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Unter Dachschrägen

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20.10.2024
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Unter Dachschrägen

Beim Hochsteigen der Treppe zum Dachboden achtet er darauf, dass die Holzbretter nicht knarzen. Sie haben den Raum ausgebaut, direkt nachdem sie das Haus gekauft hatten, haben die heugrüne Steinwolle zwischen den Dachbalken unter weiß gestrichenen Rigipsplatten versteckt und einen Laminatboden verlegt, der Eschenholz imitiert. Sie wollten den Raum größer machen und ihm die bedrückende Enge nehmen, für die Dachschrägen trotz ihrem Charme doch letztlich immer sorgen. Unter einem der beiden Fenster steht sein Schreibtisch. Er zieht behutsam den Kunstledersessel zurück, wieder darauf achtend, dass er keine lauten Geräusche verursacht. Ihr Schlafzimmer liegt direkt unter dem Dachboden und noch schlafen beide Kinder bei ihnen im Bett, die Kleine sowieso, aber auch der Junge. Sie wissen, es ist längst Zeit, ihn ans Alleineschlafen zu gewöhnen, doch momentan haben sie nicht die Kraft dafür. Das allabendliche Theater beim Zähneputzen und das sich ewig hinziehende Vorlesen der immer gleichen Bücher sind anstrengend genug. Er lässt sich in den Sessel sinken. Auch wenn er mittwochs und freitags von zu Hause arbeitet, sitzt er hier. Zur Not ist er schnell unten, um seiner Frau mal eben zur Hand zu gehen, aber bei wichtigen Anrufen und anderen Aufgaben, die Konzentration erfordern, kann er die Tür am Ende der Treppe schließen. Vor allem nachmittags, wenn sein Sohn seinem enormen Spieltrieb nachgeht, ist es wichtig, für Ruhe sorgen zu können. Setzt er sich so wie jetzt in der Nacht an den Schreibtisch, lässt er die Tür offen. Er wird keinen Lärm machen und er will wissen, wenn jemand die Treppe hinaufsteigt. Der Computer ist noch an. Er fährt ihn nie herunter; das ist bei diesem Modell nicht mehr notwendig. All die Programme und das weltweite Netz, sie sind so immer direkt verfügbar. Er bewegt einmal die Maus und der Desktophintergrund erscheint, ein Foto von ihm mit seiner Familie. Sie stehen in Badekleidung auf einem Steg und lächeln in die Kamera. Seine Schwiegermutter hat das Foto im vergangenen Sommer an der Ostsee gemacht, wo sie gut zwei Wochen in einem Bungalow in einem Campingdorf verbrachten. Zuerst war er dagegen gewesen, mit seiner Schwiegermutter und ihrem Lebensgefährten in den Urlaub zu fahren, aber dann hatte ihn seine Frau von den Vorteilen überzeugt. Und tatsächlich, in den Stunden ohne die Kinder hatten sie so zueinander gefunden, wie es im Alltag schon lange nicht mehr vorkam. Sie waren am Strand spazieren gegangen, hatten Cafés besucht und einmal schliefen sie miteinander. Es passierte ganz natürlich, als sie sich im Bad für das Abendessen fertig machten. Er war aus der Dusche gestiegen, sie stand noch unbekleidet vor dem Spiegel, zwei nackte Menschen, die plötzlich Lust aufeinander bekamen. Zuerst öffnet er das Bildbearbeitungsprogramm. Er wählt das Format aus und erzeugt eine weiße Leinwand. Danach wechselt er zum Browser. In der Suchmaschine sucht er nach einem passenden Bild für seine Zwecke. Es dauert eine Weile, bis er eines findet. Der Hautton ist perfekt, aber ihre Figur passt nicht ganz. Die Brüste sind zu groß, da ist er sich sicher; und die Oberschenkelinnenseiten sind auch zu ausgefüllt, meint er. Ganz sicher ist er sich in diesem Punkt nicht; es ist mittlerweile einfach zu lange her. Er speichert das Bild in einem tief im Wurzelsystem seines Systems verborgenen Unterordner ab und importiert es dann in das Bildbearbeitungsprogramm. Es ist der langsame Aufbau, der ihn am meisten erregt. Die Frau posiert in einem Raum mit wenig Einrichtung, was es ihm leicht macht, sie auszuschneiden. Das Programm erledigt dieses früher so zeitraubende Manöver praktisch von selbst; er muss nur wenige Körperpartien von Hand nachglätten. Der Part, bei dem das automatische Werkzeug die meisten Probleme hat, kommt ja ohnehin weg. Er schneidet den Kopf bündig ab, sodass der Hals mit einer konkaven Aussparung endet. Genau über dieser Aussparung postiert er den neuen Kopf. Er liegt bereits vorbereitet im Vorlagenordner ab. Dort hat er mittlerweile ein halbes Dutzend Varianten griffbereit, von denen er je nach Foto und Körperhaltung die am besten passende auswählt. Er muss nicht lange schieben, bis sie als ganzer Menschen vor ihm steht – nackt und mit leicht geöffneten Schenkeln, die den Blick auf ihre blank rasierte Vulva freigeben. Er hatte sich immer gewünscht, dass sie sich rasiert, aber sie hatte das nie gewollt. Aber was sie wollte, spielt jetzt keine Rolle mehr. Er kann mit ihr machen, was er will. Er verbindet die beiden Teile auch im Programm zu einem Wesen, indem er auf das Symbol mit den beiden Kettengliedern drückt. Er denkt zurück an damals, daran, wo sie zusammen waren und was sie alles zusammen gemacht haben. Die Auswahl scheint ihm endlos, immerhin waren es gut drei Jahre. Er schließt eine Festplatte an und geht durch alte Fotoordner. Australien, Griechenland, Lissabon – wohin soll er noch einmal mit ihr reisen? Am Ende entscheidet er sich für ein Foto von seinem alten Zimmer. Er hat es am letzten Abend dort aufgenommen; am nächsten Tag ist er mit seiner jetzigen Frau zusammengezogen. Er zieht die Figur auf das Foto und rückt sie in die Zimmermitte. So ungefähr hat sie wirklich einmal dagestanden, fällt ihm jetzt ein – es hätte ein Foto aus ihrer ersten Nacht sein können.

 
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Hallo @H. Kopper

Ich bin mir nicht sicher, was ich von deinem Text halten soll. Obwohl er sehr kurz ist, konnte ich ihn nicht so richtig greifen. Mir ist auch noch nicht klar, worum es der Person hier geht? Ist das eine rein sexuelle Sehnsucht, die er bei seiner Frau (vlt. auch aufgrund der familiären Umstände und der Zeit) nicht (mehr) nicht findet und sich woanders (in der Vergangenheit?) sucht? Oder geht es um mehr? Um ein Bereuen, sich schlussendlich für die falsche Partnerin entschieden zu haben? Um Kontrolle?
Um diese Fragen für mich klären zu können, fehlt mir noch etwas. Ich bekomme noch kein griffiges Bild von ihm, seiner Beziehung oder seiner familiären Situation. Mir ist das alles noch ein wenig zu angedeutet, aber dann doch im Unklaren gelassen. Ich hätte mir bei dem Aufbau auch eine andere Auflösung, was er da oben macht, gewünscht. Ich hatte irgendwie mit etwas Verstörendem gerechnet.
Mir ist der Reveal am Ende auch zu unausgegoren. Mir erschließt sich nicht die Befriedigung, die sich bei ihm durch das Bearbeiten des Bildes einstellen soll. Außerdem finde ich, dass du dir ein wenig widersprichst, wenn du schreibst:

Es ist der langsame Aufbau, der ihn am meisten erregt.
Er freut sich, dass er nicht lange schieben und angleichen muss, bis sie als ganzer Menschen vor ihm steht
Worum geht es ihm denn? Geht es um den Prozess, seine ehemalige Freundin (ich gehe zumindest davon aus, dass es um seine ehemalige Freundin geht) nach SEINEN Wünschen zu gestalten, oder geht es um das Ergebnis?
Aber was sie wollte, spielt jetzt keine Rolle mehr. Er kann mit ihr machen, was er will.
Vielleicht ist auch das sein Ziel? Kontrolle? Das fände ich am spannendsten, finde aber auch, dass das momentan viel zu wenig im Text eine Rolle spielt. Hier würde es in meinen Augen lohnen, weiter zu machen!


Kleinigkeiten:

Sie wollten den Raum größer machen und ihm die bedrückende Enge nehmen, für die Dachschrägen trotz ihrem Charme doch letztlich immer sorgen.
Kannst du streichen, finde ich.

Er zieht behutsam den Kunstledersessel zurück, wieder darauf achtend,
Finde ich ein wenig umständlich formuliert und klingt in meinen Ohren auch nicht so schön.

Klingt jetzt sehr kritisch. Gerne gelesen habe ich deinen Text trotzdem! Souverän geschrieben. Ich finde, dass es lohnen könnte, da noch ein wenig zu investieren.

Beste Grüße
Habentus

 

Hallo @H. Kopper:

Die Geschichte verwirrt. Hier versucht ein offenbar gestörter Mann ein Foto aus dem Intimbereich seiner Partnerin zu kreieren, einen speziellen Blick, den diese in der Form bislang offenbar nicht gestattet hat. Zur Klärung des Hintergrundes hilft dem Leser wenig, dass das Paar schon mal mit der Schwiegermutter gemeinsam Urlaub an der Ostsee gemacht hatte. Schön zu wissen, dass sie bei der Gelegenheit auch ein Café besucht haben. Wie dieser Typ mit den Features der Fotoverarbeitung des PCs umgeht, wird ausführlich beschrieben, hilft hier jedoch nicht weiter, die Geschichte zu verstehen, und sagt vor allem nichts über die emotionale Ausgangssituation des Protagonisten aus. Und dann:

Er war aus der Dusche gestiegen, sie stand noch unbekleidet vor dem Spiegel, zwei nackte Menschen, die plötzlich Lust aufeinander bekamen. Zuerst öffnet er das Bildbearbeitungsprogramm. Er wählt das Format aus und erzeugt eine weiße Leinwand.

Wozu dient dieser Sprung in der Erzählung?

Ich habe diese Geschichte dennoch bis zu ihrem Ende gelesen, und erfahren, dass es hier um eine ersehnte fotografische Darstellung einer frei einzusehenden Vulva geht. Die gute Frau wird wissen, weshalb sie diesem Menschen einen solchen Einblick verwehrt hat. Über dessen psychologischen Hintergrund erfährt der Leser nichts, aber sie als Intimpartnerin wird vermutlich einige Details kennen??? Die Geschichte hätte gut in eine Erzählung über die neurotische Vorgehensweise zur Erfüllung sexuellen Begehrens gepasst, was in solch einem Format durchaus spannend zu erzählen gewesen wäre; so bleibt das Konstrukt fragwürdig.

Freundliche Grüße.

rubber sole

 
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Hallo @H. Kopper,

finde ich nicht schlecht die Geschichte. Wenn es sich um eine sexuelle Sehnsucht handelt, könnte man das vielleicht noch klarer postulieren, so hängt es etwas in der Luft. Textlich könnte man einige Passagen noch etwas flüssiger gestalten, manche Sätze wirken auf mich umständlich.

Zur Not ist er schnell unten, um seiner Frau mal eben zur Hand zu gehen,
mal eben würde ich streichen.
Vor allem nachmittags, wenn sein Sohn seinem enormen Spieltrieb nachgeht, ist es wichtig, für Ruhe sorgen zu können.
Wirkt auf mich ebenfalls etwas sperrig, vielleicht zumindest den letzten erweiterten Infintiv mit zu ändern in "für Ruhe zu sorgen"?
Und tatsächlich, in den Stunden ohne die Kinder hatten sie so zueinander gefunden, wie es im Alltag schon lange nicht mehr vorkam.
Klingt ebenfalls verschachtelt, vielleicht: In den Stunden ohne Kinder fanden sie zueinander, wie es ...

Die Absicht des Textes kann ich nicht genau einordnen. Sollte es so sein, dass er sich sexuell befriedigt, ist das möglicherweise (Tabu-)Thema genug, das wäre aus meiner Sicht schon ausreichend. Motivationen wie Machtausübungen, Dominanz müssten weiter ausgeführt und erzählt werden, zumindest nach meinem Geschmack. Interessantes Feld auf jeden Fall, soweit mein Leseeindruck,

besten Gruß

Jaylow

 

Hallo Henry @H. Kopper,
bittere Geschichte. Genial finde ich den Titel. Die Beschreibungen der Örtlichkeit sind auch sehr gut. Eine Durchschnittsehe. Da werden sich viele wiedererkennen. Woran liegt das bloß, dass viele Beziehungen sich nach einigen Jahren so entwickeln? Wir werden ja hier nicht zwangsverheiratet, sondern suchen uns unseren Partner selber aus.
Die meisten, die in den Puff gehen, sollen ja auch verheiratet sein. Habe ich jedenfalls gehört. Bis zum Schluss habe ich befürchtet, dass sich die Hauptfigur noch zum Serienmörder entwickelt, und die Spielereien im Internet erst der Anfang sind. Danke, dass Du uns das erspart hast. Gruß Frieda

 

Hallo @Habentus,

ich bedanke mich für die Zeit und den Kommentar.

Spannend erscheint mir, dass du einleitest mit:

Ich bin mir nicht sicher, was ich von deinem Text halten soll. Obwohl er sehr kurz ist, konnte ich ihn nicht so richtig greifen. Mir ist auch noch nicht klar, worum es der Person hier geht?

Um dann im Grunde die Thematik klar zu benennen:

Ist das eine rein sexuelle Sehnsucht, die er bei seiner Frau (vlt. auch aufgrund der familiären Umstände und der Zeit) nicht (mehr) nicht findet und sich woanders (in der Vergangenheit?) sucht? Oder geht es um mehr? Um ein Bereuen, sich schlussendlich für die falsche Partnerin entschieden zu haben? Um Kontrolle?

Ich neige also dazu für mich zu folgern: Der Text hat alles geliefert, was er liefern soll. Um die Klärung von Fragen geht es hier ja gar nicht. Es ist eher ein Schlaglicht, das auf eine alltägliche Szene geworfen wird, unter der eine Art "Abgrund" liegt.

Um diese Fragen für mich klären zu können, fehlt mir noch etwas. Ich bekomme noch kein griffiges Bild von ihm, seiner Beziehung oder seiner familiären Situation. Mir ist das alles noch ein wenig zu angedeutet, aber dann doch im Unklaren gelassen. Ich hätte mir bei dem Aufbau auch eine andere Auflösung, was er da oben macht, gewünscht. Ich hatte irgendwie mit etwas Verstörendem gerechnet.

Ich persönlich denke, dass Verstörung oder sogar "Horror" immer graduell ist. Manchmal muss man die Dinge gar nicht weit treiben, um zu einer Diagnose kommen zu können. Beispiel: Viele Serienmörder waren schon als Kinder auffällig. Klassischerweise quälen oder töten sie Tiere, wie ich aus ungezählten True-Crime-Dokus weiß :-)

Was also, wenn ein Text schildert, wie ein Teenager Tiere quält? – Ist das per so schon krank oder verstörend? Gesund und ganz normal ist es sicher nicht, aber andererseits kannte man solche Kids. Sind die später Serienkiller geworden? Ich hoffe nicht. Also meistens ist das damit eine scheinbar banale Sache.

Worauf ich hinaus will: Mit nicht wirklich krassen Elementen kann man meiner Meinung nach trotzdem einen erschreckenden Möglichkeitsraum eröffnen, ein Unbehagen auslösen. Und gerade darin, dass bei den meisten Menschen nie wirklich die Sicherung durchbrennt, liegt ja eigentlich das erschreckende Element: Die Anlage ist in vielen da, woran also liegt es, dass oft eben nichts Dramatisches geschieht? Hier können einige Antworten (Glück, Zufall ...) uns verunsichern und uns vielleicht sogar auf uns selbst zurückwerfen.

Ich will hier nicht andeuten, dass der Mann im Text auf der Grenze zum Serienmörder oder Triebtäter steht. Aber der Kontext weist Gemeinsamkeiten auf: Er kratzt an einer Oberfläche, an einer Schutzschicht vielleicht, beginnt sich zweifelhaft zu verhalten, sich aus dem allgemein anerkannten Raum zu entfernen.

Mir ist der Reveal am Ende auch zu unausgegoren. Mir erschließt sich nicht die Befriedigung, die sich bei ihm durch das Bearbeiten des Bildes einstellen soll.

Naja, hier könnte man entgegnen: Ist das nicht bei "Perversionen", so nenne ich es einfach mal, meistens so? Mir erschließt sich auch nicht, was Leute mit einem Fußfetisch bewegt (als Beispiel). Heißt: Die individuelle Ausprägung von Fetischen u. Ä. ist für alle ohne diese Ausprägung unverständlich. Und zu den allgemeineren Aspekten des Reizes hast du ja oben selbst schon Anworten genannt: Macht, Kontroll und was hier immer noch so reinspielt.

Außerdem finde ich, dass du dir ein wenig widersprichst, wenn du schreibst:
Es ist der langsame Aufbau, der ihn am meisten erregt.
Er freut sich, dass er nicht lange schieben und angleichen muss, bis sie als ganzer Menschen vor ihm steht
Worum geht es ihm denn? Geht es um den Prozess, seine ehemalige Freundin (ich gehe zumindest davon aus, dass es um seine ehemalige Freundin geht) nach SEINEN Wünschen zu gestalten, oder geht es um das Ergebnis?

Das ist ein valider Einwand, aber auch etwas schwarz-weiß gedacht: Es gibt ja immer die berühmte goldene Mitte. Etwas, was einem prinzipiell gefällt, ins Endlose zu steigern, macht den Genuss ja dann irgendwann doch zunichte. Heißt: Er ist hier schon recht lange mit seiner "Befriedigung" beschäftigt und das verschafft ihm Genuss. Das heißt aber doch nicht, dass dieser Genuss durch technisches Herumgefummel im Fotoprogramm noch zu weiteren Höhepunkten kommt.

Aber was sie wollte, spielt jetzt keine Rolle mehr. Er kann mit ihr machen, was er will.
Vielleicht ist auch das sein Ziel? Kontrolle? Das fände ich am spannendsten, finde aber auch, dass das momentan viel zu wenig im Text eine Rolle spielt. Hier würde es in meinen Augen lohnen, weiter zu machen!

Nun, es ist ja Flash Fiction, und wie gesagt: Du hast es ja alles herauslesen können. Genau so sollte ein subtiler Text doch wirken – mit minimalen Mitteln klarmachen, was Sache ist. Klar, kann man auch "American Psycho" schreiben und es ausschlachten. Aber das ist dann eine ganz andere Geschichte.

Kleinigkeiten:
Sie wollten den Raum größer machen und ihm die bedrückende Enge nehmen, für die Dachschrägen trotz ihrem Charme doch letztlich immer sorgen.
Kannst du streichen, finde ich.

Hatte hierzu unter meiner letzten Story schon was kommentiert: Ja, ökonomisch gedacht ist es ein überflüssiger Anhang. Aber es schafft doch Subtext: Die Dachschrägen sind hier doch insgesamt ein düsteres Element. Also steht hier im Grunde, dass das Düstere Charme hat – verkleidet als banaler Halbsatz. Finde ich schon eine Erweiterung der Textaussage.

Klingt jetzt sehr kritisch. Gerne gelesen habe ich deinen Text trotzdem! Souverän geschrieben. Ich finde, dass es lohnen könnte, da noch ein wenig zu investieren.

Freut mich! Ich weiß auch, was du meinst. Muss ich mal drüber nachdenken und den Text mit Abstand noch mal neu betrachten. Momentan wirkt er wie eine runde Sache auf mich, aber das ändert sich erfahrungsgemäß ja immer noch.

Freundliche Grüße

Henry

+++++

Hallo @rubber sole,

auch dir vielen Dank für deine Zeit und deinen Kommentar. Leider scheint mir, dass du den Text nicht ganz genau gelesen hast. Darum zielen im Grunde alle deine Punkte ins Leere. Ich will dir jetzt nicht den eigentlichen Textinhalt erklären – lies ihn doch bei Interesse vielleicht noch einmal. Die anderen Kommentare liefern dann auch eine Interpretationshilfe.

Freundliche Grüße

Henry

+++++

Hallo @Jaylow,

auch dir vielen Dank für deine Zeit und deinen Kommentar.

finde ich nicht schlecht die Geschichte.

"Also, ich finde das gar nicht mal so uninteressant" :lol:

... Immerhin, haha

Wenn es sich um eine sexuelle Sehnsucht handelt, könnte man das vielleicht noch klarer postulieren, so hängt es etwas in der Luft.

Ich hatte oben schon was dazu geschrieben: Der Text legt die Bedeutung nicht fest, sondern bleibt bewusst offen. Aber du hast ja selbst schon eine mögliche Deutung formuliert – wäre es da nicht gerade die Stärke, dass ein Text Gedanken anstößt, ohne alles ausbuchstabieren zu müssen?

Die Absicht des Textes kann ich nicht genau einordnen. Sollte es so sein, dass er sich sexuell befriedigt, ist das möglicherweise (Tabu-)Thema genug, das wäre aus meiner Sicht schon ausreichend. Motivationen wie Machtausübungen, Dominanz müssten weiter ausgeführt und erzählt werden, zumindest nach meinem Geschmack.

Verstehe ich. Ich frage mich dabei nur – und das meine ich rein offen, nicht als Gegenwehr – warum ein Text in solche Richtungen „weitererzählen“ sollte. Muss er das? Oder reicht es nicht, einen prägnanten Moment zu zeigen – wie durch eine Kamera beobachtet –, aus dem heraus sich beim Leser Fragen ergeben? Vielleicht ist genau diese Unschärfe Teil des Reizes: dass man sich das Unausgesprochene selbst zusammensetzen muss.

Und wenn man versucht, es genauer zu machen – durch Rückblenden, mehr Kontext, ausführlichere Psychologisierung – verändert sich dadurch wirklich die Deutung? Oder wird sie nur lauter, offensichtlicher? Vielleicht liegt die eigentliche Spannung ja gerade darin, dass alles schon da ist – nur eben unterhalb der Oberfläche.

Freundliche Grüße

Henry

+++++

Hallo @Frieda Kreuz,

auch dir vielen Dank für deine Zeit und deinen Kommentar. Kurz und bündig, da gibt es nicht viel zu erwidern.

Genial finde ich den Titel.
Merci!

Eine Durchschnittsehe. Da werden sich viele wiedererkennen.

So sollte es sein :-)

Woran liegt das bloß, dass viele Beziehungen sich nach einigen Jahren so entwickeln? Wir werden ja hier nicht zwangsverheiratet, sondern suchen uns unseren Partner selber aus.

Ich denke, die psychologischen Mechanismen sind meistens komplex und undurchsichtig.

Die meisten, die in den Puff gehen, sollen ja auch verheiratet sein. Habe ich jedenfalls gehört.

Liegt nahe – der Reiz des Neuen bzw. Verbotenem ist eben mit der stärkste.

Bis zum Schluss habe ich befürchtet, dass sich die Hauptfigur noch zum Serienmörder entwickelt, und die Spielereien im Internet erst der Anfang sind. Danke, dass Du uns das erspart hast.

So kann sich das ja im theoretischen weiteren Verlauf noch entwickeln – im Kopf des Lesers ;-)

Freundliche Grüße

Henry

 

Hallo @H. Kopper,

deine Geschichte plätschert eigentlich so vor sich hin, Alltägliches wird erwähnt. Langsam verwandelt sich die beobachtende Bestandsaufnahme in eine für den Protagonisten offensichtlich wichtige Tätigkeit. Damit einher geht gleichermaßen die Erzeugung eines immer mehr befremdlichen Gefühls beim Leser.
Dadurch wird - um mal die Malerei zu bemühen - mit stark reduzierter Palette ein Genrebild entworfen, welches das Befremdliche als Alltägliches beschreibt.


Er kann mit ihr machen, was er will.

Dies ist für mich der Schlüsselsatz, auch wenn nicht geklärt wird, ob der Antrieb hierfür kompensierte Ohnmacht oder ausgeübte Macht ist.

Die Stärke des Textes ist für mich dieser langsame, gewissermaßen sich aus der Urlösung der Schilderungen herauskristallisierende Widerspruch zwischen Fürsorglichkeit und einer dunklen, nicht näher definierten psychischen Seltsamkeit (was natürlich eine willkürliche, normierende Einschätzung ist).

Interessant(er) wäre die Erzeugung eines Zweifels beim Leser ob er die Frau ...
⚰️

Hier:

Dachschrägen trotz ihrem Charme doch letztlich immer sorgen.
und hier:
Zähneputzen und das sich ewig hinziehende Vorlesen der immer gleichen Bücher sind anstrengend genug.
täte ein Absatz gut, auch noch an anderen Stellen.

Er fährt ihn nie herunter; das ist bei diesem Modell nicht mehr notwendig. All die Programme und das weltweite Netz, sie sind so immer direkt verfügbar.
Kam mir überflüssig vor - viele Leute haben den Computer immer laufen.

Interessanter Text, nicht nur zustandsbeschreibend sondern auch in ansprechender Weise vage.

Meint

Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @H. Kopper
ich noch mal kurz.

Ich neige also dazu für mich zu folgern: Der Text hat alles geliefert, was er liefern soll. Um die Klärung von Fragen geht es hier ja gar nicht.
Wenn es dein Ziel war, diese vielen Themen auf dem begrenzten Raum anzuschneiden, hast du es geschafft, das stimmt. Ich frage mich aber (und das tue ich noch immer), ob es nicht besser funktionieren würde, sich da mehr festzulegen und einzugrenzen. Also ein Thema herauszugreifen (zB das Kontrolle-Thema) und daraus eine Geschichte zu schreiben. Da geht es mir gar nicht um die Beantwortung irgendwelcher Fragen, sondern um die Anzahl der Themen. Hier komme ich aber an die Grenze der Kritik, denn es ist ja dein Text und du wirst schon deine Gründe haben, warum du es so aufbereitet hast. Nur mir würde es vermutlich eingeengter besser gefallen, statt die diversen Beziehungsthemen allesamt herauszugreifen, aber dann nur kurz anzustrahlen und in Verbindung mit diesem irritierenden Element der Bildbearbeitung zu bringen.

Mit nicht wirklich krassen Elementen kann man meiner Meinung nach trotzdem einen erschreckenden Möglichkeitsraum eröffnen, ein Unbehagen auslösen. Und gerade darin, dass bei den meisten Menschen nie wirklich die Sicherung durchbrennt, liegt ja eigentlich das erschreckende Element: Die Anlage ist in vielen da, woran also liegt es, dass oft eben nichts Dramatisches geschieht? Hier können einige Antworten (Glück, Zufall ...) uns verunsichern und uns vielleicht sogar auf uns selbst zurückwerfen.
Absolut. Dezentes kann mitunter viel mehr verstören, als irgendetwas auszuwalzen und jeden Interpretationsspielraum zu nehmen. Es gibt hier auch flash-fiction, da hat das für mich wirklich gut geklappt. Bei deinem Text hätte ich mir aber etwas mehr gewünscht. Wobei ich auch hier ein wenig zurückrudern muss: Im Grunde gelingt es dir ja schon eine Irritation (Was geht da ab? Was ist sein Ziel? Merkwürdige Situation usw.) bei mir auszulösen. Nur wäre eine noch stärkere Irritation - nun ja, eben noch stärker :) Das liefert mir dein Text dann aber so noch nicht.
Ich habe es ja auch schon geschrieben: Alleine, dass ich darüber ins Nachdenken komme, ist ja schon ein Erfolg deines Textes. Alles andere ist dann vielleicht Geschmackssache.

Beste Grüße
Habentus

 

Hallo @H. Kopper,

danke für deine Geschichte!

Ein paar Eindrücke und Gedanken dazu:

Ich dachte erst, er manipuliert Fotos seiner jetzigen Frau. Ist das eine bewusste Entscheidung, es beim Übergang zu den Bildbearbeitungs-Aktivitäten nicht deutlicher zu machen, dass er dafür Fotos einer Expartnerin verwendet? Es hatte auf mich einen irritierenden Effekt und ich habe mich gefragt, ob das gewollt ist und wenn ja, welches Ziel dahintersteckt. Ein zusätzlicher klärender Satz oder die Verwendung von Namen würde es für mich flüssiger machen, vielleicht geht dann aber was verloren.

Mich würde auch deine Motivation dafür interessieren, dass es überhaupt zwei verschiedene Frauen sind. Geht es darum, dass seine beiden Seiten ganz getrennt sein sollen (vorbildlich seiner Frau gegenüber, zweifelhaft einer anderen Person gegenüber)?

Aber was sie wollte, spielt jetzt keine Rolle mehr. Er kann mit ihr machen, was er will.

Diese beiden Sätze klingen für mich sehr nach Krimi und potentiellem Verbrechen. Wenn der Text, wie du schreibst, eher offen bleiben und zeigen soll, wie er beginnt sich sich "aus dem allgemein anerkannten Raum zu entfernen" (was spannend ist!), wäre es eine Überlegung wert, die Sätze zu streichen, finde ich. Wie siehst du das?

Ich könnte mir auch einen etwas anderen (quasi umgedrehten) Ablauf vorstellen. Wenn er etwa erst Urlaubsfotos mit seiner Exfreundin anschaut, ihr Bild dann in ein anderes Setting (sein Zimmer) einfügt, sich dabei an eine echte Situation an dem Ort erinnert, dann vielleicht noch was dazufantasiert, und schließlich den Körper ersetzt, wäre eine Art Steigerung drin. Ich könnte als Leserin mitverfolgen, wie sich das Unbehagen entwickelt, an welchen Stellen für mich Grenzen überschritten werden.

Viele Grüße,
labaava

 

Hallo @Woltochinon,

danke für deine Zeit und deinen Kommentar.

deine Geschichte plätschert eigentlich so vor sich hin, Alltägliches wird erwähnt. Langsam verwandelt sich die beobachtende Bestandsaufnahme in eine für den Protagonisten offensichtlich wichtige Tätigkeit. Damit einher geht gleichermaßen die Erzeugung eines immer mehr befremdlichen Gefühls beim Leser.
Dadurch wird - um mal die Malerei zu bemühen - mit stark reduzierter Palette ein Genrebild entworfen, welches das Befremdliche als Alltägliches beschreibt.

Das fasst alles schön zusammen, finde ich. Die berühmte Autorintention hat sich hier also gelungen manifestiert, so mein Fazit ;-)

Er kann mit ihr machen, was er will.
Dies ist für mich der Schlüsselsatz, auch wenn nicht geklärt wird, ob der Antrieb hierfür kompensierte Ohnmacht oder ausgeübte Macht ist.

Ja, das kann man so sehen. Ich persönlich enge meine Deutung hingegen gar nicht so sehr ein – ich würde gar nicht sagen können, um was es dem Mann genau geht. Es gibt einfach eine Situation, die man verschieden auslegen kann.

Die Stärke des Textes ist für mich dieser langsame, gewissermaßen sich aus der Urlösung der Schilderungen herauskristallisierende Widerspruch zwischen Fürsorglichkeit und einer dunklen, nicht näher definierten psychischen Seltsamkeit (was natürlich eine willkürliche, normierende Einschätzung ist).

Genau so sehe ich das auch.

Interessant(er) wäre die Erzeugung eines Zweifels beim Leser ob er die Frau ...
⚰️

Da einige Leser diese Frage hatten, sät der Text hier ja bereits den Samen für so eine Deutung. Aber ich schrieb oben in einer Antwort schon: Im Grunde ist es doch egal, was er wirklich tut oder getan hat.

Interessanter Text, nicht nur zustandsbeschreibend sondern auch in ansprechender Weise vage.

Schön! Freut mich, dass er dir gefallen hat.

Freundliche Grüsse

Henry

+++++

Hallo noch einmal, @Habentus,

Ich neige also dazu für mich zu folgern: Der Text hat alles geliefert, was er liefern soll. Um die Klärung von Fragen geht es hier ja gar nicht.
Wenn es dein Ziel war, diese vielen Themen auf dem begrenzten Raum anzuschneiden, hast du es geschafft, das stimmt. Ich frage mich aber (und das tue ich noch immer), ob es nicht besser funktionieren würde, sich da mehr festzulegen und einzugrenzen. Also ein Thema herauszugreifen (zB das Kontrolle-Thema) und daraus eine Geschichte zu schreiben. Da geht es mir gar nicht um die Beantwortung irgendwelcher Fragen, sondern um die Anzahl der Themen.

Ich persönlich sehe hier ehrlich gesagt gar nicht so viele Themen im Spiel. Für mich hängt sich der Text an der Situation auf: Da gibt es einen Mann in einer bürgerlichen Lebenssituation und einen Bruch. Das ist erst einmal das Hauptthema in meinen Augen und hier soll – so wäre es mein Wunsch – der Leser andocken, indem es ihm entweder ähnlich geht oder er sich so was denkt wie: "Es gibt schon arme Schweine, die in ihrem Leben gefangen sind."

Hier komme ich aber an die Grenze der Kritik, denn es ist ja dein Text und du wirst schon deine Gründe haben, warum du es so aufbereitet hast. Nur mir würde es vermutlich eingeengter besser gefallen, statt die diversen Beziehungsthemen allesamt herauszugreifen, aber dann nur kurz anzustrahlen und in Verbindung mit diesem irritierenden Element der Bildbearbeitung zu bringen.

Ich glaube, ich verstehe ungefähr, was du meinst. Ich sehe dabei nur die Gefahr, dass es dann schnell plakativ und parabelhaft wird: Je klarer man Zusammenhänge und Parallelen macht, desto artifizieller wird es ja auch – vor allem in Flash Fiction: Wenn man nicht aufpasst, hat man schnell einen Text, der "eine nette Idee" darstellt, ein "cleveres Arrangement", das auf den zweiten Blick indes schnell durchschaut ist.

Mit nicht wirklich krassen Elementen kann man meiner Meinung nach trotzdem einen erschreckenden Möglichkeitsraum eröffnen, ein Unbehagen auslösen. Und gerade darin, dass bei den meisten Menschen nie wirklich die Sicherung durchbrennt, liegt ja eigentlich das erschreckende Element: Die Anlage ist in vielen da, woran also liegt es, dass oft eben nichts Dramatisches geschieht? Hier können einige Antworten (Glück, Zufall ...) uns verunsichern und uns vielleicht sogar auf uns selbst zurückwerfen.
Absolut. Dezentes kann mitunter viel mehr verstören, als irgendetwas auszuwalzen und jeden Interpretationsspielraum zu nehmen. Es gibt hier auch flash-fiction, da hat das für mich wirklich gut geklappt. Bei deinem Text hätte ich mir aber etwas mehr gewünscht. Wobei ich auch hier ein wenig zurückrudern muss: Im Grunde gelingt es dir ja schon eine Irritation (Was geht da ab? Was ist sein Ziel? Merkwürdige Situation usw.) bei mir auszulösen. Nur wäre eine noch stärkere Irritation - nun ja, eben noch stärker :) Das liefert mir dein Text dann aber so noch nicht.

Ich muss sagen, dass ich hier auch Kind der (Pop)Kultur bin und immer mitdenke, was mir schon so alles begegnet ist. Es gibt ja bereits die krassesten Verarbeitungen solcher Themen, und das Allerkrasseste ist die Realität mit den Geschichten, wo Kinder oder sonst wer in Kellern eingesperrt wurden usw. So gesehen kann man ein Konkretisierungsspiel heutzutage eigentlich nur noch verlieren.

Ich meine, was würde in so einem kurzen Text wirklich emotional schocken? Man hat keine Beziehung zu den Figuren und selbst die krassesten Auswüchse würde einen doch im Grunde kalt lassen. Aus diesem Grund war mein Kalkül: So schreiben, dass sich der Leser vielleicht einfach das Grundgefühl und das Setting merkt – und nach Jahren eventuell so was sagt wie: Ich hab da mal einen kurzen Text gelesen, in dem ein Mann am PC ... :-)

Vielen Dank für den erneuten Kommentar und freundliche Grüsse

Henry

+++++

Hallo @labaava,

auch dir vielen Dank für deine Zeit und deinen Kommentar.

Ich dachte erst, er manipuliert Fotos seiner jetzigen Frau. Ist das eine bewusste Entscheidung, es beim Übergang zu den Bildbearbeitungs-Aktivitäten nicht deutlicher zu machen, dass er dafür Fotos einer Expartnerin verwendet? Es hatte auf mich einen irritierenden Effekt und ich habe mich gefragt, ob das gewollt ist und wenn ja, welches Ziel dahintersteckt.

Sagen wir so: Es war nicht ungewollt. – Der Text ist nicht am Reißbrett geplant worden, darum hat sich das einerseits einfach so ergeben. Aber ich hatte natürlich ein Szenario vor Augen.

Müsste ich das jetzt selbst deuten, würde ich sagen: Hier verwischen natürlich die Grenzen (zeitlich, räumlich, emotional ...). Eine Frau überlagert eine andere, überlagert eine andere – da ist eine formale Irritation doch eine willkommene weitere Ebene.

Ein zusätzlicher klärender Satz oder die Verwendung von Namen würde es für mich flüssiger machen, vielleicht geht dann aber was verloren.

Namen finde ich mehr und mehr heikel in Texten. Schnell geben sie allem so einen Schulaufsatzanstrich. Außerdem stehen sie einer Archetypisierung im Wege.

Mich würde auch deine Motivation dafür interessieren, dass es überhaupt zwei verschiedene Frauen sind. Geht es darum, dass seine beiden Seiten ganz getrennt sein sollen (vorbildlich seiner Frau gegenüber, zweifelhaft einer anderen Person gegenüber)?

Nein, darum ging es mir persönlich nicht (was nicht heißt, dass man "den Text" nicht so lesen kann). Wie oben schon erwähnt hängt sich für mich alles an der Situation auf: bürgerliches Leben, Pflichten, Erotik und Exzess futsch. Das ist der Nährboden für einen bestimmten Umgang mit der Situation. Der könnte auch ganz anders aussehen.

Aber was sie wollte, spielt jetzt keine Rolle mehr. Er kann mit ihr machen, was er will.
Diese beiden Sätze klingen für mich sehr nach Krimi und potentiellem Verbrechen. Wenn der Text, wie du schreibst, eher offen bleiben und zeigen soll, wie er beginnt sich sich "aus dem allgemein anerkannten Raum zu entfernen" (was spannend ist!), wäre es eine Überlegung wert, die Sätze zu streichen, finde ich. Wie siehst du das?

Das ist so gesehen eine Deutung(shilfe) des Erzählers. Einerseits sehe ich diese Sätze darum selbst kritisch. Andererseits sprechen sie Fakten aus, was sie in meinen Augen legitimiert.

Für mich ist das immer eine spannende Sache: Sätze zu finden, die als Deutung oder Interpretation gelesen werden können, die aber auf eine andere Weise auch einfach faktisch wahr sind. Der Witz ist hier nämlich, dass wir normalerweise solche Wahrheiten verdrängen. Umso schockierender wirken sie, wenn man sie einfach ausspricht.

Ich könnte mir auch einen etwas anderen (quasi umgedrehten) Ablauf vorstellen. Wenn er etwa erst Urlaubsfotos mit seiner Exfreundin anschaut, ihr Bild dann in ein anderes Setting (sein Zimmer) einfügt, sich dabei an eine echte Situation an dem Ort erinnert, dann vielleicht noch was dazufantasiert, und schließlich den Körper ersetzt, wäre eine Art Steigerung drin. Ich könnte als Leserin mitverfolgen, wie sich das Unbehagen entwickelt, an welchen Stellen für mich Grenzen überschritten werden.

Ja, aber würde das nicht auf andere Weise den Clou des Textes verheizen? – Er würde dann nicht mehr Stück für Stück seinem Heim entfliehen und die Rolle des funktionierenden Ehemanns und Vaters hinter sich lassen, sondern wäre von Beginn an ein "Schuldiger", eine Art Betrüger.

Freundliche Grüsse

Henry

 

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