, und alles andere ist nur eine virtuelle Simulation.
Also entweder befindet sich Gloria in einem Auswahlverfahren für angehende Raumfahrer, so einer Art Eignungstest, wo mit … pff, na ja, also mit diversen bewusstseinsstimulierenden Drogen, mit Gehirnsonden und Datenbrillen, lauter so modernem Zeugs halt, in den Köpfen der Probanden eine scheinbare Wirklichkeit erschaffen wird. So in der Art, als würden sie quasi leibhaftig in einem 3D-Computerspiel agieren. Und dort werden sie dann Extremsituationen ausgesetzt, um ihre Leistungs- und Leidensfähigkeit zu evaluieren.
Oder sie ist auf einem tatsächlichen Raumflug, z.B. zum Mars, und während der monatelangen Reise absolvieren die Astronauten virtuelle Trainingsprogramme. Oder so was in der Art. Und da kommt's halt bisweilen zu bedauerlichen Zwischenfällen ...

Na ja, und insofern seh ich das schon als Science Fiction, weil zum einen die Story in der Zukunft spielt, und zum anderen Technologien darin vorkommen, die heute vielleicht noch in den Kinderschuhen stecken, die sich aber vermutlich mit rasender Geschwindigkeit weiterentwickeln und irgendwann Realität sein werden.

Wie auch immer, ich freu mich, dass ich mit dem Text, der ja mehr ein privater Spaß zwischen Harry und mir werden sollte, bei euch nicht durchgefallen bin. („offshoreschöne Sprache“, „wirklich toll geschrieben“, „Gerne mehr davon“. Mann, so was höre ich wirklich gern.)
Gut möglich, dass ich mir die Story irgendwann noch einmal vornehme. Ich glaube nämlich, dass es diese Gloria faustdick hinter den Ohren hat und das Trauma wegsteckt wie nix.
Anders als bei „Szenen“ verspreche ich diesmal allerdings nichts.


Vielen Dank euch allen.

offshore


*)Meinst du, ich weiß nicht, bernadette, dass du die Frage nur des Wortspiels wegen an den Anfang deines Kommentars gesetzt hast? :D

 

Hey offshore,

ich mag das Setting deiner Geschichte, ich möchte dieses Mal gar nicht viel dazu sagen, nur ein paar Gedanken: Ich mochte Gloria, ihre Gedanken am Limit, an der Grenze, das ist echt hervorragend beschrieben, wie wenig sie den Tod scheut, wie sehr sie aber doch Leben möchte, sie klammert sich nicht verzweifelt am Leben fest, weil sie Angst vor dem Tod hat, sie steckt in dieser miesen Situation und denkt über den Tod nach, als eine - nicht gang abwegige - Alternative. Schön fand ich als sie sich Gedanken über den Tollpatsch macht, dass er sie nervt, sie ihn aber trotzdem schätzt, nicht als Fachkraft, sondern als Mensch mit eigenen Gefühlen, das ist eine hellleuchtende Stelle in deinem Text. Mich hat der nämlich auch ziemlich aufgeregt, wie der alles vermasselt und ihr die Rohrzange auch noch ins Gesicht fallen lässt, ich habe es befürchtet und es ist passiert, und ich habe es ihm - das habe ich gespürt - übler genommen als Gloria, das muss man sich mal vorstellen.

Sie stellt sich den feinen, roten Sprühnebel vor, wie er aus den Lüftungsgittern in die verwüsteten Decks strömt, rosafarbene Wolken, die alles umhüllen und die Wände färben … so rosa wie die Wände ihres Kinderzimmers, rosa Wände und darauf rosagerahmte Fotos von Ponys und Katzen.
Ich finde ihre Gedanken an dieser Stelle super, nur das Wolken widerspricht sich mit dem Sprühnebel, weil dieser Sprühnebel das so gut beschreibt, ich weiß nicht, ob du da die einzelnen Partikel in der Luft schweben siehst oder was auch immer, eine Wolke kann ich mir da nicht vorstellen,vor allem physikalisch nicht.

Ich mochte das, diese virtuelle Leidenschaft hoch oben und doch so nah bei uns - unten.

markus.

 

*)Meinst du, ich weiß nicht, bernadette, dass du die Frage nur des Wortspiels wegen an den Anfang deines Kommentars gesetzt hast? :D

Ganz im Ernst, offshore: Denkst du wirklich, ich stelle bei meiner seriösen Kritik nur des Wortwitzes wegen eine Frage? Das würde mir nie einfallen, genauso wenig wie deswegen eine Antwort zu geben. :teach:

 

Hallo Ernst.
Egal ob Du die Geschichte in Bierlaune geschrieben hast, schnell oder ordentlich, mir gefällt sie. Sie ist in einem Atemzug zu lesen, ich finde sie organisch und sehr einheitlich, wie es manchmal nur Geschichten die an einem Stück geschrieben werden schaffen.
Es gibt Geschichten die reifen müssen, die einem so wichtig sind, dass man mit Ehrfurcht jedes Wort abwägt. Und es gibt Schreiblaunen, die nur einen Zweck haben: Spaß.

Wenn der Text dann auch noch den Lesern Spaß macht, ist das sehr erfreulich. Und mir hat er Spaß gemacht. Ich hätte noch weiter lesen können. Auch, weil ich es spannend fand, dass sie aus der Frauenperspektive geschrieben war. Ich finde einen Geschlechtertausch nicht ganz einfach und deshalb schaue ich mir das gerne bei anderen an.
Sehr lustig fand ich den Satz:

Ist sie eine Heulsuse oder eine Mechanikerin?
Ich fürchte, ich wäre eine Heulsuse,
Grüßle, Gretha

 
Zuletzt bearbeitet:

M. Glass schrieb:
Ich mochte Gloria, ihre Gedanken am Limit, an der Grenze, das ist echt hervorragend beschrieben,
Wunderbar, markus, die Gloria taugt mir nämlich auch. Scheint ein ziemlich cooles Mädchen zu sein, draufgängerisch, unheimlich stark und tapfer, und doch sensibel.
(Ein bisschen stellte ich sie mir vor wie Jodie Foster als Ellie Arroway in Contact)

Schön fand ich, als sie sich Gedanken über den Tollpatsch macht, dass er sie nervt, sie ihn aber trotzdem schätzt, nicht als Fachkraft, sondern als Mensch mit eigenen Gefühlen, das ist eine hellleuchtende Stelle in deinem Text.
Ja, das war mir schon wichtig, dass Gloria neben ihrer Coolness und Professionalität auch noch ein gutes Herz hat. Für die erste Geschichte, in der ich aus der Perspektive einer Frau erzähle, wollte ich einfach eine sympathische Figur.

Ich finde ihre Gedanken an dieser Stelle super, nur das Wolken widerspricht sich mit dem Sprühnebel, weil dieser Sprühnebel das so gut beschreibt, ich weiß nicht, ob du da die einzelnen Partikel in der Luft schweben siehst oder was auch immer,…
Nun ja, markus, zum einen geht’s da los mit Glorias Flucht aus der vermeintlichen - in Wahrheit natürlich nur vorgespielten - Wirklichkeit. Gloria halluziniert sich zurück in ihre glückliche Kindheit, ihr gepeinigtes Bewusstsein sieht keinen anderen Ausweg, als sich sozusagen die ganze Welt rosa zu färben und entsprechend unzuverlässig ist ihre Wahrnehmung.

... eine Wolke kann ich mir da nicht vorstellen, vor allem physikalisch nicht.
Zum anderen sind Nebel und Wolken haargenau dasselbe. Physikalisch gesehen gibt‘s da keinen Unterschied. (Allein die Höhe, in der wir sie wahrnehmen, bestimmt, ob wir von Nebel oder von Wolken sprechen.)

Es freut mich wirklich, markus, dass dir mein Ausflug in dieses doch sehr offshore-untypische Genre gefallen hat.


Gretha schrieb:
Wenn der Text dann auch noch den Lesern Spaß macht, ist das sehr erfreulich. Und mir hat er Spaß gemacht.
Ich wusste es, Gretha, dass ich dich irgendwann erwische. Brauch ich einfach nur mein übliches Herz-Schmerz-Gesülze beiseitelassen. :D

Ich hätte noch weiter lesen können. Auch, weil ich es spannend fand, dass sie aus der Frauenperspektive geschrieben war. Ich finde einen Geschlechtertausch nicht ganz einfach und deshalb schaue ich mir das gerne bei anderen an.
Ja, ich fand's auch spannend, einmal aus weiblicher Sicht zu schreiben.
Natürlich kann ich in so einer kurzen Geschichte Glorias Psyche nicht zur Gänze ausloten, aber ich konnte mir die Frau einfach wahnsinnig gut vorstellen. Wie sie ihren rosa Kleinmädchenträumen entwächst, als Teenager dann auf alle Geschlechterrollenklischees pfeift und schließlich eine megacoole Technikerin wird.
Ja, die Kleine mag ich wirklich. Und deshalb hab ich gestern Nacht ja auch dem Herbie noch einen neuen letzten Satz in den Mund gelegt, der so was wie ein gutes Ende andeutet.
Also, für alle Zartbesaiteten: Gloria stirbt am Ende definitiv nicht.
Hehe, vielleicht wird diese Geschichte gar der Beginn einer Serie.

Vielen Dank, Gretha.

offshore

Ach ja:

Ich fürchte, ich wäre eine Heulsuse,
Wenn das Jochbein zerdeppert wird, heult selbst der abgebrühteste Mistkerl, Gretha, glaub mir, das tut nämlich echt scheiße weh.

 

Wenn ich mir anschau, was du aktuell so liest, Jobär, überrascht's mich nicht, dass dich der neue Schluss glücklich macht.

Willkommen im Club der sentimentalen Heulsusen. :D

 

Was heißt hier aktuell. ich habe etwa 700 Bücher mit Heulsusenfutter. Das genügt für manches durchweichte Taschentuch.

 

Hallo Ernst,

da hat man gerade Blut geleckt und dann bricht diese Geschichte ab. Ich finde du solltest deine 1000-Wörter-Regel unbedingt noch mal überdenken. :)

Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob ich alles richtig verstanden habe.

„Gib ihr noch ein bisschen vom Puertiamin.

Bedeutet das, dass Kurt ihr den Schraubschlüssel ins Gesicht fallen läßt? Oder verabreichen sie ihr irgendwelche Drogen?

Ich finde, dieser Text läßt zu viele Fragen offen um so richtig als Kurzgeschichte durch zu gehen.

sie schließt die Augen und stellt sich vor, wie Tränen und Blut sich mischen, über ihre Stirn fließen und von den Haarspitzen ins Leere fallen, glitzernde Perlen, die vom Luftzug der Ventilatoren zerstäubt sich schließlich in den stählernen Eingeweiden der Station verteilen. Sie stellt sich den feinen, roten Sprühnebel vor, wie er durch die Lüftungsgitter in die verwüsteten Decks strömt, rosafarbene Wolken, die alles umhüllen und die Wände färben,

Das ist wirklich ein starkes Bild, gruselig und poetisch. Du hast überhaupt eine sehr kraftvolle Sprache, man spürt den Schraubschlüssel geradezu auf dem Jochbein. :sick:

Sie klettert aufs Geländer.
Und lässt sich fallen.

Der erste Satz bereitet den Leser schon so vor. Ich weiß nicht, ob das nötig ist. Ich glaube, wenn da an diesem Punkt nur stehen würde. "Sie läßt sich fallen." würde es mich kalt erwischen und das würde mir besser gefallen. (So, jetzt habe ich aber schwer gesucht, um diesen kleinen Kritikpunkt zu finden.)

Wie geht es denn nun weiter?

Liebe Grüße, Chutney

 

Hallo ernst offshore

Ich habe schon mal kürzlich in deine (viel, viel kürzere?) Geschichte rein geschaut und damit nicht wirklich was anfangen können.
Aber so, in der XL-Version gefällt sie mir gut, echt gut.
Stelle mir vor, wie sich beide in einem Raumschiff aufhalten. Ob das so ist, oder nicht, spielt keine Rolle. Meine Fantasie wurde angeregt.

Es hat doch sowieso keinen Snn.
Sinn
Hat sie nicht schon mit fünfzehn die Honday ihres Bruders zum heißesten Bike der Stadt gemacht?
Ist es tatsächlich eine Honday oder die alte, bekannte Honda?

Gerne gelesen. :thumbsup:

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Lieber Ernst

Der Schwung, mit dem du den Text offenbar verfasst hast, kommt bei mir als Leser an. Ich fand's toll und habe ein ähnliches Verlangen wie andere: Mehr davon, d.h. auch mehr Kontext. Diese U1000-Worte-Passage wirkt, als entstamme sie einem längeren Text. Obwohl: Der Einstieg mittendrin hat mir gut gefallen und das (neue) Ende ebenfalls.
Und dann habe ich mir eine Frage gestellt: Wie stark muss man bluten und wie muss man hängen, damit Tropfen, die bei Jochbein und Lippen entstehen, zur Stirn und in die Haare fliessen, um erst dann von den Spitzen ins Leere fallen? Bei CSI gäbe es jetzt eine Rekonstruktion am Modell, wir müssen spekulieren.

Habe ich gern gelesen

Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Chutney schrieb:
Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob ich alles richtig verstanden habe.
„Gib ihr noch ein bisschen vom Puertiamin.
Bedeutet das, dass Kurt ihr den Schraubschlüssel ins Gesicht fallen lässt? Oder verabreichen sie ihr irgendwelche Drogen?
Also den Schraubenschlüssel kriegt Gloria so oder so in die Fresse. Das ist in der Simulation quasi ein fixer Programmpunkt auf Level zwölf.
Aber du hast natürlich recht, Chutney, so wirklich aufschlussreich ist der Dialog nicht.
Ich hab ja in einer Antwort weiter oben schon geschrieben, wie ich mir das vorgestellt hab, ich zitier mich jetzt einfach selbst:

offshore schrieb:
[…] befindet sich Gloria in einem Auswahlverfahren für angehende Raumfahrer, so einer Art Eignungstest, wo mit … pff, na ja, also mit diversen bewusstseinsstimulierenden Drogen, mit Gehirnsonden und Datenbrillen, lauter so modernem Zeugs halt, in den Köpfen der Probanden eine scheinbare Wirklichkeit erschaffen wird. So in der Art, als würden sie quasi leibhaftig in einem 3D-Computerspiel agieren. Und dort werden sie dann Extremsituationen ausgesetzt, um ihre Leistungs- und Leidensfähigkeit, ihre Problemlösungskompetenz usw. unter schwierigsten Bedingungen zu evaluieren.

Nun ja, und die Wissenschaftler/Versuchsleiter/Trainer tun halt alles, um die Stressresistenz der Prüflinge bis zum Äußersten zu strapazieren, sie wollen herausfinden, ob die selbst in allerbösesten Situationen noch „funktionieren“, oder ob und wann die zusammenbrechen. Und neben den äußeren Umständen, also der vermeintlich realen Welt, die sie ihnen vorspielen, können die Tester - in Maßen - auch die Gehirntätigkeit der Kandidaten beeinflussen, um zu sehen, ob die sich quasi „ablenken“ lassen.
Und das Puertiamin z.B. (puertia = lateinisch für Kindheit :)) stellte ich mir als eine Droge vor, die längst vergessene Kindheitserinnerungen wachrufen kann.
Wäre nun Gloria wirklich so eine Art weiblicher John McClane, so eine richtig megacoole Sau also, ließe sie diese Erinnerungen gar nicht zu, sondern würde sich einzig auf ihr Überleben konzentrieren. Ist sie aber nicht, und deshalb wählt ihr Gehirn sozusagen den Notausgang, und der Test wird daraufhin abgebrochen.
(Und der Hormayer? Tja, der ist irgendwie auf dem Trip hängengeblieben, stellte ich mir vor. Der tappt jetzt mit Sabber am Kinn und einem Teddybären im Schlepptau durch die Krankenstation und grapscht blöde grinsend den Schwestern an die Titten.)

Na ja, und dass ich von den Lesern erwartete, das alles aus einem zehnzeiligen Dialog herauslesen zu können, war natürlich …äh, ja, ich geb’s zu: vollkommen bescheuert eigentlich.

Aber immerhin:

Chutney schrieb:
da hat man gerade Blut geleckt und dann bricht diese Geschichte ab. Ich finde du solltest deine 1000-Wörter-Regel unbedingt noch mal überdenken.

Peeperkorn schrieb:
Ich fand's toll und habe ein ähnliches Verlangen wie andere: Mehr davon,
also nach Schwups und bernadette seid ihr ja die nächsten, die die Kürze der Geschichte bedauern, und das fasse ich allemal als Kompliment auf.

Und deshalb hab ich wirklich vor, an dem Ding irgendwann weiterzuarbeiten.
Da stecken nämlich noch echt viele Möglichkeiten drin, glaub ich.

Zum Beispiel könnte ich auch diese Idee weiterspinnen:

offshore schrieb:
Oder sie ist auf einem tatsächlichen Raumflug, z.B. zum Mars, und während der monatelangen Reise absolvieren die Astronauten virtuelle Trainingsprogramme. Oder so was in der Art.
Und da gibt’s dann halt diese zwei durchgeknallten Typen im Raumschiff, Herbie und Lou, die anstatt die Tests seriös zu überwachen, sich die Zeit damit vertreiben, die Trainingssimulationen wie so eine Art Online-Game zu betreiben. Nur dass sie halt statt virtueller Charaktere echte Menschen durch eine computergenerierte Fantasiewelt jagen, wo die sich gegenseitig terminieren bzw. von virtuellen Aliens usw. abgemurkst werden. Und schließlich sind Herbie und Lou dann die einzigen, die den Mars in einigermaßen passabler Verfassung erreichen. Die restliche Mannschaft nämlich haben sie samt und sonders in den Wahnsinn getrieben. Und dann geht's natürlich erst so richtig los …

Mann, was es da an Möglichkeiten gäbe! Aberwitzige Querverweise auf tatsächliche Online-Spiele, Anspielungen auf das Verhalten echter Spiele-Junkies, usw.
Um das zu bewerkstelligen, müsste ich allerdings gewaltigen Rechercheaufwand betreiben. Ich selber habe ja – mit Ausnahme von vier oder fünfmal Pacman im Jahr 1982(!) und Snake auf meinem ersten Handy Anfang der 90er - nie ein Computerspiel gespielt, nicht eines. Deren Faszination konnte sich mir einfach nie erschließen. Allerdings habe ich zwei Söhne, die ich durchaus als Experten bezeichnen kann und die mir sicherlich unter die Arme greifen könnten.

Ach ja, Chutney, den Satz mit dem Geländer hab ich dermaßen fix rausgehaut, so schnell hättest du gar nicht schauen können. Danke für den Hinweis.


GoMusic schrieb:
Ich habe schon mal kürzlich in deine (viel, viel kürzere?) Geschichte rein geschaut und damit nicht wirklich was anfangen können.
Aber so, in der XL-Version gefällt sie mir gut, echt gut.
Freut mich, GoMusic, dass du vorbeigeschaut hast und dass es dir gefallen hat.
XL-Version allerdings ist eine eher euphemistische Bezeichnung, habe ich doch die ursprüngliche Fassung - abgesehen von zahllosen stilistischen Bereinigungen - seit Dienstag um gerade mal zwei Sätze verlängert. :D

GoMusic schrieb:
Ist es tatsächlich eine Honday oder die alte, bekannte Honda?
Nein, Honday ist schon richtig. Diese Wortkreation - um nicht zu sagen, dieses (*klugscheiß*) Portmanteauwort - wollte ich als Verweis darauf verstanden wissen, dass die Geschichte in der Zukunft spielt und die Marke Honda vom Hyundai-Konzern übernommen worden ist. (Hätte dir Yamasaki oder Kawazuki besser gefallen?)

Und danke natürlich fürs i, GoMusic.


Peeperkorn schrieb:
Und dann habe ich mir eine Frage gestellt: Wie stark muss man bluten und wie muss man hängen, damit Tropfen, die bei Jochbein und Lippen entstehen, zur Stirn und in die Haare fliessen, um erst dann von den Spitzen ins Leere fallen? Bei CSI gäbe es jetzt eine Rekonstruktion am Modell, wir müssen spekulieren.

Deinen Bedenken, Peeperkorn, stelle ich jetzt einfach mal das entgegen:

... sie schließt die Augen und stellt sich vor, wie Tränen und Blut sich mischen, über ihre Stirn fließen und von den Haarspitzen ins Leere fallen,
Also vergiss weitere Spekulationen über die Plausibilität dieser Szene. Das sind Fantasien von Gloria.


Vielen Dank euch dreien.

offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo ernst,

Es ist schön, dass du die Science Fiction-Rubrik für dich entdeckt hast und die Geschichte vielleicht noch ausbauen willst. Ich wollte mich nämlich ursprünglich beschweren, dass die mir zu kurz ist. Aber wenn du schon selbst am Überlegen bist, eine längere Version daraus zu machen, kann ich mich darauf konzentrieren, das, was schon da ist zu loben. :)

Was mir sehr gut gefallen hat, ist der Gloria&Kurt-Teil. Ich konnte mir beide Figuren sehr gut vorstellen und habe schnell Sympathien für sie entwickelt. Und das Ganze hat mich irgendwie sehr an Alien erinnert. Starke weibliche Hauptrolle, böses außerirdisches Viehzeug, und Raumschiffe, auf denen richtig gearbeitet werden muss und wo nicht alles glatt und steril aussieht wie ein Apple-Store. :thumbsup:

Der Herbie&Lou-Teil ist dagegen aus meiner Sicht noch zu schwach. So, wie die Geschichte jetzt ist, finde ich den relativ überflüssig, da hätte es mir eigentlich besser gefallen, wenn die "Raumschiff mit außerirdischem Monster"-Situation in der Geschichte real wäre und diese andere Ebene gar nicht auftauchen würde.
Wenn du es aber hinkriegst, aus den beiden auch so richtig coole Figuren zu machen, die nicht nur Technobabbel von sich geben, sondern ein bisschen mehr Persönlichkeit haben, dann kann ich mir sehr gut vorstellen, dass dieser Teil die Geschichte noch besser macht.

Deine Idee, dass die beiden das Astronautentraining als Videospiel missbrauchen, finde ich wirklich super, das würde ich sehr gern lesen! Setz dich mal mit deinen Söhnen zusammen. :)

Edit: Wegen der Hitze habe ich ganz vergessen, meine Titelbeschwerde vorzubringen. Das war neben der Kürze nämlich mein anderer Kritikpunkt: "Utopia" passt meiner Meinung nach überhaupt nicht zu der Geschichte. Nirgendwo in dem Text lässt sich sowas wie ein idealer Ort blicken. Simuliertes monsterverseuchtes Raumschiff? Simulationsstation, wo verantwortungslose Techniker die Probanden mit irgendwelchen Substanzen vollpumpen, ohne dass die sich wehren können? Beides nicht besonders utopisch, finde ich.

Grüße von Perdita

 
Zuletzt bearbeitet:

Perdita schrieb:
... kann ich mich darauf konzentrieren, das, was schon da ist zu loben.

Wow! Danke, Perdita.

Der Herbie&Lou-Teil ist dagegen aus meiner Sicht noch zu schwach. So, wie die Geschichte jetzt ist, finde ich den relativ überflüssig, da hätte es mir eigentlich besser gefallen, wenn die "Raumschiff mit außerirdischem Monster"-Situation in der Geschichte real wäre und diese andere Ebene gar nicht auftauchen würde.

Na ja, aber dann wär’s halt nur eine weitere unter unzähligen „Raumschiff mit außerirdischem Monster“-Geschichten geworden. Und irgendwie war mir schon auch wichtig, den Boden naturwissenschaftlicher Tatsachen nicht zu verlassen, und zu denen gehört für mich nun mal auch die Unmöglichkeit bemannter interstellarer oder gar intergalaktischer Raumflüge. Auch wenn es noch so viele intelligente Lebensformen im Universum geben sollte, begegnen werden wir Menschen ihnen nie.
Wohingegen ein bemannter Flug zum Mars durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Und mit dieser Simulationsebene hole ich mir halt die Alienmonster in die Geschichte, ohne ins Fantastische abzudriften.

Deine Idee, dass die beiden das Astronautentraining als Videospiel missbrauchen, finde ich wirklich super, das würde ich sehr gern lesen!

Guck mal, Perdita, was ich da für dich hab:

Edit: Spoiler entfernt. (Steht jetzt alles im Text.) :)

Dein Kommentar hat mich gestern nämlich dermaßen motiviert, dass ich die halbe Nacht geschrieben hab. Noch einmal so viel, und ich kann eine echt gute Story draus machen, glaub ich. (Eventuell mit der Schlusspointe, dass die Marsreise, während der die Simulationen stattfinden, sich als Simulation herausstellt. Simulationen innerhalb einer Simulation quasi. Na ja, so ein Metadings halt. :D)

Ach ja, und zum Titel: Ich fand den beim Schreiben der Erstversion nicht so unpassend. Da stellte ich mir nämlich noch vor, dass ich Gloria zum Schluss im paradiesischen Garten ihrer Kindheit aufwachen lasse. Mit dem schnurrenden Charlie im Arm.


Vielen Dank, Perdita, für dein Lob und vor allem dafür, dass du mich inspiriert hast.

offshore

 

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