Unerreichbar
Nervös sah sich Madison auf dem Campus um. Während ihre beste Freundin Caitlin weiter schnatterte. "Und anschließend sind wir dann in den neuen Film mit Nicholas Cage gegangen. Wir haben uns eine Popcorntüte geteilt." erinnerte sie sich an den letzten Abend zurück. "Er war mal wieder sehr zuvorkommend." Dann merkte sie das ihre Freundin ihr garnicht zuhörte. "Habe ich dir eigentlich schon erzählt warum ich eigentlich mit meinem Freund ausgehe?" fragte sie dann etwas lauter um ihre Freundin auf die Probe zustellen und stieß Madison leicht mit dem Ellenbogen an.
"Ja, hundert mal schon." sagte sie ohne Caitlin anzusehen. "Weil er so sexy ist."
Caitlin schnaupte kurz und redete dann einfach weiter, in der Annahme das Madison ihr schon zuhören würde.
Madison war aber schon wieder damit beschäfftigt den Campusplatz mit ihren Augen abzusuchen. Auf der großen runden Wiese im Mittelpunkt des Geländes saßen viele Studenten und nahmen ihr Mittagessen zu sich, waren vertieft in ihre Bücher oder unterhielten sich einfach nur mit jemanden. Man könnte meinen das es nicht einfach war einen ganz bestimmten Menschen aus dieser gemischten Masse herauszufinden, aber in Madisons Fall war es kein Kunststück, den er hob sich von der Masse ab. Sie würde ihn unter tausenden erkennen.
Nein, ich werde nicht weiter nach ihm schauen, versuchte Madison sich Vernunft einzureden. Und nur zögernd drehte sie sich wieder zu ihrer Freundin um und nahm einen Bissen von ihrem Hamburger. Bei dem wie immer der Ketchup fehlte. "Warum können die denn nicht genug Ketchup darauf machen?" fragte sie genervt und griff nach der mitgebrachten Ketchupflasche und verteilte den Inhalt großzügig zwischen dem aufgeklappten Hamburgerhälften. Dann stellte sie die Falsche wieder in die Mitte des Holztisches, klappte den Hamburger wieder zu und biss davon ab.
Während sie weiter aß versuchte sie konzentriert dem Bericht ihrer Freundin zu folgen. Was bei Außenstehenden oft für Verzweiflung sorgte, weil Caitlin die Angewohnheit hatte ohne Punkt und Komma zu reden und wie es schien auch ohne Luft zuholen.
"Du kannst dir garnicht vorstellen wie gut Nicholas Cage in dem Film aussieht. Er hat kurze Haare und hat oft diese Lederklamotten an. Einfach himmlisch." sie machte tatsächlich eine Pause, aber auch nur um etwas von ihrem Salat zu essen.
Madison nutzte diese seltene Gelegenheit: "Ich denke in dem Film schließt er einen Pakt mit dem Teufel?."
"Er sieht trotzdem verboten gut aus. Besser als in dem Film in dem er einen Polizisten spielt. Wusstest du das die Polizei gestern die Party von Greg Miller beendet hat?" kam sie wie immer von eigentlichen Thema ab.
Plötzlich, gerade als Madison ohne große Mühe Caitlin zugehört hatte und sie ihren Blick zufällig wieder über den Campus schweifen ließ, entdeckte ihn dabei. Wie vom Donner gerührt stoppte ihr Kiefer beim Abbeisen vom Hamburger und ihr Atem stockte. Ihr Herz begann wild zuschlagen und ihr Magen verkrampfte sich. Sie vergaß alles um sich herum und hatte nur noch Augen für Tyler Melville. Er verließ gerade mit seinem Freund Cliff das Bibliotheksgebäude und kam in ihre Richtung. Madison konnte sich nicht vorstellen das es irgendwo auf dieser Welt einen Mann geben würde der genauso unglaublich gut aussah wie Tyler Melville. Er trug eine schwarze Hose, ein schwarzes Shirt mit einem Korn-Aufdruck und ein olivgrünes US-Army-Hemd mit kurzen Ärmeln. Auf seinem Rücken trug er lässig seinen Rucksack auf dem, wie sie wusste, unzählige Stoffaufnäher und Bottuns mit Bandlogos prankten. Er mochte die Musik von Marilyn Manson, My Chemical Romance, Manowar und Metallica. Madison wusste auch das er jetzt gerade eine dieser Band von seinem I Pod hörte. Wie immer hatte er nur in einem Ohr einen Stöpsel. Seine , wie ihre auch, schwarzgefärbten Haare sahen aus als wäre sein Kamm nicht nahe genug an sie heran gekommen, aber Madison wusste das Tyler sehr viel Wert auf seine Haare legte. Vor ihrem inneren Auge baute sich plötzlich das Bild seines Gesichtes auf. Er hatte schmale Lippen und wenn er lächelte dann bekam er Grüpchen. Sein schmales Kinn zierte ein Drei-Tage-Bart. Und seine Augen waren wieder schwarz geschminkt. Mit und ohne die Smokie Eyes sah Tyler einfach umwerfend aus. Jedesmal wenn seine azurblauen Augen sie ansahen drehte sich ihr Magen um, sie wurde nervös und sie konnte sich auf nichts mehr konzentrieren.
Das Bild verschwand augenblicklich als sie bemerkte wie er sich nach jemanden umdrehte. Dieser jemand war wohl ein Bekannter, den Cliff angesprochen hatte und auf dessen letzten Satz Cliff und Tyler zulachen begannen. Sie bahnten sich einen Weg über die große runde Wiese im Mittelpunkt des Platzes und wichen dabei den anderen Studenten so gut es ging aus.
Ein paar seiner Schritte beobachtete sie noch dann hatte sie ein anderes Bild in ihrem Kopf. Es war der gleiche Campus und die Sonne strahlte genau wie jetzt auf den Campus nieder. Wieder war viel Betrieb auf der Wiese und Tyler kam wieder auf sie zu. Er trug das selbe wie ebend schon, nur dieses Mal noch etwas anderes, etwas wundervolles dazu. Es war ein liebevolles Lächeln, als er sie ansah und immer dichter kam. Seine Augen ruhten auf ihr während des gesamten Weges zu ihr. Direkt vor ihr blieb er stehen und ließ seinen Rucksack achtlos zu Boden plumpsen. Als hätte er gerade etwas wichtigeres zutun als sich um so ein lästiges Anhängles zukümmern. Tyler setzte sich neben sie auf die Bank und nahm sie ohne Umschweife in seine Arme. Madison konnte es kaum fassen. Sie umarmten einander und dann sah er ihr tief in die Augen. Irgendetwas sagte er zu ihr, aber sie konnte es nicht hören, denn ihr Puls rauschte vor Glück in ihren Ohren. Dann senkte er seinen Kopf ein wenig und sie bemerkte erstaunt das seine Lippen ihre berührten.
Sie hielt die Luft an und atmete erst weiter als er seine Lippen öffnete und seine Zunge in ihren Mund wanderte. Ihr ganzer Körper kribbelte an den Stellen an denen sich ihre Körper einander berührten. In ihrem Kopf drehte sich alles und sie nahm ihre Umwelt nur noch verschwommen und dumpf war.
Plötzlich wurde sie aus diesem viel zu schönen traum gerissen. Jemand von links hatte nach Cliff gerufen. Es war ein Stundent und rief ihm irgendetwas zu. Sie konnte nicht verstehen was er ihm zurief, sie war zu enttäuscht darüber das der Kuss wieder nur ein Traum war. Cliff jedoch verstand ihn wohl, nickte ihm zu und ging dann mit Tyler weiter. Sie schienen sich noch über diesen Studenten zu unterhalten, als jemand von links auf sie zugerannt kam. Sofort erkannte Madison wer das war und ihre Mundwinkel verzogen sich noch weiter nach unten. Enttäuscht widmete sie sich wieder ihrem Hamburger. Eigentlich hatte sie jetzt keinen Hunger mehr, aber der Frust trieb es in ihren Mund und die Wut über sich selbst hinunter in ihren Magen. Sie wollte damit erreichen das ihr Magen etwas zutun hatte außer so gemeine Gefühle zuproduktieren. Sie zwang sich nicht wieder von ihrem Burger aufzusehen, denn sie wollte nicht sehen wie Tyler seine Freundin in den Arm nahm und sie küsste. Sie wollte nicht sehen wie sie Hand in Hand auf ihren Tisch zukamen und sich die anderen Jungs nach seiner Freundin Gigi umsahen. Sie wollte das ungleiche, aber ach so glückliche Paar nicht sehen.
"Ah, da seid ihr ja." begrüßte Caitlin die drei mit gemischten Gefühlen.
Cliff setzte sich sofort neben sie und küsste seine Freundin zur Begrüßung.
"Und hast du mich vermisst?" wollte er sofort von ihr wissen und ließ ihr durch seine Küsse kaum Gelegenheit zum Antworten. Caitlin stoppte seine Liebkosungen sofort und deutete mit einer Kopfbewegung auf Madison.
"Ja, wir haben kaum Zeit wir wollten noch schnell zu Thomas. Der hat meine Notizen von Betriebwirtschaft." erklärte er und stand wieder auf.
"Oh," schmollte Gigi gespielt. "Dann wirst du mich schon wieder verlassen?"
Nein, soviel Glück habe ich nicht, fuhr es Madison sofort durch den Kopf.
Krampfhaft versuchte sie auf ihren Teller zu starren.
"Nein, Gigi, ich muss noch etwas mit dir besprechen." sagte Tyler.
Cliff gab Caitlin noch einen Abschiedskuss und ging dann mit dem anderen beiden weiter. Madison entspannte sich etwas als sie merkte das die drei noch garnicht so weit weg waren, denn sie konnte die süßliche Stimme von Gigi noch hören. "Hast du gesehen wie diese blöde Kuh auf ihren Teller starr? Sie hält sich wohl für etwas besseres? Dabei ist sie nur eine hässliche Bitch."
"Wie kann dieses Ass es nur wagen?" fragte Caitlin aufgebracht.
"Lass sie doch einfach, sie weiß es nicht besser." verteidigte Madison sie, aber in ihrem Inneren kochte sie vor Wut. Aber sie war nichts anderes von Gigi gewohnt. Immer wenn sie alle zusammen etwas unternahmen ließ Gigi keine Gelegenheit aus um Madison zu zeigen wer mit Tyler zusammen war. Manchmal kam es ihr so vor als war Gigi nur mit ihm zusammen um ihr eines auszuwischen. Allerdings konnte man Gigi nicht zutrauen das diese Überlegung auf ihrem Mist gewachsen war. Gigi war zwar hübsch, aber dafür war sie mit nichts weiter als einem kirschkerngroßem Hirn gestraft. In ihrer pinken Barbiewelt gab es nichts weiter als zueinander passende Klamotten und sich selber. Irgendwie tat Gigi ihr leid. Nur die Tatsache das dieses Miststück Tyler eine Lüge nach der anderen über Madison erzählte um sie bei ihm schlecht zu machen brachte sie zur Weißglut. Aber sie konnte nichts weiter als ihn weiter aus der Nähe heimlich zu lieben.
Was Madison aber nicht wusste war das Tyler sich gerade in diesem Augenblick von Gigi trennte und dabei, wie so oft in letzter Zeit, nur an ein ganz bestimmtes Mädchen mit schwarzgefärbten Haaren und einem halbaufgegessenen Hamburger in der Hand denken.