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Titelgeschichte
Kalt ist der Abendhauch. Narziss und Goldmund wandern über den Zauberberg um den Nachtzug nach Lissabon zu erreichen. Sie haben das Dschungelbuch im Rucksack und rühren kräftig die Blechtrommel. Wahrscheinlich fürchten sie die Räuber, die in der Nähe von Onkel Toms Hütte herumschleichen und im Hochwald ihr Unwesen treiben. Dort stehen auch das Schloss und der Turm. Über dem Blütenstaubzimmer befindet sich die Bibliothek. Während dort das Lexikon der Synonyme und das Wörterbuch der Antike im Regal verstauben, schaut Herr Adamson aus dem Fenster zum Hof. Sieben Jahre lang bewunderte er Frau Sorgedahls schöne weisse Arme, schwenkte vierzig Rosen fürs Fräulein Stark und ruft nun:
„Wo ist der Untergeher?“
„Am Klavier. Er übt die Kreutzersonate“, antworten die Brüder Karamazow, die sich am Hang sonnen. Dort ist es stiller. Sie studieren die Anleitung zum Unglücklichsein. Noch vor Sonnenuntergang wollen sie heimlich das Parfüm Im Namen der Rose in den blauen Siphon füllen.
Derweil streiten sich Don Camillo und Peppone wie üblich. Peppone, der Idiot, hat sich auf der Reise nach Moskau in Anna Karenina verliebt. Don Camillo findet das im Westen nichts Neues und begibt sich auf die Odyssee, um Werthers Leiden zu finden. Er hat die Bibel - also das Buch des Vaters - unterm Arm. So schleicht er in den Schuhen des Fischers um den heissen Brei, weil er meint: ‚Es muss nicht immer Kaviar sein.’ Über Peppone mault er zu seinem Herrn hinauf:
„Solch Lausbubengeschichten sollte der Prozess gemacht werden. Romeo und Julia auf dem Dorfe, das hat uns gerade noch gefehlt!“
Jesus lächelt milde vom Kreuz herab und flüstert ihm zu:
„Geduld Camillo, der Besuch der alten Dame wird alles ins Lot bringen.“
Das glaubt auch Jedermann, der Mann ohne Eigenschaften. Er hat das Narrenschiff verlassen und trägt im Lenz einen Biberpelz. Der soll gut gegen Nordwind schützen. Doktor Faustus erkennt ihn und sinniert:
‚Sieh an, der kleine Prinz!
So wie gestern ist’s noch heute:
Feine Kleider machen Leute.’
Die beiden begrüssen sich und Faust I sagt:
„Nun, wohlfeil zurück der Herr aus der unerträglichen Leichtigkeit des Seins?“
„Die Physiker machten ’s möglich. Mit ihnen kommt man leicht in 80 Tagen um die Welt!“
„Götter, Gräber und Gelehrte! Vorbei an Medea und Kassandra? Wer so allein die hundert Jahre Einsamkeit durchschritt, wird wohl im Höhlengleichnis die Buddenbrooks getroffen haben und das Gastmahl geniessen.“
„Ja mein Herr, doch bedenkt: War meine Zeit meine Zeit?“
„Quo Vadis? Das ist die Frage beim Untergang des Abendlandes.“
„Und der ist eine unendliche Geschichte, die an der Frage nach Haben oder Sein nicht vorbei kommt“, höhnt Mephisto im Hintergrund. Er schnäuzt sich und murmelt:
„Ohne die Kunst des Liebens läuft eh nix!“
Der Stechlin stellt sich zu ihnen und zeigt aufs weite Feld:
„Seht dort: Der gestiefelte Kater. Er dreht am Wendekreis des Krebses seine Runden im kaukasischen Kreidekreis!“
„Den Tod in Venedig wird er nicht suchen!“, meint Faust I.
Faust II flüstert ihm zu: „Eher die Jungfrau von Orleans. Das aber, Bruder, du weisst es, geht nur über Mutter Courage!“
„Tja, und die ist leider mit Krieg und Frieden beschäftigt“, ruft der Argentinier. Er verneigt sich höflich vor der Runde und sagt:
„Hier ist der Wendepunkt. Meine Herren, es klopft, ich Möchtegern - nach Hause schwimmen. Ich muss noch Pferde stehlen und bin zum Frühstück bei Tiffany geladen.“
„Wohlan denn, gute Reise durch Andorra und grüssen Sie Lotte in Weimar von uns.“
„Meinerseits einen Gruss an die Wohlgesinnten und allzeit gelungene Lääbesläuf.“