Seltsam!
Hallo Kröte72, Tränen, waren sie der Auslöser? Der Titel sprach mich übrigens an und ich dachte, sieh mal nach. Dankbar war ich über die Textlänge; sie ist ermutigend kurz. Der Inhalt ist brisant; er ist surreal. Ich mag ihn interpretieren:
Sie saß schweigend auf ihrem Stuhl in der Küche.
Du beginnst also mit einer Ortsbeschreibung. Und dem schließt sich die Lebenssituation an. Der Leser bekommt also zu wissen, daß es sich in dieser Geschichte um eine Protagonistin (nicht Protagonisten) handelt. Eine Frau also, die sehr traurig ist und langsam zu weinen beginnt. Worüber bleibt unklar.
Jeder einzelne der Tropfen brachte Erleichterung, löste Blockaden, schwemmte den Schmerz aus dem Körper.
Hier erklärt die Erzählerin aber die Wirkung, die Tränen haben. Sie erleichtern. Psychisch beschreibst du also etwas, was dem Menschen sehr gut tut. Er gesundet im Normalfall daran.
Schuf einen See zu ihren Füßen.
Und die Erzählerin bedient sich zahlreicher Metaphern, wie die oben zitierte. Es gibt der Handlung Bildhaftigkeit. Es macht die Geschichte interessant.
Sie hörte nicht wie das Fenster splitterte, wie sich Schritte näherten, ein Mann hinter sie trat.
Ich fragte mich beim lesen, ob ein eingeschlagenes Fenster wirklich überhört werden kann. Realistischer Weise nur kaum. Also gut, nehme ich an, es geschah der Protagonistin so, dann will ich glauben, daß sie unglaublich traumatisiert war. Ein Mann tritt zu ihr von hinten heran? Sicherlicher eine Bedrohung, die hier geschildert ist, dieses bereits beim Zerschlagen des Fensterglases. Dem Leser wird es ganz spannend.
Sie rutschte von ihrem Sessel ...
Eingang saß sie in der Küche auf einem Stuhl. Die Handlung wirkt hier unglaubwürdig.
Ein dumpfer Schlag, war alles was sie spürte.
Hier erklärt sich seltsames. Normalerweise folgen Tränen einer Verletzung. Man muß eine Beziehungstat vermuten. Grundlos wird der Täter nicht gehandelt haben. Seltsam ist das Motiv zur Tat. Man kann es nur erraten.
Die Obduktion ergab: Tod durch Ertrinken
Du schließt mit einer Metapher. Mir erscheint in meinen Vorstellungen beim Lesen eine Wasserlache (du schreibst übrigens Lacke. Ich weiß nicht, was richtiger ist. Ist mir egal. Ich mag sie mit den überzeichneten verkrümmten Uhren von Dali vergleichen. In diesen Wasserlachen lag sie eigentlich. Es ist surrealistisch und erzeugt in mir ein ganz starkes Bild. Außerdem bedeutet all das Geschehene vielleicht auch, das der Mann die seelische Qual nicht ertragen konnte und deshalb das Leiden der Frau beenden wollte. Nicht der Totschlag (Mord?) sondern die seelische Qual brachte den Tod. Der Täter erscheint als Erlöser. Uahhh. - Sage mir, ging dieser Tat eine Trennung voran? Es bleibt offen, es bleibt interpretierbar und es bleibt spannend.
Ich finde diese Geschichte grausam. Aber auch grausame Geschichten haben ihre Berechtigung, weil Grausamkeiten geschehen. Man kann sie nicht leugnen. Deine Protagonistin wird verleugnet und zwar durch den Obduktionsbericht. Ihr unnatürliches Ende sei nicht wahr, will uns diese seltsame Geschichte weismachen. Ihr Tod scheint egal? Ein Tod, der gar keiner war? War das Erlösung? Ich fände es furchtbar.
Weiter will ich nicht gehen. Änderungsvorschläge will ich trotz der Unschlüssigkeiten nicht machen; es liegt an der Kategorie und an der dichterischen Freiheit, die Dir zusteht. Die Verzerrung der Handlung macht die Geschichte außerdem umso seltsamer. Deshalb muß es hier wahrscheinlich so. Diese Geschichte ist sehr gut zu lesen, voller Handlung, und surreal dargeboten, so mein Fazit. In der Kürze lag mir die Würze. Ich habe sie gerne gelesen.
(ps. Du liest auch gerade Frau Jelinek. Ich habe sie kürzlich erst durch. Vielleicht stehen wir beide deshalb unter dem selben Stern und ich sprang sofort an, als ich den Titel las. Irgendwie infiziert Literatur. Ich finde es witzig. SuperPS: Ich las die Klavierspielerin, bin immer noch begeistert und arbeite noch daran. War auch seltsam, dieser unglaubliche Liebesroman)
Liebe Grüße von joasch