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Tödlicher Verkehrsunfall auf dem Bernina

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30.12.2008
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Tödlicher Verkehrsunfall auf dem Bernina

„Schatz, können wir los?“, fragte Helmut seine langjährige Lebensgefährtin etwas genervt. Es ist immer dasselbe mit ihr, dachte er, als er seine schwarze Reisetasche in den Kofferraum hievte. Jedes mal, wenn sie verreisen wollten dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis sie endlich losfahren konnten. Allerdings war Helmut nicht wirklich genervt, er freute sich auf das gemeinsame Wochenende in den Bergen und die Fahrt über die Pässe. Es versprach ein herrlicher Frühlingstag zu werden!

Die beiden sind die Strecke schon oft gefahren. Sie wussten, dass wenn sie zügig fahren wollten etwas früher aufstehen mussten. Und so fuhren sie auf dunklen Strassen daher, ab und an kam ihnen ein Auto entgegen oder sie durchquerten ein schlafendes Dorf. Sie genossen die Einsamkeit und die Ruhe! Entspannt lauschten sie der leisen Musik. Er konzentrierte sich auf die Strasse und sie blickte verträumt in die langsam erwachende Welt. „Ich freue mich bereits auf eine gute Pizza in Livigno.“, gähnte sie und streckte sich dabei so gut es ging aus.

Immer wenn sie gemeinsam in ihr Ferienhaus im Puschlav, einem abgelegenen Tal am äussersten Zipfel Graubündens fuhren, machten sie einen Abstecher nach Livigno in Italien. Livigno liegt mitten in den Bergen, kurz vor ihrem eigentlichen Reiseziel! Dort gibt es eine gute Pizzeria und viele alkoholische Getränke sind jenseits der Grenze günstiger.

Doch bis dahin dauerte es noch eine ganze Weile. Es wurde ein milder Frühlingstag. Am Himmel war keine einzige Wolke auszumachen und die Sonne spendete emsig und arglos ihr Licht. Helmut freute sich, als sie St. Moritz endlich hinter sich gelassen hatten. Nur noch der Bernina, dachte er und die Erinnerungen an die letzte Reise kamen allmählich wieder auf. Die karge Landschaft des Bernina Gebirges hatte für ihn schon immer etwas bedrohliches. Dieses Gefühl wich üblicherweise erst einer angenehmen Sehnsucht, als er die Passstrasse auf der anderen Seite wieder herunterfahren konnte und sich das Tal in seiner ganzen Pracht vor ihm erstreckte. Dichte Wälder, grüne Wiesen, Alpenromantik pur. Doch so weit sollten sie heute nicht mehr kommen.

Ein unangenehmes Gefühl plagte Helmut, als sie die Passhöhe hinter sich liessen - er hatte Hunger. Nur noch etwa eine halbe Stunde! Er war aufmerksam, denn er wollte die Abzweigung nicht verpassen. Hier in den Bergen sieht es nach jeder Kurve etwa gleich aus. Egal wie oft er die Strecke bereits gefahren war, er wusste nie genau, wie lange es noch dauerte. Endlich, nach einer steilen Kurve konnte er die in der Sonne glänzenden Strassenschilder ausmachen. Da war sie nun, die Abzweigung!

Die Strasse nach Livigno schlängelte sich bedächtig durch das Tal. Helmut bemerkte, dass für diese Zeit ungewöhnlich wenig Verkehr herrschte. Er versuchte sich zu erinnern, wann er das letzte Auto gesehen hatte - vergebens. Seine Gedanken schweiften beim Blick auf die karge Bergwelt ab. Wie einsam es doch hier oben war.

Helmut blickte auf die Uhr, sie fuhren nun doch schon eine ganze Weile durch das gewaltige Tal und er wusste, dass sie ihr Ziel bald erreichen würden. „Sollten wir nicht bald mal ankommen? Ich habe langsam Hunger!“, stöhnte sie und schaute Helmut etwas gestresst an. „Hast du die richtige Abzweigung erwischt?“. Ein kurzes nicken. Sie haben die Grenze doch schon seit einiger Zeit hinter sich gelassen und soweit er wusste, gab es keine anderen Übergänge in dieser Gegend. Er war sich sicher, falsch gefahren war er bestimmt nicht.

Er wartete seit geraumer Zeit auf irgendeinen Hinweis, ein bekannte Gebäude, ein Strassenschild, irgendetwas. Doch die Strasse schlängelte sich noch ebenso bedächtig durch das Tal wie vor über einer Stunde. War er doch falsch gefahren? Er entschloss sich, den Wagen bei der nächsten Gelegenheit zu wenden.

Doch von der Abzweigung war weit und breit keine Spur. Die Strasse war wie leergefegt. Verdammt, dachte er, wo zum Teufel ist diese Abzweigung, wir müssten sie doch schon längst wieder erreicht haben! Immer noch schlängelte sich die Strasse bedächtig durch das mächtige Tal. Das konnte doch gar nicht sein, ein beklemmendes Gefühl stieg in ihm hoch, in den Augen seiner Freundin erkannte er selbiges. Sie fuhren immer weiter und weiter, doch die Landschaft veränderte sich nur unmerklich. Und sie fuhren weiter.

Ende.

 

Hallo Puschlaver,

etwas kurz geraten und nicht sehr viel von Horror. Eher verrät hier der Titel schon etwas zu viel, den braucht man aber! Den sonst würde man eher etwas unwissend deine Geschichte lesen.

Hier ist eher ein kleiner wohliger Grusel zu finden, nach meiner Meinung wird der Leser etwas zuviel im Unwissen gelassen.

Gruß Hawk

 

Hallo, Puschlaver,

herzlich willkommen auf kurzgeschichten.de (obwohl ich derzeit so selten hier bin, dass ausgerechnet ich das nicht sagen dürfte).

Ich habe deine Geschichte gelesen, weil sie kurz ist. Nicht, weil sie gut ist. Wäre sie lang gewesen, hätte ich es nicht fertiggebracht, sie komplett zu lesen. Dabei ist die Idee hinter deiner Geschichte durchaus tragfähig, nur leider erzählst du sie ungemein bieder und steif und tötest dadurch jedes wirkliche Interesse ab.

Schon der erste Absatz liest sich für mich wie ein Schulaufsatz:

„Schatz, können wir los?“, fragte Helmut seine langjährige Lebensgefährtin etwas genervt.

Schatz?! Und langjährige Lebensgefährtin? Der einzige Reiz, den das hat, ist das doppelte L. Ansonsten klingt das, als stünde die Trennung unmittelbar bevor.

Es ist immer dasselbe mit ihr, dachte er, als er seine schwarze Reisetasche in den Kofferraum hievte. Jedes mal, wenn sie verreisen wollten dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis sie endlich losfahren konnten.

Satz 1, okay. Satz 2 klingt durch das "wollten" und "konnten" ungelenk. Ich gebe gerne zu, dass ich für schlichte Satzstrukturen nicht so zu begeistern bin, aber das finde ich wirklich zu kurzatmig.

Allerdings war Helmut nicht wirklich genervt, er freute sich auf das gemeinsame Wochenende in den Bergen und die Fahrt über die Pässe.

Eben noch genervt, jetzt aber nicht mehr. Ist an sich okay, aber solch eine Szene müsste man wirklich ausspielen, sprich: ausschreiben. Die Feststellung "Er war genervt" mit einem zwei Sätze später nachgeschobenen "allerdings nicht wirklich, eigentlich freute er sich" zu konterkarieren, ist ebenfalls - entschuldige die Wiederholung - ungelenk.

Es versprach ein herrlicher Frühlingstag zu werden!

Die Formulierung geht gerade so, sie ist hart am Klischee, aber wenn man sie richtig einführt, kann sie funktionieren. Du klatschst sie aber einfach so hin.

Ähnlich wie in diesem Abschnitt verfährst du auch in den anderen. Du behauptest etwas, lieferst aber keine Belege, schaffst keine Atmosphäre, sondern konstatierst sie nur. Sie lauschen der Musik. Aha. Woher kommt die? Vermutlich aus dem Radio, aber das schreibst du nicht. Man kann es sich vielleicht denken, okay, aber was für Musik? Das würde die Hauptfiguren näher beschreiben, würde sie dem Leser näherbringen, würde ihnen Leben einhauchen.

Leben im übrigen, das insbesondere deswegen, weil du es ihnen ja nimmst, umso wichtiger ist. So fahren für mich zwei Abziehbilder in den nichtendenwollenden Sonnenaufgang. Helmut und die namenlose Freundin (die hat übrigens wirklich keinen Namen, außer vielleicht Schatz).

Zugegeben, ohne den Titel hätte ich vermutlich nichts gerafft, aber mit ihm nimmst du (wie Hawk schreibt) auch wieder einiges an (potentieller) Spannung weg. Insbesondere der Punkt, an dem im Verlauf der Fahrt der "Unfall" sich ereignet, ist in deiner Geschichte nonexistent. Es gibt ihn nicht, es ist so, als führen sie und führen und irgendwann mittendrin macht es lautlos plopp und und sie sind hinüber. Kein Geblendetwerden durch die tiefstehende Sonne, kein Fast-Unfall, keine Unaufmerksamkeit seitens des fahrenden Helmut, nicht einmal ein Unfall anderer Verkehrsteilnehmer, an dem man vorüberfährt. Nichts. Was bedeutet, dass man ohne den Titel überhaupt gar nichts verstehen kann. Der Titel ist der Schlüssel zu einer Geschichte über Helmut und Schatz, die immer weiter fahren, was den Leser nicht wirklich anrührt, weil er die beiden nicht kennt und nicht kennenlernt.

Das wirklich Bedauerlichste finde ich, dass du dich dort auf dem Bernina offenbar auskennst, dieses Wissen um die Menschen dort, die Landschaft dort, die Strecke dort aber überhaupt nicht ausspielst. Dein Benutzername sagt es und durch die Beschreibungen, so oberflächlich sich auch sein mögen, scheint auch hindurch, dass du mehr weißt. Aber aus irgendeinem Grund nicht damit rausrückst. Alles was ich weiß, ist dass die beiden wegen einer Pizza und den preiswerten Alkoholika die Region schätzen. Aber das ist doch sicherlich nicht alles. Es gibt ganz gewiss sehr viel über die Region und deine beiden Protagonisten zu erzählen, mit dem du bislang hintern Berg gehalten hast.

Du musst es jetzt nur noch reinschreiben.

Gruß
bvw

P.S.: Ich hoffe aufrichtig, dass dich das obige nicht vor den Kopf stößt. Sondern dir den Anstoß gibt, diese Geschichte zu überarbeiten. Dafür ist dieses Forum unter anderem da. Und ich bin noch einer von den Lieben ... ;)

 

Vielen Dank für das Lesen und Kommentieren meiner Geschichte. Ich finde die Kritik absolut berechtigt und bin für jegliche Rückmeldung sehr dankbar.

Ich versuche die Geschichte zu überarbeiten; einige Ideen schwirren mir jetzt schon im Kopf umher.

Neugierig wie ich bin, habe ich mir natürlich auch ein paar andere Geschichten und deren Rückmeldungen gelesen. In meinen Augen wirkt die Art und Weise wie Kritik eingebracht oft respektlos und obwohl im Kern sachlich nicht besonders aufbauend oder motivierend. Das finde ich wirklich schade, da man m.E. aus konstruktiver Kritik sehr viel lernen kann und man die Menschen auch dazu animieren kann, etwas wieder und wieder zu versuchen.

 

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