- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 5
Theater am Freitagabend
Ich gehe am Freitag in das Theater. Es ist die letzte Vorstellung für einige Monate. Es ist eine neue Interpretation von Romeo und Juliet. Weil wir davon nicht genug haben. Ich mag das Theater. Es ist die letzte Vorstellung für einige Monate. Danach kommen keine Vorstellungen mehr von diesem Stück. Für einige Monate mindestens. Daher gehe ich diesen Freitag. Weil ich diese Vorstellung noch sehen will.
Ich könnte sie mir auch nächstes Jahr angucken. Ich hab ja noch einiges an Lebenszeit. Aber ich sehe es mir diesen Freitag an. Vielleicht sterbe ich ja in den nächsten Monaten. Dann würde ich es sicherlich bereuen mir nicht diese Vorstellung angesehen zu haben. Vielleicht bringe ich mich um in den nächsten Monaten. Dann würde ich es bestimmt bereuen. Diese Vorstellung verpasst zu haben. Das Leben ist mir schließlich nicht garantiert.
Hoffentlich fällt die Vorstellung nicht aus. Es ist nicht garantiert, dass sie nicht spontan abgesagt wird. Letztendlich ist nichts garantiert. Das Leben erst recht nicht. Außer der Tod natürlich. Er ist sicher. Auf ihn ist Verlass. Also gehe ich lieber diesen Freitag in das Theater.
Doch die Menschen. Sie haben Angst vor dem Tod. Sie hoffen auf die Unsterblichkeit. Sie hoffen auf die Garantie, sie könnten auch nächstes Jahr in das Theater gehen und die Vorstellung am Freitag verpassen. Vielleicht gehen sie auch nicht nächstes Jahr. Sie haben schließlich Zeit. Jede Menge Zeit. Vielleicht gucken sie sich die allerletzte Vorstellung dieses Stückes an. Vielleicht warten sie auf noch eine Neuinterpretation des Stückes. Aber vielleicht, nur vielleicht, gucken sie sich es auch gar nicht an. Wozu denn. Sie haben ja Zeit. Also gehe ich lieber diesen Freitag in das Theater.