Totenlied
Schatten, schwarz wie Kohle, ziehen immer enger werdende Kreise über den silbrig-blauen Himmel über ihm, der immer wieder zwischen den Blättern auftaucht und für einen kurzen Moment sein Herz mit Hoffnung füllt.
Am Horizont lauern graue Wolken, die, angefüllt mit Regen, nur darauf warten das kühle Nass über das Feld zu schütten und somit den Boden rein zu waschen.
Das Krächzen der Raben und sein Keuchen unterbrechen die drückende Stille, die sich über mich gelegt hat. Unheil verkündend. Das Totenlied.
Kein Blatt wagt es zu rascheln, kein Wind zu heulen und kein Leben mehr zu existieren. Noch wehrt er mich gegen die Klauen des Todes.
Die Tropfen, noch klein und wenige an ihrer Zahl fallen zu Boden. Gierig werden sie vom roten Boden aufgesaugt.
Bald schon strömt ein Sturzbach vom Himmel herab um alles wegzuschwemmen… Staub, Dreck, Erinnerungen...
Der Regen durchnässt sein zerrissenes schmutziges Hemd. Kälte kriecht langsam seine Hände hinauf um sich in seinem Körper auszubreiten. Es lähmt seine Glieder, doch nicht dem Schmerz.
Der harte raue Stamm des Baumes, der ihm als letzte Stütze gilt, bohrt unbarmherzig seine Äste in seine geschundene Haut.
Im Gegensatz streichelt der kalte Regen sein wundes Gesicht und wäscht es rein. In dünnen roten Rinnsalen tropft Blut sein Kinn herab.
Der Baumstamm verfärbt sich rot. Immer schneller, immer mehr. Ein Stöhnen entrinnt seinen blassen, rissigen Lippen und ein Zucken durchfährt ihn und lässt seinen Körper erbeben.
Der Stamm färbt sich stets weiter rot. Das Laub zu seinen Seiten nimmt nun auch an roter Farbe an, das vorher doch noch in einem goldenen Braun erstrahlte und raschelnd an den Zweigen des Baumes hing.
Ein letzter Blick zum Himmel und die Augen werden trüb.
Ein letzter Atemzug, stoßweise und gierig aufgenommen.
Ein letztes Augenschließen und die Vögel verstummen.
Das Totenlied ist beendet.