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Thema des Monats Tso'ar, die Graue

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17.06.2004
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Tso'ar, die Graue


Regen, Regen, und immer wieder Regen. Er scheint kein Ende zu nehmen in dieser Stadt ohne Zukunft. Sie sagen, man gewöhnt sich daran, mit der Zeit – und Zeit ist genug vorhanden an einem Ort wie diesem. Aber ich ahne mittlerweile, welchen Preis man für die Gewöhnung bezahlt. Der Regen höhlt die Träume der Bewohner aus, spült ihre Hoffnungen durch Tausende von Abflußrohren und Gullys davon, schleift die Kanten und Ecken glatt und schwemmt die Farben ins Meer. Die ältesten Bewohner, so sagt man, hätten Seelen so farblos und durchscheinend wie Fischlaich, ihre Träume seien Symphonien ewigen Graus, unterlegt vom nie enden wollenden Plätschern der verzögerten Sintflut, die tagtäglich auf die Stadt Tso'ar niedergeht.

Tso'ar. Zuflucht. Verflucht.

Ich lebe hier. Oder, um die Dinge beim Namen zu nennen: Ich bin hier gefangen.

*

Das Rauschen wird lauter, schwillt an zu einem schäumenden Crescendo, ebbt wieder ab, nur um Atem zu holen für ein tosendes Comeback. Es ist dunkel hier, unter der Stadt, und es stinkt nach Fisch und Öl. Trotzdem kommt der Mann immer wieder hierher, denn es ist der einzige Ort, an dem man sich ohne Schutz im Freien aufhalten kann. Und der einzige, an dem die See das Geräusch des Regens übertönt.

Die schwarzen Wassermassen, die sich hundert Meter weiter unten an den Tragpfeilern der Plattform brechen, lassen den Regen in der Tat wie das kleinere Übel erscheinen.
Seelenverschlinger. Es vergeht kein Monat, in dem nicht irgendein Unglücklicher die Erlösung in den Fluten sucht. Meist sind es die Jungen und Unerfahrenen, die der Regen in den Wahnsinn treibt.
Sie haben es noch nicht geschafft, das Hoffen zu verlernen.

Der schmale Balkon am unteren Ende des Gerüsts ist leer, wie immer. Der Pfeiler in seinem Rücken schützt ihn vor dem Wind, der einen Menschen vermutlich ohne Weiteres über die Brüstung geschleudert hätte. Ganz weit droben ertönt ein metallenes Rattern und Quietschen, als sich eine der Luken im Bauch der Plattform öffnet und vier schwarzglänzende Ketten herabsinken. Das riesige Netz, das zwischen ihnen befestigt ist, flattert so wild, dass man meint, es müsse sich jeden Moment losreißen. Aber die Befestigung hält dem Wind stand und es taucht wenige Minuten später geräuschlos ins Wasser.

Fisch. Wie er ihn zu hassen gelernt hat.
In gewisser Weise ist er schlimmer zu ertragen als der Regen.

Ah, die Ironie! Ob Gott gerade lacht?

*

Der alte Mann sitzt an seinem Schreibtisch und lässt den Blick durchs Fenster nach draußen schweifen. Es ist der ewig gleiche Anblick: Graues Meer. Graue Stadt. Grauer Himmel.
Farblos wie die Gegenwart und die Zukunft, hier in Tso'ar.
Nur die Vergangenheit hat der Regen noch nicht vollständig ausbleichen können, und manche Erinnerungen sind ihm kostbarer als die bloße Existenz. Er wagt es nicht, sie öfter als ein paarmal im Monat (Jahr?, Zeitalter?) aus dem Schatzkästchen seines Gedächtnisses hervor zu kramen. Sie sollen ihre leuchtenden Farben nicht ans Zwielicht verlieren, sollen unversehrt bleiben und ihm die besonders grauen Stunden (Tage?, Wochen?) bunt malen.

Er ist wieder der Hirtenjunge, der mit den Zicklein um die Wette rennt. Seine Schritte wirbeln Staub auf, feiner als das Mehl, mit dem seine Mutter die duftenden Fladen backt. Die Sonne trocknet seine Stirn, bevor der Schweiß ihm in die Augen rinnen kann. Vögel schießen wie Pfeile durchs Himmelsblau.
Könnte eine Seele lachen, dann hätte seine in jenen Stunden über's ganze Gesicht gestrahlt, heller noch als die Sonne am Wüstenhimmel.

Der alte Mann seufzt; sein Blick wandert wieder aus dem Fenster.
Es wird der Zeitpunkt kommen. Vielleicht steht der Tag schon fest.

*

Du solltest langsam gelernt haben, dich mit dem Leben hier anzufreunden. Nur so kannst du deine Seele bewahren.
Anfreunden, sagst du? Erdulden habe ich es gelernt, sonst nichts. Wie kann ein Leben ohne Hoffnung bestehen? Ein Leben ohne Farben?
Es gibt nichts mehr zu hoffen, alter Mann. Das weißt du. Aber du hast überdauert, während die anderen im Feuer der Vergeltung untergingen.
Ja, das stimmt. Ich habe überdauert. Länger als mir lieb ist. Aber was ist mit dir, mein Freund? Was hält dich bei Verstand, so fern der Heimat? Fühlt euresgleichen keinen Schmerz?
Ich bin der Wächter. Ich trage das Schwert. Dies ist meine Bestimmung.
Dies ist meine Strafe.

*


So ist das also, wenn die Gier größer als der Ekel ist, denkt sie und reißt mit den Schneidezähnen ein Stück aus dem Fischkörper. Salz auf ihrer Zunge. Salz und Fischblut. Aber noch ehe das rohe Fleisch in ihrem Magen landet, verbeißt sie sich aufs Neue in der Makrele und versucht, das Knirschen zwischen den Zähnen zu ignorieren.

Sie verachtet sich, aber sie hat solchen Hunger!

Das Kauen ist das Schlimmste, deshalb schlingt sie die Stücke einfach so hinunter. Dabei versucht sie, sich abzulenken. Manchmal denkt sie an die Männer, die sie gehabt hat. Auch in ihren Augen hat Hunger gestanden.

Ist das nicht lustig? Sie mag es, sich Analogien auszudenken. Es verkürzt einem die Tage (Äonen?, Ewigkeiten?).

Jetzt gerade findet sie, dass die untergehende Sonne etwas von einem Luftballon hat, betrachtet durch eine schmutzige Fensterscheibe.
Nicht besonders originell, aber besser als nichts.
Als sie ein Kind war, hat sie einmal einen roten Luftballon geschenkt bekommen.
Rot. Sie kann sich kaum noch daran erinnern, was das ist.
Rot wie ... da war doch was?

Ein herzhaftes Knacken beendet den Gedanken, als sie dem Fisch den Kopf abbeißt.

*

Manchmal sehnt der Mann sich nach dem Schein des Feuers an jenem Tag zurück. Die Wolke hatte sich weit über das Land erhoben, als die Flammen die Mauern auffraßen und als Morgenrot weiße Glut gebar.
Er hatte bereits vergessen, wie schön Zerstörung sein kann.

Manchmal sehnt er sich auch nach dem Leuchten in den dunklen Augen der Menschentöchter zurück, der Wärme ihrer weichen Leiber.

Sie sind einmal zu zweit gewesen, vor langer Zeit. Zwei Männer mit einer Mission.
Wächter. Gottessöhne. Gezeichnet durch ihre Schwäche, verbunden durch ihre Schuld.

Nur einer von ihnen hat das Überleben ertragen.

Dies ist meine Strafe.

Der Mann starrt ins schwarze Wasser hinunter, sein Schweigen gehüllt ins Heulen des Windes. Das Schwert auf seinem Rücken wiegt heute noch schwerer als sonst.

*

Ich durchstreife die Straßen von Tso'ar jetzt schon seit Tagen ohne Ziel, ohne Unterlass. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass es selbst hier etwas geben muss, das dem Überleben Wert verleiht. Etwas, das mich meine Hoffnung nicht verlieren lässt, ohne mich verzweifeln zu lassen.
Der Wind pfeift durch die grauen Schluchten zwischen den Häusern, peitscht mir Regen ins Gesicht. Es ist schon am Nachmittag fast dunkel, und die Straßen sind leer.
Fütterungszeit.
Ich lasse mich vom Regen treiben. Stolpere über einen Rinnstein. Da. Eine Gasse tut sich vor mir auf, eine Tür. Hier bin ich noch nie gewesen, zumindest kommt es mir so vor.
Es macht Mut, an diesem Ort der Stagnation etwas Neues zu finden.
Ich öffne die Tür, trete in das dunkle Treppenhaus. Es riecht muffig, wie überall.
Schritte nach oben: Drei, dreißig, dreiundreißig. Die Treppe endet vor einer Wohnungstür.

Ich klopfe.
Herein.
Das Gesicht des alten Mannes teilt sich in unzählige Furchen der Güte, als er mich anlächelt.
Ah! Ich habe schon auf dich gewartet, mein Kind.

In der Ecke sitzt ein Mädchen mit schmutzigem Haar und putzt sich die Zähne mit einer Gräte. Sein Lächeln gleicht Salzkrusten.

*

Sie kommen zu dritt: Der Alte und die beiden Kindfrauen, wie einst Lot und seine Töchter.
Gemeinsam treten sie dem Mann auf dem weiten Platz im Zentrum von Tso'ar entgegen, ungeachtet des Regens, ungeachtet des Frevels. Sie schreiten durch die Reste abgenagter Fischskelette, und ihre Anmaßung verleiht ihnen erstaunlicherweise so etwas wie Würde.

So hast du am Ende doch noch Mitstreiter gefunden, alter Mann.
Die Zeit des Hoffens ist gekommen, mein Freund.
Des Hoffens? Ich habe vergessen, was das bedeutet.
Und mit dir ganz Tso'ar. Aber das muss nun ein Ende haben. Wir sind des Regens überdrüssig.

Der Wächter senkt den Kopf. Er sollte etwas erwidern, das ist ihm klar. Eigentlich müsste er flammende Reden über die Barmherzigkeit halten, die ihnen allen zuteil geworden ist. Aber auch er ist das Warten auf Nichts leid.

Seine Hand gleitet nach hinten und greift zum ersten Mal nach fünftausend Jahren zum Schwert, zieht es aus der Scheide.

So sprecht denn das Wort, mit dem alles endet.

Und als sie damit anfangen, was getan werden muss, und der Schmerz beginnt, fühlt er auf einmal das Licht und die Glut in sich anschwellen, die er so lange vermisst hat, und alles mit reinstem göttlichen Weiß ausfüllen, das ihn davonträgt, entfacht und schließlich verzehrt, als hätte es nie etwas anderes als Glückseligkeit gegeben.

*

Am Ende war das Wort, und das Wort war fern von Gott. So fern, dass es vermutlich nie an Gottes Ohr drang. Denn Tso'ar war nur klein, ein Umstand, der sich schon einmal als Rettung oder auch Fluch erwiesen hatte.

Es kostete uns enorme Kraft, das Schwert zu handhaben, aber zu zweit schafften wir es schließlich doch, und während der alte Mann in unserem Rücken die Inkantation des Wortes anstimmte und wir eine nach der anderen mit einfielen, schnitten wir das Zeichen in die Brust des Wächters.

Ich sah das Strahlen, das anstelle von Blut aus dem Leib des Mannes drang, wo ihn die tödliche Wunde ereilt hatte. Es schien mit gleißender Helligkeit, tauchte die Straßen der Stadt in fremdartiges Licht und ließ die Bewohner von Tso'ar zusammenlaufen - argwöhnisch zunächst, aber doch neugierig.

Ich sah den Regenbogen, den die Vereinigung aus Weiß und Grau gebar, und der die abgestumpften Seelen, wenn nicht mit Hoffnung, dann doch mit andächtigem Staunen erfüllte. Er bog sich wie ein Versprechen über der Stadt, und auf einmal musste ich lachen. Wie seltsam, dass erst der Tod eines Engels ein Zeichen der Lebendigkeit nach Tso'ar gebracht hatte. Ehe ich mich versah, hielt ich das Salzkrustenmädchen im Arm, und wir kicherten wie Kinder, während der Regen uns die Tränen vom Gesicht wusch. Wie uns erging es an diesem Tag vielen.

Und dann geschah das eigentliche Wunder. Als das Licht verglühte und der Wächter in den Armen des alten Mannes starb, ging nicht etwa die Welt unter, oder auch nur die Unwelt, in der Tso'ar lag. Die Zukunft der Stadt und ihrer Seelen lag nach wie vor im Ungewissen. Aber zum ersten Mal seit Jahrtausenden hörte es auf zu regnen, und die Sonne, die wenig später im Totenmeer versank, war von leuchtendem Rot.

_________________________

Siehe doch, diese Stadt da
ist nahe, dahin zu fliehen, sie ist ja [nur] klein; ich könnte
mich doch dahin retten - ist sie nicht klein? -, damit meine
Seele am Leben bleibt.

(Genesis 19:20)

 

Hi Megries,

hat mir sehr gut gefallen.
Es gibt keinen augenfälligen Konflikt und ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich die Protagonisten beisammen hatte, aber letztlich hat es funktioniert, und Dein schöner, stimmungsvoller Stil hat mich durch die Geschichte gezogen.

Den Schluss hätte ich mir noch etwas düsterer gewünscht, die Bedrohung etwas konkreter als bloß ein "Wird es ein Morgen geben?" Dann würde klarer, dass die Städter für ihre Zukunft & Hoffnung auch etwas aufgeben, nämlich die Sicherheit. Das würde auch den befürchteten Pathos abmildern.

So, nun noch eine kleine Schelte: Was mich an Fantasy absolut annervt, sind die Titel: "Tso'ar, die Graue" ist kein vernünftiger Titel, weil ein Eigenname in einem Titel keine Aussage transportiert. Er ist für den Leser noch nicht mit Leben gefüllt & bloße Lautmalerei hilft auch nicht viel. Immerhin ergänzt Du hier um "die Graue", aber warum dann überhaupt "Tso'ar" dazu?
Nichts für ungut, das wollte ich nur mal loswerden ;)

Insgesamt eine sehr schön erzählte Geschichte über die Waage zwischen Sicherheit und Veränderung.

Notizen:

Tso'ar. Zuflucht. Verflucht.
:thumbsup:
(Jahr?/ Zeitalter?)
Ein Komma fände ich da hübscher.
die duftenden Fladen backt.
Obwohl "bäckt" auch geht, bevorzuge ich die regelmäße Flexion.
Ein herzhaftes Knacken beendet den Gedanken, als sie dem Fisch den Kopf abbeißt.
"Herzhaft" ist hier zu positiv: Sie ekelt sich doch vor dem Fisch. Besser "intensiv", "durchdringend" oder so.
Schritte nach oben: Drei, dreißig, dreiundreißig.
:thumbsup:
Sein Lächeln gleicht Salzkrusten.
Klar, "das Mädchen", aber ich fände den Bezug klarer & schöner, wenn hier "Ihr Lächeln" stände.
Aber auch er ist das Warten auf Nichts leid.
Könnte auch "des Wartens" heißen.
Ehe ich es mich versah
"es" kannst du streichen, zumindest kenne ich die Wendung so.

Grüße,
Naut

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin gbwolf,

Ich gebe zu, dass mir Sprache und Bilder hier wichtiger waren als Handlung und Identifikation, von daher kann ich deine Kritik absolut nachvollziehen. Und mit einer 2/3-Mehrheit kann ich gut leben. ;)

Ich habe da vieles frei zusammen assoziiert (sprachlich / bildlich), dann wieder versucht, mit den symbolischen Bezügen zu jonglieren, und im Grunde ist das Ganze nicht wirklich ausgereift, obwohl ich seit sechs Wochen daran rumfeile (ein Teil der Geschichte ist sogar schon ein Jahr alt, seufz).

Macht es einen großen Unterschied, ob man von Grau träumt, oder ob man gar nicht träumt?

Das mit der verzögerten Sintflut fand ich eigentlich passend, weil die eigentliche Sintflut viel zu dramatisch für das Bild ist, das ich vor Augen hatte.


Hi Naut,

Du ahnst nicht, was für ein Stein mir vom Herzen gefallen ist, dass irgendjemand dem Ganzen was abgewinnen kann. Dafür hat sich der Sprung ins kalte Wasser schon gelohnt.

Den Schluss hätte ich mir noch etwas düsterer gewünscht, die Bedrohung etwas konkreter als bloß ein "Wird es ein Morgen geben?" Dann würde klarer, dass die Städter für ihre Zukunft & Hoffnung auch etwas aufgeben, nämlich die Sicherheit. Das würde auch den befürchteten Pathos abmildern.

Den Pathos fürchte ich nicht, der war schon beabsichtigt. Peinlich wird es ja erst dann, wenn er ins Lächerliche umkippt. Wenn das nicht passiert ist, geht's ja noch. Wenn doch, dann sag es frei heraus, damit ich mich schämen kann. :D

Den Schluss düsterer? Ich fand ihn eigentlich gar nicht so düster, eher hoffnungsvoll oder offen. Aber dem Ende fehlt noch ein bisschen der Biss, da er zugegebenermaßen auch der 'jüngste' Teil der Geschichte ist. Vielleicht habe ich ja irgendwann den zündenden Einfall.

Den Titel finde ich eigentlich ganz passend, tja. Irgendwie steht die Stadt ja im Mittelpunkt. Ich dachte, bevor ich jetzt was ganz Symbolisches und Bedeutungsschwangeres nehme ... aber vielleicht wäre das nur fair, weil die Leute dann vorgewarnt wären, was sie erwartet.

Dankender Gruß,
Megries

 

Hi Megries,

vielleicht habe ich auch eine andere Interpretation Deiner Geschichte:
Ich hatte mir die Stadt als eine Art Zufluchtsort jenseits der Zeit gedacht. (Ich hatte übrigens eine Art Stelzendorf oder Bohrinsel auf dem Meer vor Augen.) Die Leute sind dort in Sicherheit vor Krieg & Sintflut der realen Welt, aber sie bezahlen dafür den Preis der Zukunftslosigkeit: Wo keine Zeit vergeht, fehlt dem Leben der Aspekt der Hoffnung. Daher verlieren sie mit der Zeit alles, was das Leben ausmacht.
Die "Helden" tun sich also zusammen und töten den "Hüter", einen Lichtengel, der die Stadt in ihrer Stasis hält. Die Zeit kann wieder fließen, die Stadt jedoch bezahlt dafür den Preis der Vergänglichkeit.

Der Pathos stört mich nur, wenn am Schluss Friede & Eierkuchen herrschen :)

Wenn das nicht Deine Geschichte ist, möchte ich den Plot gern haben ;)

Grüße,
Naut

 

@gbwolf

Grrr ... immer diese aufmerksamen Leser. *hüstel*

Fällt dir ein gutes Wort ein, das dasselbe wie "verzögert" ausdrückt? Mich stört es eigentlich nicht, aber wenn's ein wirklich schönes Wort wäre .... ;)

Naut,

Ich finde deine Interpretation toll. "Mein" Ende ist tatsächlich ein bisschen positiver gemeint gewesen, aber auch nicht als Friede-Freude-Eierkuchen. Was danach kommt, bleibt offen.

Eigentlich will ich hier lieber nicht so viel über meine Hintergedanken verraten, weil die Geschichte dadurch nicht mehr so assoziativ wirken kann und der (neue) Leser dann nicht mehr alleine drauf kommen kann. Wenn du willst, kann ich dir aber per PN einen Hinweis geben.

Gruß,
Megries

PS:
Natürlich heißt es "backt", und das eine "es" kann auch weg. Wird irgendwann verbessert, aber mit nachträglichem Editieren bin ich im Moment ein bisschen vorsichtig, weil mir auf die Weise schon zweimal ellenlange Kommentare verschwunden sind.

 

Hallo Megries,
ich hatte die Geschichte auch so verstanden wie Naut und wollte dir eigentlich schreiben, dass sie mir gefallen hat, aber dann ist mir diese Sache mit den Perspektiven aufgefallen. Ich habe es während des Lesens aufgegeben, die Handlungsebenen auseinanderzuhalten, auf diese Art und Weise ist der Hauptplot der Geschichte zwar verständlich, die einzelnen Personen bleiben aber völlig im Dunkeln. Eventuell solltest du das überarbeiten, nach dem dritten Wechsel hat es mich rauskatapultiert. Ich war neugierig auf die TdM-Sache, sonst hätte ich den Text wohl auch nicht zu Ende gelesen, weil es mich zu sehr verwirrt hat...
Wie gesagt, verständlich, aber nicht unbedingt "gut" in dem Sinne.

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo vita,

Okay, habe ich das richtig verstanden, dass es dir beim ersten Lesen gefallen hat, weil du dachtest, dass es immer dieselbe Perspektive ist? Oder hat dich das von Anfang an gestört? Ich kapier's grad nicht ganz. :hmm:

Ich kann deine Verwirrung schon verstehen, aber eigentlich wollte ich das Ganze schon aus unterschiedlichen Perspektiven blitzlichtartig beleuchten. Dass man mit den 'Erzählern' nicht warm wird, kann einem die Geschichte natürlich versauen, wenn man das auf jeden Fall erwartet. Aber um Identifikation mit den einzelnen Personen ging es mir gar nicht so. Selbst die Auflösung eines Plots war mir nicht so wichtig, als ich anfing zu schreiben.

Aber das ist natürlich eine unbefriedigende Reaktion auf eine Kritik, ist schon klar. ;)

Was die Perspektiven angeht: Ich kann mir vorstellen, dass es beim ersten Mal sehr verwirrend ist, aber es ist doch irgendwie konsequent, dachte ich. Das Kursive sind die Menschen, das Gerade der Wächter/Engel. Und in dem Dialog dachte ich, dass es durch das "alter Mann" klar wird.

Aber ich hätte bei einer Geschichte wahrscheinlich auch nicht immer die Geduld, mir das fünfmal anzuschauen, klar.

Also Danke, dass du trotzdem zu Ende gelesen hast. :)

Gruß,
Megries

 

Hallo Megries,
ich fand die Geschichte insofern zufriedenstellend, als dass ich trotz der verwirrten Perspektiven den Plot begriffen habe :D Die Sache mit den Perspektiven hat mir aber nicht gefallen, weil sie mich sehr aus der Geschichte geworfen haben. Du solltest dem Leser wenigstens irgendwie klar machen, dass die Perspektive wechselt und wer gerade erzählt, und wenn du es als Quasi-Theaterdialoganweisungwasauchimmer davorschreibst, finde ich zumindest. Vielleicht bist du anderer Meinung, aber das ist eben mein Kritikpunkt an deiner Geschichte, und damit wirst du leben müssen. :D

gruß
vita
:bounce:

 

vita schrieb:
Du solltest dem Leser wenigstens irgendwie klar machen, dass die Perspektive wechselt und wer gerade erzählt, und wenn du es als Quasi-Theaterdialoganweisungwasauchimmer davorschreibst, finde ich zumindest.

Kann ich mir gar nicht vorstellen, das hat so was von Brecht, pfuibäh!

Vielleicht bist du anderer Meinung, aber das ist eben mein Kritikpunkt an deiner Geschichte, und damit wirst du leben müssen. :D

Kann ich. Habe wesentlich heftigere Kritik erwartet. :huldig:

:)
Megries

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Megries,
Auch ich hatte Probleme die einzelnen Charaktere auseinanderzuklamüsern... und schließe mich da vita an, dass du den Wechsel irgendwie einleiten solltest...
Du benutzt da vielleicht ein "modernes" Stilmittel, aber es macht meiner Meinung nach den Text nicht besser, sondern erschwert sinnlos das Lesen einer sonst wirklich eingängigen Geschichte!

Gruß,
Juhulala

 

Hi Jujulala,

Ist registriert. Wenn ich auf eine elegante Lösung käme, würde ich es umändern.

Vielleicht fällt mir irgendwann noch was ein, ich habe mir gestern schon den Kopf zerbrochen, wie ich es ohne ausgestreckten Zeigefinger machen kann.

Der Wechsel dürfte ja am ehesten beim Dialog, bei den Szenen mit "dem Mann" schwer nachvollziehbar sein.
Die Ich-Erzählering müsste vom "Salzkrustenmädchen" ("sie", dritte Person) und dem alten Mann ja unterscheidbar sein, oder?

Danke nochmal,
Megries

 
Zuletzt bearbeitet:


Regen, Regen, und immer wieder Regen. Er scheint kein Ende zu nehmen in dieser Stadt ohne Zukunft. Sie sagen, man gewöhnt sich daran, mit der Zeit – und Zeit ist genug vorhanden an einem Ort wie diesem. Aber ich ahne mittlerweile, welchen Preis man für die Gewöhnung bezahlt. Der Regen höhlt die Träume der Bewohner aus, spült ihre Hoffnungen durch Tausende von Abflußrohren und Gullys davon, schleift die Kanten und Ecken glatt und schwemmt die Farben ins Meer. Die ältesten Bewohner, so sagt man, hätten Seelen so farblos und durchscheinend wie Fischlaich, ihre Träume seien Symphonien ewigen Graus, unterlegt vom nie enden wollenden Plätschern der verzögerten Sintflut, die tagtäglich auf die Stadt Tso'ar niedergeht.

Tso'ar. Zuflucht. Verflucht.

Ich lebe hier. Oder, um die Dinge beim Namen zu nennen: Ich bin hier gefangen.

*

Das Rauschen wird lauter, schwillt an zu einem schäumenden Crescendo, ebbt wieder ab, nur um Atem zu holen für ein tosendes Comeback. Es ist dunkel hier, unter der Stadt, und es stinkt nach Fisch und Öl. Trotzdem kommt der Mann immer wieder hierher, denn es ist der einzige Ort, an dem man sich ohne Schutz im Freien aufhalten kann. Und der einzige, an dem die See das Geräusch des Regens übertönt.

Die schwarzen Wassermassen, die sich hundert Meter weiter unten an den Tragpfeilern der Plattform brechen, lassen den Regen in der Tat wie das kleinere Übel erscheinen.
Seelenverschlinger. Es vergeht kein Monat, in dem nicht irgendein Unglücklicher die Erlösung in den Fluten sucht. Meist sind es die Jungen und Unerfahrenen, die der Regen in den Wahnsinn treibt.
Sie haben es noch nicht geschafft, das Hoffen zu verlernen.

Der schmale Balkon am unteren Ende des Gerüsts ist leer, wie immer. Der Pfeiler in seinem Rücken schützt ihn vor dem Wind, der einen Menschen vermutlich ohne Weiteres über die Brüstung geschleudert hätte. Ganz weit droben ertönt ein metallenes Rattern und Quietschen, als sich eine der Luken im Bauch der Plattform öffnet und vier schwarzglänzende Ketten herabsinken. Das riesige Netz, das zwischen ihnen befestigt ist, flattert so wild, dass man meint, es müsse sich jeden Moment losreißen. Aber die Befestigung hält dem Wind stand und es taucht wenige Minuten später geräuschlos ins Wasser.

Fisch. Wie er ihn zu hassen gelernt hat.
In gewisser Weise ist er schlimmer zu ertragen als der Regen.

Ah, die Ironie! Ob Gott gerade lacht?

*

Der alte Mann sitzt an seinem Schreibtisch und lässt den Blick durchs Fenster nach draußen schweifen. Es ist der ewig gleiche Anblick: Graues Meer. Graue Stadt. Grauer Himmel.
Farblos wie die Gegenwart und die Zukunft, hier in Tso'ar.
Nur die Vergangenheit hat der Regen noch nicht vollständig ausbleichen können, und manche Erinnerungen sind ihm kostbarer als die bloße Existenz. Er wagt es nicht, sie öfter als ein paarmal im Monat (Jahr?, Zeitalter?) aus dem Schatzkästchen seines Gedächtnisses hervor zu kramen. Sie sollen ihre leuchtenden Farben nicht ans Zwielicht verlieren, sollen unversehrt bleiben und ihm die besonders grauen Stunden (Tage?, Wochen?) bunt malen.

Er ist wieder der Hirtenjunge, der mit den Zicklein um die Wette rennt. Seine Schritte wirbeln Staub auf, feiner als das Mehl, mit dem seine Mutter die duftenden Fladen backt. Die Sonne trocknet seine Stirn, bevor der Schweiß ihm in die Augen rinnen kann. Vögel schießen wie Pfeile durchs Himmelsblau.
Könnte eine Seele lachen, dann hätte seine in jenen Stunden über's ganze Gesicht gestrahlt, heller noch als die Sonne am Wüstenhimmel.

Der alte Mann seufzt; sein Blick wandert wieder aus dem Fenster.
Es wird der Zeitpunkt kommen. Vielleicht steht der Tag schon fest.

*

Du solltest langsam gelernt haben, dich mit dem Leben hier anzufreunden. Nur so kannst du deine Seele bewahren.
Anfreunden, sagst du? Erdulden habe ich es gelernt, sonst nichts. Wie kann ein Leben ohne Hoffnung bestehen? Ein Leben ohne Farben?
Es gibt nichts mehr zu hoffen, alter Mann. Das weißt du. Aber du hast überdauert, während die anderen im Feuer der Vergeltung untergingen.
Ja, das stimmt. Ich habe überdauert. Länger als mir lieb ist. Aber was ist mit dir, mein Freund? Was hält dich bei Verstand, so fern der Heimat? Fühlt euresgleichen keinen Schmerz?
Ich bin der Wächter. Ich trage das Schwert. Dies ist meine Bestimmung.
Dies ist meine Strafe.

*


So ist das also, wenn die Gier größer als der Ekel ist, denkt sie und reißt mit den Schneidezähnen ein Stück aus dem Fischkörper. Salz auf ihrer Zunge. Salz und Fischblut. Aber noch ehe das rohe Fleisch in ihrem Magen landet, verbeißt sie sich aufs Neue in der Makrele und versucht, das Knirschen zwischen den Zähnen zu ignorieren.

Sie verachtet sich, aber sie hat solchen Hunger!

Das Kauen ist das Schlimmste, deshalb schlingt sie die Stücke einfach so hinunter. Dabei versucht sie, sich abzulenken. Manchmal denkt sie an die Männer, die sie gehabt hat. Auch in ihren Augen hat Hunger gestanden.

Ist das nicht lustig? Sie mag es, sich Analogien auszudenken. Es verkürzt einem die Tage (Äonen?, Ewigkeiten?).

Jetzt gerade findet sie, dass die untergehende Sonne etwas von einem Luftballon hat, betrachtet durch eine schmutzige Fensterscheibe.
Nicht besonders originell, aber besser als nichts.
Als sie ein Kind war, hat sie einmal einen roten Luftballon geschenkt bekommen.
Rot. Sie kann sich kaum noch daran erinnern, was das ist.
Rot wie ... da war doch was?

Ein herzhaftes Knacken beendet den Gedanken, als sie dem Fisch den Kopf abbeißt.

*

Manchmal sehnt der Mann sich nach dem Schein des Feuers an jenem Tag zurück. Die Wolke hatte sich weit über das Land erhoben, als die Flammen die Mauern auffraßen und als Morgenrot weiße Glut gebar.
Er hatte bereits vergessen, wie schön Zerstörung sein kann.

Manchmal sehnt er sich auch nach dem Leuchten in den dunklen Augen der Menschentöchter zurück, der Wärme ihrer weichen Leiber.

Sie sind einmal zu zweit gewesen, vor langer Zeit. Zwei Männer mit einer Mission.
Wächter. Gottessöhne. Gezeichnet durch ihre Schwäche, verbunden durch ihre Schuld.

Nur einer von ihnen hat das Überleben ertragen.

Dies ist meine Strafe.

Der Mann starrt ins schwarze Wasser hinunter, sein Schweigen gehüllt ins Heulen des Windes. Das Schwert auf seinem Rücken wiegt heute noch schwerer als sonst.

*

Ich durchstreife die Straßen von Tso'ar jetzt schon seit Tagen ohne Ziel, ohne Unterlass. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass es selbst hier etwas geben muss, das dem Überleben Wert verleiht. Etwas, das mich meine Hoffnung nicht verlieren lässt, ohne mich verzweifeln zu lassen.
Der Wind pfeift durch die grauen Schluchten zwischen den Häusern, peitscht mir Regen ins Gesicht. Es ist schon am Nachmittag fast dunkel, und die Straßen sind leer.
Fütterungszeit.
Ich lasse mich vom Regen treiben. Stolpere über einen Rinnstein. Da. Eine Gasse tut sich vor mir auf, eine Tür. Hier bin ich noch nie gewesen, zumindest kommt es mir so vor.
Es macht Mut, an diesem Ort der Stagnation etwas Neues zu finden.
Ich öffne die Tür, trete in das dunkle Treppenhaus. Es riecht muffig, wie überall.
Schritte nach oben: Drei, dreißig, dreiundreißig. Die Treppe endet vor einer Wohnungstür.

Ich klopfe.
Herein.
Das Gesicht des alten Mannes teilt sich in unzählige Furchen der Güte, als er mich anlächelt.
Ah! Ich habe schon auf dich gewartet, mein Kind.

In der Ecke sitzt ein Mädchen mit schmutzigem Haar und putzt sich die Zähne mit einer Gräte. Sein Lächeln gleicht Salzkrusten.

*

Sie kommen zu dritt: Der Alte und die beiden Kindfrauen, wie einst Lot und seine Töchter.
Gemeinsam treten sie dem Mann auf dem weiten Platz im Zentrum von Tso'ar entgegen, ungeachtet des Regens, ungeachtet des Frevels. Sie schreiten durch die Reste abgenagter Fischskelette, und ihre Anmaßung verleiht ihnen erstaunlicherweise so etwas wie Würde.

So hast du am Ende doch noch Mitstreiter gefunden, alter Mann.
Die Zeit des Hoffens ist gekommen, mein Freund.
Des Hoffens? Ich habe vergessen, was das bedeutet.
Und mit dir ganz Tso'ar. Aber das muss nun ein Ende haben. Wir sind des Regens überdrüssig.

Der Wächter senkt den Kopf. Er sollte etwas erwidern, das ist ihm klar. Eigentlich müsste er flammende Reden über die Barmherzigkeit halten, die ihnen allen zuteil geworden ist. Aber auch er ist das Warten auf Nichts leid.

Seine Hand gleitet nach hinten und greift zum ersten Mal nach fünftausend Jahren zum Schwert, zieht es aus der Scheide.

So sprecht denn das Wort, mit dem alles endet.

Und als sie damit anfangen, was getan werden muss, und der Schmerz beginnt, fühlt er auf einmal das Licht und die Glut in sich anschwellen, die er so lange vermisst hat, und alles mit reinstem göttlichen Weiß ausfüllen, das ihn davonträgt, entfacht und schließlich verzehrt, als hätte es nie etwas anderes als Glückseligkeit gegeben.

*

Am Ende war das Wort, und das Wort war fern von Gott. So fern, dass es vermutlich nie an Gottes Ohr drang. Denn Tso'ar war nur klein, ein Umstand, der sich schon einmal als Rettung oder auch Fluch erwiesen hatte.

Es kostete uns enorme Kraft, das Schwert zu handhaben, aber zu zweit schafften wir es schließlich doch, und während der alte Mann in unserem Rücken die Inkantation des Wortes anstimmte und wir eine nach der anderen mit einfielen, schnitten wir das Zeichen in die Brust des Wächters.

Ich sah das Strahlen, das anstelle von Blut aus dem Leib des Mannes drang, wo ihn die tödliche Wunde ereilt hatte. Es schien mit gleißender Helligkeit, tauchte die Straßen der Stadt in fremdartiges Licht und ließ die Bewohner von Tso'ar zusammenlaufen - argwöhnisch zunächst, aber doch neugierig.

Ich sah den Regenbogen, den die Vereinigung aus Weiß und Grau gebar, und der die abgestumpften Seelen, wenn nicht mit Hoffnung, dann doch mit andächtigem Staunen erfüllte. Er bog sich wie ein Versprechen über der Stadt, und auf einmal musste ich lachen. Wie seltsam, dass erst der Tod eines Engels ein Zeichen der Lebendigkeit nach Tso'ar gebracht hatte. Ehe ich mich versah, hielt ich das Salzkrustenmädchen im Arm, und wir kicherten wie Kinder, während der Regen uns die Tränen vom Gesicht wusch. Wie uns erging es an diesem Tag vielen.

Und dann geschah das eigentliche Wunder. Als das Licht verglühte und der Wächter in den Armen des alten Mannes starb, ging nicht etwa die Welt unter, oder auch nur die Unwelt, in der Tso'ar lag. Die Zukunft der Stadt und ihrer Seelen lag nach wie vor im Ungewissen. Aber zum ersten Mal seit Jahrtausenden hörte es auf zu regnen, und die Sonne, die wenig später im Totenmeer versank, war von leuchtendem Rot.

_________________________

Siehe doch, diese Stadt da
ist nahe, dahin zu fliehen, sie ist ja [nur] klein; ich könnte
mich doch dahin retten - ist sie nicht klein? -, damit meine
Seele am Leben bleibt.

(Genesis 19:20)

 

Ich habe die ausgebesserte Version mal zuerst ans Ende gepostet, damit man besser vergleichen kann.

Gbwolfs Anmerkungen zur Widersprüchlichkeit im ersten Absatz (Träume) habe ich umgesetzt, ansonsten noch einmal "Wächter" und "der Mann" hinzugefügt, was es vielleicht von der Perspektive verständlicher macht. Für den Dialog überlege ich mir noch was.

Den Schluss habe ich mal gestrichen, der hat mich eh gestört.

Gruß,
Megries

 

Hallo Megries,

der Text gefällt mir sehr gut.

Durch die Wechsel zwischen den verschiedenen Personen und der Perspektive (1. Person / 3. Person) gibt es dauernd unerwartete Wendungen und wird nicht langweilig.
Überhaupt ist eine Kurzgeschichte mit den Sichtweisen von vier verschiedenen Personen eher ungewöhnlich. Finde ich hier aber gut gelungen.

Auch die triste, hoffnungslose Atmosphäre wird durch den monotonen Regen und die Farblosigkeit gut dargestellt. Und natürlich durch die gegensätzlichen bunten Erinnerungen der Figuren. Ebenso tragen die vielen Bilder und Vergleiche ihren Teil dazu bei.

Die Handlung finde ich zum größten Teil rätselhaft, und beim Lesen muss ich mir die Stücke selber aufsammeln und zusammensetzen. Am Ende kann man aber schon einen Sinn erkennen. Ich mag solche Puzzle-Geschichten.

Allerdings bleibt mir der tiefere Sinn wahrscheinlich verborgen weil ich mit dem Bibelzitat am Ende nichts anfangen kann, und auch nicht mit den verschiedenen Andeutungen, dass der Tod des Engels schon das zweite Ende von Tso‘ar ist. Naja, mein Problem.

Und was hat die Geschichte mit dem Thema des Monats zu tun?

Ein Element kommt jedenfalls vor: Wasser.

Und was ist das zugehörige Elementarwesen?
Der Fisch / die Fische, die von den Einwohnern von Tso‘ar im allgemeinen und von diesem einen Mädchen im besonderen verspeist werden?
Glaube ich eigentlich nicht.
Dann schon eher der Engel.
Aber einen Engel halte ich nicht für ein Wasser-Elementarwesen.
Gut, es gibt einen Bezug zwischen Engel und Wasser: der Tod des Engels stoppt den Regen.
Aber der Engel besteht nicht aus Wasser / kommt nicht aus dem Wasser, wie ich das bei einem Wasser-Elementarwesen erwarten würde.
Man könnte hier behaupten Thema verfehlt.
Ist mir aber egal, weil ich von Atmosphäre und Stil der Geschichte so angetan bin.
Und vielleicht hab ich eben doch nicht alles mitgekriegt, was in der Geschichte drinsteckt.

Noch eine Einzelheit.
Du hast immer wieder Klammern und Schrägstriche in der Geschichte.
„(Jahr?/Zeitalter?)“
„(Tage?/Wochen?)“
Ich finde, das sieht aus wie in einem Formular oder einem Sachtext, aber nicht wie in einer Kurzgeschichte, und es zerstört die Atmosphäre.
Ich würde das eher mit Gedankenstrichen machen.
„ein paarmal im Monat - Jahr? - Zeitalter? - aus dem Schatzkästchen“

viele Grüße
jflipp

 

Hallo jflipp (oder soll ich sagen: Hü-hüpf? *g*),

Die Perspektiven und das Puzzleartige stören dich also nicht? Ja Zefix...! ;)
Danke für deine positiven Worte.

Was die Geschichte mit dem TdM zu tun hat? Eigentlich hatte ich das so verstanden, dass es auch reicht, wenn das Setting von einem Element dominiert wird. Und da der Regen hier sogar Symbolcharakter hat und das Bild der Regenstadt sozusagen die Eizelle der Story war, hab ich es halt mal als TdM reingestellt.

Die Gedankenstriche hatte ich kurzfristig mal. Es kam mir dann aber so vor, als würde das den Satz rein optisch noch mehr verhackstückeln, so dass es fast unlesbar wird. Aber stimmt schon, die Klammern sind unschön. Ich habe die Schrägstriche zumindest schon mal durch Kommas ersetzt.

Ein Tipp: Versuche das zweite Ende von Tso'ar mal mit den Gedanken des Wächters in Zusammenhang zu setzen. Du kannst auch einfach mal nachgoogeln, wenn du noch ein paar Anhaltspunkte suchst. Eine Erklärung ist das Bibelzitat aber auch nicht, die Geschichte ist nur eine Weiterspinnung eines Gedankens. Wenn sie 'einfach so' wirkt, ist es auch gut.

LG,
Megries

 

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