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Unfreiwillige Selbstaufgabe

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16.08.2003
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Unfreiwillige Selbstaufgabe

Das Telefon klingelt schrill und reißt Natalie aus ihrer Kostenkalkulation. Sie erkennt die Nummer bereits auf der Anzeige des Apparats und erschrickt. Sie ist gut konditioniert und ihr Magen verkrampft sich unter Schmerzen. Das Adrenalin nimmt Besitz von ihrem Körper, ihr Herzschlag verdoppelt seine Frequenz. Sie weiß selbst nicht, ob aus blanker Angst vor dem oder purer Freude auf das, was er gleich mit ihr tun würde. Natürlich nur wenn sie ihn lässt. Soll sie ihn lassen? Hat sie überhaupt eine Wahl? Niemand hat sie je gefragt, ob sie das alles überhaupt will. Sie hat ihn so vermisst. Er hat sie so lange schon nicht mehr gebraucht.

In den Sekunden, in denen sie hypnotisiert den Hörer anstarrt und nervös ihrer Hand befiehlt, nicht zwanghaft nach ihm zu greifen sondern sich dieser Macht zu widersetzen, laufen ihre Erlebnisse mit Peter wie ein Film in ihrem Kopf ab.

Er benutzt dich nur, um sich selbst zu verwirklichen.
Und genau das braucht sie. Sonst sucht er sich noch jemand anderes, der seine Bedürfnisse befriedigt, sich seiner annimmt. Und ohne seine Aufmerksamkeit wäre sie verloren.
Das Telefon klingelt ein zweites Mal und zieht sie immer stärker in seinen Bann.
Er zitiert dich zu sich wenn er dich benötigt und lässt dich in seiner Arroganz sonst links liegen. Er spielt mit dir und erniedrigt dich.
Sie geht darin auf, ihn zu bewundern, sich applaudierend zu seinen Füßen einzufinden, begeistert.
Das Telefon klingelt zum dritten Mal, unbarmherzig.
Er hält sich für den Nabel der Welt, unendlich genial, verlangt, dass die ganze Welt ihr Tempo und die Flüsse ihre Richtung ändern müssen für ihn.
Aber ist er das nicht auch wert?
Ihr ist bewusst, die ganze lange Sekunde lang, dass nach dem nächsten Klingeln der Anrufbeantworter sich seiner annehmen und sie entlasten würde. Aber wie enttäuscht wäre er dann von ihr? Sie will doch nur, dass er zufrieden mit ihr ist.
Grenz dich ab, lass dich von diesem engstirnigen Narzissten nicht so einspannen.
Gibt es noch eine Grenze zwischen ihm, seinen Einstellungen, seinem Willen, und ihr, ihrer Individualität? Ist sie überhaupt eine eigenständige Persönlichkeit ohne ihn?
Schäm dich, dich selbst so aufzugeben, und jede Sekunde davon zu genießen. Du leugnest mit deinem Verhalten die ganze Geschichte der Emanzipation. Selbst er verachtet dich mittlerweile dafür.
Wozu freier Wille, wenn man angezogen wird von seiner perfekten Persönlichkeit, seiner Kraft?

Hektisch nimmt Natalie den Hörer von der Gabel, aus Angst, dass der Anrufbeantworter schon Fakten geschafft haben könnte. Ohne die geringste Chance, gegen ihre Gefühle anzukommen, und in purer Vorfreude darauf, sich erneut zum Affen zu machen vor ihm, ihn anzubeten und ihm gefügig sein zu dürfen.
Ihr Versuch, cool zu klingen, ist eher halbherzig. Sie ist machtlos, reagiert nur noch unter dem Einfluss einer unsichtbaren Kraft, willenlos, ohne je eine Wahl gehabt zu haben.

„Hallo Schatz, schön, dass Du anrufst“, sagt sie einige Töne zu hoch, und es ist nicht zu unterscheiden, wen sie mehr verachtet – ihn oder sich.

 

Hallo Juschi!

Die wiedersprüchlichen Empfindungen der Protagonistin beschreibst du gut. Ich hätte mir vielleicht gewünscht, nicht nur ihre Gedanken zu kennen, sondern sie vielleicht auch einmal vor dem inneren Auge sehen zu können. Wie hat man ihr z.B. an der Körperhaltung angemerkt, dass sie im Zwiespalt ist, dass sie sich verachtet? Das hätte ihre Gedanken vermutlich noch etwas unterstrichen und plastischer gemacht.
Ansonsten fand ich es aber schade, dass die Geschichte so schnell zuende war!

Liebe Grüße, Sonja

 

Hallo Juschi,

sprachlich recht ausgereift erzählst du die Zweifel einer Frau beim Klingeln des Telefons.
Sie unterliegt sich selbst, wie so viele Suchtkranke. Sie ist süchtig nach Zuneigung, verwechselt diese Sucht mit Liebe und erlebt die negativen Seiten der neuen Selbstständigkeit: Die Vereinsamung, die zur Selbstaufgabe führt.
Das Traurige an deiner Geschichte ist, dass sie so typisch ist.
Erstaunlicherweise ist noch nicht einmal unemanzipatorisch, denn diesen Hang zur Selbstaufgabe erlebe ich nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern oft.
Das Charisma des Gegenparts, welches du beschreibst, ist dazu noch nicht einmal notwendig, auch wenn es als "Entlastung" oft so erlebt und beschrieben wird.
Man kann sich beim Lesen fragen, ob deine Protagonistin ihrem Gegenpart überhaupt eine Chance lässt, sie nicht zu benutzen. Auch kann man sich fragen, ob es nicht auch seinerseits eine unfreiwilige Selbstaufgabe ist, dass er sich auf dieses Spiel doch immer wieder einlässt. Die emotionale Leere, die Sehnsucht nach Tiefe in all der Oberflächlichkeit macht uns empfänglich für diese Form der Sucht. Die Werte tendieren zur Romantik, zur immerwährenden Liebe, und niemand sagt uns, dass auch die zur Oberfläche verkommen wird, weil wir selbst in sie viel zu viele irreale Hoffnungen stecken, anstatt sie uns zu erarbeiten.

Du siehst, man kann viel lesen in deiner Geschichte.

Ich bin ja sonst oft der, der bei solchen kurzen Anrissen fragt, wo die Geschichte sei. In diesem Falle finde ich sie ausreichend.
Diese Story ist so komplett. Du hast wirklich ein typisches Stück Alltag in einer kurzen Geschichte eingefangen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Trixi, hallo sim,

danke Euch für´s Lesen der Geschichte und die positiven Worte.

@ Trixi:
Mit der Beschreibung der Protagonistin hast Du recht, die kommen bei mir immer etwas zu kurz. Einerseits habe ich immer Angst, dass solche Personenbeschreibungen vom Wesentlichen ablenken, andererseits braucht der Leser wohl diese Details, um sich ein Bild von dem Menschen machen zu können. Und sie könnten, wie Du schreibst, die Atmosphäre ja auch unterstützen. Vielleicht überarbeite ich die Geschichte nochmal diesbezüglich ...
Zum Thema Länge: die kürzeren Geschichten, die nur einen Augenblick beschreiben, sind in der Tat eher mein Ding.

@ sim:
Schön, wieviel Du in dieser Geschichte lesen konntest - und hast viele Dinge auch genau so beschrieben, wie ich sie im Kopf hatte.
Ich stimme Dir zu, dass Natalie süchtig ist nach der Zuneigung des Anrufers - umso mehr handelt sie unfreiwillig. Und wie bei jeder Sucht wäre ein Lösungsweg wohl nur der "Entzug".
Ich habe genau wie Du beobachtet, dass diese Art von Sucht heute häufig zu finden ist. Allerdings beruhigen mich Deine Wort, da ich es bisher immer für ein Phänomen gehalten habe, dass insbesondere für Frauen typisch ist ;) Aber der Begriff der Emanzipation als Form von Befreiung und Gleichstellung gilt ja auch für Männer, von daher passt´s trotzdem.
In Bezug auf die Länge habe ich Trixi schon was geschrieben. Ich schreibe gerade an einer längeren Geschichte - mal sehen, ob´s funktioniert.

Euch beiden ganz liebe Grüße!
Juschi

 
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Hallo Juschi!

Deine Geschichte hab auch ich sehr interessiert gelesen und mir ähnliche Gedanken wie sim gemacht.
Aber neben dem Bedürfnis nach Liebe sehe ich auch im inneren Zwang, funktionieren zu müssen, eine Begründung für Natalies Verhalten. Also, daß sie die negativen Gefühle, die sie hat, mehr auf ihr Nicht-Funktionieren schiebt (sich also selbst die Schuld dafür auflädt, daß es ihr nicht gefällt), statt zu sehen, daß er nicht der richtige für sie ist.

Bei diesem Bedürfnis nach Liebe bin ich mir nicht sicher, ob man wirklich von einer Sucht sprechen kann, da Menschen wie Natalie meist ja unterbewußt eigentlich ganz eine andere Liebe suchen, als man sie im Erwachsenenleben bekommen wird, nämlich die bedingungslose Liebe, die man eigentlich von den Eltern bekommen sollte. Die meisten, die sie nicht bekommen haben, verwechseln das später bzw. sind vergeblich auf der Suche nach ihr, so wie Natalie. Es ist also nur eine Ersatzdroge auf der Suche nach einer tieferen Liebe. Nach außen hin ist nicht viel Unterschied zwischen Sucht und Suche, das gilt nicht nur für die Buchstaben, aber innerlich ist er gewaltig.
Würde sie die Liebe, die sie eigentlich sucht, nur einmal bekommen, könnte sie es anschließend unterscheiden. Aber die Ersatzdroge befriedigt auch für den Moment und den Unterschied bemerkt man nicht so einfach. Man fühlt sich bloß nie richtig geliebt, ohne zu wissen, warum, und macht sich selbst dafür Vorwürfe, die oft auch noch weit hergeholt werden, wie etwa das mit der Emanzipation.

Als tiefgründige Situationsbeschreibung finde ich Deine Geschichte auch ausreichend. Was Du aber mit ein wenig Zusätzlichem erreichen könntest, ist ein deutlicheres Aufzeigen dieses Teufelskreises des Such(t)verhaltens. Dazu würde es reichen, wenn Du in ihre Gedanken sowas wie ein „Wie oft hast du dir schon vorgenommen, Schluss zu machen“ einbaust und am Schluß oder auch an den Anfang der Geschichte eine Szene, wie sie sich am Tag danach denkt, daß das das allerletzte Mal war und sie beim nächsten Mal mehr Mut haben wird etc. – Aber das ist nur eine Idee und es macht gar nichts, wenn Du sie nicht umsetzt (also weder mir noch der Geschichte macht das was ;)).

Was ich allerdings versuchen würde, ist, alles ein bisschen kürzer zu formulieren, da die Zeitspanne, über die sich Deine Geschichte zieht, ja viel kürzer ist, als man daran liest, folglich das alles recht schnell vor sich geht. Da könntest Du noch einiges optimieren. Damit man den Druck, die Hektik ein bisschen mehr spürt, denn so wirkt es ein bisschen, als hätte sie ziemlich viel Zeit zum Überlegen. Besonders bei den kursiven Gedanken würde ich Zeit sparen, so könnte etwa aus einem „Schämst du dich nicht, dich selbst …“ ein „Schäm dich, dich selbst …“ werden (gebe aber zu, daß das dann stilistisch auch nicht das Gelbe vom Ei wäre, mit den beiden "dich" hintereinander).
Als bessere Beispiele nur die ersten beiden Sätze:
»Das Telefon klingelt, schrill und erbarmungslos wie stets, und reißt Natalie aus ihrer Kostenkalkulation. Sie erkennt die Nummer bereits auf dem verstaubten Display des Apparats und erschrickt.«
– Ein Telefon kennt ohnehin kein Erbarmen, es ist also nicht erwähnenswert, daß es erbarmungslos klingelt, eigentlich auch nicht, daß es stets so schrill klingelt. Würde also hier schreiben „Das Telefon klingelt schrill und reißt …“, evtl. auch „Das schrille Klingeln des Telefons reißt …“
– Daß das Display verstaubt ist, soll vermutlich andeuten, daß sie sonst wenig telefoniert oder sich auch wenig um die Sachen kümmert (weil sie vielleicht zu wenig Kraft dafür hat). Wenn es nicht so gedacht war, würde ich es streichen. – Ein deutscher Ausdruck für „Display“ ist übrigens „Anzeige“, und daß sich diese auf dem Apparat befindet, geht dem Leser auch so auf. ;) Würde hier also kürzen auf z.B. „Sie erkennt die Nummer auf der verstaubten Anzeige und erschrickt“

Sonst ist mir noch aufgefallen, daß Du „Du“ und „Dich“ entgegen den neuen Rechtschreibregeln oft groß schreibst und daß ein paar Beistriche (Kommas) fehlen.

»Ihr Magen ist gut konditioniert und krümmt sich unter Schmerzen zusammen.«
– Sollte der Magen sich nicht, bei guter Konditionierung, nicht zusammenkrümmen? Ich würde hier eher zu einem „aber“ oder „trotzdem“ tendieren: „Ihr Magen ist gut konditioniert, trotzdem krümmt er sich unter Schmerzen zusammen“ – wobei eigentlich die gute Koditionierung auch weggelassen werden kann, da sie nicht wichtig ist. ;)
… Und jetzt beim nochmaligen Durchlesen fällt mir auch auf, daß sich der Magen ja eigentlich nicht krümmen kann, sondern eher verkrampfen. Der Mensch, dessen Magen es ist, krümmt sich dann – also neuer Vorschlag: „Ihr Magen verkrampft sich und sie krümmt sich vor Schmerzen.“

»Er hält sich für den Nabel der Welt, unendlich genial, verlangt, dass die ganze Welt ihr Tempo und die Flüsse ihre Richtung ändern müssen nur für ihn. «
– nach „nur“ hast Du zwei Leerzeichen drin, ich würde zwischen „müssen“ und „nur für ihn“ einen Bindestrich machen

»Ihr ist bewusst, die ganze lange Sekunde lang, dass nach dem nächsten Klingeln der Anrufbeantworter sich seiner annehmen und sie entlasten wird.«
– „entlasten würde“ wäre richtiger; der Satz ist übrigens auch einer jener, die Du kürzen könntest…

»„Hallo Schatz, schön, dass Du anrufst“, sagt sie fast schon schrill,«
– Ist es eigentlich beabsichtigt, daß am Anfang das Telefon schrill klingelt und am Ende ihre Stimme schrill ist? Wenn nicht, würd ich für eins davon ein Synonym verwenden, wie „sagte sie mit erhöhter Stimme“. ;)

Die Geschichte hat mir jedenfalls sehr gut gefallen. :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

vielen lieben Dank für das Ausgraben dieser Geschichte und Deinen Kommentar, der die Länge meiner Geschichte bei Weitem übersteigt :)
Ich stelle gerade fest, dass ich selbst nicht mehr so tief drin stecke in meiner Geschichte - Du gibst mir viele wertvolle sprachliche und inhaltliche Anregungen, mit deren Hilfe ich mich gerne nochmal mit ihr auseinandersetzen werde. In Kürze also eine ausführlichere Rückmeldung von mir.

Bis dahin liebe Grüße von
Juschi

 
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Hallo Susi,

so, ich hab mich jetzt nochmal an die Geschichte gesetzt. Viele Deiner Vorschläge und Anregungen sind berücksichtigt. Ich geh einfach mal einiges durch:

Also, daß sie die negativen Gefühle, die sie hat, mehr auf ihr Nicht-Funktionieren schiebt (sich also selbst die Schuld dafür auflädt, daß es ihr nicht gefällt), statt zu sehen, daß er nicht der richtige für sie ist.
Hm. Ich glaube, Natalie ist eher wütend darüber, dass sie so gut funktioniert. Sie würde gern nicht-funktionieren wenn es nach ihrem Kopf ginge, tut es aber dennoch, weil sie ihr Verhalten nicht steuern kann.
...die bedingungslose Liebe, die man eigentlich von den Eltern bekommen sollte. Die meisten, die sie nicht bekommen haben, verwechseln das später bzw. sind vergeblich auf der Suche nach ihr, so wie Natalie.
Du stimmt sicherlich. Ich habe paradoxerweise auch oft die gegenteilige Erfahrung gemacht: Gerade die Menschen, die von ihren Eltern oder wem auch immer ohne Vorbehalte geliebt werden/wurden, können es oft nicht verstehen, wenn sie diese Liebe von anderen nicht bekommen.
Als tiefgründige Situationsbeschreibung finde ich Deine Geschichte auch ausreichend. Was Du aber mit ein wenig Zusätzlichem erreichen könntest, ist ein deutlicheres Aufzeigen dieses Teufelskreises des Such(t)verhaltens.
Ich denke nicht, dass ich die Geschichte noch ausbauen werde. Zum einen soll sie genau das sein, als was Du sie auch gesehen hast: eine Momentaufnahme. Ich hoffe, dass der Grundkonflikt auch so deutlich wird. Ich arbeite gerade an einer Geschichte, die auch das Abhängigkeitsverhältnis zweier Menschen zum Thema hat, und habe Angst, der neuen durch den Ausbau dieser Geschichte etwas wegzunehmen. Ich hoffe, Du weißt was ich meine ;)
Was ich allerdings versuchen würde, ist, alles ein bisschen kürzer zu formulieren, da die Zeitspanne, über die sich Deine Geschichte zieht, ja viel kürzer ist, als man daran liest, folglich das alles recht schnell vor sich geht.
Du hast Recht, ich habe nun an einigen Stellen (u.a. an den von Dir vorgeschlagenen) versucht, die Sätze zu kürzen und Füllwörter zu streichen um die Streßsituation zu verdeutlichen.
Sollte der Magen sich nicht, bei guter Konditionierung, nicht zusammenkrümmen? ... Und jetzt beim nochmaligen Durchlesen fällt mir auch auf, daß sich der Magen ja eigentlich nicht krümmen kann, sondern eher verkrampfen.
Du hast in sofern Recht, als dass der Magen sich verkrampft. In Bezug auf die Konditionierung: sie besteht darin, dass sie nur seine Nummer sieht und ihr Körper schon reagiert. Der ursprüngliche Auslöser des Reizes (seine Stimme, seine Gegenwart) wird nicht mehr benötigt.

Die Anregungen, die ich jetzt nicht erwähnt habe, sind so oder so ähnlich wie von Dir vorgeschlagen umgesetzt ;) Nochmal vielen Dank für Deine ausführlichen Gedanken!

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hello Juschi,

eine bemerkenswertes Psychogramm, mitreissend!

Solche Situationen kennen sicher beide Geschlechter, Sucht ist nicht einfach. Was mir ein wenig fehlt, ist Futter für den Schluß. Jeder Junkie, Zigarettenraucher oder Alkoholiker weiss um die negativen Seiten seiner Abhängigkeit.
Sie ist zwar süchtig und schätzt dieses Gefühl nicht - aber einen echten Grund für die Selbstverachtung liefert die Geschichte nicht. Es mangelt mir ein bisschen an 'Er schickt mich auf den Strich und ich liebe ihn dennoch', aber vielleicht ist auch nur meine Phantasie zu schräg ;-)

Viele Grüße vom gox

 

Hallo gox,

vielen Dank für Deinen Kommentar und Dein Lob :)
Ich denke, Natalie weiß auch um die negativen Aspekte der Sucht - ihre Vernunft äußert sie ständig und versucht gegen die Abhängigkeit anzukommen. Das sind die Gedanken, die ich in der Geschichte kursiv gesetzt habe. Und der Grund für die Selbstverachtung ist die Tatsache, dass sie spürt wie sehr sie sich durch die Ausrichtung auf ihn selbst aufgibt. Ich schaue nochmal, ob ich das noch deutlicher machen kann...

Liebe Grüße
Juschi

 

Hallo Juschi!

Hab mir Deine Geschichte noch einmal durchgelesen und finde sie jetzt wirklich gelungen. :)

Einzig diesen Satz will ich immer noch kritisieren:

Ihr Magen ist gut konditioniert und verkrampft sich unter Schmerzen.

So, wie Du es meinst, ist ja nicht ihr Magen konditioniert, sondern sie selbst, ihr Unterbewußtsein, ihre Erinnerung oder was auch immer. Das Verkrampfen des Magens ist nur eine Folge davon. Neuer Vorschlag also: Sie ist gut konditioniert und ihr Magen verkrampft sich unter Schmerzen. :)

Alles Liebe,
Susi :)

 

Hallo Juschi,

du hast ein Thema aufgegriffen, dass leider sehr aktuell ist.

Viele Leute sehnen sich nach Zuneigung und Liebe und gehen dann Bindungen oder Beziehungen ein, weil es ihnen den Anschein von Liebe widerspiegelt.
Wie viele Leute sind in kaputten Beziehungen und möchten nicht loslassen, weil sie Angst vor dem alleine sein haben?
So geht es auch deiner Prot. - sie weiß genau, dass sie ausgenutzt wird, aber das ist ihr immer noch lieber als niemanden zu haben.
Ich denke, dass man, hat man erst diese Erkenntniss erlangt, sehr bald in Selbsthass schwelgt.

Ich fand du hast deine Prot. und ihre Gedanken sehr gut beschrieben. Ihre Zweifel, ihre Sucht etc.

Hat mir sehr gut gefallen!

Bella

 

Hallo häferl,

danke für´s Rausgraben der Geschichte und für dein Lob. Freut mich, dass dir die Geschichte jetzt besser gefällt :) Bezüglich der Konditionierung hast du mich überzeugt, wird geändert.


Hallo Bella,

schön, dass auch dir die Geschichte gefallen hat und du was mit dem Inhalt anfangen konntest. Ja, ich stimme dir zu, die Angst vor dem Alleinsein ist oft ein Grund, kranke Beziehungen fortzuführen. In Natalies Fall kommt noch hinzu, dass Peter sie total in seinen Bann gezogen hat und fasziniert. Danke für´s Lesen und kommentieren!

Euch beiden liebe Grüße
Juschi

 

Ich habe meine Schwierigkeiten mit dem Text. An einigen Stellen wirkt er nicht ausgereift, insgesamt ist er für meinen Geschmack zu explizit. Vielleicht geht das auch gar nicht anders. Wieviel Realzeit stehen dem Text zur Verfügung? Zehn, vielleicht fünfzehn Sekunden. Und die Protagonistin weiß um ihre Zweifel und Schwächen, kann sie ganz offen formulieren, ebenso ihre Hoffnungen, Widersprüchlichkeiten.

Und doch entscheidet sie sich für die Erniedrigung, will benutzt werden. Will sich durch ein "Hallo Schatz" hochhangeln an "perfekter Persönlichkeit" und "Kraft". Sucht ihren Wert in seiner Zufriedenheit. Und das, obwohl sie Wert auch aus anderen Dingen ziehen könnte. Die "Kostenkalkulation", mit der sie beschäftigt ist, als das Telefon plötzlich läutet, klingt weniger nach der Haushaltskasse eines Heimchens, denn nach einem verantwortungsvollen Beruf.

Ich bin sicher, daß Du diesen Text heute besser schreiben kannst. In dieser Form halte ich ihn für unfertig, überarbeitungsbedürftig. Das Thema erscheint mir spannend, wenn auch nicht frei von gängigen Vorstellungen.

Details:

  • "Sie ist gut konditioniert und ihr Magen verkrampft sich unter Schmerzen." - 'konditioniert, und'; der Satz erschließt sich nicht so recht, wie wäre: 'Automatisch verkrampft sich ihr Magen...'
  • "nicht zwanghaft nach ihm zu greifen sondern sich dieser Macht zu widersetzen" - 'greifen, sondern'
  • "Er zitiert dich zu sich wenn er dich benötigt und lässt dich in seiner Arroganz sonst links liegen." - 'sich, wenn'; mit dem Arroganz-Club wird das wohl nichts...; 'links liegen lassen' mißfällt mir
  • "Das Telefon klingelt zum dritten Mal, unbarmherzig." - Ein Wort, eine Geschichte.
  • "Narzissten" - 'Narziss'
  • "Du leugnest mit deinem Verhalten die ganze Geschichte der Emanzipation." - Die Geschichte der Emanzipation? Auch das Pathos will mir nicht recht zusagen.
  • "Hektisch nimmt Natalie den Hörer von der Gabel" - Ist das noch so ein alter Apparat mit einer Gabel? Da meine Assoziationen eher eine Büroatmosphäre evozierten, halte ich den Begriff hier für nicht passend.
  • "sich erneut zum Affen zu machen" - ist mir zu ugs
  • "cool zu klingen" - ebenso; wie wäre 'lässig'?

 

Hallo Juschi,

Den Gedankengang während dem Klingeln des Telefons finde ich leider zu lang - insbesondere den der letzten Sekunde, da scheint sie viel mehr Zeit zu haben. Und ihre Gedanken wirken zu geordnet und logisch überlegt, ich hätte sie gern in sich widersprüchlicher und hektischer gelesen, vielleicht teilweise auch nur einzelne Fragmente und sich im Kreis drehende Gedankengänge.
Der innere Konflikt der Prot wird schon relativ früh deutlich, dafür braucht es nicht diese Fülle an innerem Pro und Contra, um das Thema weiter zu verdeutlichen. Der Leser ist schon relativ früh im Bilde und erwartet neues.
Vom Thema her gut gewählt, und auch die Ausführung ist im Ansatz recht gut, wird dann aber zu analysierend für die kurze Zeit, in der der Text spielt. Etwas weniger Selbsanalyse und etwas mehr Zwiespältigkeit, die sich auch in der Form der Gedanken ausdrückt, halte ich für durchaus angemessen.

lieben Gruß,
Anea

 

Hallo ihr zwei,

danke euch für eure ehrlichen und konstruktiven Kommentare.
Die Punkte, die ihr beide anspricht, sind die vielen Gedanken für die kurze Erzählzeit, die dann auch noch sehr analytisch sind. Mit der Erzählzeit habt ihr wohl recht. Ich habe Natalie als sehr rational und reflektiert beschrieben, um zwei Dinge zu verdeutlichen: a) dass dieses Verhalten eigentlich nicht zu ihrem Naturell passt, b) dass sie die Situation gut kennt und die Reaktionen/Gedanken nur noch abrufen muss.

Ich bin mit der Geschichte auch nicht mehr richtig zufrieden, sie ist eine der älteren. Ich habe bei den letzten Korrekturen nur noch sprachliche Details verbessert und gestrafft, bin aber nicht mehr an die Substanz gegangen. Ich würde die Geschichte heute anders schreiben und ich denke, das tue ich bald mal.

@cbrucher: Das passiert also, wenn man dir sagt, das eine Geschichte nicht unbedingt lesenswert ist ;) Einigen deiner Detailanmerkungen stimme ich zu, werde aber jetzt nicht mehr oberflächlich glätten sondern nochmal von Grund auf überarbeiten. Dann greife ich deine Hinweise auf. Außerdem wundert´s mich, dass Natalie die Aufnahme in den Arroganz-Club beantragt hat, so so. Vielleicht eher Peter, aufnehmen meine ich?

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hallo Juschi

Also, irgendwie kommt mir die Prot. deiner Geschichte bekannt vor - und das Problem: dieser Zwiespalt zwischen der Hingabe an ein irgendwie - wie soll ich das nennen - 'devotes' Gefühl und einem rationalen Sichzurwehrsetzen gegen jenen/jenes , der/das "unterdrückt" und doch ( oder gerade ) fasziniert.

Mir hat die Geschichte ganz gut gefallen - auch wenn es einige Stellen gibt, wo es mir etwas holprig scheint.
Aber ich würde nichts mehr grundlegend verändern; dann schon eher eine neue Geschichte...

Ich würde Anea recht geben hinsichtlich der Beschreibung der Gespaltenheit, ein bißchen mehr Hektik, ein wenig mehr Pfeffer wäre vielleicht nicht schlecht.
Das heißt ja schließlich nicht, daß deswegen ihre rationale Art, die Sache zu betrachten, untergehen muß...

Was mir noch auffiel:

Er benutzt dich nur, um sich selbst zu verwirklichen.
Und genau das braucht sie. Sonst sucht er sich noch jemand anderes, der seine Bedürfnisse befriedigt, sich seiner annimmt. Und ohne seine Aufmerksamkeit wäre sie verloren.
- Also die Art wie hier der allwissende Erzähler auftritt - kommentiert - gefällt mir irgendwie nicht. Das ist irgendwie eigenartig. :hmm:
Der zweite Satz, scheint mir, gehört eigentlich auch zu ihr...

Aber vielleicht sind in diesem Absatz ja auch einfach einige Stellen, wo sie sich kurz von sich distanziert, um sich von einer imaginären, scheinbaren ( und von vornherein zum Scheitern verurteilten ) Distanz zu analysieren,
die du eben nicht kursiv geschrieben hast...
Vielleicht hättest du dies noch etwas besser rüberbringen/ausarbeiten können?

Lieben Gruß
rock

 

Hallo rockz,

na, dann hoffe ich mal, dass dir dieses Gefühl nicht zu bekannt vorkommt. Danke auf jeden Fall für deine Gedanken. Ich werd die Geschichte noch ein paar Tage ruhen lassen und dann wohl nochmal überarbeiten, mal sehen, ich hab gerad keinen richtigen Zugang mehr zu ihr. Eine schnellere Erzählweise wird bei einer Überarbeitung mit Sicherheit auch eine Rolle spielen.
Bzgl. der kursiven und nicht-kursiven Teile: die kursiven Textteile lassen jeweils den Schluss zu, dass sie nicht ans Telefon gehen sollte - ihr Kopf sozusagen. Die nicht-kursiven Textstücke geben dann jeweils Gründe dafür, dass sie sich trotz aller Einwände so verhalten wird. In den kursiven Sätzen wird sie direkt angesprochen, in den anderen in der dritten Person.

Liebe Grüße
Juschi

 

Hallo Maggie3,

vielen Dank für deine Rückmeldung und dein Lob - besonders deshalb, da diese Geschichte schon ziemlich weit weg von mir ist und eigentlich seit Monaten auf eine Überarbeitung wartet. Und du hast richtig erkannt, irgendwie zieht sich dieses Thema durch einige meiner Geschichten. Schön, dass du dich noch an Sebastian erinnerst.

Das Lustige ist, daß ich mich eins a mit dieser Natalie identifizieren konnte, was nicht nur am gleichem Namen liegt...
Jetzt schwanke ich zwischen "Freut mich, dass ich sie so beschrieben habe" und "Oh, hoffentlich nicht zu sehr". ;)

Liebe Grüße
Juschi

 

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