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Trommelwirbel
Trommelwirbel
Ein grauer Nachmittag. Regen. Es ist dunkel und kalt draußen. Die Wolken ballen sich wie gewaltige Streitmächte, rüsten sich zum Kampf. Ich sitze in meinem gemütlichen Zimmer, mit dem Rücken gegen die Heizung, unter mir nur ein Kissen. So sitze ich und höre den Regen gegen die Scheibe prasseln. Es hört sich an, als ließe man Murmeln auf den Boden fallen. Ich sehe die Tropfen langsam die Scheibe hinunter rollen. Sie bilden Bäche und Flüsse, manchmal bleibt ein einzelner Tropfen stecken und muss auf Verstärkung warten.
Ein Blitz zuckt über die Leinwand aus grau-schwarzen Massen. Ich zähle die Sekunden. Es donnert. Die Wolken trommeln zum Angriff. Das Schlachtfeld ist nicht weit, höchstens einen Kilometer. Der Wind weht ums Haus – nein, er heult, die Trompeter rufen zur Formatierung. Blitze zucken über den Himmel – das Feuer ist eröffnet. Hin und her geht es, die Trommler spornen die Streitkräfte an. Immer lauter heult der Wind, die Blitze werden größer, greller, beängstigender. Wie Speere zerschneiden sie die dunklen Massen. Unwillkürlich kauere ich mich zusammen. Die Soldaten kommen näher. Plötzlich kracht es ohrenbetäubend – der Kampf ist vorbei. Unser Dorf hüllt sich in Trauerkleider, die Lichter erlöschen.
„Stromausfall!“, ruft meine Mutter. „Ich glaube es hat eingeschlagen!“
„Wer hat denn gewonnen? Wo hat die Bombe eingeschlagen?“
Mutter ist verdutzt, dann lächelt sie.
„Ach, du und deine Ideen!“ Sie streicht mir durchs Haar. Dann schickt sie mich, das neue Buch zu holen und liest bei Kerzenlicht vor. Der Regen prasselt weiter und wäscht das Blut ab.