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Ungerecht?

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08.03.2006
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Ungerecht?

„Tim!“

Die Stimme des Lehrers durchbrach donnernd die Stille des Raums.

„Ja?“

Er versuchte beiläufig zu klingen, was ihm aber nicht gelang. Seine Stimme
zitterte.
Nein, dass war nicht möglich, schoss es ihm durch den Kopf, er konnte, er
durfte es einfach nicht gesehen haben!

Ängstlich schaute er den Lehrer an, der inzwischen direkt vor ihm stand.
Sein Gesicht war puterrot und sein Atem machte das Geräusch einer
Dampfwalze. Langsam öffnete sich sein Mund wie ein riesiger Schlund, aus dem
nun Worte stürzten, die Tim brutaler vorkamen als irgendein körperlicher
Schmerz, den er je erlebt hatte.
„Du hast schon wieder abgeschrieben, Tim! Ist es nicht so, Tim? Du weißt,
was das bedeutet, Tim! Oder, Tim? Du bekommst eine 6 und ich werde deine
Eltern anrufen. Du kannst jetzt gehen. Aber schön leise, Tim!“
Er hasste es, wenn jemand so mit ihm sprach. Was aber noch viel schlimmer
war, war die schlechte Note in Mathe.
Jetzt bloß nicht weinen, nicht vor der ganzen Klasse, dachte er. Schnell
raffte Tim seine Sachen zusammen und ging. Nach einiger Zeit kam er am Hafen
an. Hier waren seine besten Freunde: die Möwen. Mit ihnen konnte man
stundenlang spielen. Und nicht nur das: Für sie war er, so lange sich Brot
in seinen Händen befand, der König. Alle wollten ihm möglichst nahe sein.
Sie schrieen, bissen und fetzten sich um ihr Ziel zu erreichen. In der
Schule war es anders: Dort wollte niemand mit ihm gesehen werden.
Ein besonders großes Stück Brot landete im Schnabel einer recht kleinen Möwe.
Sofort war sie von drei weiteren umringt, die gierig auf sie einhackten. Tim
lachte: „Na los, macht sie fertig! Macht sie fertig!“

 

Hallo Seeker,

auch von mir herzlich willkommen auf KG.de.

Hat mir recht gut gefallen deine Geschichte.
Tim, der zuvor von seinem Lehrer "getreten" wurde, fordert am Ende selbst die Möwen auf, einen schwächeren Artgenossen zu "treten". Ist schon komisch, wie sich innerhalb kürzester Zeit die Einstellung deines Prot geändert hat.
Grund ist dafür wahrscheinlich, dass er dieses Mal nicht direkt betroffen war und als Außenstehender die Szene von oben herab betrachten konnte. Denn eigentlich war ihm kurz vorher in der Schule vor seinen Klassenkameraden genau das Gleiche passiert wie der kleinen Möwe.

Den Absatz, in dem der Lehrer Tim eine sechs wegen Abschreiben verpasst, finde ich nicht sehr gelungen. Das dauernde "Tim" stört hier sehr. Ich würde es höchstens zwei Mal, am Anfang und am Ende der Rede benutzen.

Zusammenfassend ein gutes Thema, das du verarbeitet hast, was aber mE eher in der Rubrik "Jugend" passen würde.

Viele Grüße
bambu

 

Hi Bambu,
erst einmal danke für Deine Kritik. Du hast die Geschichte ziemlich genau so interpretiert, wie ich sie mir gedacht hab'. Allerdings sind die vielen "Tims" durchaus beabsichtigt. Der Lehrer ist sauer auf Tim und deshalb redet er so mit ihm.

Ciao
Seeker

 

Sein Gesicht war puterrot und sein Atem machte das Geräusch einer
Dampfwalze.
Besser: ... und sein Atem war das Geräusch einer Dampfwalze. Der Atem kann ja eigentlich nichts "machen".
Sie schrieen, bissen und fetzten sich um ihr Ziel zu erreichen.
Hm eben wollte ich noch Sie schrien verbessern, aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Toll, jetzt weiß ich nicht mehr, was richtig ist. ^^ Ach ja, und das "bissen" würde ich rausnehmen und durch "hackten" oder so ersetzen, weil man mit einem Schnabel ja nicht richtig beißen kann.

Moin Seeker!
Tja, bambu hat schon alles gesagt was ich auch sagen wollte. Dann bleibt mir nur noch zu sagen: Nette kleine Geschichte, die mir gefallen hat und zum Nachdenken anregt.
Gruß, Maeuser

 
Zuletzt bearbeitet:

P.s. Das dauernde Wiederholen von "Tim" während der Lehrer redet hat mich auch genervt. Klingt auch nicht sehr realistisch. ;)

 

Hi Seeker!

Das ewige Tim des Lehrers nervt, wie es das auch in Wirklichkeit tut, wenn jemand so redet. Das ist schon legitim. Allerdings ist der Text mehr ein Skizze als eine Geschichte. Vorschlag: Stell den Hauptcharakter doch etwas ausführlicher vor, auch seine Situation in der Klasse, zuhause bei den Eltern.

Viele Grüße!
Seaman

 

Moin Leute,
ihr habt ja schon ganz schön viel zu meiner kleinen Story geschrieben. Vielen Dank!

@ Maeuser: auch wenn es ungewohnt ist: schrieen ist neue Rechtschreibung. Das häufige Wiederholen von "Tim" ist sicher nervig, das soll es aber auch sein!

@ Nachtschatten: Vielen Dank!! :-)

@Seaman: Ich hab' ganz bewusst keine komplette Geshichte geschrieben. Der Leser soll zum Nachdenken angeregt werden, und die Geschichte auch noch weiter ausschmücken wenn er möchte...

Vielen Dank für Eure Hinweise!!
Ciao
Seeker

 

Hi Seeker,

An Deiner Geschichte stört mich, daß Du viel zu schnell "zur Sache" kommst. Du stellst, denke ich, zwei Sequenzen gegenüber: Einmal "Schule und Tim", das andere Mal "Tim und Möwen". Dazwischen kommt wenig bzw. zu "hektische" bzw. oberflächliche Sätze. Du baust kaum Atmospähre auf. Wie haben die anderen Kinder reagiert? Gab es Betroffenheit? Gab es Schadenfreude? Hat sich Tim ganz einfach kampflos ergeben? War er innerhalb einer Minute aus dem Raum verschwunden und
-schwupp- weitere drei Minuten später am Strand? Wie sehen Schultreppen aus, die man gedemütigt hinuntergeht? Sieht man andere Schüler, gar hübsche Mitschülerinnen aus der Klasse drüber an, wenn sie einem auf dem Gang nach draussen begegnen?
"Hier waren seine besten Freunde": Möwen fliegen, bewegen sich mit dem Wind, jagen, hacken, oder saßen sie schon dort, in der Erwartung, gleich mit Brotkrummen beworfen zu werden? Könnte ja sein, bin Stadtmensch, keine Ahnung, aber es wäre gut, wenn Du mehr beschreibst und aus der Beschreibung heraus eine Situation enstehen lässt. Du stößt den/die LeserIn zu schnell mit der Nase auf das, was Du ausdrücken willst und nimmst dem Text jeglichen Spielraum/jegliche Interpretation.
Was Du ausdrücken willst, steht im Titel: "Ungerecht?" Ich kann nicht nachvollziehen, warum Tim die "stärkeren" Möwen anfeuert. Gerade Menschen, die sich getreten fühlen, können umso mitfühlender sein, oder meint er es ironisch? Und meinst Du, daß das irgendwie der Gang der Dinge ist? Die Kleinen kriegen es drauf? Es wäre vielleicht besser, diese Frage offen zu lassen, dann wäre der Text spannender.

 

Hi Teomaniac,
vielen Dank für Deine Kritik. Ich glaub, Du hast recht: Die Geschichte ist zu schnell erzählt. Da ist wirklich etwas dran... Ich werde sie bei Zeit wohl mal überarbeiten. Vielen Dank für die Tipps!

Ciao
Seeker

 

Gute Idee, was mich stört ist die derzeitige Konstruktion.

So wie der Lehrer mit Tim redet, ist dieser wohl 12-14. Auch die übertriebene Wahrnehmung des Lehrers durch Tim wirkt irgendwie kindlich. Ich weiß nicht, ob man Kinder in diesem Alter dann einfach so mal rausschicken kann, selbst wenn dies früher ein beliebter pädagogischer Effekt war.
Erinnert mich eher an einen Film oder irgendwie frühere Zeiten.

Naja und die Sache mit "nach einiger Zeit kam er im Hafen an." zeigt ganz klar, daß Du sehr schnell dahin kommen willst.
Einen Widerspruch hat auch teomeniac angesprochen: Wenn die Möwen seine besten Freunde sind, so kann ich mir nicht vorstellen, daß er ihr Verhalten Schwachen gegenüber so toll findet.

Sinn würde für mich machen daß er den Hafen, wenn er schon dort ist, eher als beiläufiges Ziel auswählt. Nicht wegen der Möwen, sondern wegen der Atmosphäre, der Schiffe oder/und weil sein Vater Kapitän ist (hier könnte man den familiären Background reinbringen und gleich mit begründen, warum z.B. nur die Mutter informiert wird) etc.

Um nicht mißverstanden zu werden:
Ich finde die Länge der Geschichte angemessen. Auch das es gleich so in die Handlung reingeht ist mal erfrischend anders. Allerdings solltest Du an den Übergängen feilen und möglicherweise das eine oder andere Detail noch einweben, ohne den kompletten Tagesablauf des Jungen zu skizzieren.

Der Dialog mit dem Lehrer bzw. Tims Gedanken finde ich etwas übertrieben. Scheinbar hat Tim schon des öfteren abgeschrieben und solche "Profis" sollten mit der Zeit auch abstumpfen, was die Aktionen der Lehrer angeht.

Fazit:
Schöne Analogie, etwas behutsamer bzw. dezenter vorgetragen, das wäre fein.

Gruß
mac

 

Hallo.

Ich finde die Geschichte echt gut. Sie zeigt uns eine Verhaltensweise, die in jedem von uns steckt. Es ist ein ähnlich Phänomen, wie im überfüllten Zugabteil.
Wenn man einsteigt stöhnen alle auf und die Leute wirken abweisend auf einen.
An der nächsten Haltestelle begrüßt man neue Fahrgäste genauso, wie man vorher selbst begrüßt wurde.

@macsoja
Das Alter von Tim lässt sich meines Erachtens nicht ohne weiteres schätzen. Lehrer provozieren auch gerne Schüler. Vor allem schwächere. Es gibt weniges, dass Schüler mehr aufregt, als wie ein Kind behandelt zu werden.

Lg, K.

 

@ Nachtschatten
Wie gehst du denn ab? Bleib mal bitte sachlich, das war meine Meinung und die darf ich ja wohl äußern.

 

Tag Jungs

Im Allgemeinen, Nachtschatten, sollte jede Wortwiederholung beachtet werden, denn die machen eine Geschiche schlecht. Das Gehört zum Geschichtenschreiben
wie das Bierglas in die Hand. Ein Autor sollte dankbar für Hinweise sein.

Hier allerdings wird die Wiederholung der Ansprache kritisiert. Gerade die macht die Geschichte für mich real. Wenn Lehrer einen Schüler niedermachen, (sie nennen es ja aufwecken) wollen, dann sagen sie im Monolog oft den Namen des Schülers, das ist durchaus üblich und passt hier sehr gut.

Die Geschichte gefällt mir gut. Wie du selbst schon gemerkt hast, ist sie es wert, vernünftig und nicht nur in drei Zeilen erzählt zu werden. Lass dir Zeit dabei, denn das Thema ist vielversprechend.

Es erinnert mich an eine Geschichte von Jack London, in der ein Schüler sich über streitende Katzen erfreut, die eine fremden Katze zerhaken.
nur ist die gut erzählt.

besten Gruß

 

@Nachtschatten:

Es nervt einfach, dass wir alle hier so penibel auf Wortwiederholungen rumreiten, anstatt uns auf größeres in den geschichten zu konzentreiren.
Alle? Penibel? Mehr aufs größere konzentrieren?
Ich weiß ja nicht, welchen Teil meines Beitrags nicht verstanden hast, aber ich versuche gerne, es dir noch einmal zu erklären. Ich habe geschrieben, dass ich diese Wortwiederholungen unrealistisch finde. Fertig. Meine Meinung. Nicht mehr und nicht weniger. Warum also penibel??? Und ich denke, man sollte auch Kleinigkeiten die angemessene Aufmerksamkeit zukommen lassen, da sie sonst den ganzen Brei verderben können.
Was willst du mit einer Geschichte, bei der das größere stimmt, aber Kleinigkeiten sie verpatzen?
Und ich fand es an dieser Stelle völlig legitim, den Autor darauf hinzuweisen. Schließlich heißt das nicht, dass es schlecht ist , oder dass er das ändern muss, sondern es ist "nur" meine Meinung.
Und wenn dieser Punkt hier häufiger auftaucht, solltest du mal überlegen, ob vielleicht etwas dran ist, auch wenn du es nicht einsiehst, anstatt hier alle anzupflaumen.
Denn denk immer dran: wir kritiker haben hier einfluss, und wenn wir dann, in deinem falle aus versehen, dazu beitragen eine geschichte zu verschlechtern, ist das schon übel.
Ich beziehe das mal auf mich, hab ja schließlich dasselbe gesagt. Ja, das brauchst du mir nicht zu sagen. Ich hatte aber nicht die Absicht die Geschichte zu verschlechtern (warum auch??? :confused: ), sondern zu verbessern!
aber hier ist der beweis dass die kritiker einfach drauflosjaulen sobald eine wortwiederholung auftaucht, es wird nichtmal hinterfragt ob es VIELLEICHT sein könnte, dass das so gewollt ist.
Wer jault hier denn? Oder steigt auf die Barrikaden, wie du in deinem ersten Post erwähntest? Ich sehe hier nur einen, der rumjammert und auf die Barrikaden steigt...
Natürlich wird das hinterfragt! Ich überleg mir doch, was in meine Kritik kommt! Und in diesem Fall erschien es mir legitim.
Wortwiederholung, sofort standesamtlich hinrichten lassen!
Hab ich was verpasst? Wer hat das gesagt?

So, ich hoffe, die Sache ist damit aus dem Weg geräumt. Wir haben beide unsere Standpunkte dargelegt. Fertig.

Maeuser

 

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